Normen
ABGB §371
ABGB §921
ABGB §1041
ABGB §1063
ABGB §1435
KO §11
KO §44
KO §46 Abs1 Z5
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ABGB §1041
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ABGB §1435
KO §11
KO §44
KO §46 Abs1 Z5
Spruch:
Gegen die Konkursmasse, mit der der Erlös aus der Veräußerung einer unter Eigentumsvorbehalt gestandenen Sache vermengt wurde, besteht ein Bereicherungsanspruch als Masseforderung
OGH 30. Oktober 1979, 1 Ob 714/79 (OLG Linz 2 R 63/79; LG Salzburg 9 Cg 205/78)
Text
Der Kläger verkaufte der Firma Sepp N & Sohn OHG Holzindustrie M, über deren Vermögen mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 24. Jänner 1978, S 9/78-2, Konkurs eröffnet wurde, 21.54 fm Blochholz und 7.56 fm Schleifholz "Hoblerholz"), wobei der Preis des Blochholzes 1050 S pro fm betrug. Vereinbart war, daß das Holz bis zur Bezahlung im Feber 1978 Eigentum des Klägers bleibe. Das mit drei Kerben gekennzeichnete Holz wurde auf dem Lagerplatz der späteren Gemeinschuldnerin nicht gesondert gelagert, sondern mit anderem Holz vermengt. Es war aber nach der Konkurseröffnung noch vorhanden und nicht verarbeitet und verschnitten. Schon am 26. Jänner 1978 forderte der Kläger den beklagten Masseverwalter zur Erklärung, ob er in den Kaufvertrag eintrete, bzw. zur Bewilligung des Abtransportes des Holzes auf. Das Konkursgericht beauftragte den Beklagten, das gesamte lagernde Holz schätzen zu lassen und sodann abzuverkaufen. Hiebei erzielte der Beklagte für Blochholz 900 S pro fm (+ 8% Umsatzsteuer) und für Schleifholz 600 S pro fm (+ 8% Umsatzsteuer), so daß auf das Holz des Klägers ein Erlös von 25 641.36 S entfiel. Diesen verwahrte jedoch der Masseverwalter nicht gesondert, sondern vermengte ihn mit anderem Geld der Masse.
Der Kläger begehrte Herausgabe des oben bezeichneten Holzes und stellte in der Folge für den Fall, daß der Eigentumsvorbehalt nach Konkurseröffnung durch Vermengung, Verarbeitung oder Verkauf verlorengegangen sei, das Eventualbegehren auf Zahlung von 26 247 S samt Anhang.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß der Eigentumsvorbehalt, sofern er überhaupt begrundet worden sei, mangels entsprechender Kennzeichnung der Ware und separater Lagerung durch Vermengung, jedenfalls aber durch Verarbeitung und Verkauf untergegangen sei.
Am 14. November 1978 beschloß das Erstgericht die Wiedereröffnung der geschlossenen Verhandlung (ON 6) mit der Begründung, daß "im Falle der Veräußerung nach Konkurseröffnung der § 44 Abs. 2 KO einen Anspruch auf Ersatzaussonderung des für die Sache geleisteten Entgeltes gewährt. Aber auch hier erstreckt sich der Aussonderungsanspruch nicht auf den vom Vorbehaltsverkäufer fakturierten Betrag, sondern auf den beim Verkauf erzielten Erlös (SZ 34/113)." Daraufhin brachte der Kläger in der nächsten Streitverhandlung vor, daß der Eventualantrag als ein Anspruch nach § 44 Abs. 2 KO geltend gemacht werde.
Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Der auf Herausgabe des Holzes gerichtete Aussonderungsanspruch sei infolge der Veräußerung des gesamten Holzlagers durch den Masseverwalter nicht mehr gegeben. Das auf Ersatzaussonderung gerichtete Eventualbegehren setze voraus, daß die Sache durch den Masseverwalter verkauft oder jedenfalls der Erlös an die Istmasse gelangt sei. Auch in diesem Fall könne aber nur der konkrete, in der Masse noch vorhandene und individualisierbare Leistungsgegenstand ausgesondert werden. Dies sei aber nicht mehr möglich, weil der Erlös mit anderem Geld der Masse vermengt worden sei.
Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Abweisung des Eventualbegehrens gerichteten Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Urteil dahin gehend ab, daß es diesem mit 25 641.36 S samt Anhang stattgab und das Mehrbegehren von 605.64 S samt Anhang abwies.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß in der Stellung des Eventualbegehrens eine Klagsänderung gelegen sei, die das Erstgericht mangels Besorgnis erheblicher Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu Recht zugelassen habe.
Der Eigentumsvorbehalt sei trotz (vorübergehender) Vermengung des verkauften Holzes nicht untergegangen, weil der Kläger auch nach der Konkurseröffnung gemäß § 370 ABGB in der Lage gewesen sei, sein Holz durch individuelle Merkmale (drei Kerben) zu beschreiben. Er habe daher zu diesem Zeitpunkt erfolgreich Aussonderungsansprüche geltend machen können; erst durch den Holzverkauf und die Vermengung des erzielten Erlöses sei der Aussonderungsanspruch und der Ersatzaussonderungsanspruch untergegangen. Der Kläger sei jedoch durch die Erklärung, daß das Eventualbegehren als ein Anspruch nach § 44 Abs. 2 KO geltend gemacht werde, nicht auf diesen Rechtsgrund beschränkt worden, da der Beklagte zu diesem Rechtsgrund kein den Aussonderungsanspruch entkräftendes Sachvorbringen erstattet habe und daher das Erstgericht das "überschießende" Beweisergebnis (nämlich, daß der auf den Kläger entfallende Gelderlös mit dem Geld der Masse vermengt worden sei) nur nach neuerlicher Erörterung hätte verwertet werden dürfen, zumal das Erstgericht den Kläger anläßlich des Wiedereröffnungsbeschlusses ausdrücklich auf den Rechtsgrund der Ersatzaussonderung hingewiesen habe. Diese Verletzung der Manuduktionspflicht erfordere aber keine Aufhebung des Urteiles, weil auf das seinerzeitige Vorbringen des Klägers, wonach er für den Fall des Unterganges des Eigentumsvorbehaltes einen Geldanspruch stelle, zurückgegriffen werden könne.
Dieses Begehren sei gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 KO berechtigt, weil der Masseverwalter trotz des Forderungsschreibens des Klägers den Erlös aus dem Verkauf des Holzes mit dem übrigen Geld der Masse vermengt habe. Die Masseforderung könne aber nicht höher sein, als der vom Beklagten erzielte Erlös, so daß der Berufung nur mit einem Betrag von 25 641.36 S Berechtigung zukomme.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des beklagten Masseverwalters gegen den der Berufung des Klägers stattgebenden Teil des Urteils des Berufungsgerichtes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Revisionswerber ist einzuräumen, daß die Frage, ob der Kläger das gelieferte Holz durch solche Merkmale kennzeichnete, daß es sich von allen ähnlichen Sachen gleicher Gattung unterschied (§ 370 ABGB), so daß trotz Vermengung mit anderen Sachen eine Absonderung möglich war (§ 415 ABGB), aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht mit völliger Sicherheit zu entnehmen ist. Ob die Bezeichnung mit drei Kerben eine der im Holzhandel üblichen - individualisierenden - Markierungen (z. B. durch Ziffern, Hammerschlag und Brandzeichen) war, aus der sich eindeutig der Eigentümer ergab, steht nicht fest. Die Feststellung, daß der Kläger nach der Konkurseröffnung noch sein gesamtes Holz auf dem Lagerplatz gesehen hat, sagt über die nach objektiven Kriterien zu beurteilende Unterscheidbarkeit nichts aus.
Es kommt aber auf diese Frage nicht an. Selbst wenn eine Absonderung des vermengten Holzes des Klägers nicht mehr (zur Gänze) möglich war, ist dadurch sein dingliches Recht nicht untergegangen. § 415 ABGB bestimmt nämlich, daß verarbeitete, vereinigte, vermengte und vermischte Sachen, deren Zurücksetzung in den vorigen Stand unter Absonderung nicht möglich ist, "den Teilnehmern gemein" werden. In einem Fall der Verarbeitung einer unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache hat der OGH durch einen verstärkten Senat in Abkehr von der bisherigen Judikatur ausgesprochen, daß, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, Miteigentum des Lieferanten und des Verarbeiters im Verhältnis der beiderseitigen Wertanteile im Zeitpunkte der Verarbeitung entsteht (SZ 49/138 mit zahlreichen Entscheidungs- und Literaturhinweisen). Nach dieser Entscheidung ist die in den §§ 414 ff. ABGB vorgesehene Regelung zwar unmittelbar nur auf die zufällige, ohne Wissen und Willen der Eigentümer geschehene Verarbeitung oder Vereinigung von Sachen anzuwenden, während bei einer vom Eigentümer gestatteten Verarbeitung grundsätzlich die Parteienvereinbarung maßgebend ist.
