OGH 1Ob290/02g

OGH1Ob290/02g28.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerda M*****, Rechtsanwältin in B*****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Mag. Dr. Josef S*****, wider die beklagte Partei Dr. Klemens D*****, Rechtsanwalt in *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** Aktiengesellschaft, *****, wegen 36.645,02 EUR sA infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 28. August 2002, GZ 18 R 130/02z-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Pottenstein vom 21. März 2002, GZ 5 C 562/00m-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.755,64 EUR (darin 292,60 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Masseverwalterin in dem über das Vermögen des Gemeinschuldners mit Beschluss vom 14. 1. 2000 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren. Der Gemeinschuldner ist jedenfalls seit Anfang 1999 zahlungsunfähig. Davon hatte der beklagte Masseverwalter Kenntnis. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt hatte dem Gemeinschuldner ein Mitglied des Vorstands der vom beklagten Masseverwalter vertretenen Gemeinschuldnerin - eines Bankunternehmens in der Rechtsform der Aktiengesellschaft - einen Betrag von 3,5 Mio S in barem Geld übergeben. Der Gemeinschuldner wies seine Sekretärin an, einen Teilbetrag von 1 Mio S in einem unter dem Namen deren Onkels am 12. 10. 1998 gemieteten Banksafe zu deponieren. In dem gegen den Gemeinschuldner, seine Sekretärin und das erwähnte Vorstandsmitglied geführten Strafverfahren wurde der Safeinhalt zur Ermöglichung einer allfälligen Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 20 StGB mittels einstweiliger Verfügung gesichert. Mit Beschluss vom 12. 5. 1999 hob das Landesgericht für Strafsachen Wien seine einstweilige Verfügung auf, wies Ausfolgungsaufträge des Gemeinschuldners und des beklagten Masseverwalters ab und hinterlegte das Sparbuch mit dem verwahrten Geldbetrag als Einlage beim Bezirksgericht Josefstadt unter Anführung des Gemeinschuldners und des beklagten Masseverwalters als Erlagsgegner. Mit Beschluss vom 19. 7. 1999 bewilligte das Bezirksgericht Josefstadt einer Bankgesellschaft als betreibende Partei aufgrund eines vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrags über 1 Mio S sA die Exekution gegen den nunmehrigen Gemeinschuldner als Verpflichteten durch Pfändung und Überweisung dessen im gerichtlich hinterlegten Sparbuch beurkundeten Forderung zur Einziehung. Am 19. 11. 1999 beantragten die betreibende Partei und der beklagte Masseverwalter die Ausfolgung des Erlagsbetrags nach einer bei Vergleichsverhandlungen erzielten Einigung. Danach sollten an die betreibende Partei 505.920,20 S und an den beklagten Masseverwalter 494.079,80 S fließen. Die Sparzinsen sollten zu gleichen Teilen auf die Antragsteller aufgeteilt werden. Das Erlagsgericht entsprach diesem Antrag mit Beschluss vom 23. 11. 1999. Am 27. 1. 2000 berichtete die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien über die Auflösung des Sparbuchs, das Realisat von 1.022.400,94 S und über die Ausführung des Auftrags des Erlagsgerichts. Nicht feststellbar ist, dass dem Gemeinschuldner der übergebene Betrag von 3,5 Mio S als "Erfolgshonorar" für Leistungen anlässlich der Projektierung einer Altreifenrecyclinganlage zugestanden wäre. Ebensowenig feststellbar ist, dass dieser Betrag dem Vermögen der vom beklagten Masseverwalter vertretenen Gemeinschuldnerin entnommen wurde. Die Klägerin erzielte mit der seinerzeit betreibenden Bank folgende, von deren anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 19. 9. 2000 bestätigte Einigung:

"1. Meine Mandantschaft überweist an Sie den ... vom BG Josefstadt überwiesenen Betrag von ATS 516.086,67 ...,

2. Sie verzichten darauf, gegenüber meiner Mandantschaft wegen des vom BG Josefstadt an Kollegen ... (den beklagten Masseverwalter) ... überwiesenen Betrages von ca. ATS 500.000 Ansprüche zu stellen; insoweit meine Mandantschaft an den Kollegen Rückforderungsansprüche hat, werden diese an Sie abgetreten; ...".

