OGH 5Ob193/05a

OGH5Ob193/05a30.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Mario G*****, 2.) H***** Gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Klaus J. Mitzner, Dr. Michael Krautzer, Rechtsanwälte in Villach, wegen Einverleibung eines Bestandrechtes und Anmerkung der Mietzinsvorauszahlung, über den Revisionsrekurs der Finanzprokuratur in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 10. Mai 2005, AZ 2 R 168/05s, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 5. April 2005, TZ 1145/05, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der abweisende Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch der beiden Antragsteller (Bestandgeber und Bestandnehmer) auf Einverleibung des Bestandrechtes an einer Grundfläche und auf Anmerkung der Vorauszahlung des Mietzinses ab, weil keine von der Grundverkehrsbehörde ausgestellte Urkunde (Bescheid oder Bestätigung) vorgelegt worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller Folge und bewilligte das Grundbuchsgesuch. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte zur Begründung Folgendes aus:

Auf den vorliegenden Sachverhalt sei das Kärntner Grundverkehrsgesetz 2002, LGBl 9/2004, anzuwenden (die im Folgenden genannten Paragraphen sind solche dieses Gesetzes).

§ 20 Abs 1 laute: „Ein nach diesem Gesetz genehmigungspflichtiger Rechtserwerb (§ 8 Abs 1, § 13 Abs 1) an einem Grundstück darf im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch angeschlossen ist: a) der rechtskräftige Genehmigungsbescheid oder eine Bestätigung (§ 9 Abs 3, § 14 Abs 3) oder b) eine Negativbestätigung (§ 18) oder c) eine Bestätigung nach § 31 Abs 2".

§ 8 Abs 1 bezeichne die genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte. Absatz 1 dieser Bestimmung laute: „Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück (§ 3) betreffen, bedürfen - unbeschadet der Bestimmungen des 3. Abschnittes - der Genehmigung der Grundverkehrskommission, wenn sie zum Gegenstand haben: ... c) die Bestandnahme oder sonstige Überlassung der land- oder forstwirtschaftlichen Bodennutzung, ... .

Der dritte Abschnitt (und damit auch § 13) betreffe den Ausländergrundverkehr und komme daher im vorliegenden Fall nicht zum Tragen.

§ 3 Abs 1 definiere die land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinn dieses Gesetzes. § 3 Abs 2 besage: „Keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke sind jedenfalls: a) Baugrundstücke, und zwar 1. alle bebauten oder in einem Flächenwidmungsplan als zur Bebauung bestimmten Grundstücke, sofern nicht ein Fall nach Abs 1 lit b (Widmung Dorfgebiet, mit land- oder forstwirtschaftlichen Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden) vorliegt, und 2. alle tatsächlich mit Gebäuden, die für Wohnzwecke geeignet sind, bebauten Grundstücke außerhalb des in einem Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Baulandes, soweit es sich nicht um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke (Abs 1) handelt; b) Grundstücke, die im Eisenbahnbuch eingetragen sind."

Gemäß § 18 habe die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag zutreffendenfalls zu bestätigen, dass ein Rechtsgeschäft nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliege oder dass es von der Genehmigungspflicht nach diesem Gesetz ausgenommen sei. Beziehe sich das Rechtsgeschäft sowohl auf Grundstücke nach § 3 Abs 1 als auch auf Grundstücke nach § 3 Abs 2, so seien in der Negativbestätigung jene Grundstücke anzugeben, auf die sich die Negativbestätigung beziehe.

Das Grundbuchsgericht habe im Rahmen des § 94 Abs 1 GBG keine Möglichkeit, allfällige Zweifel an dem Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auszuräumen. Ob überhaupt Zweifel an der Genehmigungsbedürftigkeit eines Vorganges bestehen, sei anhand des Grundverkehrsgesetzes selbst zu prüfen.

Nach der früheren Rechtslage (§ 2 lit b KrntGVG 1994) habe sich der Geltungsbereich des Kärntner Grundverkehrsgesetzes ausdrücklich auch auf Baugrundstücke bezogen. Außerdem seien „Genehmigungsgebiete" zu berücksichtigen gewesen, die von der Landesregierung zur Erreichung der Gesetzesziele zu bestimmen gewesen seien.

Freilich sei der Wortlaut des geltenden Gesetzes, insbesondere das Verhältnis der §§ 2, 3 und 8 zu § 18, nicht ganz eindeutig. Es sei jedoch der Umstand in Betracht zu ziehen, dass das geltende Gesetz nun gemäß § 3 Abs 2 lit a nur für land- und/oder forstwirtschaftliche Grundstücke gelte und Baugrundstücke (insbesondere auch bebaute Grundstücke) im § 3 Abs 2 lit a ausdrücklich als Grundstücke bezeichnet würden, die keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke seien.

