Spruch:
1. Die Beantwortung des Revisionsrekurses durch die klagende Partei wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei beantragte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in näher umschriebener Form über die von Österreich aus und die von den USA aus verkauften Grundplatten Rechnung zu legen, welche die Patente der klagenden Partei - das österreichische Patent Nr. 348.892 und das US-Patent Nr. 4,167.802 - verletzen, und die beklagte Partei zu verpflichten, die Richtigkeit der Rechnungslegung durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen. Die beklagte Partei erzeuge und veräußere Grundplatten, welche diese beiden Patente verletzten. Sie habe sich ausdrücklich verpflichtet, keine die Schutzrechte der klagenden Partei verletzenden Befestigungsplatten mehr anzubieten, zu erzeugen und zu vertreiben. Auf Ersuchen der beklagten Partei habe sich die klagende Partei damit einverstanden erklärt, daß die beklagte Partei den noch vorhandenen Lagerbestand von 29.000 Stück abverkaufen dürfe, jedoch erklärt, daß eine Lizenz nicht erteilt werde. Für die verkauften Mengen patentverletzender Befestigungsplatten und sinngemäß auch für die noch abzuverkaufenden Mengen habe die klagende Partei eine Stücklizenzgebühr von 5 % des Nettoverkaufspreises gefordert. Dieser Vorschlag sei vom Vertreter der beklagten Partei mit Fernschreiben vom 10.9.1985 angenommen worden; die beklagte Partei habe aber weder eine Abrechnung gelegt noch Zahlung geleistet. Der Anspruch auf Rechnungslegung werde sowohl auf § 151 PatG als auch auf die vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei gestützt.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, die behauptete Vereinbarung sei nie geschlossen worden. Sollte eine solche Vereinbarung zustande gekommen sein, dann sei die beklagte Partei daran nicht gebunden, weil die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Die Patente seien nämlich wegen neuheitsschädlicher Vorveröffentlichungen nichtig. Aus diesem Grund habe die beklagte Partei die Vereinbarung nicht unterfertigt. Die beklagte Partei beantrage daher, das Verfahren gemäß § 156 Abs 3 PatG zu unterbrechen.
Die klagende Partei sprach sich unter Hinweis darauf, daß sie ihr Begehren auch auf eine vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei gestützt habe, gegen eine Unterbrechung des Verfahrens aus. Das Erstgericht unterbrach das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des von der beklagten Partei binnen einem Monat einzubringenden Antrages auf Nichtigerklärung des österreichischen Patentes Nr. 348.892. Es vertrat die Ansicht, die Einrede der Nichtigkeit dieses Patentes sei nicht offenbar unbegründet, weshalb das Verfahren gemäß § 156 Abs 3 PatG zwingend zu unterbrechen sei. Die Frage der Nichtigkeit des österreichischen Patentes sei auch für die Frage, ob ein Eingriff in das US-Patent vorliege, präjudiziell, weil dieses Patent nach den Behauptungen der klagenden Partei dieselbe Erfindung betreffe. Auch soweit sich die klagende Partei auf eine Vereinbarung stütze, sei diese Frage präjudiziell, weil dann, wenn die Schutzrechte vernichtbar seien, die Vertragsgrundlage für die behauptete Unterlassungsverpflichtung weggefallen wäre. Der Unterbrechungsbeschluß wurde dem Beklagtenvertreter am 9.7.1986 zugestellt. Mit Schriftsatz, eingelangt am 7.8.1986, wies die beklagte Partei die Einbringung des Nichtigkeitsantrages beim Österreichischen Patentamt nach.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs der klagenden Partei Folge und wies den Unterbrechungsantrag ab; es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, die Frage der Nichtigkeit des Patentes sei nur dann präjudiziell, wenn mit der Nichtigerklärung die nach den Behauptungen der klagenden Partei getroffenen Vereinbarungen hinfällig wären. Nach Lehre und älterer Rechtsprechung (eine neuere Rechtsprechung liege nicht vor) seien jedoch bei Nichtigerklärung eines Patentes Lizenzverträge für die Vergangenheit als wirksam zu behandeln. Die bereits bezahlte Lizenzgebühr sei nicht zurückzuzahlen. Lizenzzahlungen für die Zeit vor der Nichtigerklärung des Patentes hätten nur dann zu unterbleiben, wenn der aufrechte Bestand des Patentes ausdrücklich oder stillschweigend als Voraussetzung für die Lizenzzahlungen bedungen worden sei. Die Rechtsgültigkeit des Patentes sei nur dann Geschäftsgrundlage eines Lizenzvertrages, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden oder sonst durch Auslegung des Vertrages im Einzelfall als gewollt anzusehen sei. Derartige ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarungen seien von der beklagten Partei nicht behauptet worden; sie habe lediglich die Rechtsansicht vertreten, Geschäftsgrundlage einer jeden Lizenzvereinbarung sei die Rechtsgültigkeit des Patentes.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die von der klagenden Partei erstattete Beantwortung des Revisionsrekurses ist unzulässig, weil kein Fall des § 521 a ZPO und auch keine besondere Regelung (wie etwa § 402 Abs 1 EO) vorliegt, welche in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Beantwortung des Revisionsrekurses vorsieht. Der Schriftsatz war daher zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (4 Ob 368/86), jedoch nicht berechtigt.
