Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Sachbeschluss der zweiten Instanz wird dahingehend abgeändert, dass es bei der Entscheidung des Erstgerichtes zu bleiben hat, wonach die Antragsgegnerin unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens von ATS 84.127.89 (Euro 6.113,81) s. A. schuldig erkannt wurde, der Antragstellerin binnen 14 Tagen ATS 15.042,20 (Euro 1.093,16) samt 4 % Zinsen ab 27. 6. 2000 zu zahlen und die mit Euro 3,39 bestimmten Barauslagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin war, nachdem sie 1985 in den Mietvertrag ihres Vaters vom 27. 9. 1971 eingetreten war, bis 31. 1. 2000 Hauptmieterin der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Wohnung top 17 des Hauses *****. Anlässlich der Kündigung des Mietverhältnisses mit Schreiben vom 29. 12. 1999 hat sie gemäß § 10 MRG von der Antragsgegnerin den Ersatz von Investitionen verlangt, ihren Anspruch aber zunächst nicht beziffert, sondern lediglich auf die für die Erneuerung des Durchlauferhitzers, die komplette Erneuerung des Badezimmers und WCs einschließlich Verfliesung sowie die Verlegung eines Laminatbodens im Wohnzimmer ausgelegten Beträge verwiesen, die sie (mit Ausnahme der Aufwendungen für die Verlegung des Laminatbodens) mit ihrem dem Kündigungsschreiben angeschlossenen Rechnungen der Fa Ekkehard P***** vom 26. 1. 1993, der Fa I***** vom 13. 6. 1997 und der Fa H***** GmbH vom 9. 9. 1997 belegte.
Am 27. 6. 2000 stellte die Antragstellerin bei der zuständigen Schlichtungsstelle den Antrag 1.) festzustellen, "in welcher Höhe ihr gesetzlicher Investitionsanspruch besteht und 2.) der Antragsgegnerin die Zahlung des festgestellten Betrags zuzüglich 4 % Zinsen aufzutragen". Dieser Sachantrag ist dann gemäß § 40 Abs 1 MRG an das Erstgericht gelangt.
Das Erstgericht fasste den im Spruch wiedergegebenen Sachbeschluss, der, soweit er dem Begehren der Antragstellerin stattgab, in Rechtskraft erwachsen ist.
Das Rekursgericht war lediglich mit einem Rechtsmittel der Antragstellerin befasst, die die Abweisung ihres Mehrbegehrens angefochten hat. Zu diesem Mehrbegehren stellte schon das Rekursgericht klar, dass die Abweisung zu bestätigen wäre, sollte der vom OGH in der Entscheidung 5 Ob 169/99k (WoBl 2000, 146/73) angedeuteten und vom LGZ Wien in der Entscheidung 38 R 101/02p ausdrücklich ausgesprochenen Rechtsansicht gefolgt werden, auch der durch das 2. WÄG geänderte § 10 Abs 4 MRG verlange bei sonstiger Präklusion die Angabe der Höhe des Ersatzanspruchs in der schriftlichen Anzeige. Nach Meinung des Rekursgerichtes sei dies jedoch aus folgenden Gründen nicht der Fall:
Im Anwendungsbereich der Rechtslage vor dem 2. WÄG habe bereits der zitierte Wortlaut des § 10 Abs 4 MRG völlig eindeutig für das Erfordernis der Angabe der Höhe des begehrten Betrages gesprochen. Eine derartige Normierung durch den Gesetzgeber sei notwendig und zweckmäßig gewesen, weil sonst für den Vermieter - mangels Verpflichtung des Mieters zur Vorlage von Rechnungen - nicht einmal die Größenordnung des Betrages abschätzbar gewesen wäre, hätte man etwa ein Aufforderungsschreiben genügen lassen, in dem ein Mieter - ohne ziffernmäßige Nennungen - nur lapidar den Ersatz für (beispielsweise) Bad, Heizung und Fußboden begehrt. Beide Argumente fehlten aber im Anwendungsbereich des 2. WÄG.