Die Klägerin begehrte, die mit Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 19. 7. 1999 bewilligte "Pfändung des Herausgabeanspruchs" des nunmehrigen Gemeinschuldners und die an den Beklagten aufgrund des Ausfolgungsantrags vom 19. 11. 1999 geleistete Zahlung von 504.246,47 S gegenüber den Gläubigern des nunmehrigen Gemeinschuldners für unwirksam zu erklären und den Beklagten schuldig zu erkennen, 504.246,47 S (= 36.645,02 EUR) sA zu zahlen. Sie brachte vor, der im Zuge des Strafverfahrens beschlagnahmte Geldbetrag sei legales Arbeitseinkommen des Gemeinschuldners. Nur diesem sei daher ein Anspruch auf Herausgabe dieses Geldbetrags zugestanden. Der Beklagte habe nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners, nach dem Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens und innerhalb von sechs Monaten nach dessen Eröffnung auf dem Weg über die Forderungsexekution seiner Rechtsvorgängerin, der betreibenden Partei, eine Sicherstellung erlangt, die er (so) nicht habe beanspruchen können. Er sei dadurch vor anderen Gläubigern begünstigt worden. Vermehre der eingeklagte Betrag die Konkursmasse, so werde sich die Tilgungsquote für die Gläubiger erhöhen. Der Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners schon im Zeitpunkt der Pfändung dessen Herausgabeanspruchs gekannt oder hätte sie kennen müssen. Der Klageanspruch werde insbesondere auf die Anfechtungstatbestände nach § 30 Abs 1 Z 1 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO gestützt.