Die klagende Partei hat ihr Begehren auf Rechnungslegung nicht nur auf § 151 PatG, sondern auch auf eine behauptete Vereinbarung der Streitteile gestützt. Nach den derzeitigen beiderseitigen Behauptungen (Feststellungen wurden bisher noch nicht getroffen) kann nicht gesagt werden, daß die Frage, ob das österreichische Patent nichtig ist, für den behaupteten vertraglichen Anspruch der Klägerin präjudiziell wäre. Die Parteien haben sich diesbezüglich nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf Zeugen berufen. Darüber hinaus ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, daß auch der Schriftwechsel zwischen den Streitteilen bisher nicht vollständig vorgelegt wurde. Ohne genaue Feststellungen über die zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen kann aber nicht ausgeschlossen werden, daß ungeachtet einer allfälligen Nichtigkeit des österreichischen Patentes der Klageanspruch auf Grund vertraglicher Vereinbarungen besteht. Es ist zwar richtig, daß Lehre und Rechtsprechung in Österreich (Friebel-Pulitzer, Österr. Patentrecht 2 , 397; Rsp 1936/127; vgl. auch PBl. 1903, 26) und in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Benkard, Patentgesetz 7 Rz 103 zu § 15 mit weiteren Nachweisen und Rz 64 zu § 22; Weiss in Lindenmaier, Patentgesetz 6 Rz 13 zu § 9; Zeunert in Lindenmaier aaO Rz 22 zu § 13; Lüdecke, Lizenzverträge 173) der Standpunkt vertreten wird, dem Inhaber des nachträglich für nichtig erklärten Patentes gezahlte Lizenzgebühren seien nicht rückzuzahlen, zumal der Lizenznehmer den tatsächlich bestehenden Schutz genossen habe. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei könnte aber ein (mengenmäßig beschränkter: vgl. Friebel-Pulitzer aaO 308) Lizenzvertrag nur hinsichtlich der noch nicht abverkauften 29.000 Befestigungsplatten vorliegen, während für die nach den Behauptungen der klagenden Partei unter Verletzung ihrer Patentrechte bereits verkauften Befestigungsplatten ein Vergleich vorliegen könnte, dessen Wirkungen nach den §§ 1380 ff ABGB zu beurteilen wären.
Da somit nach den bisherigen Behauptungen und dem Verfahrensstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Anspruch der klagenden Partei unabhängig von der Frage besteht, ob das Patent nichtig ist, hat das Rekursgericht mit Recht den Unterbrechungsantrag abgewiesen. Das Erstgericht wird nun vorerst zu prüfen haben, ob der Klageanspruch auf Grund vertraglicher Vereinbarungen besteht. Erst wenn dies nach den Beweisergebnissen zu verneinen wäre, müßte das Verfahren gemäß § 156 Abs 3 PatG bis zur Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung des österreichischen Patentes Nr. 348.892 unterbrochen werden. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
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