OGH 2Ob12/03h

OGH2Ob12/03h24.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Walter Hausberger, Dr. Katharina Moritz und Dr. Alfred Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagte Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung und Einwilligung (Streitwert EUR 6.540,56), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. April 2002, GZ 3 R 63/02i-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 14. Dezember 2001, GZ 1 C 401/00y-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung aufgetragen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger ist seit 9. März 1984 Alleineigentümer des geschlossenen Hofes "E*****" in EZ 9***** Grundbuch 8***** T*****, zu dessen Gutsbestand unter anderem das Grundstück 451/1 gehört. Der Beklagte ist seit 5. 2. 1968 Alleineigentümer des geschlossenen Hofes "V*****" in EZ 9***** Grundbuch 8***** T*****, dessen Gutsbestand unter anderem das Grundstück 731/3 zugeschrieben ist. Das Grundstück 731/3 ist durch Teilung des ebenfalls zum Gutsbestand des Hofes des Beklagten gehörigen Grundstückes 731/2 entstanden. Die Teilung erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 6. 4. 1999 von Amts wegen aus katastertechnischen Gründen, um sogenannte Sprungklammern aus der Grundbuchsmappe zu beseitigen. Die W***** Ache (Grundstück 1316 in EZ 52 Grundbuch 8***** T*****, öffentliches Gut Gewässer) verlief nämlich durch das Grundstück 731/2 und trennte es in der Weise, dass ein Teil südlich und der andere Teil des Grundstückes nördlich des Bachverlaufes lag. Letzterer Teil von 2331 m2 erhielt durch die Teilung die neue Bezeichnung Grundstück 731/3. Dieses Grundstück schließt mit seiner Nordgrenze unmittelbar an das Grundstück 451/1 des Klägers an und wird im Süden durch die W***** Ache begrenzt.

Der Kläger begehrt zuletzt die Feststellung, dass das auf dem dem Ersturteil als integrierender Bestandteil beiliegenden Lageplan gelb eingefärbte Grundstück 731/3, inneliegend in EZ 9***** Grundbuch 8***** T***** im Eigentum der klagenden Partei stehe und weiters die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten des Klägers hinsichtlich dieses Grundstückes einzuwilligen, in eventu die Feststellung, dass den jeweiligen Eigentümern des geschlossenen Hofes "E*****" das Fruchtgenussrecht an dem genannten Grundstück zustehe und ebenfalls den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes einzuwilligen, schließlich das weitere Feststellungsbegehren, dass den jeweiligen Eigentümern des genannten klägerischen Hofes das ausschließliche und unbeschränkte Dienstbarkeitsrecht der Holznutzung und -bringung sowie der sonstigen Nutzung jeglicher Art zustehe sowie den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung der entsprechenden Grundbuchseintragungen einzuwilligen. Das genannte Grundstück sei von ihm und von seinen Rechtsvorgängern ununterbrochen wie ein eigenes Grundstück bewirtschaftet und genutzt worden, weshalb durch mehr als 30-jährige redliche Besitzausübung an der betreffenden Grundfläche Eigentum und zumindest das Fruchtgenussrecht und jedenfalls das Dienstbarkeitsrecht der Holznutzung und Holzbringung sowie der Nutzung jeglicher Art erworben worden sei. Der Beklagte lehne die Unterfertigung einer entsprechenden Aufsandungserklärung ab. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die W***** Ache sei 1951 aufgrund eines starken Gewitters über die Ufer getreten und habe sich ihr jetziges neues Bachbett innerhalb des (damaligen) Grundstückes 731/2 gesucht. Eine Veränderung im Lauf von Gewässern bewirke keine Änderung der bestehenden Eigentumsverhältnisse. Der Beklagte sei jederzeit berechtigt, den Bach wieder in sein altes Bett zurückzuleiten oder eine Entschädigung zu verlangen. Bei einem erheblichen Teil der Grundfläche handle es sich um öffentliches Wassergut, weshalb der Kläger kein dingliches Recht durch Ersitzung habe erwerben können. Der Beklagte und sein Vater habe auch nach 1951 den südlich des verlassenen Bachbettes gelegenen Teil der Grundfläche als Viehweide genützt. Der Beklagte habe Anfang der Siebzigerjahre einen Antrag bei der Wildbach- und Lawinenverbauung gestellt, den Bach wieder in sein ursprüngliches Bett zurückzuverlegen. Der Kläger und dessen Rechtsvorgänger seien nicht gutgläubig gewesen. Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren zur Gänze statt.

