OGH 1Ob151/05w

OGH1Ob151/05w7.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 822.427,04 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 806.302,02 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Mai 2005, GZ 14 R 196/04b-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10. August 2004, GZ 32 Cg 28/03b-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Parteienbezeichnung der klagenden Partei wird von „D***** AG" auf „B***** AG" berichtigt.

II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es insgesamt - einschließlich seines nicht in Beschwerde gezogenen Teils - zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 537.534,68 samt 6 % Zinsen aus EUR 519.706 vom 10. 7. 1999 bis 19. 1. 2000 und 4 % Zinsen aus EUR 537.534,68 seit 9. 10. 2001 zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 284.892,36 und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an anteiligen Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen EUR 25.468,39 (darin EUR 18.940,82 anteilige Barauslagen und EUR 1.088,46 anteilige Umsatzsteuer) zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

Die Klägerin beantragte die Berichtigung ihrer Parteibezeichnung unter Vorlage eines Auszugs aus dem Firmenbuch. Dieser Auszug belegt die Richtigkeit ihres Vorbringens, wonach „D***** AG" als übertragende Gesellschaft mit der „B***** AG" als übernehmende Gesellschaft verschmolzen wurde. Die „B***** AG" ist sohin Gesamtrechtsnachfolgerin der klagenden Partei. In den Fällen gesellschaftsrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge ist einem Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO stattzugeben (RdW 1996, 585).

Zu II.:

Einer von drei aus einem Wechselzahlungsauftrag Verpflichteten hatte auf Grund eines Kaufvertrags über ein Grundstück gegen die Verkäuferin den Anspruch auf Herausgabe der Liegenschaft. Mangels Zahlung der Wechselschuld stellte die Klägerin am 11. 8. 1999 gegen den Verpflichteten (neben weiteren Anträgen auf Forderungs- und Fahrnisexekution) folgenden Exekutionsantrag:

„Exekution gemäß §§ 325 ff EO - Pfändung und Verwertung der den verpflichteten Parteien zustehenden Ansprüche aus dem Erwerb einer Liegenschaft: Pfändung der Ansprüche und Herausgabe des den verpflichteten Parteien zustehenden Grundstücks ..., auf Grund eines ... errichteten Kaufvertrags .... Die Verwertung erfolgt durch Zwangsverwaltung gemäß § 328 EO."

Mit Beschluss vom 16. 8. 1999 bewilligte der Rechtspfleger die Exekution mit dem Beisatz: „Die Verwertung durch Zwangsverwaltung gemäß § 328 EO bleibt vorbehalten." Dagegen erhob die Klägerin kein Rechtsmittel. Am 23. 11. 1999 langte (mangels Unbedenklichkeitsbescheinigung) das Gesuch auf Vormerkung des Eigentumsrechts des Verpflichteten bei Gericht ein, das am 1. 12. 1999 bewilligt und am 2. 12. 1999 vollzogen wurde. Am 10. 12. 1999 wurde auf Gesuch des nunmehr vorgemerkten Eigentümers unter Ausnutzung des Rangordnungsbeschlusses TZ 6841/99 (Anmerkung des Revisionsgerichts: Rang 23. 11. 1999) eine Rangordnung für ein Höchstbetragspfandrecht von ATS 28,000.000 zu Gunsten jenes Bankinstituts einverleibt, das den Liegenschaftskauf finanziert hatte. Am 26. 1. 2000 wurde das vorgemerkte Eigentum des Verpflichteten gerechtfertigt und unter Ausnutzung des Rangordnungsbeschlusses das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von ATS 28,000.000 einverleibt. Nachdem die Klägerin von der Einverleibung des Eigentumsrechts des Verpflichteten an der Liegenschaft Kenntnis erlangt hatte, beantragte sie am 21. 6. 2000 die Durchführung der vorbehaltenen Verwertung durch Zwangsverwaltung gemäß § 328 EO. Diesen Antrag wies der Rechtspfleger zuerst ab. Erst nachdem das Rekursgericht mit Beschluss vom 21. 8. 2000 das Exekutionsgericht beauftragt hatte, die Zwangsverwaltung durchzuführen und diese im Grundbuch anzumerken, erfolgte am 12. 9. 2000 die Anmerkung der Zwangsverwaltung. Am 19. 1. 2000 wurde über das Vermögen des Verpflichteten der Konkurs eröffnet; am 2. 2. 2000 kam es zur Konkurseröffnung auch über das Vermögen der mitverpflichteten Gesellschaft. Aus dem freihändigen Verkauf der Liegenschaft wurde in der Verteilungstagsatzung vom 9. 10. 2001 der nach Abzug der Vorzugsposten verbleibende Verteilungsbetrag der Bank als Gläubigerin im ersten grundbücherlichen Pfandrang zugewiesen. Damit war der erzielte Kaufpreis erschöpft, die Ansprüche der Klägerin konnten nicht befriedigt werden. Die gegen den Verteilungsbeschluss erhobenen Rechtsmittel der Klägerin blieben erfolglos.

