OGH 4Ob14/03t

OGH4Ob14/03t25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, Leibnitz, Josef-Ressel-Weg 14, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 21.500 EUR) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 29. Mai 2002, GZ 6 R 108/02b-10, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12. April 2002, GZ 10 Cg 17/02i-4, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.126,62 EUR (darin 187,77 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der klagende Verein, dessen Zweck es ist, Verbraucherinteressen umfassend zu vertreten, gibt die periodisch erscheinende Druckschrift “Konsument" heraus. Er tritt häufig unter der Kurzbezeichnung “VKI" auf.

Die Beklagte erzeugt und vertreibt Magnetfeldtherapiegeräte. Anlässlich der Bewerbung dieser Geräte in zwei Tageszeitungen zitierte sie den klagenden Verein wie folgt: “VKI: Magnetfeld-Therapie bei vier Indikationen als wirksam anerkannt: In Verbindung mit einer Standardtherapie bei Entzündungen von Muskeln, die das Schultergelenk bewegen und bei Arthrosen Beschwerden lindern, die Heilung von offenen Beingeschwüren beschleunigen und Beschwerden bei gelockerten Hüftprothesen vorübergehend lindern". Diese Aussage war einem im “Konsument" Nr 2/2002 veröffentlichten Artikel entnommen. Darin hatte der Kläger unter der Überschrift “Kassen-Magnet Magnetfeldtherapie - sie soll angeblich Wunder wirken. Sicher ist: Rund und gesund werden die Geldbeutel der Gerätevertreiber und Ärzte, ernsthaft Kranke riskieren eine Verschlechterung ihres Zustands" äußerst kritisch auf die Wirkungsweise der Magnetfeldtherapie und die aggressiven Werbemethoden der Gerätehersteller hingewiesen. Zur Wirkungsweise führte der Kläger aus, den (von den Herstellern der Geräte) versprochenen Wirkungen lägen keine entsprechenden wissenschaftlichen Belege zugrunde, die angeführten Studien seien methodisch nicht in der Lage, den heilenden Effekt nachzuweisen. Es sei sicher, dass statische Magneten keinerlei Heilwirkung hätten. Pulsierende Magnetfelder könnten - zusätzlich zu einer Standardtherapie angewendet - bei der Entzündung von Muskeln, die das Schultergelenk bewegen, und bei Arthrosen Beschwerden lindern, die Heilung von offenen Beingeschwüren beschleunigen und Beschwerden bei gelockerten Hüftprothesen vorübergehend lindern. Und weiter wörtlich: “Die Hoffnung, von quälenden Beschwerden befreit zu werden, versetzt Berge und die aggressive Werbung stärkt die Kraft der Erwartung und der Suggestion. Die Wissenschaft nennt es nüchtern Placeboeffekt: Scheinwirkung. Ein Placebo kann kurzfristig das Wohlbefinden verbessern, nicht aber ernste Erkrankungen heilen".

Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt der klagende Verein, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung eines Kennzeichens des Klägers mit Namensfunktion, insbesondere seine Kurzbezeichnung “VKI", in ihrer Werbung, insbesondere in Werbeinseraten, zu unterlassen, wenn dies ohne Einwilligung des Klägers und im Zusammenhang mit angeblichen Aussagen des Klägers zur Magnetfeldtherapie, insbesondere ausdrücklich oder konkludent im Zusammenhang mit von der beklagten Partei hergestellten und/oder vertriebenen Magnetfeldtherapieprodukten erfolgt, die der Kläger in der in dieser Werbung wiedergegebenen Weise tatsächlich nicht getätigt hat, sodass der unrichtige Eindruck erweckt wird, der Kläger würde den von der beklagten Partei hergestellten und/oder vertriebenen Magnetfeldtherapieprodukten medizinische Wirksamkeit bestätigen. Das gleichzeitig erhobene Eventualbegehren (die oben wiedergegebene Verwendung des Zeichens “zu Zwecken des Wettbewerbs" zu unterlassen) stützt der Kläger auf §§ 1 und 9 UWG, seine diesbezügliche Aktivlegitimation auf § 29 KSchG und § 14 Abs 1 letzter Satz UWG. Der Kläger trete häufig unter der Kurzbezeichnung “VKI" auf. Er stehe der Magnetfeldtherapie im Allgemeinen und dem Unternehmen der Beklagten im Besonderen äußerst kritisch gegenüber und habe dies auch in dem in der Druckschrift “Konsument" veröffentlichten Artikel zum Ausdruck gebracht. Es könne daher keine Rede davon sein, dass er die Magnetfeldtherapie bei vier Indikationen als wirksam anerkannt oder als anerkannt dargestellt habe, und zwar schon gar nicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen der Beklagten. Der Kläger genieße auch unter seiner Kurzbezeichnung “VKI" Namensschutz. Die Beklagte verwende diese Bezeichnung unbefugt (ohne Genehmigung des Klägers) und im Zusammenhang mit Aussagen, die in diametralem Gegensatz zu den vom Kläger mehrfach öffentlich geäußerten Warnungen stehen. Damit beeinträchtige die Beklagte wesentliche Geschäftsinteressen des Klägers. Die Verwendung seines Zeichens erwecke den unrichtigen Anschein ideeller oder wirtschaftlicher Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten und untergrabe die Glaubwürdigkeit des Klägers als einer objektiven, wirtschaftlichen Interessen einzelner Unternehmer nicht verpflichteten Verbraucherschutzorganisation. Im Übrigen verstoße die Werbung der Beklagten auch gegen § 2 UWG. Sie bringe unrichtig zum Ausdruck, dass der Kläger die Wirksamkeit der von ihr erzeugten und vertriebenen Produkte anerkannt habe. Diese Aussage sei geeignet, den Kaufentschluss der Umworbenen zu beeinflussen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Namensnennung setze eine Abwägung des Informationsinteresses der Allgemeinheit und des Rechts auf Meinungsfreiheit gegenüber den Anonymitätsinteressen des Betroffenen voraus. Diese Interessenabwägung falle zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses aus.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es bejahte einen Unterlassungsanspruch nach § 43 ABGB: Die Beklagte habe im Zusammenhang mit einer irreführenden Werbeaussage die in Konsumentenkreisen bekannte Abkürzung des Klägers dazu gebraucht, um den Leser in seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen. Schutzwürdige Interessen des Klägers seien deshalb beeinträchtigt, weil er ein besonderes Interesse daran habe, dass sein Name bzw die Abkürzung nicht mit den von ihm kritisierten Firmen in Verbindung gebracht und durch irreführende Werbung missbraucht werde.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Inserat der Beklagten erwecke durch die aus dem Zusammenhang gerissene Textpassage den unrichtigen Eindruck, der namentlich angeführte Kläger stünde einer Therapie mit den von der Beklagten angebotenen Geräten vorbehaltslos und positiv gegenüber. Das Erstgericht habe den Unterlassungsanspruch nach § 43 ABGB zu Recht bejaht. Kritische Äußerungen des Klägers (gegen die Beklagte) in der Öffentlichkeit könnten die Vorgangsweise der Beklagten, den Namen des Klägers ohne seine Zustimmung und in Verbindung mit irreführenden Werbeaussagen zu gebrauchen, nicht rechtfertigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu einem vergleichbaren Sachverhalt noch nicht Stellung genommen hat. Er ist aber nicht berechtigt.

§ 16 ABGB schützt (ua) vor Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch einen unbefugten, schutzwürdige Interessen des Namensträgers beeinträchtigenden Gebrauch seines Namens zu Werbezwecken (ÖBl 1998, 298-Hörmann; Aicher in Rummel, ABGB³ § 16 Rz 23; Posch in Schwimann, ABGB² § 16 Rz 24). Als Persönlichkeitsrecht schützt das Namensrecht die damit individualisierte Persönlichkeit (ÖBl 1998, 298-Hörmann; Aicher aaO Rz 1 und 10), und zwar auch juristische Personen (Aicher aaO Rz 4). Auch Abkürzungen mit individualisierender Namensfunktion genießen Schutz (Aicher aaO § 43 Rz 1f). Der auf § 43 ABGB gestützte Unterlassungsanspruch setzt eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers durch unbefugten Gebrauch seines Namens durch einen Dritten voraus. Hiebei genügt es, dass der Namensträger zu Unrecht mit bestimmten Handlungen des anderen in Zusammenhang gebracht wird oder der Anschein ideeller oder wirtschaftlicher Beziehungen zwischen dem verletzten Namensträger und dem Dritten erweckt wird (ÖBl 1998, 298 - Hörmann mwN aus Lehre und Rechtsprechung).

Die Beklagte beruft sich nun darauf, dass kein Namensgebrauch, sondern eine nach Interessenabwägung gestattete Namensnennung vorliege. Von einem “Namensgebrauch" ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dann auszugehen, wenn der fremde Name entweder zur Kennzeichnung der eigenen Person verwendet wird oder seinen rechtmäßigen Träger zwar kennzeichnet, dieser aber durch die gewählte Bezeichnung mit Waren oder Unternehmen eines anderen in Verbindung gebracht oder der Eindruck besonderer geschäftlicher Beziehungen zu ihm erweckt wird, für eine “Namensnennung" ist maßgeblich, dass eine konkrete Aussage über den Namensträger gemacht wird (ÖBl 1985, 14-Rechtsanwalts-Kanzleipapier; Aicher aaO § 16 Rz 11).

