OGH 1Ob245/03s

OGH1Ob245/03s18.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Zoran R*****, derzeitiger Aufenthalt in Serbien, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Verschaffung der Freiheit (Streitwert 25.000 EUR), Zahlung von 1.000 EUR sA und Erlassung einer einstweiligen Verfügung infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. Juni 2003, GZ 2 R 58/03a-18, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Anberaumung einer "mündlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof" wird zurückgewiesen.

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger und Sicherungswerber (im Folgenden: nur Kläger) behauptet, mit einer (nunmehrigen) Österreicherin verheiratet und "bosnischer oder serbischer Staatsbürger" zu sein. Nach den vom Erstgericht (Landesgericht Feldkirch) getroffenen Feststellungen wurde er mit Urteil dieses Gerichts vom 3. 7. 1995 wegen des Verbrechens des Raubes, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG, mit Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 24. 11. 1998 wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 26. 7. 1999 wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch, des Verbrechens der versuchten Erpressung und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung sowie des Vergehens der Verleumdung und mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. 3. 2002 wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls sowie wegen des Vergehens der Unterschlagung strafgerichtlich verurteilt. Er begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm angesichts der über ihn verhängten Schubhaft "die Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten", die beklagte Partei sei weiters schuldig, ihm "pro Werktag 100 EUR an Verdienstentgang" und "pro erlittenem Hafttag 100 EUR an Haftentschädigung" samt Verzugszinsen zu zahlen. Hilfsweise strebt er die Feststellung an, "die vom Beschwerdeführer aktuell erlittene Durchsetzung seines Aufenthaltsverbots insbesondere durch Schubhaft" rechtswidrig, "allenfalls" sei rechtswidrig gewesen. Außerdem beantragte der Kläger die Erlassung folgender einstweiligen Verfügung:

"Der beklagten Partei wird gemäß § 382 Abs 1 Z 5 ZPO aufgetragen, dem Kläger mit sofortiger Wirkung die Freiheit zu verschaffen und bis zur Anhörung einer von der Fremdenpolizei unabhängigen Stelle mit voller Kognition auch zur Prüfung der Zweck- und Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots jede Durchsetzung des Aufenthaltsverbots durch Freiheitsentziehung des Klägers zu untersagen."

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ohne Anhörung der Republik Österreich als Antragsgegnerin ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zufolge des einseitig gebliebenen Sicherungsverfahrens nach § 402 Abs 2 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.

Dagegen erhob der Kläger Revisionsrekurs. Dieses Rechtsmittel wies das Rekursgericht "als unzulässig" zurück. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der "Revisionsrekurs" zulässig sei. Nach dessen Ansicht ist die Bestätigung der Abweisung eines Sicherungsantrags in einem einseitig gebliebenen Verfahren auf dem Boden der ständigen - allerdings "auf allfällige Besonderheiten des Gemeinschaftsrechts" nicht "Bezug" nehmenden - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs absolut unanfechtbar, sei doch insofern § 402 Abs 1 EO nicht anzuwenden. Daran ändere die vom Antragsteller ins Treffen geführte Rechtsprechung des EuGH nichts, gelte doch der erörterte Anfechtungsausschluss "für alle Arten von einstweiligen Verfügungen". Personen, die ihren Antrag auf Gemeinschaftsrecht stützten, seien demnach nicht benachteiligt. Der "Revisionsrekurs" sei zulässig, weil der OGH zur Zulässigkeitsfrage "bei den gemeinschaftsrechtlichen Anknüpfungspunkten bisher nicht Stellung genommen" habe.

Rechtliche Beurteilung

Der als Rekurs zu behandelnde "Revisionsrekurs" ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Rekursverhandlung

Der Kläger beantragte die Anberaumung einer mündlichen Rekursverhandlung. Gemäß § 526 Abs 1 ZPO ist jedoch über Rekurse ohne eine vorangegangene mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Diese Bestimmung gilt - mangels einer Sondernorm wie für das Revisionsverfahren (§ 509 Abs 2 ZPO) - auch für Rekurse an den Obersten Gerichtshof (zuletzt so 3 Ob 199/03s). Der erörterte Antrag ist somit abzuweisen.