Die Klägerin begehrte den Zuspruch von insgesamt EUR 822.427,04, zusammengesetzt aus Kapital laut Wechselzahlungsauftrag samt Zinsen, Kosten des Wechselstempels und Kosten des weiteren Verfahrens, aus dem Titel der Amtshaftung. Die Bewilligung der Zwangsverwaltung wäre ohne weiteren Antrag möglich gewesen. Der Rechtspfleger hätte daher dem Exekutionsantrag in vollem Umfang ohne Einschränkung stattgeben müssen, ohne die Entscheidung über die Zwangsverwaltung vorbehalten zu dürfen. Zumindest hätte der Rechtspfleger den Akt gleich dem Richter vorlegen müssen, sodass spätestens am 30. 8. 1999 die Anmerkung der Zwangsverwaltung vollzogen gewesen wäre. Nur infolge der auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhenden Verweigerung der Durchführung der Zwangsverwaltung habe es geschehen können, dass das Höchstbetragspfandrecht der Bank vorrangig einverleibt worden sei.

Die Beklagte wendete ein, ein Fehlverhalten ihrer Organe liege nicht vor. Auch eine sofortige Verwertung des Forderungsrechts aus dem Liegenschaftskauf hätte kein günstigeres Ergebnis bringen können. Die Entscheidung des Vorbehalts der Zwangsverwaltung sei richtig und zweckmäßig gewesen. Die Klägerin hätte gegen diese Entscheidung Rekurs erheben oder einen sofortigen neuen Verwertungsantrag stellen müssen, sodass ihr eine Verletzung der Rettungspflicht vorzuwerfen sei. Die Forderung sei auch verjährt, weil schon auf Grund der Pfandurkunde vom 20. 8. 1998 das Vorpfandrecht am 26. 1. 2000 einverleibt worden und damit der Schaden entstanden sei. Erst am 6. 6. 2003 sei der Anspruch erstmals geltend gemacht worden, also mehr als drei Jahre später.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Klägerin sei zwar ein Schaden dadurch entstanden, dass ihre Exekutionsführung trotz Bewilligung am 16. 8. 1999 erst am 12. 9. 2000 zu einem Befriedigungsrecht geführt habe, das aber nur noch zweitrangig gewesen und daher bei der Verteilung des Erlöses nicht mehr zum Zug gekommen sei. Die Klägerin hätte aber gegen den Vorbehalt der Zwangsverwaltung Rechtsmittel erheben müssen. Zudem wäre für die Übergabe an den vom Gericht zu bestellenden Verwalter gem § 328 Abs 1 EO ein Antrag erforderlich gewesen. Ebenso hätte ein rechtzeitiger Antrag auf Durchführung der Zwangsverwaltung ausgereicht, den Schaden abzuwenden. Hätte die Klägerin bald nach der Exekutionsbewilligung (bzw bald nach Vorbehalt der Zwangsverwaltung) die entsprechenden Anträge gestellt, wäre eine Anmerkung der Zwangsverwaltung noch vor der Anmerkung des Höchstbetragspfandrechts der Bank möglich gewesen.

