OGH 7Ob304/04p

OGH7Ob304/04p22.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kalivoda und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter P*****, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Rechtsanwalt in Wien, wegen (eingeschränkt) EUR 7.634,57 sA, über die Revision (richtig: Revision samt Rekurs) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 7. September 2004, GZ 5 R 104/04g-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. März 2004, GZ 23 Cg 231/01y-17, (mit einer Maßgabe) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird in Ansehung ihres Ausspruches, wonach das Klagebegehren im Umfang von EUR 1.931,17 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 zurückgewiesen wird, bestätigt. Soweit "das darüber hinausgehende Begehren von EUR 5.703,40 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 abgewiesen" wurde, wird die Entscheidung des Berufungsgerichtes in Ansehung eines Teilbetrages von EUR 141,71 sA bestätigt und hinsichtlich des restlichen Betrages von EUR 5.561,69 sA mit der Maßgabe bestätigt, dass das darauf gerichtete Klagebegehren nicht ab-, sondern zurückgewiesen wird. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Streitteilen bestand ein Kaskoversicherungsvertrag für den PKW des Klägers. Am Abend des 22. 1. 2001 wurde dieses Fahrzeug bei der Heimfahrt des Klägers (dem damals wegen Lenkens in alkoholisiertem Zustand der Führerschein bereits entzogen war) mit seiner Lebensgefährtin, die das Auto lenkte, von einem Heurigenbesuch in Wien bei einem Unfall beschädigt. Das Fahrzeug geriet wegen Straßenglätte ins Schleudern und stieß mit geringer Geschwindigkeit gegen einen Alleebaum der Gemeinde Wien, der in Stoßstangenhöhe eine "Stammwunde" (abgelöste Rinde) im Ausmaß von 80 x 34 cm erlitt. Der Schaden am Baum belief sich auf S 17.219 (EUR 1.250). Nachdem die beiden Fahrzeuginsassen wegen dieses Unfalles in Streit gerieten, worauf sich die Lenkerin in der für den Kläger als Beifahrer erkennbaren Absicht, sich nicht mehr weiter darum zu kümmern, von der Unfallstelle entfernte, stellte der Kläger (der "dem Baum keine Beachtung beimaß") das beschädigte Fahrzeug ohne Verständigung der Polizei bei einer nahegelegenen Tankstelle ab. Hätte er auf die Kontaktstelle am Baum "bewusst geachtet", hätte er den angerichteten Baumschaden erkennen können. Im vom Kläger später erstellten Unfallbericht wurden die Fragen in den Rubriken "andere Sachschäden", "Verletzte" und "behördliche Aufnahme" jeweils mit "nein" angekreuzt. Die beklagte Versicherung hat ihre Deckungspflicht gegenüber dem Kläger als Versicherungsnehmer unter Hinweis auf die einjährige Klagefrist mit Schreiben vom 15. 2. 2001 abgelehnt. Am 12. 4. 2001 brachte die hier Beklagte als klagende Partei gegen die hier klagende Partei als Beklagte zu 6 C 709/01z des Bezirksgerichtes Meidling (im Folgenden kurz: Vorprozess) wegen eines früheren Unfalles des Genannten in alkoholisiertem Zustand eine Regressklage über zuletzt EUR 2.211,99 sA, ein. Der Beklagte (hier Kläger) wendete hiegegen zwei Gegenforderungen ein, und zwar in Höhe von S 3.864,10 (EUR 280,82) für eine bis dato nicht zur Auszahlung gelangte Gutschrift sowie in Höhe weiterer S 166.252 (EUR 12.082) an Reparaturkosten für den PKW aus dem hier verfahrensgegenständlichen Schadensfall vom 22. 1. 2001. Die klagende (hier beklagte) Versicherung bestritt das Bestehen dieser letztgenannten Gegenforderung damit, leistungsfrei zu sein, weil insbesondere nach dem Unfall keine behördliche Meldung erstattet worden sei und der dringende Verdacht bestehe, dass sich der Lenker des PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; schließlich hätte der Beklagte (hier Kläger) nicht nach seinen Möglichkeiten zur Feststellung des Sachverhaltes beigetragen und sei mangels Rechnungsvorlage auch noch keine Fälligkeit einer allfälligen Kaskoleistung eingetreten; sollte der Beklagte gefahren sein, so sei die Gegenforderung wegen Fehlens einer Lenkerberechtigung zum Unfallszeitpunkt unberechtigt. Ein Erwiderungsvorbringen im Sinne eines Kausalitätsgegenbeweises erstattete der anwaltlich vertretene Beklagte (hier Kläger) im gesamten Vorprozess nicht. Das Bezirksgericht Meidling sprach mit mehrgliedrigem Urteil vom 21. 10. 2002 aus, dass die Klagsforderung mit EUR 2.211,99 zu Recht und die Gegenforderung mit EUR 280,82 ebenfalls zu Recht besteht und verpflichtete demgemäß den Beklagten (hier Kläger) zur Zahlung von EUR 1.931,17 samt 4 % Zinsen seit 23. 3. 2001; das Mehrbegehren von EUR 280,82 sA wurde abgewiesen. Bezüglich der eingewendeten Gegenforderungen ging das genannte Gericht davon aus, dass diese lediglich im Umfang einer nicht zurückgezahlten anteiligen Versicherungsprämie zu Recht bestünden. Hinsichtlich der wesentlich höheren (und als nicht berechtigt erachteten) zweiten Gegenforderung aus dem Schadensfall vom 22. 1. 2001 sei dem Beklagten (hier Kläger) hingegen eine Obliegenheitsverletzung nach Art 7.3.2 der AKB 1997 iVm § 4 StVO anzulasten, da er - ungeachtet der offengebliebenen Frage, ob er den Wagen gelenkt oder sich lediglich auf dem Beifahrersitz befunden habe - seiner Verpflichtung, nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen und alles Zweckdienliche zur Aufklärung des Unfallereignisses vorzunehmen, nicht nachgekommen sei. Besondere Entschuldigungsumstände habe der Beklagte als Versicherungsnehmer nicht einmal vorgebracht.