2. Zulässigkeit des Rekurses

Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO greifen nicht ein, wenn das Rekursgericht - wie im Fall der Zurückweisung eines an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rechtsmittels - lediglich als Durchlaufgericht entschied. Die erörterten Beschränkungen beziehen sich nur auf Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz, mit denen über ein an das Rekursgericht gerichtetes Rechtsmittel abgesprochen wurde, nicht aber auch auf solche, die das Rekursgericht - wie hier - funktionell als Erstgericht fällte (1 Ob 182/01y = JBl 2002, 531 mwN). Solche Beschlüsse des Rekursgerichts fallen auch nicht unter den Anwendungsbereich des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO, bezieht sich doch diese Norm - abgesehen von hier nicht maßgebenden Fragen analoger Anwendung (s dazu etwa 8 ObA 345/99i = EvBl 2000/214) - nur auf Beschlüsse der zweiten Instanz als Berufungsgericht. Der Rekurs ist im Anlassfall daher als Vollrekurs - also ungeachtet des Werts des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands und der Lösungsbedürftigkeit erheblicher Rechtsfragen - zulässig (3 Ob 177/01b; 6 Ob 276/01h je mwN). Nach dieser Rechtslage waren die Aussprüche des Rekursgerichts über die Bewertung des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands und über die Zulässigkeit des "Revisionsrekurses" entbehrlich.

3. Anrufbarkeit des OGH und Gemeinschaftsrecht

3. 1. Das Rekursgericht führte zutreffend aus, dass der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung zweiter Instanz, mit der die ohne Anhörung des Sicherungsgegners ausgesprochene Abweisung eines Provisorialantrags bestätigt wurde, nach § 78 und § 402 Abs 2 und 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist (so zuletzt 4 Ob 43/03g mwN; s ferner RIS-Justiz RS0012260). Der Rekurswerber zieht die Richtigkeit dieser Rechtsprechung mit gemeinschaftsrechtlichen Argumenten in Zweifel. Nach dessen Ansicht darf das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung "nicht schlechter" als das Verfahren "zur Durchsetzung sonstiger Rechtsansprüche" geregelt sein. Deshalb schließe § 402 EO die "Revision an den Obersten Gerichtshof" ausdrücklich nicht aus. "Positive einstweilige Anordnungen" seien nach Gemeinschaftsrecht auch dann zu erlassen, wenn solche "für andere Bereiche der nationalrechtlichen Rechtsordnung" nicht existierten. Der Zugang zum Obersten Gerichtshof dürfe demnach nicht davon abhängen, ob "ein Untergericht nach Belieben die Gegenpartei zu einer einstweiligen Anordnung gehört" habe. Der Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung gemäß Art 94 B-VG sei durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt. Dessen Anwendung sei im Anlassfall einer "Leugnung der zentralen Zielsetzung" der Art 8 und 9 der RL 64/221/EWG gleichzusetzen. Der dem Sicherungsbegehren zugrunde liegende Klageanspruch richte sich überdies nicht "gegen einen konkreten verwaltungsbehördlichen Hoheitsakt". Die "Durchsetzung des Aufenthaltsverbots" widerspreche den "Grundanforderungen der Richtlinie". Die beantragte Provisiorialmaßnahme diene der "Schadensprävention".

3. 2. Nach gefestigten Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist aus Art 92 Abs 1 iVm Art 7 B-VG nicht zu schließen, dass jede Entscheidung einem Rechtszug an den Obersten Gerichtshof unterliegen müsse. Der Oberste Gerichtshof sei gemäß Art 92 Abs 1 B-VG zwar die oberste Instanz in Zivilrechtssachen, diese Verfassungsnorm enthalte für ihn indes nur eine sogenannte Bestandsgarantie. Rechtsmittelbeschränkungen seien daher solange und in dem Ausmaß verfassungskonform, als sie die Funktion des Obersten Gerichtshofs nicht aushöhlten oder gar ganz ausschalteten. Die erörterte Verfassungsbestimmung enthalte dagegen keine Regelung des Instanzenzugs und nehme damit dem einfachen Gesetzgeber nicht das Recht, in bestimmten Fällen einen Rechtszug an den Obersten Gerichtshof auszuschließen, mangle es doch an der "Garantie eines durchlaufenden Instanzenzugs an den Obersten Gerichtshof" (1 Ob 502/96 mwN). Deshalb wurde bereits klargestellt, dass die Unanwendbarkeit des § 402 Abs 1 EO auf die Bestätigung der Abweisung eines Sicherungsantrags in einem einseitig gebliebenen Verfahren und die daraus folgende absolute Unanfechtbarkeit bestätigender Rekursentscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne (1 Ob 143/99g). Im Folgenden ist allerdings noch zu prüfen, ob diese nationale Rechtslage gemeinschaftsrechtskonform ist.