Der Beklagte wendete ein, der Klagebetrag betreffe Vermögen der Gemeinschuldnerin für die er zum Masseverwalter bestellt worden sei. Die Anfechtungsklage müsse daher schon an § 27 KO scheitern, weil sich die angefochtene Rechtshandlung nicht auf ein Vermögensobjekt des Gemeinschuldners, für den die Klägerin als Masseverwalterin einschreite, bezogen habe. Er könne gemäß § 38 Abs 2 KO ferner nur als Rechtsnachfolger der seinerzeit betreibenden Partei in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen dafür seien nicht erfüllt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach dessen Ansicht war der nunmehrige Gemeinschuldner durch seine Sekretärin als Besitzmittlerin Besitzer des sichergestellten Safeinhalts. Die Redlichkeit des Besitzes sei gemäß § 328 ABGB zu vermuten. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht entkräften können. Obgleich die Klägerin nicht bewiesen habe, dass der Gemeinschuldner einen Betrag in Höhe des Klageanspruchs legal als Arbeitseinkommen verdient habe, sei der im Safe verwahrte Geldbetrag dennoch als konkursunterworfenes Vermögen gemäß § 1 KO anzusehen. Somit bestehe nach § 27 KO die Möglichkeit zur Anfechtungsklage. Die Frage nach der Rechtsnachfolge gemäß § 38 Abs 2 KO werde nicht aufgeworfen. Der Beklagte habe einen Betrag in Höhe des Klageanspruchs nicht als Rechtsnachfolger der betreibenden Partei, sondern unmittelbar durch Ausfolgung des Gerichtserlags erhalten. Die vorherige Pfändung habe der betreibenden Partei eine inkongruente Deckung verschafft. Kraft seiner Einigung mit der betreibenden Partei sei dem Beklagten ein Weg eröffnet worden, einen Teil des Erlagsbetrags unter Vermeidung eines Rechtsstreits mit der Klägerin zu erlangen. Die Pfändung und die Zahlung an den Beklagten, der die bestehende Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners gekannt habe, bildeten eine Einheit. Der Beklagte könne demnach unmittelbar in Anspruch genommen werden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Der Beklagte sei nicht als Rechtsnachfolger der seinerzeit betreibenden Partei gemäß § 38 Abs 2 KO anzusehen, weil an ihn als Erlagsgegner im Erlagsverfahren ein Betrag in Höhe des Klageanspruchs auf Grund eines erfolgreichen Ausfolgungsantrags gezahlt worden sei. Die betreibende Partei habe ihrerseits die Rechte des Gemeinschuldners und zweiten Erlagsgegners gepfändet gehabt. Für die Verwirklichung des Anfechtungstatbestands nach § 30 Abs 1 Z 1 KO durch den Beklagten sei es belanglos, ob die Zahlung des zweiten Teilbetrags an die betreibende Partei als inkongruente Deckung zu qualifizieren wäre. Nach § 27 KO seien - neben anderen Voraussetzungen - nur Rechtshandlungen anfechtbar, die das Vermögen des Gemeinschuldners beträfen. Nach § 1 Abs 1 KO falle in die Konkursmasse das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gehört oder das er während des Konkurses erlangt. Die anfechtbare Rechtshandlung müsse sich auf ein konkursunterworfenes Objekt bezogen haben. Der für die Beurteilung der Konkursunterworfenheit maßgebende Zeitpunkt sei jener der Vornahme der Rechtshandlung. Der Begriff "Vermögen des Gemeinschuldners" in § 27 KO sei nicht anders auszulegen als jener der "Konkursmasse" in § 1 Abs 1 KO. Sachen im Eigentum eines Dritten fielen nicht in die Konkursmasse. Nach den Feststellungen sei daher die Frage zu lösen, welche Partei des Anfechtungsprozesses "die Beweislast für die Vermögenszugehörigkeit des Anfechtungsobjekts" habe. Nach einem Teil des Schrifttums könne sich der Anfechtungsgegner nicht durch den Beweis entlasten, dass der betroffene Gegenstand einem Dritten gehöre und deshalb nicht in die Konkursmasse falle. Selbst wenn ein Dritter aussondern dürfe, liege ein Vermögensentgang der Konkursmasse vor, würden doch deren Verbindlichkeiten erhöht, wenn sie einen berechtigten Aussonderungsanspruch nicht erfüllen könne. Nach einem anderen Teil des Schrifttums sei die Anfechtung schon dann ausgeschlossen, wenn ein Dritter ein das Anfechtungsobjekt betreffendes Aussonderungsrecht habe. Auch ein solches Aussonderungsrecht hätte jedoch der Anfechtungsgegner zu beweisen. Den Standpunkt des Beklagten, der Anfechtungskläger müsse das Eigentum des Gemeinschuldners am Anfechtungsobjekt beweisen, habe im Schrifttum bisher noch niemand vertreten. Gemäß § 253 Abs 1 EO erfasse die Pfändung nicht nur die nachweislich dem Verpflichteten gehörenden, sondern alle in seiner Gewahrsame befindlichen körperlichen Sachen. Dritte, die Rechte an den gepfändeten Sachen behaupteten, seien auf die Exszindierungsklage nach § 37 EO verwiesen. Das konkursunterworfene Vermögen sei mit dem exekutionsunterworfenen Vermögen identisch. Wie im Exekutionsverfahren scheide eine Sache, derentwegen ein Aussonderungsanspruch geltend gemacht worden sei, nur dann aus der Konkursmasse aus, wenn der Gläubiger sein Aussonderungsrecht nachgewiesen habe. Aus dem § 44 KO sei überdies abzuleiten, dass alle Sachen im Besitz des Gemeinschuldners vorläufig in die Konkursmasse fielen. Bis zum Nachweis von Aussonderungsrechten sei daher die Istmasse maßgebend. Auch der Wortlaut des § 27 KO rechtfertige keine Umkehr der auf den Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bezogenen Beweislast. Wäre daher das Anfechtungsobjekt ohne die angefochtene Rechtshandlung in die Istmasse gefallen, wofür schon der redliche Besitz des Gemeinschuldners ausreiche, so müsse der Anfechtungsgegner beweisen, dass es nicht Bestandteil der Sollmasse sei. Selbst wenn die Frage nach der Vermögenszugehörigkeit die Befriedigungstauglichkeit des Anfechtungsanspruchs beträfe, ändere sich nichts am Ergebnis, habe doch der Anfechtungskläger nur zu beweisen, dass ein Erfolg des Klagebegehrens die Stellung der Konkursgläubiger wahrscheinlich verbessern werde. Diesen Beweis müsse der Anfechtungsgegner durch den konkreten Beweis der Befriedigungsuntauglichkeit entkräften. Die Klägerin habe den ihr obliegenden prima-facie-Beweis durch den Nachweis, dass der Gemeinschuldner der letzte redliche Besitzer des maßgebenden Geldbetrags gewesen sei, erbracht. An der Beweislast des Beklagten könne auch die Sicherstellung dieses Geldbetrags im Strafverfahren und seine spätere gerichtliche Hinterlegung nichts ändern, weil der daraus resultierende Ausfolgungsanspruch bis zur angefochtenen Pfändung dem Gemeinschuldner zugestanden und somit Bestandteil seines Vermögens gewesen sei. Der letzte Besitzer habe nur gegenüber dem früheren Besitzer die Rechtmäßigkeit des Besitzes zu beweisen. Der Beklagte habe nicht bewiesen, den zunächst sichergestellten und dann gerichtlich hinterlegten Geldbetrag jemals besessen zu haben. Gegenüber dem Beklagten könne sich der Gemeinschuldner daher gemäß § 328 ABGB nicht nur auf die Vermutung der Redlichkeit des Besitzes, sondern gemäß § 323 ABGB auch auf die Vermutung seiner Rechtmäßigkeit berufen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es zur erörterten - nicht nur für den gelösten Einzelfall bedeutsamen - Frage der Beweislast an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung mangle.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Konkursunterworfenes Vermögen und Anfechtung

