OGH 7Ob306/03f

OGH7Ob306/03f13.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 2.659,83 (Streitwert: EUR 4.500 [§ 55 Abs 4 JN]) über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2003, GZ 6 R 147/03m-4, womit der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 30. September 2003, GZ 6 R 147/03m-2, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zutragen.

Text

Begründung

Macht ein in § 29 KSchG genannter Verband einen ihm zur Geltendmachung abgetretenen Anspruch gegen eine Partei klagsweise geltend, dann gilt gemäß § 55 Abs 4 JN der Betrag von EUR 4.500 als Streitwert, wenn der begehrte Geldbetrag - wie hier - niedriger (EUR 2.659,83) ist.

Entgegen der zitierten Bestimmung enthielt das vorliegende Berufungsurteil vom 30. 7. 2003 jedoch den (offenbar vom tatsächlich begehrten Betrag ausgehenden und daher unrichtigen) Ausspruch, dass die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Das Berufungsgericht berichtigte diesen "Beschluss" (richtig: dieses Urteil) mit Beschluss vom 30. 9. 2003 dahin, dass es aussprach, die ordentliche Revision sei - "vorbehaltlich eines Antrages gemäß § 508 Abs 1 ZPO" (Anm: der hier jedoch gemäß § 502 Abs 5 Z 3 ZPO nicht in Betracht kommt) - nicht zulässig.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Gericht zweiter Instanz den Rekurs der Beklagten gegen diesen Berichtigungsbeschluss als unzulässig zurück. Die "Zulässigkeit gegen Beschlüsse" (gemeint: die Zulässigkeit von Rekursen gegen Beschlüsse) des Berufungsgerichtes im Berufungsverfahren werde in § 519 ZPO abschließend geregelt. Danach sei ein derartiger Rekurs nicht zulässig. Der in § 55 Abs 4 JN normierte Wert des Entscheidungsgegenstandes habe den im Berichtigungsbeschluss gefassten Ausspruch erforderlich gemacht.

Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO beziehen sich nur auf Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, mit denen über ein an das Rekursgericht gerichtetes Rechtsmittel abgesprochen wurde; nicht aber auf solche, mit welchen das sog Durchlaufgericht - wie hier - funktionell als Erstgericht ein an den Obersten Gerichtshof gerichtetes Rechtsmittel zurückweist (Kodek in Rechberger 2, Rz 1 zu § 528 ZPO; RIS-Justiz RS0044005; RS0044054; RS0044547; zuletzt: 1 Ob 245/03s mwN). Der Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz ist daher unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes und auch ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO abhängt (6 Ob 276/01h; RIS-Justiz RS0044547; zuletzt: 7 Ob 56/03s; 6 Ob 183/03k und 1 Ob 245/03s jeweils mwN)

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Beschlüsse des Berufungsgerichts auf Urteilsberichtigung gehören zu jenen im Berufungsverfahren ergehenden Entscheidungen, die mangels Aufzählung in § 519 Abs 1 ZPO nicht angefochten werden können (stRsp; 4 Ob 183/02v = EFSlg 102.159; Kodek in Rechberger² Rz 2 zu § 519 ZPO; Stohanzl MGA ZPO15 E 12 zu § 519 ZPO; RIS-Justiz RS0041738; zuletzt: 8 Ob 28/03f mwN). Das unzulässige Rechtsmittel gegen den nicht bekämpfbaren Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichtes wurde somit zu Recht von dem Gericht, bei dem er überreicht worden war, zurückgewiesen (§ 523 ZPO).

Den Rekursausführungen ist noch Folgendes zu erwidern:

Abgesehen davon, dass gemäß § 500 Abs 4 ZPO (auch) der hier in Frage stehende Ausspruch des Berufungsgerichtes unanfechtbar ist (§ 500 Abs 2 Z 2 ZPO) bzw seine Unrichtigkeit - außer in einem Antrag nach § 508 ZPO - nur in einer außerordentlichen Revision oder in der Beantwortung einer ordentlichen Revision geltend gemacht werden kann (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO), und dass im vorliegenden Rekursverfahren nur die im angefochtenen Beschluss verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen den Berichtigungsbeschlusses und nicht dieser selbst zu überprüfen ist, fehlt den Rechtsmittelausführungen eine nachvollziehbare Begründung, weshalb der gegenständliche (im unrichtigen Ausspruch des Berufungsurteils, dass die Revision jedenfalls unzulässig sei, dokumentierte) "Rechtsirrtum" (Seite 3 des Rekurses) keine offenbare Unrichtigkeit iSd § 419 ZPO darstellen sollte.

Selbst wenn eine Anfechtung des "gemäß § 519 ZPO grundsätzlich unanfechtbaren" Beschlusses aber - wie der Rekurs meint - dann zulässig wäre, "wenn der zunächst rechtlich unrichtige Beschluss durch einen weiteren Berichtigungsbeschluss rechtlich wieder unrichtig geändert, somit eben nicht berichtigt wird" (Seite 4 des Rekurses), wäre für Rekurswerber nichts zu gewinnen:

Der gegenständliche Beschluss berichtigt nämlich nicht nur den unzutreffenden Ausspruch des Berufungsurteils, dass die Revision "jedenfalls unzulässig" sei; er trägt vielmehr auch den darin zunächst unterlassenen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nach und stützt dies auf: "§ 502 Abs 1 ZPO (Einzelfallentscheidung)", also auf das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können und müssen die im Spruch eines Berufungsurteils fehlenden Aussprüche über den Wert des Entscheidungsgegenstands (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO) bzw darüber, ob die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO [§ 45 Abs 1 ASGG]), aber im Weg der Entscheidungsberichtigung nachgeholt werden (Rechberger aaO Rz 5 zu § 419 ZPO; Stohanzl aaO E 23 zu § 419 ZPO; RIS-Justiz RS0041647 [insb T20]; RS0085678).

Angesichts dieser, mit der dargestellten Judikatur in Einklang stehenden Richtigstellungen kann - entgegen der Auffassung des Rekurses - davon keine Rede sein, dass hier gar keine Berichtigung erfolgt wäre. Demgemäß kann auch die in den berichtigten Ausspruch aufgenommene, dem § 502 Abs 5 Z 3 ZPO widersprechende (und jedenfalls in casu entbehrliche) Einschränkung, dass die ordentliche Revision "vorbehaltlich eines Antrages gemäß § 508 Abs 1 ZPO" unzulässig sei, nichts an der grundsätzlichen Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen den Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichtes ändern.

Dem unberechtigten Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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