3. 3. Der Kläger beruft sich für seine Ansicht, es könne an der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs - ungeachtet des § 402 EO - nicht der "geringste Zweifel bestehen" auf die Entscheidungen des EuGH vom 19. 6. 1990 C-213/89 - Factortame I (= Slg 1990, I-2433) und vom 9. 11. 1995 C-465/93 - Atlanta I (= Slg 1995, I-3761). Anlass für das erstgenannte Urteil waren zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen, um zu klären, ob das Gemeinschaftsrecht mit dem Grundsatz des (englischen) Common Law kollidiere, nachdem "gegen die Krone, d. h. gegen die Regierung, keine einstweilige Anordnung ergehen könne," und nach britischem Recht außerdem zu vermuten sei, "dass nationale Gesetze mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stünden, solange nicht über ihre Vereinbarkeit mit diesem Recht entschieden sei". Vor diesem Hintergrund sprach der EuGH aus:

"Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die innerstaatlichen Gerichte entsprechend dem im Artikel 5 EWG-Vertrag ausgesprochenen Grundsatz der Mitwirkungspflicht den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für die Einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergibt" (Rz 19 - fortgeschrieben etwa in den Urteilen vom 11. 1. 2001 C-266/99 - Siples Srl/Ministero delle Finanze sowie C-1/99 - Kofisa Italia Srl/Ministero delle Finanze).

Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis mit den in der Natur des Gemeinschaftsrechts liegenden Erfordernissen unvereinbar wäre, die dadurch zu einer Abschwächung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts führen würde, dass dem für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein wenn auch nur vorübergehendes Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden (Rz 20).

Die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts würde auch dann abgeschwächt, wenn ein mit einem nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht durch eine Vorschrift des nationalen Rechts daran gehindert werden könnte, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen. Ein Gericht, das unter diesen Umständen einstweilige Anordnungen erlassen würde, wenn dem nicht eine Vorschrift des nationalen Rechts entgegenstünde, darf diese Vorschrift somit nicht anwenden" (Rz 21 - fortgeschrieben etwa in den Urteilen vom 11. 1. 2001 C-266/99 - Siples Srl/Ministero delle Finanze sowie C-1/99 - Kofisa Italia Srl/Ministero delle Finanze).

Anlass für das zweitgenannte Urteil war u. a. die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage, ob nationale Gerichte einstweilige Anordnungen zur vorläufigen Gestaltung und Regelung streitiger Rechtspositionen oder -verhältnisse betreffend einen nationalen Verwaltungsakt, der auf einer Gemeinschaftsverordnung beruhe, deren Gültigkeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens sei, erlassen könnten. Dazu erläuterte der EuGH:

"Welchen vorläufigen Schutz die nationalen Gerichte den Bürgern aufgrund des Gemeinschaftsrechts gewähren müssen, darf nicht davon abhängen, ob diese die Aussetzung der Vollziehung eines auf einer Gemeinschaftsverordnung beruhenden nationalen Verwaltungsakts oder den Erlass einstweiliger Anordnungen zur vorläufigen Gestaltung oder Regelung der streitigen Rechtspositionen oder -verhältnisse zu ihren Gunsten beantragen" (Rz 28).

Deshalb sei "Artikel 189 des Vertrages dahin auszulegen ..., dass er die Befugnis der nationalen Gerichte nicht ausschließt, in Bezug auf einen nationalen Verwaltungsakt, der auf einer Gemeinschaftsverordnung beruht, deren Gültigkeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens ist, einstweilige Anordnungen zur vorläufigen Gestaltung oder Regelung der streitigen Rechtspositionen oder -verhältnisse zu treffen" (Rz 30).