Gemäß § 27 Abs 1 KO sind Rechtshandlungen, die vor der Konkurseröffnung gesetzt wurden und das Vermögen des Gemeinschuldners betreffen, anfechtbar. Eine solche Rechtshandlung muss sich daher auf ein Vermögensobjekt beziehen, das nach § 1 Abs 1 KO konkursunterworfen ist oder wäre (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 44). Somit entspricht der Begriff "Vermögen" in § 27 Abs 1 KO dem der "Konkursmasse" nach § 1 Abs 1 KO, weil die Anfechtung Vermögensobjekte betrifft, die ohne die anfechtbare Rechtshandlung Massebestandteil geworden wären (Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 298). Beim Begriff der Konkursmasse unterscheidet die Lehre zwischen der Soll- und der Istmasse, also der Masse, wie sie sein soll, und der Masse, die als solche behandelt wird (Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 Rz 42; Petschek/Reimer/Schiemer aaO 219 f). Dieser begrifflichen Differenzierung bedient sich auch die Rechtsprechung (EvBl 2002/16; SZ 69/70; SZ 67/168 - je zur Sollmasse; SZ 52/154; SZ 34/113 - je zur Istmasse). Dabei ist es Auslegungsfrage, welcher dieser Massebegriffe der jeweiligen gesetzlichen Bestimmung zugrunde liegt (Buchegger aaO): So betrifft etwa der die Aussonderungsansprüche regelnde § 44 KO die Istmasse (SZ 52/154; SZ 34/113; Buchegger aaO).