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin im Umfang von EUR 806.302,02 sA Folge, wies das Mehrbegehren von EUR 16.125,02 sA - unbekämpft - ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein bloßer Entscheidungsvorbehalt könne nach ständiger Rechtsprechung mangels seines Charakters einer gerichtlichen Entscheidung nicht mit Rekurs bekämpft werden, weswegen aus der Unterlassung eines Rekurses gegen den Vorbehalt der Zwangsverwaltung keine Verletzung der Rettungspflicht abgeleitet werden könne. Die Klägerin habe den Antrag auf Verwertung (durch Zwangsverwaltung) bereits mit dem Antrag auf Exekutionsbewilligung verbunden, sodass sie keinen gesonderten Verwertungsantrag mehr stellen hätte müssen. Sie habe damit rechnen können, dass das Exekutionsgericht von Amts wegen nach Einlangen der Drittschuldnererklärung das Verwertungsverfahren fortsetzen werde. Da die Zustellung der Drittschuldnererklärung an die Verkäuferin der Liegenschaft am 31. 8. 1999 erfolgt sei, wäre mit einer Fortsetzung des Verfahrens nicht vor Ende September 1999 zu rechnen gewesen. Der Klägerin sei daher aus dem Unterlassen von Urgenzen oder der Stellung eines Fristsetzungsantrags zwischen Ende September und dem Einlangen des Gesuchs auf Anmerkung der Rangordnung kein Vorwurf zu machen. In dieser relativ kurzen Phase der Untätigkeit sei eine Verletzung der Rettungspflicht noch nicht anzunehmen. Die Forderung sei auch nicht verjährt. Da aus den verschiedensten Gründen der Verteilungserlös über der durch das Höchstbetragspfandrecht gesicherten Forderung der Bank liegen hätte können, sei der Schaden vor der Verteilung des Erlöses aus dem Freihandverkauf noch nicht bezifferbar gewesen. Bei unverzüglicher Verwertung hätte die Möglichkeit bestanden, dass die Klägerin ein Befriedigungsrecht an der Liegenschaft im Rang vor der Bank erworben hätte und dieser bei der Erlösverteilung vorgegangen wäre. Diesfalls hätte sie die Forderungen aus dem Wechselzahlungsauftrag und die Exekutionskosten erlangen können. Die Rekurse im Konkursverfahren, die erfolglos geblieben waren, hätten hingegen den bereits eingetretenen Schaden nicht mehr abzuwenden vermocht. Deren Kosten seien daher nicht als ersatzfähiger Rettungsaufwand zu berücksichtigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Exekution auf einen Anspruch des Verpflichteten auf Herausgabe oder Leistung einer unbeweglichen Sache vollzieht sich in mehreren Etappen. Zunächst erfolgt gem den §§ 325 Abs 1, 294 ff EO die Pfändung des Herausgabeanspruchs, sodann wird gem §§ 325 Abs 2, 326, 303 ff EO der gepfändete Anspruch zur Einziehung überwiesen, und schließlich kommt es gem § 328 Abs 1 EO nach Eintritt der Fälligkeit des überwiesenen Anspruchs zur Übergabe der vom Drittschuldner zu leistenden unbeweglichen Sache an einen vom Gericht aus der Verwalterliste zu bestellenden Verwalter. Bei dieser „Verwaltung" handelt es sich jedoch nicht um eine Zwangsverwaltung im Sinn der §§ 97 ff EO. Das Gesetz regelt diese Verwaltung nicht, sodass auf die Tätigkeit dieses Verwalters die Vorschriften der §§ 158 ff EO über die vorläufige Verwaltung sinngemäß anzuwenden sind (Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner, Kommentar zur EO, § 328 Rz 7; Oberhammer in Angst, Kommentar zur EO, § 328 Rz 12 f). Sodann beantragt der betreibende Gläubiger entweder eine Zwangsverwaltung, bei der er oder der Verwalter, dem die Liegenschaft iSd § 328 Abs 1 EO übergeben wurde, die bücherliche Eintragung des Eigentumsrechts des Verpflichteten erwirkt, oder er beantragt die Zwangsversteigerung der dem Verwalter übergebenen Liegenschaft, wobei es einer bücherlichen Eintragung des Verpflichteten nicht bedarf (NZ 1983, 106). Es kommen also zwei Anträge in Frage: Zunächst der Antrag auf Pfändung des Anspruchs auf Leistung der unbeweglichen Sache und auf Überweisung zur Einziehung, verbunden mit der Übergabe der Liegenschaft an den vom Gericht zu bestellenden (vorläufigen) Verwalter; vom Erfolg dieses ersten Antrags hängt es ab, ob überhaupt noch der zweite Antrag zu stellen ist. Weigert sich der Drittschuldner etwa, die unbewegliche Sache dem Verwalter zu übergeben, kann die Leistung vom Gläubiger nur im Klageweg gegen den Drittschuldner erzwungen werden. Der Inhalt des ersten Antrags entspricht im Wesentlichen einem Antrag auf Pfändung einer Geldforderung. Über diesen Antrag hat das Gericht ohne weitere Prüfung des Bestehens des Anspruchs zu entscheiden. Der zweite Antrag wird nur gestellt - innerhalb der in § 328 Abs 3 EO genannten Frist -, wenn die unbewegliche Sache an den Verwalter übergeben wurde. Der Antrag lautet auf Zwangsverwaltung oder (und) Zwangsversteigerung und muss den für die Exekution auf unbewegliches Vermögen erlassenen Vorschriften entsprechen (Heller/Berger/Stix4, 2312).