Die in SZ 49/138 entwickelten Grundsätze haben auf den § 415 ABGB mit gleichen Rechtsfolgen geregelten Fall der Vermengung der Sache mehrerer Eigentümer Anwendung zu finden, wenn eine Absonderung nicht mehr möglich ist.
Damit ist im gegenständlichen Fall, sofern es nicht infolge genügender Kennzeichnung beim alleinigen Vorbehaltseigentum des Klägers blieb, Miteigentum des Klägers an dem gesamten, vom Masseverwalter zu einem einheitlichen Preis verkauften Holzlager der Gemeinschuldnerin entstanden. Wenn auch der vom Masseverwalter erzielte Gesamterlös von den Vorinstanzen nicht festgestellt wurde und daher der Bruchteil des Miteigentums des Klägers nicht festgestellt werden kann, genügt für das gegenständliche Verfahren, daß der "Wertanteil" des Klägers feststeht.
Der Kläger war daher auch im Falle einer nicht rückführbaren Vermengung seines Holzes mit dem übrigen Lager berechtigt, Aussonderungsansprüche geltend zu machen; Gegenstand der Aussonderung ist nämlich auch die Geltendmachung von Miteigentum, weil Sachen, die dem Gemeinschuldner zum Teil nicht gehören (§ 44 Abs. 1 KO) ausgesondert werden können (Wegan, Insolvenzrecht 39; Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht, 443).
Es ist davon auszugehen, daß sich der Kläger rechtswirksam Eigentum am verkauften Holz vorbehielt, so daß er, da in der Klage auf Herausgabe der Sache der Vertragsrücktritt liegt (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 510; SZ 34/113; SZ 37/91), zur Geltendmachung eines Aussonderungsanspruches nach § 44 Abs. 1 KO berechtigt war (SZ 18/144; SZ 25/294; EvBl. 1966/202; SZ 37/118) und sein Vorbehaltseigentum erst durch den Verkauf des Holzes durch den Masseverwalter erloschen ist.
Nun gewährt zwar § 44 Abs. 2 KO darüber hinaus einen Anspruch auf Ersatzaussonderung des für die Sache geleisteten Entgelts, das sich nicht auf den (seinerzeitigen) Kaufpreis der Sache, sondern auf den beim Verkauf erzielten Erlös erstreckt. Dieser Aussonderungsanspruch setzt voraus, daß die Sache entweder durch den Masseverwalter verkauft wurde oder daß der beim Verkauf durch den Gemeinschuldner erzielte Erlös in die Istmasse gelangte. Aber auch in diesem Fall kann die Ausübung des Aussonderungsrechtes nicht durch Geltendmachung einer Geldforderung in der Höhe des Erlöses gegen die Konkursmasse erfolgen. Nach Lehre und Rechtsprechung (Bartsch - Pollak[3] I, 269; Wegan a. a. O., 42; zur ähnlichen Bestimmungen des § 46 dKO Jaeger[8] I, 677 f.; Mentzel - Kuhn - Uhlenbruck KO[9], 416; SZ 32/161; SZ 34/113; SZ 37/91; SZ 48/21; vgl. auch SZ 40/35) kann nur der konkrete, in der Masse noch vorhandene und individualisierbare Leistungsgegenstand abgesondert werden, weil der Anspruch auf Ersatzaussonderung ebenso wie der Primäranspruch nach § 44 Abs. 1 KO auf einem dinglichen Recht beruht. Der in Geld bestehende Erlös aus der Veräußerung der auszusondernden Sache ist aber nur so lange geeigneter Gegenstand der Eigentumsklage, als er unterscheidbar vorhanden ist (vgl. die Worte im § 371 ABGB "..... wie bares Geld mit anderem baren Geld vermengt ....."; Klang[2] II, 232 f.). Für die abweichende Meinung von Petschek - Reimer - Schiemer (a. a. O., 451), wonach dem Aussonderungsberechtigten die Ersatzaussonderung des von der Masse geleisteten, wenngleich darin nicht unterscheidbar vorhandenen Entgelts gestattet ist, spricht sowohl die von Lehre und Rechtsprechung gebilligte Möglichkeit der Quantitätsvindikationen (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 694 f.; SZ 42/181 mit weiteren Nachweisen) als auch der Umstand, daß das Institut der Ersatzaussonderung bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung in den allermeisten Fällen praktisch wertlos ist.
