OGH 7Ob546/94

OGH7Ob546/942.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Erlagssache der Antragsteller

1. Werner S***** 2. Elfriede S*****, beide vertreten durch Dr.Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider den Antragsgegner Peter G*****, vertreten durch Dr.Paul Friedl, Rechtsanwalt in Eibiswald, wegen Ausfolgung eine Erlages, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 14.März 1994, GZ 5 R 73/94-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Eibiswald vom 25. Jänner 1994, GZ Nc 120/92-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller wurden mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 5.5.1992, GZ 5 R 279/91, schuldig erkannt, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen den Betrag von S 100.000,-- samt 8 % Zinsen samt Anhang zu bezahlen.

Sie erlegten am 1.6.1992 bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz ein jederzeit behebbares, auf die Bezeichnung "Erlag zu 5 R 279/91 des Oberlandesgerichtes Graz laut Urteil vom 5.5.1992" lautendes Sparkassenbuch zugunsten des Antragsgegners "mit der Maßgabe, daß der Antragsgegner gegen Nachweis des Eintrittes im Falle des Rechtskräftigwerdens des Urteils des Oberlandesgerichtes Graz vom 5.5.1992" über das Nominale von S 174.128,-- verfügungsberechtigt sei, um eine aufgrund des genannten Urteiles mögliche Exekutionsführung hintanzuhalten.

Das Bezirksgericht Eibiswald wies diesen Erlag mit Beschluß vom 17.6.1992, GZ Nc 120/92-2, mangels zureichenden Erlagsgrundes zurück. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz bestätigte mit Beschluß vom 9.7.1992, GZ 5 R 214/92, diese Entscheidung, die sohin in Rechtskraft erwachsen ist. Der erlegte Betrag wurde mit Beschlüssen des Bezirksgerichtes Eibiswald vom 7.7.1992, E 5167/92, und vom 30.7.1992, E 5314/92, auf Grund von Anträgen des Erlagsgegners durch Anmerkung des Zahlungsverbotes gepfändet. Diese Exekutionsverfahren wurden mit Beschlüssen des Bezirksgeriches Eibiswald vom 19.10.1993, E 5167/92-20 und vom 21.12.1993, E 5314/92-11, gem § 39 Abs 1 Z 1 EO eingestellt.

Am 9.12.1993 beantragten die Antragsteller die Ausfolgung des erlegten Sparbuches. Das Erstgericht verfügte mit Beschluß vom 25.1.1994 die Ausfolgung des erlegten Sparbuches ungeachtet zweier vorhandener - die erwähnten Exekutionsverfahren betreffenden - Vormerkungen an den Vertreter der Antragsteller.

Das Rekursgericht gab einen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs mit der angefochtenen Entscheidung nicht Folge. Der Erlag sei vom Gericht nicht angenommen worden. Wenn das Verwahrschaftsgericht den Erlag zurückweise, gelte ein solcher rechtskräftiger Beschluß als Auftrag zur Ausfolgung an den Hinterleger. Es sei daher nicht mehr zu prüfen, ob das Erlagsansuchen einen Widerrufvorbehalt enthalten habe.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Lehre und Rechtsprechung zur Frage der Ausfolgung bei Nichtannahme des Erlages nicht einheitlich seien.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Antragsgegner erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nach § 1425 ABGB steht dem Schuldner das Recht auf Hinterlegung zu, wenn die Schuld deshalb, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist oder aus anderen wichtigen Gründen nicht gezahlt werden kann. Voraussetzung für die Hinterlegung ist daher, daß die Schuld nicht gezahlt werden kann. Ein gerichtlicher Erlag ist aber dann nicht zulässig, wenn nur ein Forderungsprätendent vorhanden ist, der die Leistung auch annehmen würde, sodaß der Schuldner leisten könnte, er dies aber nicht will, weil er seine Zahlungspflicht bestreitet (EvBl 1991/91), oder, wie im vorliegenden Fall, ein mögliches Exekutionsverfahren vermeiden will. Die Antragsteller haben das gegenständliche Sparbuch nur erlegt, um eine im Hinblick auf § 505 Abs 3, letzter Satz, ZPO mögliche Exekutionsführung zu vermeiden. Ein Erlagsgrund im Sinne des § 1425 ABGB lag daher nicht vor, weshalb sowohl das Erlagsgericht als auch das Rekursgericht den diesbezüglichen Antrag zu Recht zurückgewiesen haben.

Nach § 1425 ABGB befreit der rechtmäßige Erlag den Schuldner und ist deshalb von der Verständigung des Gläubigers an grundsätzlich nicht mehr widerrufbar. Falls sich der Erleger den Widerruf ausdrücklich vorbehalten hat, der Gläubiger zustimmt oder der Schuldner gegen den Gläubiger eine gerichtliche Entscheidung, die die Berechtigung zur Rücknahme anerkannt, erwirkt hat, ist er zur Rücknahme der hinterlegten Leistung berechtigt (SZ 40/8; SZ 24/261; vgl Reischauer in Rummel2 ABGB Rz 30 zu § 1425).

Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob die Widerrufbarkeit des gerichtlichen Erlages von den Erlegern vorbehalten wurde. Die Entscheidungen, die die Widerrufbarkeit des Erlages durch den Erleger von dessen Vorbehalt der Widerrufbarkeit abhängig machen, gehen davon aus, daß der Erlag tatsächlich zu Gericht angenommen wurde. Dies trifft jedoch auf den vorliegenden Fall nicht zu. Das Gerichtserlagswesen ist in den §§ 284 bis 350 der Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz enthalten. Nach § 307 Abs 4 GeO gilt ein Beschluß, mit welchem das Verwahrschaftsgericht den Erlag zurückweist, als Auftrag zur Ausfolgung an den Hinterleger, sobald dieser Beschluß rechtskräftig geworden ist. Danach ist der Hinterleger befugt, das Erlegte zurückzufordern, wenn sein Antrag auf Erlag vom Verwahrschaftsgericht zurückgewiesen wurde (vgl Mayrhofer, Schuldrecht I 588, Gschnitzer in Klang2 VI, 416 f, NZ 1989, 16). Diese Entscheidung steht mit der Meinung Reischauers (in Rummel2 Rz 38 zu § 1425 nicht entgegen, weil auch dieser davon ausgeht, daß die Unwiderruflichkeit des Erlages erst ab Verständigung des Gläubigers beginnt (aaO Rz 30).

Die Entscheidung der Vorinstanzen erweist sich daher als frei vom Rechtsirrtum.

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