Aus dem Wortlaut des verfahrensgegenständlichen Exekutionsantrags: „Die Verwertung erfolgt durch Zwangsverwaltung gemäß § 328 EO", ist abzuleiten, dass die Klägerin die Pfändung und wohl auch Überweisung des Herausgabeanspruchs zur Einziehung sowie die Bestellung eines Verwalters gem § 328 Abs 1 EO beantragt und unter einem bereits den Verwertungsantrag durch Zwangsverwaltung nach § 328 Abs 3 EO gestellt hat. Damit hatte sie ihre Wahl zwischen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung bereits getroffen, sodass nach Übergabe an den zu bestellenden Verwalter kein zweiter Antrag erforderlich war. Vorerst hätte - wie sich aus dem im Exekutionsantrag enthaltenen Hinweis auf § 328 EO eindeutig ergibt - nach Einholung von Drittschuldneräußerungen die gerichtliche Bestellung eines Verwalters erfolgen sollen, die - solange der Verpflichtete noch nicht als Eigentümer im Grundbuch einverleibt ist - Vorraussetzung dafür ist, dass es zur Exekutionsführung auf die Sache selbst kommen kann (Heller/Berger/Stix aaO, 2314), also das Exekutionsverfahren auf den Herausgabeanspruch in das Realexekutionsverfahren mündet. Schutzzweck der sich aus § 328 Abs 1 EO ergebenden Pflicht zur Verwalterbestellung ist, die Parteien des Verfahrens vor allen denkbaren Nachteilen zu bewahren, die aus Verzögerungen bei der Erledigung resultieren. Dementgegen hat das Gericht ohne erkennbaren Grund die Verwalterbestellung unterlassen und sich darauf beschränkt, mittels gekürzter Ausfertigung die beantragte Pfändung zu bewilligen. Infolge Nichtbestellung des Verwalters ist es (durch die Verzögerung) zum Zuvorkommen eines bücherlich Berechtigten und letztlich zu einem Vermögensschaden der Klägerin gekommen. Die Unterlassung der Bestellung eines Verwalters nach § 328 Abs 1 EO beruht nicht auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, sondern bedeutet ein Abweichen von einer gesetzlichen Anordnung, ohne dass eine sorgfältige und begründete Überlegung dafür erkennbar wäre. Es liegt daher nicht nur ein objektiv unrichtiges Organverhalten vor, sondern gemessen an § 1299 ABGB ein Verhalten, das ein Amtshaftung begründendes Verschulden darstellt, sofern der Rechtsträger nicht den Entlastungsbeweis für das mangelnde Verschulden an der Nichtbestellung des Verwalters erbringt. Der Hinweis, nach dem Gesetzestext des § 328 Abs 1 EO bedürfe es zur Verwalterbestellung eines Antrags, exkulpiert nicht, da ein solcher Antrag - wie oben dargelegt - im Exekutionsantrag infolge der Hinweise auf § 328 EO bereits enthalten war.