§ 10 Abs 4 MRG idgF verlange nicht mehr ausdrücklich die "Angabe der Höhe". Das Informationsinteresse des Vermieters werde durch die nunmehr ausdrücklich geforderte Vorlage von Rechnungen ausreichend befriedigt. Damit stehe nämlich für den Vermieter jedenfalls die Obergrenze des allenfalls zu bezahlenden Betrages fest, wobei eine Addition der einzelnen Rechnungssummen - wenn dies nicht - wie hier - ohnehin schon vom Mieter vorgenommen wurde - wohl keine unzumutbare Überforderung des Vermieters darstellen könne. Es sei auch nicht ersichtlich, worin im Umstand, dass der Mieter im Anspruchsschreiben nicht offen legt, einen wie großen Teil der ursprünglichen Rechnungssumme er begehrt, ein berücksichtigungswürdiger Nachteil des Vermieters liegen soll. Gerade das in den Vorentscheidungen (vgl Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 51 zu § 10 MRG) gebrauchte Argument, die ratio der restriktiven Anzeigeobliegenheit sei darin zu erblicken, dass der Vermieter bei Abschluss eines neuen Mietvertrages über die Ansprüche des scheidenden Mieters mit hinreichender Genauigkeit in Kenntnis gesetzt sein soll, damit er eine zulässige Überwälzung dieser Ansprüche auf den Nachmieter vornehmen kann und diese nicht selbst tragen muss, könne nicht überzeugen. Für die Zulässigkeit der Überwälzung auf den neuen Mieter komme es - ebenso wie hinsichtlich der Mietzinsbildung für den neuen Mieter (vgl MietSlg 50.284 = wobl 2000/173) - nämlich nicht allein darauf an, in welcher Höhe der bisherige Mieter Ersatz nach § 10 MRG begehrt hat, sondern allein darauf, in welchem Umfang dieses Begehren auch berechtigt ist. Die überragende Bedeutung der Nennung eines konkreten Betrages durch den scheidenden Mieter liege daher tatsächlich nicht vor. Im Übrigen würde es selbst bei der vom Rekursgericht nicht vertretenen Ansicht genügen, wenn der scheidende Mieter in seinem Anspruchsschreiben - sachlich in aller Regel wohl unbegründet - einfach erklärt, er begehre die volle Bezahlung der von ihm mit Rechnungen belegten Investitionen.
Im Ergebnis erscheint es daher überzogen, die ohnehin den Mieter eindeutig belastende Obliegenheit, dem Anspruchsschreiben auch Rechnungen beizulegen, noch weiter zu verschärfen, indem zusätzlich gefordert wird, den begehrten Betrag auch zu beziffern. Dabei werde nicht übersehen, dass in aller Regel auch juristisch nicht gebildete Mieter ohnehin bekannt geben, welchen Betrag sie als vermeintlich berechtigt begehren. Hier gehe es aber darum, zu entscheiden, ob in einem Fall, wo dies - aus welchen Gründen auch immer - nicht geschehen ist, diese Unterlassung zu Lasten des Mieters mit der Präklusion seiner Ansprüche zu ahnden ist. Greife man hier auch argumentativ auf die durchaus aktuelle Rechtsprechung des OGH zur erforderlichen extensiven Auslegung von Mietzinsüberprüfungsanträgen in Anbetracht der den Mieter sonst drohenden Präklusion seiner Ansprüche zurück (vgl wobl 2001/99, 2002/116), gelange man zum selben Ergebnis. Die Ansprüche der Antragstellerin seien daher im Ergebnis (mit einer Ausnahme) nicht gemäß § 10 Abs 4 MRG präkludiert.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Präklusion nach § 10 Abs 4 MRG weiche sie nämlich von der zu 5 Ob 169/99k (MietSlg 51.258 = wobl 2000/73) ergangenen Entscheidung des OGH ab.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs vertritt die Antragsgegnerin mit Hinweisen auf die Entscheidung 5 Ob 169/99k sowie die damit übereinstimmende Lehrmeinung von Würth/Zingher (Wohnrecht20, Rz 15 zu § 10 MRG) den Rechtsstandpunkt, der Mieter habe - so wie nach der Rechtslage vor dem 2. WÄG - den angezeigten Ersatzanspruch zu beziffern. Nur der Mieter wisse über die Fakten für dessen genaue Berechnung - etwa den Zeitpunkt der Verbesserungsarbeiten - Bescheid. Auch wenn er seinen Anspruch im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 6 MRG geltend mache - was nach der Judikatur (5 Ob 141/97i) die in § 10 Abs 4 MRG geforderte Anzeige ersetzen könne - müsse er ihn beziffern. Auf der anderen Seite könne dem Vermieter nicht zugemutet werden, mit dem Abschluss eines neuen Mietvertrages zuzuwarten, bis in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 6 MRG Klarheit über die Höhe des Ersatzanspruches des scheidenden Mieters geschaffen wird. Der Vermieter müssen sofort in die Lage versetzt werden, seinen Aufwand und eine mögliche Überwälzung auf den neuen Mieter zu kalkulieren. Der Revisionsrekursantrag geht in offenbarer Verkennung der bereits eingetretenen Teilrechtskraft dahin, das Begehren der Antragstellerin "vollinhaltlich abzuweisen".
