Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 (darin enthalten EUR 55,52 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Das Bestandobjekt - ein der Beklagten zum Betrieb eines Restaurants überlassenes Grundstück mit (von einem früheren Bestandnehmer errichteten) Superädifikaten im Wiener Prater - war bereits Gegenstand der oberstgerichtlichen Entscheidung 9 Ob 53/04s (RdW 2004/674 = wobl 2004/68 [Vonkilch] = immolex 2004/140 [Kletecka]) vom 9. 6. 2004. Auch schon in diesem Verfahren war prozessentscheidend, ob das Bestandverhältnis als Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht zu qualifizieren sei. Der Oberste Gerichtshof wies die Revision gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung, die Geschäftsraummiete und daher Kündigungsschutz nach dem MRG annahm und die Aufkündigung zum 30. 6. 2003 deshalb aufhob, mangels erheblicher Rechtsfragen zurück.
Das vorliegende Verfahren über die neuerliche Aufkündigung (nun zum 30. 6. 2005) unterscheidet sich von diesem vorangegangenen (nur) insofern, als die Klägerin nunmehr auch noch vorbrachte, den Vergnügungspark „Wiener Wurstelprater" als eigenes Unternehmen selbst zu betreiben und die einzelnen Bestandnehmer mit deren Unternehmen in den Gesamtbetrieb einzubeziehen. Mangels eines solchen Vorbringens hatte sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 Ob 53/04s nicht veranlasst gesehen, auf den (erstmals im Revisionsverfahren erhobenen) Hinweis der Klägerin auf die jüngere Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu Bestandverträgen in Einkaufszentren einzugehen. Im vorliegenden Prozess führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, das „Betreiben" des Wiener Praters durch die klagende Partei bestehe (bzw bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Bestandvertrages im Jahre 1987) nach den Feststellungen des Erstgerichtes lediglich darin, dass von der Klägerin leere Grundflächen in Bestand gegeben, von der Klägerin angelegte Straßen zwischen den Praterparzellen erhalten und beleuchtet, Verkehrszeichen aufgestellt, Schnee geräumt und gärtnerische Gestaltungen vorgenommen, weiters mehrere WC-Anlagen errichtet und betrieben sowie Grundstücksflächen zur Errichtung von Parkplätzen zur Verfügung gestellt würden. Der Umstand, dass die Klägerin den Prater insofern „betreibe", ändere daran, dass das Bestandverhältnis der Streitteile als Geschäftsraummiete und nicht als Unternehmenspacht anzusehen sei, nichts. Abgesehen davon, dass die in ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung vertretene Ansicht, ein Bestandvertrag im Einkaufszentrum sei als Unternehmenspacht zu beurteilen, nicht geteilt werde, habe die Klägerin der Beklagten mit dem 1987 geschlossenen Bestandvertrag jedenfalls keine organisierte Erwerbsgelegenheit zur Verfügung gestellt, weshalb das Bestandverhältnis über eine mit Superädifikaten der Mieterin bereits ausgestattete Grundfläche zum Betrieb eines Restaurants Raummiete sei und dem Kündigungsschutz der §§ 29 ff MRG unterliege.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil die Qualifikation der Klägerin als Betreiberin eines „Vergnügungspark-Einkaufszentrums" nicht nur vom Obersten Gerichtshof in seinem Zurückweisungsbeschluss 9 Ob 53/04m im Vorbringen der Klägerin vermisst worden sei, sondern weil sie eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen im Wiener Volksprater betreffe. Letztlich sei aber das Berufungsgericht auch nicht der bereits als ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu bezeichnenden Rechtsansicht gefolgt, dass die Organisation eines Einkaufszentrums reiche, um alle darüber abgeschlossenen Bestandverträge als Unternehmenspachtverträge zu bezeichnen. Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden, Ausspruch des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin gegen die Entscheidung zweiter Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Der vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zur in zahlreichen Publikationen zum Ausdruck gebrachten kontroversiellen Meinungslage zur Frage der Beurteilung von Bestandverhältnissen in Einkaufszentren (vgl insbesondere Reich-Rohrwig, Geschäftsraummiete, Unternehmenspacht und Bestandverhältnisse in Einkaufszentren - zu § 1091 ABGB und § 1 MRG, in FS Koppensteiner 629; Vonkilch, Bestandverträge in Einkaufszentren: Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht? wobl 2005, 105; ders, Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht: Bemerkung zu OGH 7 Ob 87/04a, wobl 2005, 269; ders, Nochmals: Zur rechtlichen Qualifikation von Bestandverträgen in Einkaufszentren, wobl 2006, 13; ders, Neues vom OGH zur Qualifikation von Bestandverträgen in Einkaufszentren, immolex 2006, 41; B. Jud, Bestandverträge in Einkaufszentren, wobl 2005, 121; Würth, Zur Diskussion über das Wesen von Bestandverträgen in Einkaufszentren, wobl 2005, 228; Oberhammer, Bestandverträge in Einkaufszentren: Miete oder Pacht? wobl 2005, 293; Karollus/Lukas, Zur Qualifikation von Bestandverträgen in Einkaufszentren, wobl 2005, 341; Iro, Die Rechtsnatur von Bestandverträgen in Einkaufszentren, RdW 2005, 666; Kletecka, Der Pachtvertrag im Einkaufszentrum, immolex 2006, 6 und 38; Fenyves, Einkaufszentren, Privatautonomie und Vertrauensschutz, wobl 2006, 2;