Das lediglich von ihm bekämpfte Urteil wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 8. 7. 2003, 37 R 99/03p, bestätigt und ausgesprochen, dass die Revision (gemäß § 502 Abs 2 ZPO) jedenfalls unzulässig sei. Das Berufungsgericht ging ebenso wie das Erstgericht von einer Obliegenheitsverletzung des Beklagten aus.

Am 19. 11. 2001, also noch während des laufenden Vorverfahrens, brachte der Kläger gegen die beklagte Versicherung (und Klägerin des Vorverfahrens) die vorliegende (vorerst) Deckungsklage ein, wobei er zunächst lediglich ein Feststellungsbegehren auf Gewährung des Deckungsschutzes für den Schadensfall vom 22. 1. 2001 erhob. Im Laufe des Verfahrens stellte er dieses Begehren auf eine Leistungsklage, gerichtet auf Zahlung von EUR 8.629,43 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001, um, wobei er diesen Betrag wie folgt errechnete:

Kfz-Schaden S 166.252 (EUR 12.082,--)

Abschleppkosten S 1.950 (EUR 141,71)

abzüglich Selbstbehalt - S 3.000 (EUR 218,02)

Zwischensumme S 165.202 (EUR 12.005,70)

abzüglich Forderung der

beklagten Versicherung aus

Vorprozess - EUR 3.376,27

Summe EUR 8.629,43.

Die beklagte Versicherung wendete auch in diesem Verfahren ein, dass ihr Versicherungsnehmer mehrfach gegen Obliegenheiten verstoßen habe; außerdem sei kein Feststellungsinteresse gegeben, weil der Kläger selbst bereits im Vorverfahren seine Ansprüche als fällig erachtet habe. Darüber hinaus wendete die beklagte Partei hinsichtlich der im Vorverfahren rechtskräftig erledigten Gegenforderung "entschiedene Sache" ein. Schließlich wendete die beklagte Versicherung auch noch ihrerseits mehrere Gegenforderungen ein, und zwar die Verfahrenskosten des Vorverfahrens in Höhe von EUR 1.769,78 und EUR 485,86, Regressforderungen aus einem Vorfall vom 21. (richtig: 22.)

