OGH 8ObS9/06s

OGH8ObS9/06s13.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Josef Sinzinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther S*****, vertreten durch Dr. J. Pfurtscheller, Dr. M. Orgler, Mag. N. Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, wegen Insolvenzausfallgeld EUR 1.455,76, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. April 2006, GZ 23 Rs 29/06w-17, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die vom Rechtsmittelwerber geltend gemachte Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt nicht vor. Davon, dass das Berufungsgericht die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 8 ObS 154/01g gänzlich missinterpretiert habe, kann nicht die Rede sein. Aus der zitierten Entscheidung geht eindeutig hervor, dass der Oberste Gerichtshof das neuerliche Eingehen eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber trotz erheblicher Entgeltrückstände aus dem ersten Arbeitsverhältnis als atypisches und daher überhaupt nicht gesichertes Arbeitsverhältnis ansieht, weil versichertes Risiko im Kernbereich nur die von den Arbeitnehmern typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche ist, auf die diese typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind. Ein typischer Arbeitnehmer hätte unter den vorliegenden Umständen (nämlich erheblicher Entgeltrückstände aus dem bereits beendeten Dienstverhältnis) nicht wiederum ein Dienstverhältnis zum selben Dienstgeber begründet.

Zwar kann nach der neueren Rsp des erkennenden Senats regelmäßig allein aus der zeitlichen Komponente des „Stehenlassens" von Entgeltansprüchen nicht darauf geschlossen werden, dass der Arbeitnehmer missbräuchlich das Finanzierungsrisiko auf den Insolvenzausfallgeld-Fond überwälzen wolle (8 ObS 254/01p; 8 ObS 206/02f; 8 ObS 20/04f ua). Allerdings kann nach dieser im Einzelfall dennoch, wenn zum „Stehenlassen" von Entgelt weitere Umstände hinzutreten, die konkret auf den Vorsatz des Arbeitnehmers schließen lassen, hier das Finanzierungsrisiko auf den Fonds zu überwälzen, die Geltendmachung eines Anspruchs auf Insolvenzausfallgeld missbräuchlich sein (8 ObS 195/02p; 8 ObS 20/04f).

Solche Umstände liegen hier vor, hat doch der Kläger offenbar wegen der erheblichen Entgeltrückstände aus dem ersten Dienstverhältnis gerade nicht an diesem festgehalten, sondern es beendet, allerdings nach verstreichen eines Zeitraumes von einem halben Jahr - ohne dass eine (Teil-)Zahlung erfolgt wäre und ohne dies von der Zahlung des offenen Entgelts abhängig zu machen - ein neuerliches Dienstverhältnis zum selben Dienstgeber begründet.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass dieses Dienstverhältnis als „atypisch" im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vom Schutzbereich des IESG umfasst ist, ist daher jedenfalls vertretbar (8 ObS 20/04f; RIS-Justiz RS0111281; 8 ObS 254/01p).

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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