Im vorliegenden Fall weise das Grundstück, auf welches sich das einzutragende Mietrecht beziehe, im Grundbuch die Widmung „Baufläche (Gebäude) und Sonstige (Werksgelände)" auf. Aus dem (einen integrierenden Bestandteil des Mietvertrages bildenden) Mappengleichstück (Lageplan) ergebe sich, dass das Grundstück im Stadtgebiet von Villach liege und mehrere Gebäude darauf errichtet seien. Es handle sich daher zweifelsfrei nicht um ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück, welches gemäß § 2 diesem Gesetz unterliegen würde. Weil sich also auf Grund der vorliegenden Urkunden im hier konkret gegebenen Fall eindeutig erkennen lasse, dass das vom Bestandvertrag betroffene Grundstück nach den Normen des Kärntner Grundverkehrsgesetzes diesem Gesetz nicht unterliege, könne die begehrte Eintragung bewilligt werden.

Der ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Entscheidungskompetenz der Grundverkehrsbehörde nach dem Kärntner Grundverkehrsgesetz 2002 fehle.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Finanzprokuratur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Gesuchsabweisung abzuändern.

Die Rechtsmittelwerberin gründet ihre Rekurslegitimation darauf, dass ihr Einschreiten von der zuständigen Grundverkehrsbehörde zum Schutz öffentlicher Interessen in Anspruch genommen wurde. Sie macht im Wesentlichen geltend, die im Grundbuch aufscheinende Benützungsart sage nichts Verlässliches über die maßgebliche (landwirtschaftliche) Widmung aus. Mit dem Ausländergrundverkehr habe sich das Rekursgericht nicht näher befasst. Die Feststellung der Negativvoraussetzungen sei den Grundverkehrsbehörden zugewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (zur Rekurslegitimation der Finanzprokuratur vgl § 1 Abs 3 ProkG und SZ 21/50; RIS-Justiz RS0066091) und auch berechtigt.

Der erkennende Senat hat zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 20 Abs 1 KrntGVG 2002 ausgesprochen, es treffe zu, dass die Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück den Verkehrsbeschränkungen des Kärntner Grundverkehrsgesetzes unterliege, allein der Grundverkehrsbehörde vorbehalten und der Entscheidungskompetenz des Grundbuchsgerichtes entzogen sei; dieses habe lediglich zu prüfen, ob eine der in § 34 Abs 1 KrntGVG 1994 genannten Urkunden dem Grundbuchsgesuch angeschlossen sei (5 Ob 9/96).

Das Rekursgericht meint nun unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0081755 und RS0066162 (vgl weiters RS0060508) selbst über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtsgeschäftes entscheiden zu können, wenn es sich zweifelsfrei nicht um ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück, sondern um ein dem Gesetz nicht mehr unterliegendes Baugrundstück handelt.

Ob eine solche Differenzierung angebracht ist, kann diesmal auf sich beruhen, weil es dem Rekursgericht ohnehin nicht gelungen ist, alle Zweifel an der Widmung des Grundstückes (vgl § 3 KrntGVG 2002) auszuräumen, mögen auch starke Indizien gegen eine landwirtschaftliche Widmung sprechen. Der von ihm herangezogenen im Grundbuch wiedergegebenen Widmung kann nämlich eine verbindliche Wirkung nicht zugemessen werden, weil gemäß § 2 GUG zwar die Eintragungen des Grundsteuer- oder Grenzkatasters über die Benützungsarten der Grundstücke im Hauptbuch wiederzugeben (aber nicht als Grundbuchseintragung zu führen) sind, nach § 8 VermG im Grenzkataster die Benützungsarten und sonstigen Angaben zur leichteren Kenntlichmachung der Grundstücke aber bloß ersichtlich zu machen sind (2 Ob 12/03h). Auch die Einzeichnung von Gebäuden im Lageplan schließt nicht jeden Zweifel aus, weil sich auch auf einem landwirtschaftlichen Grundstück Gebäude befinden können.

Eine Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde, die den Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs abdeckt, war somit entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht entbehrlich, weshalb der abweisende Beschluss des Erstgerichtes wiederherzustellen war.

Was den Ausländergrundverkehr anlangt, so hat das Erstgericht die Zustellung der Rekursentscheidung an die Grundverkehrsbehörde im Sinne von 5 Ob 16/02t = SZ 2002/33 (vgl 5 Ob 58/04x; 5 Ob 224/04h) unter Hinweis auf diese Entscheidung veranlasst. Die Grundverkehrsbehörde wurde damit in die Lage versetzt, gegebenenfalls gemäß § 21 KrntGVG 2002 vorzugehen und die Löschung der Eintragung zu erwirken (vgl auch § 30). Das Fehlen einer auch den Bereich des Ausländergrundverkehrs abdeckenden Negativbestätigung stellt also keinen weiteren Abweisungsgrund dar.

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