1. 2001 in Höhe von EUR 1.745,31 sowie einen weiteren Rückforderungsanspruch in Höhe von EUR 3.666,34 aus dem Vorfall vom 20. 12. 1999 (Gegenstand des Vorprozesses).

Der Kläger schränkte in der letzten Streitverhandlung sein Klagebegehren auf restlich EUR 7.634,57 sA ein, wobei er die Ansprüche der Versicherung aus dem Vorverfahren in Höhe von EUR 1.931,17 an Kapital, EUR 184,32 Zinsen sowie EUR 1.769,78 und EUR 485,86 an Kosten, insgesamt sohin EUR 4.371,13, berücksichtigte. Das Erstgericht beschloss und erkannte, dass die Klage im Umfang des Begehrens von EUR 7.634,57 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 zurückgewiesen werde; "bei einem geringeren Rechtskraftumfang der Entscheidungen 6 C 709/01z-30 des Bezirksgerichtes Meidling bzw 37 R 99/03p des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (= 6 C 709/01z-34 des Bezirksgerichtes Meidling) wird das Klagebegehren abgewiesen."

Die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, dass die nunmehrige Klageforderung im Vorverfahren als Gegenforderung eingewendet und dort "unmissverständlich als nicht zu Recht bestehend erkannt" worden sei. Hätte der Beklagte diese Konsequenz im Vorverfahren abwenden wollen, wäre es ihm freigestanden, nicht mit seiner gesamten Gegenforderung, sondern nur mit einem Teil davon aufzurechnen. Da die Position Abschleppkosten mit lediglich EUR 141,71 jedenfalls unter jenem Betrag liege, der vom Kläger aufgrund der im Vorverfahren erfolgten Zusprüche abgezogen worden sei, nämlich EUR 4.371,13, sei die Klageforderung zur Gänze wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass hievon lediglich ein Betrag von EUR 1.931,17 (also in der Höhe des urteilsmäßigen Zuspruchs im Vorverfahren) zurückzuweisen sei, bestünde darüber hinaus eine materielle Bindungswirkung mit der Folge einer insoweit vorzunehmenden Klageabweisung. Ob die Klage auch wegen Leistungsfreiheit aufgrund Obliegenheitsverletzung abzuweisen wäre, bedürfe damit keiner weiteren Auseinandersetzung.

Das vom Kläger lediglich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angerufene Berufungsgericht gab seinem Rechtsmittel nicht Folge, "modifizierte" jedoch die angefochtene Entscheidung dahin, dass sie spruchmäßig wie folgt lautete:

Das Klagebegehren wird im Umfang von EUR 1.931,17 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 zurückgewiesen. Das darüber hinausgehende Begehren von EUR 5.703,40 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 wird abgewiesen. Darüber hinaus erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht Folgendes aus:

Rechtskraftwirkung komme dem Urteil im Vorverfahren nur bis zur Höhe der dort geltend gemachten Klageforderung im Umfang ihres stattgebenden Teiles, also mit EUR 1.931,17 sA, zu, sodass diese Entscheidung nicht die selbständige Einklagung des Restes der Gegenforderung hindere. Allerdings entfalte die Entscheidung im Vorverfahren auch darüber hinausgehend Bindungswirkung. Der Ausspruch im Vorverfahren, wonach die Gegenforderung nur mit EUR 280,82 zu Recht bestehe, impliziere nämlich das Ergebnis, dass die weitere darüber hinaus geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Dieses Erkenntnis setze denknotwendigerweise voraus, dass die gesamte im Vorverfahren geltend gemachte Gegenforderung in Höhe von weiteren EUR 12.082 inhaltlich geprüft worden sei, wie dies auch den dortigen Entscheidungsgründen zu entnehmen sei. Das Gericht (im Vorprozess) müsse sich mit der gesamten eingewendeten, das Klagebegehren übersteigenden Gegenforderung auseinandergesetzt haben, um zu dem Schluss gelangen zu können, dass diese "nicht einmal mit einem Euro" zu Recht besteht. Hauptfrage des Vorprozesses sei dabei die Beurteilung gewesen, ob in Ansehung dieser eingewendeten Gegenforderung von EUR 12.082 irgend ein Teil dieser geltend gemachten Forderung berechtigt sei; dabei habe es sich nicht um eine bloße Vorfragenbeurteilung gehandelt, vielmehr sei das Rechtsverhältnis als Ganzes Gegenstand der Beurteilung gewesen. Daraus folge, dass in Ansehung dieser Gegenforderung von EUR 12.082, soweit sie nicht ohnedies von der Rechtskraftwirkung des Vorverfahrens erfasst sei, Bindungswirkung anzunehmen sei, welche sich, "da es sich diesbezüglich lediglich um eine Nebenforderung handelt, unter dem Aspekt der in der Judikatur wiederholt angesprochenen Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie auch auf die geltend gemachten Abschleppkosten in der Höhe von EUR 141,71 erstreckt." Es könne nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, Ansprüche, die schon einmal zur Gänze einer Überprüfung unterzogen worden seien, stets von Neuem zu prüfen, wenn sich die Sachlage nicht geändert habe, die Parteien ident seien und lediglich ein neues Vorbringen erstattet werden solle; die materielle Rechtskraft und Bindungswirkung des Urteils im Vorprozess schneide die Geltendmachung von Rechtsgründen ab, die releviert und entschieden worden seien, aber auch solcher, deren Geltendmachung (hier in Richtung Kausalitätsgegenbeweis) unterblieben sei.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil die gegenständliche Entscheidung im Hinblick auf die nach wie vor divergierende und teilweise aufgezeigte Judikatur zur Frage der Bindungswirkung von Entscheidungen im Vorverfahren eine Rechtsfrage darstelle, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit bzw Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die (erkennbar) auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil dahin abzuändern, dass dem Klageanspruch in der Höhe von EUR 7.634,57 samt 4 % Zinsen seit 25. 2. 2001 stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet. Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht in verfahrensrechtlicher Hinsicht teilweise Fehler bei der rechtlichen Beurteilung unterlaufen sind, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In formeller Hinsicht ist zunächst vorauszuschicken, dass sich das ausdrücklich nur als "Revision" bezeichnete klägerische Rechtsmittel inhaltlich sowohl gegen die im Teilbetrag von EUR 1.931,17 sA - insoweit als Beschluss - erfolgte Klagezurückweisung als auch gegen die im Teilbetrag von EUR 5.703,40 sA - insoweit mittels Urteiles - erfolgte Klageabweisung richtet. Richtigerweise müsste ein sich gegen beide Spruchteile richtendes Rechtsmittel daher als Rekurs und Revision ausgeführt sein. Allerdings ist gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels oder von Gründen eines solchen unerheblich, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist, wovon hier auszugehen ist. Da überdies der (richtig) Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 2 (erhebliche Rechtsfrage) zulässig ist, bedurfte es hiezu weder der Nachholung eines Zulassungsausspruches durch das Berufungs- (insoweit Rekurs-)gericht noch eines diesbezüglichen Verbesserungsauftrages an die klagende Partei als Rechtsmittelwerberin.