Es ging von nachstehenden Feststellungen aus:

Die W***** Ache verlief bis zum Jahre 1898 auf dem heutigen Grundstück 731/3 im nördlichen Bereich entlang der Grenze zum Grundstück 451/1 (rote Fläche im Gutachten des Sachverständigen DI Wolfgang Niedermayr). Aufgrund eines der größten Hochwässer in der Region zwischen 1898 und 1912 kam es zu einer vollkommenen Änderung des Verlaufes der W***** Ache, und zwar so, wie er in der Katastralmappe heute dargestellt ist. Diese Änderung wurde im Jahr 1912 in die Grundbuchsmappe eingearbeitet. Mit dieser Verlegung wurde eine so genannte Sprungklammer für den abgetrennten Teil des Grundstückes 731/2 erforderlich, die im Jahr 1999 von Amts wegen aufgelöst wurde. Es erfolgte eine Teilung der Grundstücke 731/2 und 731/3. Seit dem Jahr 1912 erfolgte keine Änderung des Verlaufes der W***** Ache in der Weise, dass sie wieder entlang der Grundstücksgrenze im Jahr 1898 verlief. Der heutige Verlauf des Bachbettes der W***** Ache stimmt aufgrund natürlicher Veränderungen (Hochwasser) mit der Darstellung in der Katastralmappe nicht mehr überein. Im südlichen Bereich des Grundstückes 713/3 ist das Bachbett nach Norden gewandert. Im nördlichen Teil hat die W***** Ache ihr Bachbett Richtung Westen verlegt. Die W***** Ache bildet seit jeher die Grenze zwischen den Grundstücken des Klägers und des Beklagten bzw deren Rechtsvorgängern. Während der Kläger und seine Rechtsvorgänger den Grund nördlich bis zur W***** Ache als den ihren ansahen und auch wirtschaftlich nutzten, sahen der Beklagte und seine Rechtsvorgänger den südlichen Teil bis zur W***** Ache als ihren Grund an und nutzten diesen. Bis zum Jahr 1898 verlief die W***** Ache komplett im nördlichen Bereich des heutigen Grundstückes 731/3. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde daher das heutige Grundstück 731/3 mit Ausnahme des Bachbettes zur Gänze von den Rechtsvorgängern des Beklagten bewirtschaftet und genutzt. Aufgrund der Verlegung der W***** Ache durch das Hochwasser in der Zeit zwischen 1898 und 1912 verlief die Ache dann südlich des heutigen Grundstückes 731/3. Seit zumindest 1912 wurde das heutige Grundstück 731/3 von den Rechtsvorgängern des Klägers und von diesem genutzt und bewirtschaftet, dies unter Berücksichtigung, dass sich seit 1912 die W***** Ache in das heutige Grundstück 731/3 hinein ihren Platz suchte. Jedenfalls wurde das heutige Grundstück 731/3 seit 1912 nicht mehr vom Beklagten und dessen Rechtsvorgängern so bewirtschaftet und genutzt, als wäre es ihr eigenes Grundstück. Der Kläger und seine Rechtsvorgänger ließen seit zumindest 1912 auf dem heutigen Grundstück 731/3 Vieh weiden und bezogen davon Holz; insbesondere wurde im Jahr 1966 eine große Anzahl von Christbäumen gefällt und vom Rechtsvorgänger des Klägers verkauft. Der Kläger bzw seine Rechtsvorgänger verkauften auch Holz aus diesem Grundstück. Im Jahr 1951 fand ein großes Hochwasser statt. Der Beklagte versuchte, der W***** Ache im gegenständlichen Bereich einen neuen Verlauf zu geben, was ihm jedoch nicht gelang. Auch im Jahr 1974 versuchte der Beklagte im Wege der Gemeinde und der Wildbach- und Lawinenverbauung eine Verlegung der Ache zu erreichen. Das Projekt wurde aber nicht ausgeführt.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass der Kläger seinen tatsächlichen Besitz an der gegenständlichen Fläche durch Nutzung durch ihn und seine Rechtsvorgänger seit dem Jahr 1912 habe nachweisen können. Aus dem Umstand, dass der Kläger bzw seine Rechtsvorgänger ihr Vieh auf der Fläche weiden ließen, Holz von dieser Fläche bezogen und nutzten und die W***** Ache die strittige Fläche abgegrenzt habe, sei der Schluss zu ziehen, dass der Kläger und seine Rechtsvorgänger die strittige Fläche für die ihre hielten und somit als redliche Besitzer anzusehen seien. Der Kläger und seine Rechtsvorgänger hätten daher Eigentum an der Fläche zumindest ab dem Jahre 1943 ersessen, weshalb dem Hauptbegehren stattzugeben gewesen sei. Dem zutreffenden Einwand des Beklagten, wonach am verlassenen Bett der Wildschönauer Ache nach § 4 Abs 1 WRG kein dingliches Recht durch Ersitzung habe erworben werden können, sei durch entsprechende Einschränkung des Klagebegehrens hinsichtlich des bis zum Jahr 1898 bestandenen Bachbettes und hinsichtlich des heutigen Verlaufes der Wildschönauer Ache Rechnung getragen worden.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht gab dessen Berufung Folge und wies das Klagebegehren einschließlich aller Eventualbegehren bereits aus rechtlichen Gründen ab, ohne auf die Beweis- und Tatsachenrüge einzugehen.