Der Beklagten ist nun darin zuzustimmen, dass ein allgemeines Recht, den “Gebrauch" des Namens eines anderen im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, insoweit nicht besteht, als dies durch bloße “Namensnennung" geschieht (4 Ob 336/87; RIS-Justiz RS0009319). Dessen ungeachtet verstößt jedoch auch eine “Namensnennung" dann gegen das aus § 16 ABGB abgeleitete Persönlichkeitsrecht, wenn sie in einer schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigenden Weise erfolgt (Aicher aaO § 43 Rz 11; 7 Ob 329/97a). Dabei kommt es auf den Inhalt der mit der Namensnennung verbundenen Aussage an (4 Ob 336/87; RIS-Justiz RS0009319).

Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, ist von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers auszugehen. Die Werbeaussage der Beklagten bezeichnet den Kläger mit seiner im Geschäftsverkehr geläufigen Abkürzung “VKI" in Verbindung mit einer konkreten Aussage, die der Kläger über die Wirkungsweise von Magnetfeldtherapiegeräten gemacht haben soll. Sie bringt - für die angesprochenen Verkehrskreise eindeutig - zum Ausdruck, der klagende Konsumentenschutzverein bestätige die Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie bei vier Indikationen vorbehaltlos und befürworte den Einsatz derartiger Geräte. Sie macht damit eine nach dem festgestellten Sachverhalt unrichtige Aussage über den Namensträger. Sein Interesse, aus Anlass von Aussagen über die Wirkungsweise einer medizinischen Therapie und der dazu verwendeten Geräte inhaltlich richtig und vollständig zitiert zu werden, steht außer Zweifel. Die Werbeaussage beeinträchtigt somit schutzwürdige Interessen des Namensträgers, weil sie im krassen Gegensatz zu der vom Kläger vertretenen Auffassung steht und seine Glaubwürdigkeit als eines objektiven, nur Konsumentenschutzinteressen verpflichteten Vereins in Frage stellt.

Das Interesse der Beklagten, der davor in der Öffentlichkeit geäußerten Kritik des Klägers an der Magnetfeldtherapie und an den von der Beklagten angebotenen Geräten und ihren Werbemethoden entgegenzutreten, kann die durch eine unrichtige Aussage verwirklichte Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen des Klägers nicht rechtfertigen. Die Wiedergabe der unvollständigen und damit nach dem Verständnis der angesprochenen Öffentlichkeit unrichtigen Aussage des Klägers ist einer unrichtigen Tatsachenbehauptung gleichzuhalten. Die Beklagte bringt - infolge Unvollständigkeit unrichtig - zum Ausdruck, dass der Kläger die von ihr wiedergegebene Auffassung über die Wirkungsweise der Magnetfeldtherapie uneingeschränkt vertritt. Dass aber eine den wirtschaftlichen Ruf beeinträchtigende unwahre Tatsachenbehauptung selbst im Zuge eines “Schulenstreites (vgl MR 1993, 221 - NO Problem Orchester) das Maß der zulässigen Kritik überschreitet und auch im Wege einer umfassenden Interessenabwägung oder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gerechtfertigt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (6 Ob 21/94; 6 Ob 114/01k; 4 Ob 295/01p; RIS-Justiz RS0032291). Auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit vermag eine unrichtige, in schutzwürdige Interessen des Klägers eingreifende Aussage nicht zu rechtfertigen. Mag auch der Kläger Anlass dazu gegeben haben, seinen Namen im Zusammenhang mit für die Beklagte teilweise positiven Äußerungen über die Wirkungsweise der Magnetfeldtherapie zu nennen, so reicht dieser Rechtfertigungsgrund jedenfalls nicht so weit, dass die Beklagte berechtigt wäre, aus dem Gesamtzusammenhang gerissene Äußerungen des Klägers wiederzugeben, wenn dadurch bei der angesprochenen Öffentlichkeit ein gänzlich falscher Eindruck seiner Auffassung hervorgerufen wird.

Die Vorinstanzen haben den Unterlassungsanspruch des Klägers zu Recht bejaht. Ob der Sicherungsantrag auch aus den Gründen des § 2 UWG wegen Irreführung der angesprochenen Verkehrskreis berechtigt ist, kann offen bleiben.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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