Zu dieser Problematik führen Petschek/Reimer/Schiemer aus, die Ist- und die Sollmasse bildeten einander schneidende Kreise; dabei genüge für die Zurechnung eines Vermögensgegenstands zur Istmasse der "Zugehörigkeitsanschein" (aaO 219). In der Konkursmasse könnten sich gemäß § 44 Abs 1 KO auch Sachen befinden, die dem Gemeinschuldner nicht gehören. Insoweit sei ausschlaggebend, dass ein Aussonderungsanspruch "vielleicht gar nicht erhoben" werde oder "zunächst nur als bloß behauptetes Recht auf den Plan" trete, sodass "die Rechtslage der Konkursmasse sich auch auf sein Objekt bis zu dessen tatsächlichen Freigabe erstrecken" solle, damit "nicht durch unberechtigte Behauptung eines Aussonderungssrechts die Zwecke, deren Schutz jene Rechtslage" diene, '"in Mitleidenschaft gezogen" würden (aaO 220 f). Deshalb sei für die Definition der Konkursmasse nicht die "de iure gegebene Vermögenszugehörigkeit", sondern "die aus sonstigen Merkmalen zu erschließende Zugehörigkeit, unvorgreiflich der vielleicht zwischen der Konkursmasse und einem Dritten fraglichen wirklichen Rechtszuständigkeit", von Bedeutung (aaO 221). Als Konsequenz dieser Auffassung verfechten diese Autoren den Standpunkt, der Umstand, dass eine anfechtbare Rechtshandlung das Vermögen des Gemeinschuldners betreffen müsse, bedeute nicht "das Erfordernis der Zugehörigkeit zu seinem Vermögen", würde doch ein solches Erfordernis "die Beweislast für die anfechtende Konkursmasse sehr erschweren", obgleich die Rechtszuständigkeit des maßgebenden Objekts im Fall des Unterbleibens der anfechtbaren Rechtshandlung "bei der Massebildung nicht beachtet worden und dem Drittinteressenten die Geltendmachung der Negative überlassen gewesen wäre". Demnach scheide (offenkundig) auch eine "Einrede aus fremdem Recht" aus (aaO 297 f). Gegen diese Ansicht, die Vermögenszugehörigkeit als vorläufige Massezugehörigkeit aufzufassen und dem Anfechtungsgegner die Abwehr des gegen ihn erhobene Begehrens durch die Behauptung und den Beweis des Aussonderungsanspruchs eines Dritten zu verwehren, wendet König ein, schon der Wortlaut des § 27 KO schließe die Anfechtung aus, wenn ein Dritter einen das Anfechtungsobjekt betreffenden Aussonderungsanspruch gegen die Konkursmasse habe. Der Hinweis, es werde auch die Pfändung ungeachtet allfälliger Exszindierungsansprüche vollzogen, sei hier nicht tragfähig, diene doch "diese Anordnung nur dem (zunächst) ungestörten Fortgang des Vollstreckungsverfahrens" (aaO Rz 48). Aber auch dieser Autor leitet aus dem soeben referierten Einwand nicht etwa ab, der Anfechtungskläger müsse behaupten und beweisen, dass das Anfechtungsobjekt nicht mit dem Aussonderungsanspruch eines Dritten belastet sei. Im Gegensatz zu der von ihm abgelehnten Lehrmeinung will König offenkundig bloß zum Ausdruck bringen, der Anfechtungsgegner könne den Anfechtungsanspruch durch die Behauptung und den Beweis des Aussonderungsanspruchs eines Dritten abwehren.

2. Beweislast

Jede Partei hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen zu behaupten und zu beweisen. Der Kläger muss daher die rechtsbegründenden, der Beklagte dagegen die rechtsvernichtenden bzw die rechtshemmenden Tatsachen behaupten und beweisen. Ferner ist anerkannt, dass grundsätzlich nur bestehende Tatsachen, nicht dagegen das Nichtbestehen von Tatsachen zu behaupten und zu beweisen ist (6 Ob 57/99x mwN). Träfe daher die unter 1. wiedergegebene Ansicht Königs zu, so hätte jedenfalls nicht der Anfechtungskläger zu behaupten und zu beweisen, dass das Anfechtungsobjekt nicht mit dem Aussonderungsanspruch eines Dritten belastet ist. Es müsste vielmehr der Anfechtungsgegner den Beweis eines Aussonderungsanspruchs erbringen. Hier hat der Beklagte nicht bewiesen, dass entweder er in seiner Funktion als Masseverwalter oder ein Dritter berechtigt gewesen wäre, den streitverfangenen Teil des seinerzeitigen Gerichtserlags aus der betroffenen Konkursmasse auszusondern. Soweit daher der Beklagte in der Rechtsrüge unterstellt, der Anfechtungsanspruch müsse schon daran scheitern, dass er sich nicht auf Vermögen der Konkursmasse, sondern auf fremdes Vermögen beziehe, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt. Demzufolge muss auch nicht zur Frage Stellung genommen werden, ob der Ansicht Königs im zuvor erörterten Punkt beizutreten wäre.