Selbst wenn zufolge der Verlegung der W***** Ache zwischen 1898 und 1912 zumindest 1912 das nunmehrige Grundstück 731/3 nicht mehr vom Beklagten und seinen Rechtsvorgängern bewirtschaftet und genutzt worden sei, wäre eine Ersitzung des Eigentums oder eines Fruchtgenussrechtes oder Holzbezugsrechtes nicht möglich gewesen. Nach § 43 des Servitutenpatentes RGBl 130/1853, des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte und des § 2 Abs 1 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes sei die Ersitzung von Nutzungsrechten, ausgenommen selbständiger Wegerechte, nicht mehr möglich. Lediglich eine bereits am 14. 7. 1853 (Kundmachung des Sevitutenpatentes) vollendete Ersitzung sei davon nicht berührt. Eine Verjährung durch Nichtausübung der Nutzungsrechte finde nicht statt. Als Nutzungsrechte, die nach der Bestimmung des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes nicht mehr ersessen werden könnten, seien nach § 1 Abs 1 dieses Gesetzes a) alle wie immer genannten Rechte, in oder aus einem fremden Wald Holz oder sonstige Forstprodukte zu beziehen, b) Weiderechte auf fremden Grund und Boden, c) alle anderen Felddienstbarkeiten auf Wald oder der Waldkultur gewidmeten Boden mit Ausnahme der selbständigen Wegerechte zu verstehen. Nach dem Gesetzestext des genannten Tiroler Wald- und Weideservitutgesetzes seien zwar nur Nutzungsrechte betroffen, die Ersitzung des Eigentums aber nicht ausgeschlossen, doch müsse das gesetzliche Ersitzungsverbot auch für das Eigentumsrecht gelten, soweit sich die Ersitzung lediglich auf die Ausübung von solchen Nutzungsrechten stütze. Der Zweck der Bestimmung des Servitutenpatentes und des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes liege darin, zu verhindern, dass jemand aus dem Umstand, dass er ohne Rechtsgrundlage sein Vieh auf fremdem Grund und Boden weiden lasse, oder aus fremdem Grund und Boden Holz beziehe, daraus irgendwelche Rechte ableiten könne. Für die Ersitzung des Eigentumsrechtes müssen demnach über die im Servitutenpatent und im Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz genannten Nutzungsrechte, also insbesondere über das Weidenlassen von Vieh und den Holzbezug hinausgehende Besitzhandlungen (Mähen, Aufforsten) während der erforderlichen Ersitzungszeit ausgeübt worden sein. Durch die bloße Ausübung von Nutzungsrechten, deren Ersitzung gesetzlich ausgeschlossen sei, könne umso weniger Eigentum ersessen werden. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hätten der Kläger und seine Rechtsvorgänger die Grundfläche als Weide genützt, in den letzten 30 Jahren Brennholz davon bezogen, je nach Bedarf Holz gefällt und einmal eine größere Anzahl Christbäume bezogen. Damit habe der Kläger keine Nutzungs- bzw Besitzhandlungen dargetan, die zur Ersitzung der geltend gemachten Rechte hätte führen können. Für die vom Kläger behauptete und mit dem Hauptbegehren geltend gemachte Ersitzung des Eigentums bestehe keine Grundlage. Auch die Ersitzung eines Fruchtgenussrechtes komme unter den vorliegenden Umständen nicht in Betracht. Schließlich stehe das zweite Eventualbegehren auf Feststellung der Ersitzung eines ausschließlichen und unbeschränkten Dienstbarkeitsrechtes der Holznutzung dem Gesetzeswortlaut des Ersitzungsverbotes nach dem Servitutenpatent und dem Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz entgegen.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag nach § 508 ZPO dahin, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es liege keine Judikatur vor, ob sich das Ersitzungsverbot des § 1 Abs 1 lit a und c des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes nur auf ausdrücklich als "Wald" gewidmete Grundstücke (Nutzungsart laut Grundbuch) beziehe. Eine gefestigte Rechtsprechung liege nicht vor. Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, das Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz hindere nur die Ersitzung von Holzbezugsrechten an Waldgrundstücken bzw Weiderechten auf fremdem Grund und Boden, weshalb eine Ersitzung an nicht als Wald gewidmeten Grundflächen möglich sei. Dies entspreche auch dem Gesetzeszweck, wonach eine Ersitzung nur auf Basis jener Nutzungshandlungen ausgeschlossen werden sollte, die der Widmung der betreffenden Grundflächen entspreche. Bei dem Grundstück handle es sich nicht um einen Wald, sondern um ein Augebiet. Schließlich sei durch das Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz die Ersitzung von Eigentum nicht ausgeschlossen.