Auch eine Verletzung der Rettungspflicht iSd § 2 Abs 2 AHG infolge Unterlassung der Rekurserhebung gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss ist der Klägerin nicht zur Last zu legen. Aus der Exekutionsbewilligung war ihr erkennbar, dass das Gericht ihre Anträge nicht in vollem Umfang bewilligt, sondern sich die Entscheidung über den Antrag auf Verwertung durch Zwangsverwaltung vorbehalten hatte, also - zumindest derzeit - gerade keine Entscheidung über den Antrag auf Verwertung durch Zwangsverwaltung treffen wollte. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass gegen einen derartigen Entscheidungsvorbehalt ein Rekurs unzulässig gewesen wäre, ist zuzustimmen: Vorraussetzung der Anfechtbarkeit ist das Vorliegen einer Willenserklärung des Gerichts, mit der es unter Einhaltung der verfahrensrechtlichen Formen entweder eine verfahrensrechtliche Entscheidung oder in den vom Gesetz zugelassenen Fällen eine Entscheidung über ein Rechtsschutzbegehren trifft. Fehlt einer Erklärung des Gerichts der Charakter einer Entscheidung, dann ist diese Erklärung nicht mit Rekurs bekämpfbar (1 Ob 2401/96m). Ein derartiger „Beschluss", womit sich das Gericht - wie hier - die Entscheidung über einen Antrag (zum Teil) vorbehält, ist deshalb mangels Beschwer unanfechtbar (RIS-Justiz RS0006111; vgl SZ 2002/155).

Das Unterlassen der Urgenz der Verwalterbestellung ist der Klägerin auch nicht als Verstoß gegen die Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG anzulasten. Unter Rechtsmitteln sind nämlich nur prozessuale Rechtsbehelfe - wenn auch im weiteren Sinn - zu verstehen, die dazu dienen, fehlerhafte Entscheidungen, sei es im Instanzenweg, sei es auf andere Weise, zu beseitigen (EvBl 2001/19). Rechtsbehelfe - wie beispielsweise die Urgenz einer behördlichen Tätigkeit -, die keine Entscheidungspflicht einer Behörde zur Folge haben, gelten nicht als „Rechtsmittel" iSd § 2 Abs 2 AHG. Nun kann aber der auf Amtshaftung belangte Rechtsträger gegen Amtshaftungsansprüche einer durch längere Zeit untätig gebliebenen Partei deren Mitverschulden einwenden (Schragel, AHG3 Rz 186). Der Einwand, die Klägerin habe ihre Rettungspflicht iSd § 2 Abs 2 AHG verletzt, umfasst auch den Vorwurf eines Mitverschuldens. Ein solches ist der Klägerin hier anzulasten:

Grundsätzlich dürfen die von behördlichem Verhalten betroffenen Personen mit einer rechtmäßigen Vorgangsweise rechnen, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte für das Gegenteil vor (1 Ob 95/00b; SZ 2002/27; RIS-Justiz RS0026771). Derartige Anhaltspunkte lagen für die Klägerin vor:

Dazu ist vorerst auf die Besonderheiten der Exekution nach §§ 325 ff EO einzugehen. Zwar ist für die Reihenfolge etwaig vorhandener mehrerer Anspruchspfandgläubiger die Priorität der Anspruchspfändung maßgeblich (SZ 61/74) und war der Klägerin diese durch die Zustellung des Drittverbots gewahrt. Im Verhältnis zu Dritten kommt es nach zwischenzeitlicher Einverleibung des Eigentumsrechts des Verpflichteten jedoch nicht auf die Rangordnung einer Herausgabeexekution an, sondern auf die sich aus dem Grundbuch ergebende Priorität, da das Verwertungsverfahren streng nach Grundbuchsstand geführt wird. Da es bei den Grundsätzen des Grundbuchsrechts und der Maßgeblichkeit der bücherlichen Rangordnung verbleibt (§ 214 Abs 1 EO), musste die Klägerin - eine im Anlagen- und Kreditbereich tätige Bank - die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sie nach zwischenzeitiger Einverleibung des Eigentumsrechts des Verpflichteten einem bücherlich Berechtigten gegenübersteht, der ihr im Rang vorgehen könnte. Der einzige Weg, dies zu verhindern, war, die Anmerkung der Zwangsverwaltung möglichst rasch zu erreichen, da danach einverleibte Hypothekargläubiger diese Anmerkung gegen sich hätten gelten lassen müssen. In dieser Situation erreichte die Klägerin der in der Exekutionsbewilligung enthaltene, begründungslose Entscheidungsvorbehalt, aus welchem ersichtlich war, dass das Gericht gerade über die „Verwertung durch Zwangsverwaltung" derzeit (noch) nicht entscheiden wollte. In der Folge erhielt sie in den nächsten Wochen weder einen Beschluss über eine nach § 328 Abs 1 EO gebotene Verwalterbestellung, noch eine Entscheidung über die „Verwertung durch Zwangsverwaltung". Ausgehend von diesen Umständen ist der Klägerin das Unterlassen jeglicher Kontaktaufnahme oder Urgenz als Sorglosigkeit im Umgang mit den eigenen Rechtsgütern anzulasten. Tatsächlich wurde die Klägerin ja erst am 21. 6. 2000, nachdem sie erstmals von der mittlerweile erfolgten Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts zugunsten einer anderen Bank erfahren hatte, aktiv. Hätte die Klägerin die gebotene Verwalterbestellung innerhalb der etwa elf Wochen bis zur wirksamen Eintragung des fremden Höchstbetragspfandrechts urgiert, muss bei (mangels gegenteiligen Vorbringens) anzunehmender gesetzmäßiger Vorgangsweise davon ausgegangen werden, dass es zur Fortführung des Verfahrens und zur Anmerkung der Zwangsverwaltung noch vor Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts der anderen Bank gekommen wäre. Setzt man das Verschulden der Organe der beklagten Partei und die Sorglosigkeit der Klägerin zueinander in Relation, erscheint eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1:2 zu Lasten der beklagten Partei als gerechtfertigt.

Eine Verjährung der Klagsforderung ist nicht eingetreten:

Wie § 1489 ABGB stellt auch § 6 Abs 1 AHG über die dreijährige Verjährungsfrist auf die Kenntnis des Schadens ab und lässt die dreijährige Verjährungsfrist vor dem tatsächlichen Schadenseintritt nicht beginnen. Die bloße Gefahr eines späteren Schadenseintritts ist der Kenntnis des Schadens nicht gleich zu setzen (Schragel aaO, Rz 222), die bloße Vorhersehbarkeit eines Schadens setzt die Verjährungsfrist nicht in Gang. Vor der Verteilung des Erlöses aus dem Freihandverkauf der Liegenschaft war infolge der Einverleibung des (vorrangigen) Höchstbetragspfandrechts der anderen Bank - bei entsprechend schlechter Finanzlage des Schuldners - die Gefahr eines späteren Schadenseintritts bloß zu befürchten (vgl SZ 68/238). Ob tatsächlich ein Schaden eintreten werde, konnte der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sein, hätte doch eine Begleichung durch den Schuldner immerhin möglich sein oder auch der Erlös aus dem Freihandverkauf über der durch das Höchstbetragspfandrecht gesicherten Forderung liegen können. Allein der Verlust des der Klägerin "zustehenden" bücherlichen Rangs bedeutet nicht den Schadenseintritt.

In teilweiser Stattgebung der Revision ist das Urteil des Berufungsgerichts in Anbetracht des der Klägerin anzulastenden Mitverschuldens abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO (Obsiegen der Klägerin mit etwa 2/3).

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