Wie der Spruch eines Urteils im Falle der Erhebung einer Gegenforderung zu lauten hat, ist in der ZPO nicht geregelt; § 545 Abs 3 Geo sieht in solchen Fällen die Fällung eines mehrgliedrigen Urteils vor, das bereits im Urteilsspruch (freilich nur bis zur Höhe der aufzurechnenden Hauptforderung: RIS-Justiz RS0040941) über den Bestand und die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung abspricht. Ein derart dreigliedriges Urteil, das aufgrund der Einwendung einer Gegenforderung ergeht, hat in seinen beiden ersten Teilen (nur) feststellenden Charakter; weder die Entscheidung über die Klageforderung noch jene über die Gegenforderung ist für sich allein und wegen des rechtlichen Zusammenhanges zueinander der Rechtskraft fähig (SZ 70/97; RIS-Justiz RS0040742), sondern nur logische Prämisse ("Vorstufe": 2 Ob 49/79) der Entscheidung über das Zahlungsbegehren; der Rechtskraft fähig ist nur der Zuspruch der Differenz zwischen festgestellter Haupt- und eingewendeter Gegenforderung (1 Ob 87/94 = JBl 1996, 254 samt Anm Dullinger; RIS-Justiz RS0041026; SZ 70/97). Dies hat zunächst zur Folge, dass ein Beklagter die restliche, nicht von dieser Rechtskraftwirkung erfasste Gegenforderung entweder selbständig einklagen oder in einem Folgeprozess neuerlich prozessual einwenden kann (6 Ob 284/99d). Die Entscheidung über eine zur Aufrechnung eingewendete Gegenforderung ist gemäß § 411 Abs 1 zweiter Satz ZPO also nicht schlechthin, wie etwa die Entscheidung über eine mit Widerklage geltend gemachte Gegenforderung, der Rechtskraft fähig, sondern kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung nur in eingeschränktem Maß, nämlich bis zum Betrag, mit dem aufgerechnet werden soll(te), der Rechtskraft teilhaftig (RIS-Justiz RS0041281). Der darüber hinausgehende Teil der Entscheidung erwächst nicht in Rechtskraft. Nur soweit die Entscheidung über die Gegenforderung (also bis zur Höhe der Klageforderung) in Rechtskraft erwächst, hindert sie sowohl deren selbständige Einklagung zwischen denselben Parteien als auch deren neuerliche Geltendmachung durch Aufrechnungseinrede. Die Rechtskraft dieser Entscheidung über die Gegenforderung ist von Amts wegen wahrzunehmen (SZ 68/31; RIS-Justiz RS0039968; Fasching, Lehrbuch² Rz 1538) und hat die Zurückweisung dieses Teiles des Klagebegehrens zur Folge (SZ 68/31; Rechberger in Rechberger, ZPO² Rz 2 zu § 411).

Daraus folgt, dass der hier mittels Leistungsklage begehrten und im Vorverfahren bis zur Höhe der Klageforderung von (letztlich) EUR 2.211,99 aus demselben Sachverhalt und Rechtsgrund eingewendeten Gegenforderung die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung über diese (im Vorverfahren ebenso wie in der zitierten Entscheidung SZ 68/31 verneinte) Aufrechnungseinrede in Höhe des Differenzbetrages von EUR 1.931,17 (EUR 2.211,99 abzüglich der aus einem anderen Titel, nämlich Prämiengutschrift, zustehenden EUR 280,82) entgegensteht. Auch der Ausspruch des Nichtbestandes einer Gegenforderung ist nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 411 ZPO rechtskraftmäßig zu beachten (6 Ob 284/99d). Dies hat das Berufungsgericht auch richtig erkannt und demgemäß im ersten Absatz seines Spruches den diesbezüglichen Anspruchsteil zurückgewiesen. Hiegegen kann auch nicht mit Erfolg (wie in der Revision versucht) eingewandt werden, dass der Kläger diesen Betrag in der letzten Streitverhandlung vom 10. 11. 2003 (ON 10, AS 53) selbst bereits bei der Saldierung seines restlichen (und eingeschränkten) Klageanspruchs berücksichtigt und in Abzug gebracht habe, sodass das Klagebegehren nicht um eben diesen Betrag neuerlich spruchmäßig zurückgewiesen hätte werden dürfen, weil ja auch die reduzierte restliche (vormalige Gegen- und nunmehrige) Klageforderung denselben Anspruchsgrund zum Gegenstand hat und sohin hinsichtlich dieses Betrags zufolge Rechtskraftwirkung des Vorurteils mit diesem prozessual auch amtswegig wahrzunehmenden Prozesshindernis weiterhin erfasst ist, sodass der diesbezügliche (erste) Teil des berufungsgerichtlichen Spruches jedenfalls ziffernmäßig im Ergebnis als richtig zu bestätigen war.