Für den gegenständlichen Fall kann aber die Frage, welcher Meinung hinsichtlich der Voraussetzungen der Ersatzaussonderung der Vorzug zu geben sei, dahingestellt bleiben. Schon in der Denkschrift zur Konkursordnung wurde darauf hingewiesen, daß die Aufnahme der Bereicherungsansprüche im § 46 Abs. 1 Z. 5 KO mit der Beschränkung der Ersatzaussonderung zusammenhängt (DS 47; Bartsch - Pollak[3] I, 282; vgl. auch 269). Diese Gesetzesstelle gewährt dem Aussonderungsberechtigten, der die Ersatzaussonderung nicht geltend machen kann,unter bestimmten Voraussetzungen einen Bereicherungsanspruch. Wenn der Masseverwalter eine fremde Sache veräußert und den Preis so eingezogen hat, daß er in der Masse nicht mehr "ausscheidbar gesondert" vorhanden ist, liegt Bereicherung der Masse vor (Bartsch - Pollak[3] I, 283; Wegan a. a. O., 42; Jaeger a. a. O., 821; Metzel - Kuhn - Uhlenbruck, KO[9], 515 f.; vgl. SZ 34/113). Die Bereicherung muß allerdings eine grundlose sein und auf einen der Bereicherungstatbestände der §§ 1431 ff. ABGB gestützt werden können, weil das österreichische Recht keine allgemeine Verpflichtung zur Herausgabe jeder Bereicherung kennt (SZ 44/87 u. a.). Diese Voraussetzung liegt hier vor, weil in der Klage auf Herausgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen ein Rücktritt vom Vertrag liegt und daher der Grund, daß sie der Käufer behalte, gemäß § 921 zweiter Satz ABGB, der nur ein Anwendungsfall des § 1435 ABGB ist (EvBl. 1967/13; SZ 44/87; EvBl. 1974/287), weggefallen ist.
Dieser Bereicherungsanspruch geht auf Geldleistung schlechthin, während der Anspruch auf Ersatzaussonderung (jedenfalls im Sinne der herrschenden Ansicht) auf die Herausgabe eines bestimmten, individualisierten Geldbetrages (Verkaufserlöses) gerichtet ist. Der Unterschied zwischen beiden Begehren zeigt sich insbesondere im Exekutionsverfahren, da nur beim Bereicherungsanspruch Exekution wegen Geldforderungen (§§ 87 bis 345 EO), beim Anspruch nach § 44 Abs. 2 KO aber Exekution auf Herausgabe bestimmter beweglicher Sachen (§ 346 EO) zu führen ist.
Das vom Kläger gestellte Eventualbegehren geht schlechthin auf Geldzahlung und nicht auf Ausfolgung eines individualisierten abgesonderten Geldbetrages. Auf die Frage, ob sich der Kläger mit der Erklärung, daß das Eventualbegehren als ein Anspruch nach § 44 Abs. 2 KO geltend gemacht werde, auf einen bestimmten - durch das Eventualbegehren nicht gedeckten (§ 405 ZPO) - Rechtsgrund beschränkt hat, ist mangels Rüge des Revisionswerbers nicht einzugehen.
Dieser Zahlungsanspruch ist, wie bereits oben dargestellt, als Anspruch wegen grundloser Bereicherung der Masse gemäß § 46 Abs. 1 Z. 5 KO berechtigt. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, ob das Zahlungsbegehren des Klägers im § 46 Abs. 1 Z. 2 KO (Ansprüche aus Rechtshandlungen des Masseverwalters) eine weitere Rechtsgrundlage (Zusammentreffen beider Rechtsgrunde: Mentzel - Kuhn - Uhlenbruck a. a. O., 516) fände, ob der Masseverwalter verpflichtet ist, Verkaufserlöse im Falle der Geltendmachung von Aussonderungsansprüchen gesondert zu verwahren (vgl. SZ 37/91) und ob auch der Anspruch nach dieser Gesetzesstelle auf den tatsächlichen Erlös beschränkt ist (anderer Meinung Petschek - Reimer - Schiemer a. a. O., 452), weil die Abweisung des Mehrbegehrens von 605.64 S in Rechtskraft erwachsen ist.
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