3. Istmasse und Aktivlegitimation

Gemäß § 97 Abs 1 KO sind Sachen, von denen zweifelhaft ist, ob sie zur Sollmasse gehören, in das Inventar aufzunehmen. Die von Dritten erhobenen Ansprüche sind anzumerken. Daraus folgt, dass solche Sachen - nach dem weiten Sachbegriff somit auch Ansprüche - als Massebestandteil zu behandeln sind (EvBl 2002/16), solange nicht zweifelsfrei feststeht, dass sie nicht zur Sollmasse gehören. Mit dieser Rechtslage steht die unter 1. referierte Ansicht von Petschek/Reimer/Schiemer im Einklang, nicht die (wahre) Rechtszuständigkeit, sondern die aus "sonstigen Merkmalen" zu erschließende Massezugehörigkeit eines bestimmten Vermögensobjekts sei bei der Prüfung der Aktivlegitimation des Anfechtungsklägers wesentlich. Das muss nach den Erläuterungen unter 1. und 2. jedenfalls solange gelten, als nicht feststeht, dass das Anfechtungsobjekt in dem für die Prüfung des Bestehens des erhobenen Anfechtungsanspruchs maßgebenden Zeitpunkt in die Rechtszuständigkeit eines Dritten fiel. Ist aber insofern die aus sonstigen Merkmalen zu erschließende Massezugehörigkeit maßgebend, so reicht es nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts aus, wenn der Anfechtungskläger beweist, dass der Gemeinschuldner im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung Besitzer des Anfechtungsobjekts war, ist doch nach § 323 und § 328 ABGB die Rechtmäßigkeit und Redlichkeit des Besitzes bis zum Beweis des Gegenteils zu vermuten. Der redliche Besitzer kann aber über die Sache gemäß § 329 ABGB wie ein Eigentümer verfügen (RIS-Justiz RS0010200). Angesichts dieser Voraussetzungen rechtfertigt demnach bereits der redliche Besitz eines Vermögensobjekts durch den Gemeinschuldner als Ausübung eines dinglichen Rechts den rechtlichen Schluss, dass dieses Objekt bei Unterbleiben der angefochtenen Rechtshandlung in die Konkursmasse gefallen wäre. Betraf daher eine vor der Konkurseröffnung vorgenommene anfechtbare Rechtshandlung ein solches Vermögensobjekt, so scheitert die Anfechtungsklage nicht schon am mangelnden Nachweis der über den Besitz hinausreichenden Rechtszuständigkeit des Gemeinschuldners. Soweit der beklagte Masseverwalter in der Revision an seiner Ansicht festhält, im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung habe sich der Safeinhalt wegen der strafgerichtlichen Sicherungsmaßnahme gerade nicht im Besitz des Gemeinschuldners befunden, ist ihm - im Einklang mit den Erwägungen des Berufungsgerichts - zu entgegnen, dass an die Stelle des Sachbesitzes am Safeinhalt der Anspruch des Gemeinschuldners auf Ausfolgung des Gerichtserlags trat. Im Zeitpunkt dessen Pfändung und Überweisung zur Einziehung war dieser Anspruch daher Bestandteil des Vermögens des Gemeinschuldners. Wäre die angefochtene Pfändung unterblieben, so wäre dieser Ausfolgungsanspruch in die Konkursmasse gefallen. Insofern mangelt es an Tatsachen, aus denen ableitbar wäre, dass der Beklagte Anspruch auf Einwilligung in die Ausfolgung des streitverfangenen Teils des Erlagsbetrags gegen den Gemeinschuldner gehabt habe. Soweit sich der Revisionswerber ohne weitere Gründe auf den Ablauf der "30-tägigen Frist des Besitzschutzes" beruft, ist nicht klar, was er damit meint. Behördlichen Hoheitsakten hätte der Gemeinschuldner unter Berufung auf den privatrechtlichen Besitzschutz nicht erfolgreich entgegentreten können.

4. Ergebnis

Die bisherigen Erwägungen sind im Kernpunkt wie folgt zusammenzufassen:

Die angefochtene Rechtshandlung betrifft jedenfalls dann das Vermögen des Gemeinschuldners im Sinne des § 27 KO, wenn der Masseverwalter als Anfechtungskläger bewies, dass der Gemeinschuldner im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung Besitzer des Anfechtungsobjekts war, und dem Anfechtungsgegner der Nachweis eines eigenen oder fremden Anspruchs auf Aussonderung dieses Vermögenswerts misslang.

Nach allen bisherigen Erwägungen ist der Revision somit nicht Folge zu geben, hat doch das Berufungsgericht alle entscheidungswesentlichen Rechtsfragen zutreffend gelöst und daher die durch das Erstgericht ausgesprochene Abweisung des Klagebegehrens ohne Rechtsirrtum bestätigt.

5. Kosten

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der verzeichnete Honoraransatz war geringfügig zu korrigieren.

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