Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Verhalten des Klägers ist nach dem (iS des § 27 Z 4 AngG auszulegenden) Entlassungstatbestand des § 82 lit f, 1. Tatbestand, GewO 1859 zu prüfen, der nach völlig einhelliger Auffassung nicht nur das Verlassen der Arbeit im engeren Sinn, sondern vielmehr jedes mit der Verpflichtung zur Einhaltung der pflichtgemäßen Arbeitszeit unvereinbare Verhalten des Arbeitnehmers, daher auch das pflichtwidrige Nichterscheinen zur Arbeit während einer den Umständen nach erheblichen Zeit umfasst (Kuderna, Entlassungsrecht² 137; vgl auch RIS-Justiz RS0029572; RS0029517; zuletzt etwa 9 ObA 249/02m). "Erheblich" ist ein Versäumnis insbesondere dann, wenn ihm nach der Dauer der versäumten Arbeit, nach Maßgabe der Dringlichkeit der zu verrichtenden Arbeit oder wegen des Ausmaßes des auf Grund des Versäumnisses nicht erzielten Arbeitserfolges oder der sonstigen dadurch eingetretenen betrieblichen Nachteile besondere Bedeutung zukommt. Dabei kommt es nicht allein darauf an, wie lange die Unterlassung der Dienstleistung dauerte, sondern vor allem auf die Würdigung der besonderen Umstände, unter denen sie erfolgte. Nicht die absolute Dauer der Arbeitsversäumnis ist entscheidend, sondern die Bedeutung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gerade während dieser Zeit (zuletzt etwa 8 ObA 220/02i). So wurde etwa von der Rechtsprechung bei eingeschränktem Betrieb sogar eine mehrtätige Abwesenheit als nicht erheblich beurteilt (8 ObA 21/02z), während in einem anderen Fall (RdW 1988, 53) schon das Fernbleiben im Umfang einer Stunde als erheblich angesehen wurde, weil dadurch der Betriebsablauf maßgeblich behindert worden war. Ein - wie hier - eintägiges Dienstversäumnis wurde dann als nicht tatbestandsmäßig angesehen, wenn durch das Fernbleiben des Klägers im die Entlassung auslösenden Fall relevante betriebliche Nachteile nicht entstanden sind und zudem der Dienstgeber bisherige gleichartige Vorfälle nicht ernsthaft beanstandete (8 ObA 220/02i). Es ist also stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen (RIS-Justiz RS0029495; zuletzt etwa 8 ObA 21/02z; 9 ObA 249/02m; 8 ObA 220/02i).
Die Anwendung dieser von der Rechtsprechung herausgearbeiteten und vom Berufungsgericht beachteten Grundsätze im Einzelfall stellt regelmäßig keine zur Wahrung der Rechtsfortentwicklung oder Rechtseinheit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO maßgebliche Frage dar. Eine vom Obersten Gerichtshof allenfalls unter dem Aspekt der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag die Revision nicht darzustellen:
Dass der Kläger am Montag unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist, hat nach den erstinstanzlichen Feststellungen zu keinem Produktionsausfall geführt (S 4 des Ersturteils), obwohl die vom Kläger zu bedienende Maschine die erste in einem bestimmten Produktionsablauf war, weil der zuständige Meister entsprechende Dispositionen treffen konnte. Die Einschätzung des Berufungsgerichtes, dass die Befolgung der auch dem Kläger bekannten Anordnung, Arbeitsverhinderungen rechtzeitig mitzuteilen, im konkreten Einzelfall des Arbeitsbeginnes an einem Montag um 6 Uhr keine Verbesserung der Situation herbeigeführt hätte, wird in der Revision nicht in Frage gestellt. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin kommt es nicht auf die bloß abstrakte Möglichkeit der Schadenszufügung, sondern auf die konkreten Umstände des Falles an, um beurteilen zu können, ob dem Dienstgeber die Weiterbeschäftigung für die (restliche) Dauer der Kündigungsfrist zumutbar ist. Dass der Kläger schon früher der Arbeit fern geblieben oder sonst unzuverlässig oder unpünktlich gewesen wäre, wurde im Verfahren nicht behauptet.
Es ist zutreffend, dass in der Rechtsprechung auch die falsche Information des Dienstgebers über den Grund des Fernbleibens als Entlassungsgrund angesehen wurde, jedoch bei Angestellten nur in schwerwiegenden, die Vertrauensunwürdigkeit begründenden Fällen und bei Arbeitern nur bei Verwirklichung des Tatbestandes des 2. Falles des § 82 lit f GewO 1859, somit bei beharrlicher Pflichtverletzung (8 ObA 196/01h).
In der Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass auch unter Einbeziehung der Falschmeldung insgesamt das Gewicht der Verfehlung nicht so schwer ist, dass deshalb eine sofortige Entlassung gerechtfertigt wäre, kann vor dem dargestellten rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.
War aber der Ausspruch der Entlassung bereits unter völliger Außerachtlassung der Frage des Verschweigens der das Fernbleiben rechtfertigenden Krankschreibung nicht berechtigt, weil auch die dem Dienstgeber gegebene Begründung - ein nach Kündigung durch den Dienstgeber geführtes Vorstellungsgespräch - keinen hinreichenden Entlassungsgrund bildete, hat es bei dem Rechtssatz zu bleiben, dass § 1162c ABGB nicht dazu dient, im Falle einer ungerechtfertigten Entlassung die den Arbeitgeber aus diesem Grund treffenden Rechtsfolgen zu mindern (RIS-Justiz RS0028230; 9 ObA 76/03x; 8 ObA 17/04i).
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