Von der Antragstellerin liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben. Inhaltlich schließt sie sich im Wesentlichen den Argumenten des Rekursgerichtes an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; er ist auch berechtigt, kann jedoch die Teilrechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung nicht beseitigen.
Die vom Rekursgericht im Zusammenhang mit der Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Mieter auch im Geltungsbereich des "neuen" § 10 Abs 4 MRG die Höhe seines Ersatzanspruchs bei sonst drohender Präklusion in der Anzeige angeben muss, wurde vom OGH bereits entschieden. Er hat dazu in der Entscheidung 5 Ob 293/02b (die im Übrigen zu der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 38 R 101/02p des LGZ Wien erging) im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Ratio der in § 10 Abs 4 MRG normierten Anzeigeobliegenheit liegt darin, den Vermieter über die Ersatzansprüche des scheidenden Mieters genau in Kenntnis zu setzen, um ihm die (nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG zulässige) Überwälzung dieser Ansprüche auf den Nachmieter zu ermöglichen. Das wurde in Übereinstimmung mit der Lehre schon zur alten Fassung des § 10 Abs 4 MRG judiziert (MietSlg 37.273/42; MietSlg 39.275/18; MietSlg 39.276; MietSlg 40.278; SZ 63/41; MietSlg 43.171; WoBl 1994, 70/13; MietSlg 46.249) und hat auch nach der Novellierung dieser Gesetzesbestimmung durch das 2. WÄG seine Geltung behalten (vgl Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 51 zu § 10 MRG; Pletzer in Schwimann 2. Aufl, Rz 42 zu § 10 MRG). Der Vermieter soll wissen, mit welchen Ersatzansprüchen er definitiv zu rechnen hat (Vonkilch aaO).
Das setzt, wie dies zunächst auch ausdrücklich im Gesetzestext zum Ausdruck kam, die Bezifferung des Ersatzanspruches durch den Mieter voraus. Mit dem genannten Betrag ist der Ersatzanspruch dann der Höhe nach begrenzt (vgl SZ 63/41; 3 Ob 1595/92; 5 Ob 193/00v).
Der derzeitige Wortlaut des § 10 Abs 4 MRG nennt die Angabe der Höhe des Ersatzanspruchs zwar nicht mehr ausdrücklich als Inhaltsvoraussetzung der Anzeige, doch ist es dabei geblieben, dass "der Anspruch" schriftlich anzuzeigen ist. Die zweckorientierte Gesetzesauslegung, dem Vermieter den Betrag zu nennen, mit dem er bei der Verwertung des Mietobjektes zu kalkulieren hat, ist daher durch den Wortsinn der Norm weiterhin gedeckt.
Auch die Lehre vertritt in weitgehender Übereinstimmung den Standpunkt, in der schriftlichen Anzeige sei nach wie vor die Höhe des begehrten Ersatzanspruchs anzugeben (Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 20. Aufl, Rz 15 zu § 10 MRG; Pletzer aaO, Rz 42 zu § 10 MRG; Vonkilch aaO, Rz 62 zu § 10 MRG; Ostermayer, Mietrecht 3. Aufl, Anm 1 lit g zu § 10 MRG).
Davon abzugehen geben die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes keinen Anlass. Dem Mieter sind die für die Berechnung seines Ersatzanspruches maßgeblichen Fakten leichter einsichtig als dem Vermieter. Gerade das gegenständliche Beispiel, in dem sich das Erstgericht genötigt sah, aus einer Gesamtrechnung über verschiedene Arbeiten die nach § 10 MRG ersatzfähigen Auslagen herauszufiltern und hiefür gemäß § 273 ZPO einen Betrag anzusetzen, zeigt, dass der Vermieter zunächst einmal auf eine Bezifferung des Ersatzanspruchs durch den Mieter angewiesen ist, um Entscheidungsgrundlagen für eine allfällige Überwälzung seiner Ersatzleistung auf den neuen Mieter zu gewinnen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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