Die Ausführungen des Klägers unterstellen offenkundig das - im Rechtsmittel nicht begründete - Ergebnis, aus den zuvor referierten Urteilen des EuGH sei der - entgegenstehendes nationales Verfahrensrecht verdrängende - gemeinschaftsrechtliche Grundsatz abzuleiten, dass der Oberste Gerichtshof immer anrufbar sein müsse, wenn die von einem Sicherungswerber angestrebte einstweilige Verfügung (auch) von der Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts abhängen sollte. Eine solche Leitlinie ist aber weder den referierten Urteilen des EuGH noch irgendwelchen Normen des Gemeinschaftsrechts zu entnehmen. Der Kläger beruft sich soweit aber auch auf einen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz, nach dem das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung "nicht schlechter" als das Verfahren "zur Durchsetzung sonstiger Rechtsansprüche" geregelt sein dürfe. Als Stütze dafür führt er literarische Äußerungen von Vcelouch (Gerichtskompetenz und EU [1996] 187-189) und Weh (Vom Stufenbau zur Relativität [1997] 11. 1. 9. [S 262 ff]). ins Treffen. Dort wird allerdings nur die Zuerkennung aufschiebender Wirkung und die Erlassung einstweiliger Anordnungen nach Gemeinschaftsrecht behandelt. Thesen, die in ihrer Substanz über die bereits erörterte Rechtsprechung des EuGH im hier maßgebenden Punkt hinausführten, sind diesen Stellungnahmen nicht zu entnehmen. Das Rechtsmittel des Klägers könnte aber, selbst wenn man seinem zuletzt angesprochenen Begründungsansatz beiträte, nicht erfolgreich sein. Er unterstellt nämlich dem nationalen Recht insofern einen in Wahrheit nicht bestehenden Regelungsgehalt. Es ist schlicht unrichtig, dass "die Revision zum Obersten Gerichtshof" im Fall der Anhörung des Sicherungsgegners vor der Entscheidung über den Provisorialantrag "jedenfalls offen" stehe. Richtig ist vielmehr, dass § 402 Abs 1 letzter Satz EO die allgemeinen Beschränkungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs im Sicherungsverfahren nur soweit durchbricht, als der Revisionsrekurs auch gegen den eine Entscheidung im zweiseitigen Verfahren bestätigenden Beschluss des Gerichts zweiter Instanz (1 Ob 226/02w = EvBl 2003/13) - ungeachtet des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO - zulässig sein kann. Sonst gelten jedoch alle Rechtsmittelbeschränkungen gemäß § 78 und § 404 Abs 4 EO auch im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung (1 Ob 65/97h = SZ 70/48; siehe ferner RIS-Justiz RS0097221). Deshalb ist der Revisionsrekurs in Streitigkeiten nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO, bei denen der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteigt, aber auch in Streitigkeiten, bei denen der Wert des Entscheidungsgegenstand zwar 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigt und das Gericht zweiter Instanz die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses aussprach, auch im Provisorialverfahren gemäß § 402 Abs 4, § 78 EO und § 528 Abs 2 Z 1 und 1a ZPO - im letzteren Fall vorbehaltlich des § 528 Abs 2a ZPO - jedenfalls unzulässig (1 Ob 48/02v; siehe ferner RS0097221). Zugangsbeschränkungen, die dieser Rechtslage entsprechen, greifen nach § 502 Abs 2 und 3 ZPO überdies auch nach einem im Hauptverfahren ergangenen Urteil ein, wobei die für bestimmte familienrechtliche Streitigkeiten nach § 502 Abs 4 ZPO getroffene Regelung hier außer Betracht bleiben kann. Es ist daher weder richtig, dass der Oberste Gerichtshof immer anrufbar sei, wenn der Verfügungsgegner vor der Entscheidung über den Sicherungsantrag gehört wurde, noch ist es richtig, dass der Oberste Gerichtshof nach einem im kontradiktorischen Hauptverfahren ergangenen Urteil immer angerufen werden könnte. Diese Rechtslage betrifft alle Verfahren, gleichviel ob ein Klage- und Sicherungsanspruch (auch) auf Gemeinschaftsrecht oder ausschließlich auf nationales Recht ohne gemeinschaftsrechtliche Implikationen gestützt wird. Außerdem bezweckt der Ausschluss der Anrufung des Obersten Gerichtshofs gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts in einem einseitig gebliebenen Provisorialverfahren nicht, die Sicherung eines Anspruchs, den der Verfügungswerber (auch) auf Gemeinschaftsrecht stützt, zu erschweren, der Rechtsmittelausschluss trägt vielmehr nur dem für alle Verfahren maßgebenden Umstand Rechnung, dass eine ohne Anhörung des Sicherungsgegners getroffene Entscheidung in ihrer Bedeutung einer Endentscheidung nicht nahe kommt (E. Kodek in Angst, EO-Kommentar § 402 Rz 1 f). Somit bedarf aber die unter 3. 2. erörterte nationale Rechtslage auch im Licht des Gemeinschaftsrechts keiner dem Standpunkt des Klägers entsprechenden Anpassung.

Die bisherigen Erwägungen sind somit wie folgt zusammenzufassen:

Aus dem Gemeinschaftsrecht ist nicht ableitbar, dass der Oberste Gerichtshof in Verdrängung der Zugangsbeschränkungen nach nationalem Verfahrensrecht immer anrufbar sein müsse, wenn eine im Sicherungsverfahren angestrebte Entscheidung (auch) von der Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts abhängt.

Soweit im Revisionsrekurs ausgeführt wird, Art 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. 2. 1964 trage den geltend gemachten Klage- und Sicherungsanspruch, könnte für das Hauptverfahren von Bedeutung sein, dass der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH mit Beschluss vom 18. 3. 2003 (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1 [99/21/0018, 2002/21/0067]) u. a. folgende Frage zur Vorabentscheidung vorlegte:

"Sind die Art 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. 2. 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art 9 Abs 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist: Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?"

Dem Rekurs ist somit nicht Folge zu geben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses nach § 78 und § 402 Abs 4 EO iVm § 40 ZPO endgültig selbst zu tragen.

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