Darüber hinaus hat Folgendes zu gelten:

Die materielle Rechtskraft samt Bindungswirkung (ausführlich

Fasching, Lehrbuch², Rz 1497 ff) der Urteile im Vorprozess schneidet

dem Kläger auch die Geltendmachung des Restbetrages der hier

vorliegenden Leistungsklage (und vormaligen Gegenforderung) insoweit

ab, als diese zwar im Vorverfahren noch nicht spruchmäßig

"verbraucht", jedoch hierüber (in den Entscheidungsgründen abweislich

entschieden worden war, gilt diese Rechtskraftwirkung doch bei - wie

hier in sämtlichen drei Bereichen vorliegender - Identität des

Anspruchs, der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts (RIS-Justiz RS0041572; 2 Ob 88/02h). Diese Bindungswirkung ergibt sich in casu aus dem Spruch iVm den die Gegenforderung ablehnenden Gründen der Entscheidung des Vorprozesses (RIS-Justiz RS0041454, RS0043259, RS0041331). Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft des Vorprozesses schließt damit die neuerliche Entscheidung über das gleiche Begehren aufgrund derselben Sachlage samt Geltendmachung des gleichen Betrages aus (RIS-Justiz RS0039843), in welchem Umfang dem Gericht also ebenfalls eine neue Sachverhandlung und Entscheidung über das insoweit identische Rechtsschutzbegehren verwehrt ist und die materielle Rechtskraft der Vorentscheidung in dieser Form und diesem Umfang somit ebenfalls die unter Nichtigkeitssanktion stehende negative Prozessvoraussetzung im Sinne eines Prozesshindernisses der res iudicata auslöst (Fasching, aaO Rz 1500). Hiegegen kann auch nicht - wie in der Revision versucht - die Bestimmung des § 49 JN zielführend ins Treffen geführt werden (wonach die Bindungswirkung mit der sachlichen Streitwertgrenze der Bezirksgerichte limitiert sei), weil für eine Aufrechnungseinrede die sonst für Klageforderungen geltenden Zuständigkeitsbestimmungen gerade nicht gelten (Fasching, aaO Rz 1290; SZ 31/119; SZ 37/1; RIS-Justiz RS0033861; P. Oberhammer, Aufrechnung mit Forderungen auf Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten im streitigen Verfahren, wobl 1994, 203 samt Nachw in FN 5; vgl auch Ballon in Fasching, I² Rz 81 zu § 1 JN), sodass der Kläger nicht gehindert war, eine auch über diese Wertgrenze hinausgehende Gegenforderung im Vorprozess vor dem Bezirksgericht geltend zu machen; von einer insoweit bloß "eingeschränkten Compensandowirkung" kann damit keine Rede sein. Auch der Betrag von EUR 5.561,69 (EUR 7.634,57 minus EUR 1.931,17 minus EUR 141,71) ist daher richtigerweise zurück- und nicht abzuweisen, weshalb der diesbezügliche Teil des berufungsgerichtlichen Spruches nur mit dieser Maßgabe betätigt werden konnte.

