OGH 6Ob114/01k

OGH6Ob114/01k16.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr.Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Hubert N*****, vertreten durch Mag. Johannes Bügler und Mag. Gerhard Sporer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, Widerrufs und Veröffentlichung des Widerrufs ehrverletzender Äußerungen und Feststellung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 28. Februar 2001, GZ 6 R 23/01a-12, womit über den Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Dezember 2000, GZ 10 Cg 156/00b-6, abgeändert und die beantragte einstweilige Verfügung erlassen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß den §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Z 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Zeitungsartikel der Beklagten wurde dem Kläger vorgeworfen, er habe bei der Ausrichtung einer Veranstaltung, die vom Rechnungshof "zerpflückt" worden sei, mit Steuermillionen nur so herumgeworfen.

Rechtliche Beurteilung

In die Ehre und den wirtschaftlichen Ruf eines anderen eingreifende Tatsachenbehauptungen sind nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung zu beurteilen (MR 1995, 16; 6 Ob 212/98i mwN). Auch für wertende Äußerungen ist es Voraussetzung, dass das ehrverletzende Werturteil auf der Basis eines wahren Sachverhaltes geäußert wurde. Ein Recht auf freie Meinungsäußerung auf der Grundlage unrichtiger oder nicht bewiesener Tatsachenbehauptungen gibt es nicht (MR 1993, 16 ua; RIS-Justiz RS0032201).

Im strittigen Artikel wurde auch auf den Rechnungshof Bezug genommen und ausgeführt, der Rechnungshof habe die Veranstaltung "zerpflückt". Der Umstand, dass nicht auch diese Textpassage (obwohl sie unrichtig ist, weil ein Rechnungshofbericht gar nicht vorliegt) in das Unterlassungsbegehren aufgenommen wurde, vermag an den aufgezeigten Erwägungen nichts zu ändern.

Der vom Beklagten ins Treffen geführten Vorentscheidung 7 Ob 90/74 (=

ÖBl 1975, 86 = JBl 1974, 527) lag ein anderer Sachverhalt zugrunde,

weil dem dortigen Kläger überhaupt keine öffentlichen Mittel für das vom Gegner angegriffene, erst geplante Straßenbauprojekt zur Verfügung standen und er über solche auch nicht disponieren konnte. Der dortige Kläger konnte daher erkennbar nicht vom Vorwurf, er verwende Steuergelder missbräuchlich, betroffen sein (vgl 6 Ob 97/01k).

Die Beklagte berief sich im strittigen Artikel im Wesentlichen auf einen Bericht eines anderen Nachrichtenmagazins und meint nun, dass ihr der Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG zugutekomme. Nach den Grundsätzen der Zitatenjudikatur setzt aber die Rechtfertigung der wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung eines Dritten unter anderem voraus, dass die Berichterstattung neutral und ohne Identifikation mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten stattfand (RIS-Justiz RS111733). Ob eine solche Identifikation zu bejahen ist, richtet sich danach, wie die Aussagen von einem zumindest nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Leser bei ungezwungener Auslegung verstanden werden. Dieses Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers ist demnach stets eine Frage des Einzelfalles, der keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt, hängt sie doch ausschließlich von den jeweiligen konkreten Formulierungen ab (6 Ob 12/00h). Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Sachverhaltes durch das Rekursgericht, das auf Grund der Überschrift, der Einleitung und der gesamten Aufmachung des Artikels eine Identifikation mit dem zitierten bejahte, liegt auch insoweit nicht vor.

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