Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Erlegerin stellte am 18. Juli 2003 den Antrag, die (am 23. Juli 2003 tatsächlich erfolgte) gerichtliche Hinterlegung eines Betrages von EUR 1.600,- zu bewilligen. Der Erlagsgegner behaupte, dass ihm die Antragstellerin aus einem Werkvertrag für die Durchführung von Autoreparaturen EUR 1.355,74 schulde. Die Erlegerin bestreite das Vorliegen einer Zahlungsverpflichtung, weil sie die vom Erlagsgegner geltend gemachten Leistungen nicht in Auftrag gegeben habe. Der Erlagsgegner verweigere nunmehr die Herausgabe des PKW der Erlegerin, wobei er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 471 Abs 1 ABGB berufe. Der hinterlegte Betrag stelle eine Sicherheitsleistung iSd § 471 Abs 2 ABGB zur Abwendung des Retentionsrechtes des Erlagsgegners dar; er dürfe nur mit Zustimmung der Erlegerin oder gegen Vorlage eines die Erlegerin zur geforderten Zahlung verpflichtenden Urteils ausgefolgt werden.
Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil kein Hinterlegungsgrund iSd § 1425 ABGB vorliege. Der Erlagsgegner sei nicht nur zur Annahme der Zahlung bereit, sondern verlange diese sogar. Dass die Antragstellerin ihre Zahlungspflicht bestreite, sei kein gesetzlicher Erlagsgrund.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Sicherheitsleistung iSd § 471 Abs 2 ABGB könne zwar auch der gerichtliche Erlag der strittigen Schuld sein. Der Erleger müsse in diesem Fall jedoch einen wichtigen Grund iSd § 1425 ABGB dartun. Weder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes durch den Erlagsgegner noch die Bestreitung einer Zahlungspflicht durch die Erlegerin stellten einen ausreichenden Grund für eine gerichtliche Hinterlegung dar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der mit einem Antrag iSd § 14a AußStrG verbundene Revisionsrekurs der Erlegerin, mit dem diese die Abänderung der angefochtenen Entscheidung iS der Bewilligung des Erlages anstrebt. Hilfsweise stellt die Revisionsrekurswerberin einen Aufhebungsantrag.
In Stattgebung des entsprechenden Antrags der Revisionsrekurswerberin sprach das Rekursgericht nunmehr aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Möglichkeit der Abwendung des Zurückbehaltungsrechts nach § 471 Abs 1 ABGB durch gerichtlichen Erlag nach § 1425 ABGB bei gänzlicher Bestreitung einer Zahlungsverpflichtung durch den Schuldner liege - soweit überblickbar - nicht vor.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 471 Abs 2 ABGB kann die Ausübung des in § 471 Abs 1 ABGB normierten Zurückbehaltungsrechtes durch Sicherheitsleistung abgewendet werden. Die Sicherheitsleistung ist grundsätzlich gemäß § 1373 ABGB zu bewirken, wobei allerdings die dort normierte (hilfsweise) Möglichkeit der Stellung eines Bürgen durch den 2. Halbsatz des § 471 Abs 2 ABGB ausgeschlossen ist (Hofmann in Rummel, ABGB I³ § 471 Rz 10). Es trifft aber zu, dass nach herrschender Auffassung auch der gerichtliche Erlag einer strittigen Schuld eine taugliche Sicherheitsleistung zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechtes nach § 471 ABGB darstellt (5 Ob 260/01y; SZ 23/167; SZ 12/138 = JBl 1930, 391; Schwimann/Hinteregger, ABGB II² § 471 Rz 26; vgl auch Schuhmacher in Straube, HGB I³ § 369 Rz 25).
Die Hinterlegung nach § 1425 ABGB kommt aber - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - naturgemäß nur dann in Betracht, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind (so bereits in Zusammenhang mit § 471 Abs 2 ABGB: 5 Ob 260/01y). Dies ist nach dem Wortlaut des § 1425 ABGB dann der Fall, wenn "eine Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt" werden kann. Voraussetzung für die Hinterlegung ist daher, dass die Schuld nicht bezahlt werden kann, was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn nur ein Forderungsprätendent vorhanden ist, der die Leistung auch annehmen würde, sodass der Schuldner leisten könnte, er dies aber nicht will, weil er seine Zahlungspflicht bestreitet (EvBl 1991/91; 7 Ob 546/94). Schließlich ist Zweck der Hinterlegung des Leistungsgegenstandes die Tilgung der Schuld (EvBl 1989/107; Schwimann/Harrer/Heidinger, ABGB VII² § 1425 Rz 2); der Schuldner kann durch sie seine Verpflichtung ohne Mitwirkung des Gläubigers erfüllen. Erfüllung bzw Schuldtilgung wird aber von der Erlegerin nicht angestrebt, die - ganz im Gegenteil - das Bestehen einer Schuld bestreitet.
Die im Revisionsrekurs vertretene Rechtsauffassung, § 471 Abs 2 ABGB normiere einen von § 1425 ABGB unabhängigen Tatbestand der gerichtlichen Hinterlegung, entbehrt einer rechtfertigenden Grundlage. § 471 Abs 2 ABGB trifft über die Art der dort genannten Sicherstellung nur insofern eine Aussage, als die Stellung eines Bürgen ausgeschlossen wird; die gerichtliche Hinterlegung wird mit keinem Wort erwähnt, sodass es nicht möglich ist, § 471 Abs 2 ABGB als eigenständigen Tatbestand der gerichtlichen Hinterlegung zu interpretieren. Der Umstand, dass die Rechtsprechung als Sicherheitsleistung iSd § 471 Abs 2 ABGB auch die gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB zulässt, ändert daran nichts.
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