OGH 7Ob113/01w

OGH7Ob113/01w7.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Viktor K*****, vertreten durch Dr. Erich Moser, Rechtsanwalt in Murau, gegen die beklagte Partei Franz F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Ried, wegen EUR 27.963,05 = S 384.780 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. März 2001, GZ 3 R 21/01f-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 30. November 2000, GZ 1 Cg 36/00t-18 bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.164,22 = S 16.020 (darin EUR 194,04 = S 2.670 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil ein gleichartiger Sachverhalt bisher nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei, damit aber nicht aufgezeigt, worin hier tatsächlich die erhebliche Rechtsfrage liegen sollte; andernfalls wäre die ordentliche Revision im Zulassungsbereich nämlich nahezu immer zulässig (RIS-Justiz RS0102181; RS0110702).

Diese Begründung des Zulassungsausspruches reicht daher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht aus, um das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzugen des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen (2 Ob 275/01g; 7 Ob 72/01s; 2 Ob 197/00k; 10 Ob 24/00b uva). Aber auch in der Revision werden - wie noch zu zeigen sein wird - keine erheblichen Rechtsfragen dargelegt. Die Revision ist daher - entgegen dem nicht bindenden (RIS-Justiz RS0042392) Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig.

Die behaupteten Aktenwidrigkeiten sind - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht gegeben, weshalb insoweit auch keine erheblichen Rechtsfragen zu beantworten sind. Obgleich die Beurteilung, dass die geltend gemachte Mangelhaftigkeit oder Aktenwidrigkeit nicht vorliegt, keiner Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), ist dem Beklagten kurz zu erwidern:

Soweit er darin, dass eine begehrte Feststellung nicht getroffen wurde, eine Aktenwidrigkeit erblickt, wird übersehen, dass eine solche jedenfalls nur dann vorliegen könnte, wenn für eine bekämpfte Tatsachenfeststellung überhaupt keine beweismäßige Grundlage bestünde (Kodek in Rechberger² Rz 4 zu § 503 ZPO). Dass eine angestrebte Feststellung nicht getroffen wurde, kann daher nicht aktenwidrig sein.

Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels geltend, ein gleichartiger Sachverhalt sei bisher höchstgerichtlich nicht entschieden worden, weil der OGH in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 536/91 nur ausgesprochen habe, dass der beklagte Beschäftiger nicht berechtigt sei, einen Nachweis über die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge oder Lohnforderungen der Arbeitnehmer "habe" (gemeint: zu fordern). Hier stehe aber fest, dass der Kläger (Überlasser) die Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt habe, sodass die Zahlungspflicht des Beklagten als Mitschuldner und Bürge nach den Bestimmungen des ASVG und des AÜG geradezu sicher sei. Es fehle eine Rechtsprechung zu der Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, ob ein Arbeitskräfteüberlasser berechtigt sei, seine Leistung gegenüber seinem Vertragspartner als weiterem Überlasser zurückzubehalten bzw zu verweigern, wenn feststehe, dass dieser die Sozialversicherungsbeiträge genauso wenig abgeführt habe wie der Beschäftiger.

Dies trifft jedoch nicht zu, weil der beklagte Beschäftiger (auch) im zitierten Verfahren seine Zahlungsverweigerung mit der Mitteilung von (überlassenen) Arbeitskräften begründete, sie hätten gegenüber dem klagenden Überlasser (nicht bezahlte) Lohnforderungen. Der erkennende Senat hat sich daher ohnehin bereits mit der Frage der Zurückbehaltung der dem Überlasser geschuldeten Honorare auf der Grundlage der Behauptung unbezahlter Forderungen (für die der zurückbehaltende Vertragspartner haftet) befasst und die Zahlungsverweigerung als unberechtigt erkannt (ecolex 1991, 798 und Binder in Schwimann V² Rz 74 Abs 2 zu § 1052 ABGB):

Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung wird bereits in der zitierten Entscheidung nicht nur ausgeführt, dass der Beschäftiger kein Recht habe, vom Überlasser einen Nachweis über die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge oder Lohnforderungen zu verlangen. Der erkennende Senat hat vielmehr ausdrücklich ausgesprochen, dass dem die geschuldeten Honorare zurückbehaltenden Beschäftiger in derartigen Fällen nur die Unsicherheitseinrede "verbleibt", weil auch ein Zurückbehaltungsrecht iSd § 471 ABGB oder

der §§ 369 ff HGB ausscheide (7 Ob 536/91 = ecolex 1991, 798 = RdW

1991, 332 = ARD 4335/7/92). An diesen Grundsätzen (RIS-Justiz RS0051731) hat der Oberste Gerichtshof auch zuletzt in einem Fall festgehalten, der wiederum die (mangels Nachweises der Bezahlung des Entgelts bzw der Sozialversicherungsbeiträge für die eingesetzten Arbeitskräfte) verweigerte Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen des Beklagten zum Gegenstand hatte (5 Ob 143/01t). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zeigt der Revisionswerber somit nicht auf. Da das Berufungsgericht aber auch die Möglichkeit, eine Unsicherheitseinrede zu erheben, zutreffend verneint hat, liegt auch eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von oberstgerichtlicher Judikatur nicht vor:

Ist der gefahrdrohende Vermögenszustand - wie hier - schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegeben, stünde dem Beklagten die Unsicherheitseinrede nämlich nur zu, wenn ihm dieser Umstand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein musste (Aicher in Rummel I³ Rz 30 zu § 1052 ABGB; Binder aaO Rz 75 zu § 1052 ABGB). Davon kann hier jedoch keine Rede sein, weil sich der Beklagte - wie bereits die Revisionsbeantwortung zutreffend festhält - nicht darauf berufen kann, dass ihm der Inhalt der den Kläger betreffenden Edikte (Abweisung der Konkurseröffnung mangels Kostendeckung) unbekannt gewesen sei. Die Frage, ob dem Kläger die Unkenntnis vorwerfbar ist, muss vorliegend nämlich nach dem objektiven Maßstab eines ordentlichen Kaufmannes (§ 347 Abs 1 ABGB) beurteilt werden, der grundsätzlich zur Einholung von Informationen über ein allfälliges seinen Vertragspartner betreffendes Ausgleichs- oder Konkursverfahren verpflichtet ist (vgl 8 Ob 378/97i = ZIK 1998, 211; ecolex 1996, 911).

Wenn der Revisionswerber zuletzt noch daran festhält, es stünden ihm Gegenforderungen aus dem Titel des Schadenersatzes nach § 2 UWG zu, entfernt er sich von der Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung. Danach steht nämlich nicht fest, warum die Firma G***** den weiteren Arbeitskräfteeinsatz für ihr Bauvorhaben in S***** nicht wiederum beim Beklagten, sondern beim Kläger eingedeckt hat. Soweit die Revision dazu weiteres Tatsachenvorbringen erstattet (Seite 6 Abs 2 der Revision = AS 175) erkennt der Beklagte offenbar selbst, dass er in diesem Zusammenhang - iSd zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichtes - keine ausreichenden Behauptungen aufgestellt hat.

Ein tauglicher Zulassungsgrund wird somit nicht aufgezeigt, weshalb die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Revision nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO fehlten. Er hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Beteiligung am Revisionsverfahren.

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