Riss, Einkaufszentren und die Absorptionstheorie, RdW 2006, 6;
Wilhelm, Einkaufszentren: Pacht ohne Pachtobjekt? ecolex 2006, 15 ua) bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da der Wiener Prater - jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Bestandvertrages - mit einem Einkaufszentrum nicht verglichen werden kann. Eher lässt sich die historische Entwicklung des Praters als Vergnügungsgelände mit der einer prosperierenden Geschäftsstraße gleichsetzen, während dem Betrieb eines Einkaufszentrums allenfalls vergleichbare, die Besucherfrequenz steigernde unternehmerische Initiativen der Klägerin offenbar erst in jüngerer Zeit ergriffen wurden. Schon in der Vorentscheidung 9 Ob 53/04s hat der Oberste Gerichtshof darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass ein Vergnügungspark typischerweise eine nicht unerhebliche Besucherfrequenz aufweist, zur (von der Klägerin) gewünschten Qualifizierung als Pachtverhältnis nichts beitragen könne, zumal dies auch auf jeden Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten in einer Geschäftsstraße zutreffe, ohne dass sich ein einzelner Vermieter darauf berufen könne, einen „Kundenstock" dadurch bereitzustellen, dass er bestimmte allgemeine Aktivitäten in der Umgebung des Bestandobjektes setze, die die Attraktivität des Standorts für potenzielle Kunden des Bestandnehmers erhöhten. Mit der Übertragung eines Kundenstocks im Rahmen des „good will" eines lebenden Unternehmens sei im Übrigen regelmäßig nicht die künftige Zuführung potenzieller Interessenten in den Nahbereich des Unternehmens, sondern vielmehr die Überlassung bereits bestehender Kundenverbindungen gemeint.
Ungeachtet der nunmehr festgestellten „Betreibungshandlungen" der Klägerin stellt sich damit die Sachlage im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Bestandvertrags im Jahr 1987 nicht anders dar als im Vorprozess. Dass es noch weitere, allenfalls auch vergleichbare Rechtsverhältnisse im Wiener Prater geben mag, für die die Rolle der Klägerin als Vermieterin (oder Pächterin) von Bedeutung sein kann, ändert nichts daran, dass der Frage der Beurteilung von Bestandverhältnissen in Einkaufszentren und der betreffenden, von oberstgerichtlicher Judikatur abweichenden Meinung des Berufungsgerichts hier keine Entscheidungsrelevanz zukommt und dies daher nicht weiter zu erörtern ist.
Grundsätzlich wird vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont, dass sich für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht keine allgemein gültigen Regeln aufstellen lassen, sondern stets nur unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles entschieden werden kann, ob Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht vorliegt (vgl RIS-Justiz RS0031183; 8 Ob 11/04g mwN uva). Die Beurteilung dieser Frage stellt damit regelmäßig keine Rechtsfrage dar, der zur Wahrung der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukäme (8 Ob 11/04g mwN), es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall. Eine erhebliche Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin schließlich auch noch in der in ständiger Rechtsprechung vertretenen analogen Anwendung des MRG auf die „Superädifikats-Flächenmiete" (die Miete von Grundstücken zur Errichtung von Wohn- oder Geschäftsräumen) erblickt. Dies stoße nicht nur im Schrifttum (auch) auf Kritik, sondern es habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 Ob 53/04s durchblicken lassen, dass er von dieser Rechtsansicht abzugehen beabsichtige. Eine solche Absicht kann allerdings aus dieser Entscheidung keineswegs abgeleitet werden. Der Oberste Gerichtshof hat vielmehr in der darauf folgenden Entscheidung 6 Ob 88/05t, immolex 2006/64 = wobl 2006/52 = JBl 2006, 35 = ecolex 2005/397 nach eingehender Auseinandersetzung mit den dazu zahlreich geäußerten Literaturmeinungen seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, wonach ein Bestandvertrag über ein Grundstück, auf dem sich ein mit Zustimmung des Grundeigentümers errichtetes Superädifikat befindet oder auf dem ein Superädifikat zu Wohn- und Geschäftszwecken errichtet werden soll, den Bestimmungen des MRG unterliegt. Die Revisionswerberin bringt nichts vor, das veranlassen könnte, von dieser Auffassung abzurücken.
Da die Klägerin demnach auch in diesem Zusammenhang und damit insgesamt keinen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels aufzuzeigen vermag, war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihrer Prozessgegnerin ausdrücklich hingewiesen.
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