Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger wurde am 15. 9. 1992 in einem Krankenhaus, dessen Rechtsträger die beklagte Partei ist, am rechten Knie operiert; unter Lumbalanästhesie wurden eine Arthroskopie sowie ein Knorpelshaving an der Patella durchgeführt. Aufgrund starker Schmerzen wurde er eine Woche später erneut operiert. Dabei wurde ein Keim (staphylokokkus aureus) festgestellt. Das Auftreten der Infektion war schicksalhaft. Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 72.144,52 (Verdienstentgang, Schmerzengeld, Siedlungskosten und Aufwendungen), weiters die Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei für die auf die ärztlichen Eingriffe und Behandlungen sowie auf die mangelnde Aufklärung zurückzuführenden Dauerfolgen. Der Anspruch wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass bei der ersten Operation am 15. 9. 1992 aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers ein Keim eingeschleust worden sei, was zu einem bleibenden Defekt am rechten Kniegelenk geführt habe, dass der Kläger über die mit den Eingriffen verbundenen Risiken nicht aufgeklärt worden sei (andernfalls hätte er keine Zustimmung zur Operation erteilt) und dass die beklagte Partei die Herausgabe der Pflegedokumentation verweigert hätte.
Das Erstgericht sprach dem Kläger einen Betrag von EUR 1.610,-- s.A. an Schmerzengeld (EUR 1.250,--) und Unkostenersatz (EUR 360,--) zu und wies das Mehrbegehren ab.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers, soweit mit ihr Nichtigkeit geltend gemacht wurde, und gab ihr im Übrigen - nach teilweiser Beweiswiederholung (durch Aufnahme eines weiteren Sachverständigenbeweises) - teilweise Folge. Dem Kläger wurde insgesamt ein Schadenersatz in Höhe von EUR 11.413,-- zugesprochen; das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Durch die verspätet eingesetzte Behandlung und das Abbrechen der Therapie sei der Heilungsverlauf nicht unwesentlich beeinflusst worden. Zum Ausgleich der dadurch bewirkten Vergrößerung der Leidenszustände sei ein Schmerzengeldbetrag von EUR 10.000,-- angemessen. Mit diesem Betrag seien auch seelische Leiden des Klägers, der drei zusätzliche Operationen und einen längeren Heilungsverlauf in Kauf nehmen habe müssen, berücksichtigt. Weiters rechtfertige der um zwei Monate verzögerte Heilungsverlauf den Zuspruch eines Ersatzes für Verdienstentgang in Höhe von EUR 1.053,--. Unter Einbeziehung der bereits vom Erstgericht (rechtskräftig) zuerkannten Unkosten von EUR 360,-- ergebe sich der insgesamt zuzusprechende Betrag von EUR 11.413,--.
Die ordentliche Revision sei im Hinblick auf die höchstgerichtliche Judikatur, von der das Berufungsgericht nicht abgewichen sei, nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Aktenwidrigkeit mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht zulässig.
Der Beschluss des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, kann - auch dann, wenn er in das Berufungsurteil aufgenommen wurde - weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043405). Daraus zieht die Rechtsprechung den Schluss, dass auch eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden kann (RIS-Justiz RS0042963).
Die Anforderungen an den Umfang der Aufklärung des Patienten über mögliche schädliche Auswirkungen einer ärztlichen Behandlung können nur einzelfallbezogen unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Krankheitsbildes beurteilt werden, weshalb regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RIS-Justiz RS0026328 [T2], RS0026529 [T18], RS0026763 [T2]). Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat, hat die Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht (siehe dazu 1 Ob 139/04d = RdM 2004/124) im Prozess beweisrechtliche Konsequenzen, die dazu führen, dass dem Patienten zum Ausgleich der durch die Verletzung der Dokumentationspflicht eingetretenen größeren Schwierigkeiten, einen ärztlichen Behandlungsfehler nachzuweisen, eine der Schwere der Dokumentationspflichtverletzung entsprechende Beweiserleichterung zugute kommt, um auch für die Prozessführung eine gerechte Rollenverteilung im Arzt-Patienten-Verhältnis zu schaffen (4 Ob 554/95 = SZ 68/207 = RIS-Justiz RS0026236 [T2]). Eine Vermutung objektiver Sorgfaltsverstöße wird damit aber nicht begründet (2 Ob 235/97s; 7 Ob 337/98d = RdM 1999/12; 6 Ob 47/03k; RIS-Justiz RS0026236 [T3], RS0038270 [T2]). Die Frage nach der Verteilung der Beweislast bei Unterlassung einer Dokumentation kann aber erst im Fall einer - hier nicht gegebenen - non-liquet-Situation bedeutsam werden (1 Ob 532/94 = SZ 67/9; 1 Ob 139/04d = RdM 2004/124). Die Bekämpfung der in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen ist im Revisionsstadium ausgeschlossen.
Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)