Der Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

§ 1 Abs 1 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes LGBl 21/1952 bezeichnet als Nutzungsrechte:

a) alle wie immer genannten Rechte, in oder aus einem fremden Wald Holz oder sonstige Forstprodukte zu beziehen;

  1. b) Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;
  2. c) alle anderen Felddienstbarkeiten auf Wald oder der Waldkultur gewidmeten Boden mit Ausnahme der Wegerechte.

    Nach § 2 Abs 1 leg cit können derartige Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Eine bereits am 14. Juli 1853 vollendete Ersitzung wird dadurch nicht berührt. Nach Abs 2 findet eine Verjährung durch Nichtausübung nicht statt.

    Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, das Tiroler Wald- und Weideservituten-Landesgesetz erkläre wohl die Begründung neuer Dienstbarkeiten an Waldgrundstücken, nicht aber den Erwerb des Eigentums an Wald- oder Weidegrundstücken für unzulässig. Nach dem offenbaren Zweck dieses Gesetzes solle nur eine Belastung gewisser Grundstücke im Interesse einer angemessenen Bewirtschaftungs- und Nutzungsmöglichkeit innerhalb des angegebenen Rahmens, nicht aber den Übergang des Eigentums an diesen Grundstücken verhindert werden. Wenngleich also die Ersitzung der genannten Wald- und Weideservituten an Wald- bzw Weidegrundstücken unzulässig ist, kann an solchen Grundstücken aber sehr wohl Eigentum durch ausreichende Besitzhandlungen ersessen werden (4 Ob 609, 610/75). In der zitierten Entscheidung wurde die Ersitzung von Eigentum an einem durch einen Zaun abgegrenzten Grundstück durch Vornahme "aller bäuerlichen Nutzungen" wie Weidenlassen, Mähen, Heuen, Laubsammeln, Aufforsten und im Rahmen des Möglichen, Holzschlägern bejaht. Durch diese Handlungen sei sichtbar zum Ausdruck gebracht worden, dass diese Grundstücke vom Ersitzenden bzw seinen Rechtsvorgängern als ihnen allein gehörig betrachtet und in Anspruch genommen wurden und somit der Besitz in einer Weise ausgeübt wurde, die eine Besitzausübung durch andere für jedermann erkennbar nicht zugelassen hätte. Damit sei das wesentliche Erfordernis, die zum Erwerb eines Eigentumsrechtes als dem Alleinrecht an der Liegenschaft führen solle, dass der Ersitzungsbesitz immer dem zu ersitzenden Recht entsprechen müsse, erfüllt.