Von der klägerischerseits bei Schluss der Verhandlung aufrechten Klagsforderung in Höhe von zuletzt (eingeschränkt) EUR 7.634,57 ist jedoch bloß ein rechnerischer Teilbetrag von EUR 7.492,86 vom genannten Prozesshindernis betroffen, weil die hierin enthaltenen EUR 141,71 (= S 1.950) Abschleppkosten ja (noch) nicht Gegenstand des Vorverfahrens waren und insoweit einen hier erstmalig geltend gemachten und daher gänzlich neuen Anspruch darstellen. Die Argumentation des Berufungsgerichtes, wonach es sich "diesbezüglich lediglich um eine Nebenforderung handelt", die "unter dem Aspekt der Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie" gleichfalls der "Bindungswirkung" unterfalle, kann daher hiefür nicht zielführend ins Treffen geführt werden. Auch der Umstand, dass diese Teilposition der Klageforderung vom Prozesshindernis der entschiedenen Sache miterfasst sei, weil sie "jedenfalls unter den vom Kläger aufgrund der Zusprüche im Parallelverfahren abgezogenen Verbindlichkeiten von gesamt EUR 4.731,13 liegt" (Ersturteil Seite 10 = AS 115 iVm Vorbringen des Klagevertreters AS 53), geht von insoweit verfehlten Prämissen aus.

Zum nach dem Vorgesagten somit allein von keinem dieser Prozesshindernisse erfassten restlichen Anspruch der Abschleppkosten in Höhe von EUR 141,71 liegen zwar weder dem Grunde noch der Höhe nach Feststellungen vor und hat sich das Erstgericht auch nicht mit dem vom klägerischen Versicherungsnehmer angetretenen Kausalitätsgegenbeweis (§ 6 VersVG) befasst (ON 7). Lediglich die gegen die Klageforderung insgesamt eingewendete "Verfristung" (ON 10, AS 55) wurde vom Berufungsgericht mit nicht zu beanstandender Begründung (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO) "verworfen" (Revisionsschriftsatz Seite 4 = AS 205, dort allerdings unzutreffenderweise dem Erstgericht zugeschrieben). Trotzdem bedarf es diesbezüglich keiner Aufhebung zur Verfahrensergänzung und Neuentscheidung durch die Vorinstanzen, weil auch für diesen verbleibenden geringfügigen Anspruchsteil bereits Spruchreife im Sinne einer Klageabweisung (und damit ebenfalls Bestätigung des Berufungsurteils) gegeben ist. Dies aus folgenden weiteren rechtlichen Überlegungen:

Dadurch, dass der Kläger in der Streitverhandlung vom 10. 11. 2003 (ON 10) die aus dem Parallelprozess folgenden Ansprüche der hier Beklagten und dort obsiegenden klagenden Partei von seiner als berechtigt behaupteten Klageforderung selbst in Abzug brachte, erklärte er insoweit außergerichtlich aufzurechnen, als seiner Gesamtforderung rechtskräftige Forderungen der Beklagten (vormals Klägerin) in Höhe von zuletzt EUR 4.371,13 gegenüberstehen. Da - wie ausgeführt - seine Klageforderung jedoch nicht mit (wie von ihm zuletzt errechnet) EUR 7.634,57, sondern (die Erbringung des angetretenen Kausalitätsgegenbeweises ebenso wie die Verwerfung der beklagtenseits im Schriftsatz ON 9 weiters eingewendeten sonstigen Gegenforderungen jeweils zu seinen Gunsten unterstellt) mit - maximal - EUR 141,71 materiell-rechtlich berechtigt sein könnte, wird dieser Betrag allerdings jedenfalls durch die vom Kläger selbst in Abzug gebrachten EUR 4.371,13 rechnerisch aufgebraucht, weil diese von ihm als berechtigt erachtete "Gegenforderung" der beklagten Partei (aus dem Vorverfahren) ja zufolge Rechtskraftwirkung der über EUR 141,71 hinausgehenden klägerischen Forderung zu deren Minderung nichts beizutragen vermag. (Nur) mit dieser dogmatischen Begründung lässt sich daher die Abweisung auch dieses Restbetrages rechtfertigen und begründen, weshalb das Berufungsurteil - wenngleich nur im Ergebnis - auch in diesem Punkte letztlich zu bestätigen war.

Insgesamt war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40 und 50 ZPO.

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