    Nach den - vom Berufungsgericht allerdings ungeprüft gebliebenen - Feststellungen des Erstgerichtes bildete die W***** Ache seit jeher die Grenze zwischen den Grundstücken des Klägers und des Beklagten bzw deren Rechtsvorgänger. Während der Kläger und seine Rechtsvorgänger den Grund nördlich bis zur W***** Ache als den ihren ansahen und wirtschaftlichen nutzten, sahen der Beklagte und seine Rechtsvorgänger den südlichen Teil bis zur W***** Ache als ihren Grund an und nutzte diesen. Seit zumindest 1912 wurde das heutige Grundstück 731/3 von den Rechtsvorgängern des Klägers und von diesem genutzt und bewirtschaftet. Jedenfalls wurde das heutige Grundstück seit 1912 nicht mehr vom Beklagten und dessen Rechtsvorgängern so bewirtschaftet und genutzt, als wäre es ihr eigenes Grundstück. Festgestellt wurde weiters, dass der Kläger und seine Rechtsvorgänger seit zumindest 1912 auf dem heutigen Grundstück Vieh weiden ließen und Holz bezogen.

    Sollten diese Feststellungen im fortgesetzten Verfahren vom Berufungsgericht übernommen werden, kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch den Kläger bzw dessen Rechtsvorgänger Eigentum am strittigen Augrundstück ersessen wurde. Die Errichtung eines Zaunes kam nicht in Betracht, weil nach den Feststellungen die W***** Ache seit jeher die Grundstücksgrenze bildete, weshalb eine weitere Abgrenzung nicht erforderlich war. Die weiteren festgestellten Nutzungshandlungen wie Weidenlassen und Holzschlägern sind im Zusammenhang mit der Feststellung zu sehen, das strittige Grundstück sei vom Kläger und dessen Rechtsvorgängern genutzt und bewirtschaftet worden, als stünde es in ihrem Eigentum. Da die Besitzergreifungshandlungen den Inhalt des Besitzes und damit jenen des zu ersitzenden Rechtes bestimmen (M. Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 3 zu § 1460 mwN), werden die festgestellten Handlungen (landwirtschaftliche Nutzung und Bewirtschaftung) als ausreichend für eine Eigentumsersitzung anzusehen sein.

    Sollten diese Feststellungen vom Berufungsgericht nicht übernommen werden, werden im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber zu treffen sein, ob das strittige Grudnstück nach den tatsächlichen Verhältnissen in der Natur als Wald anzusehen ist. Auf die grundbücherliche Widmung kommt es nicht an, weil gemäß § 2 GUG zwar die Eintragungen des Grundsteuer- oder Grenzkatasters über die Benützungsarten der Grundstücke im Hauptbuch wiederzugeben sind, aber nach § 8 VermG im Grenzkataster die Benützungsarten und sonstigen Angaben zur leichteren Kenntlichmachung der Grundstücke bloß ersichtlich zu machen sind. Eine verbindliche Wirkung kann daher der im Grundbuch wiedergegebenen Widmung nicht zugemessen werden. Bei der Beurteilung, ob die strittige Fläche nach den tatsächlichen Verhältnissen als Wald anzusehen ist, kann auf die Bestimmung des § 1 Abs 1 ForstG zurückgegriffen werden, wonach als Wald mit Holzgewächsen bestockte Grundstücke mit einem Mindestausmaß von 1000 m2 und einer durchschnittlichen Breite von 10 m anzusehen ist. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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