OGH 9ObA71/02k

OGH9ObA71/02k17.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Josef Sinzinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Iveta K*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen die beklagte Partei Dr. Hansjörg T*****, Arzt, *****, vertreten durch Dr. Peter Urbanek und Dr. Christian Lind, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen EUR 4.097,55 (S 56.383,50) sA (Revisionsinteresse EUR 3.681,39 [S 50.656,98]), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Dezember 2001, GZ 10 Ra 334/01p-47, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. Juni 2001, GZ 8 Cga 13/97z-42, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem dem Klagebegehren stattgebenden Teil als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleibt, wird im Übrigen aufgehoben.

Die Arbeitsrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an die zweite Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte im ersten Rechtsgang vom Beklagten letztlich S 65.017,- brutto sA (restliches Gehalt, Kündigungs- und Urlaubsentschädigung). Sie sei vom 19. 6. 1995 an als Ordinationshilfe beim Beklagten angestellt gewesen und sei am 24. 6. 1996 unberechtigt entlassen worden. Sie habe Anspruch auf restliches Gehalt, Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung. Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin sei berechtigt entlassen worden, weil sie trotz Verwarnung in den letzten Wochen oft zu spät zur Arbeit gekommen sei und weil sie sich unmittelbar vor der Entlassung geweigert habe, einen 1,5 kg schweren Akt zur Post zu bringen. Ferner wendete der Beklagte eine Gegenforderung von S 10.000,- aus dem Titel des Schadenersatzes ein, weil die Beklagte im Herbst 1995 entgegen einer Weisung in der Dunkelkammer eine Lade geöffnet und dadurch Röntgenbilder unbrauchbar gemacht habe.

Mit Urteil vom 19. 10. 1998 erkannte das Erstgericht die Klageforderung als mit S 41.273,- brutto zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von S 41.273,- brutto sA. Das Mehrbegehren wies es ab.

Dieses Urteil erwuchs in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 8.633,50 brutto sA in Rechtskraft. Im Übrigen wurde es vom Berufungsgericht über Berufung beider Parteien aufgehoben und die Arbeitsrechtssache im Umfang der Aufhebung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Klageforderung als mit S 4.018,- brutto zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von S 4.018,- brutto sA. Das Mehrbegehren wies es ab.

Das Erstgericht stellte - soweit für diese Entscheidung wesentlich - folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte ist Facharzt und ist auch als Sachverständiger in gerichtlichen Verfahren tätig. Nach den bei der Aufnahme mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen sollte zu ihren Aufgaben neben der Assistenz bei kleineren Operationen, dem Anlegen und der Abnahme von Verbänden und der Anfertigung von Röntgenbildern auch die Erledigung der Postwege gehören. Über das Gewicht der von ihr zu befördernden Postsendungen wurde beim Einstellungsgespräch nicht gesprochen. Die Arbeitszeit wurde mit 20 Stunden wöchentlich festgelegt. Das monatliche Bruttoentgelt wurde mit S 9.107,-

vereinbart, tatsächlich aber mit S 9.125,- ausgezahlt. In diesem Bezug war eine Infektionszulage von S 517,- enthalten. In Abwesenheit des Beklagten war Ulrike T***** (in deren Abwesenheit Renate R*****) gegenüber der Klägerin weisungsbefugt. Wer den Postweg zu verrichten hatte, ordnete im Allgemeinen Ulrike T***** an. Die Klägerin trug üblicherweise lediglich Briefe, in seltenen Fällen auch Gerichtsakten, zum 100 bis 150 m von der Ordination entfernten Postamt. Die von ihr transportierten Akten waren in der Regel nicht nennenswert schwerer als 3 kg. Schwerere Akten wurden generell vom Beklagten mit dem PKW zur Post befördert.

Ab Anfang 1996 erschien die Klägerin immer wieder einige Minuten bis zu einer Viertelstunde verspätet zum Dienst. Deshalb mussten Ulrike T***** und Renate R***** zwischenzeitig die Aufgaben der Klägerin übernehmen, sodass ihre eigene Arbeit zunächst unerledigt blieb. Nach einiger Zeit ermahnte Ulrike T***** die Klägerin, pünktlich zu erscheinen. Einige Monate vor der Entlassung stellte sie aufgrund von Beschwerden der Mitarbeiterinnen auch der Beklagte selbst wegen des Zuspätkommens zur Rede und forderte sie auf, in Hinkunft pünktlich zu sein. Die Abmahnungen durch Ulrike T***** zeitigten jeweils nur kurzzeitigen Erfolg. Schon nach kurzer Zeit erschien die Klägerin wieder unpünktlich zum Dienst, und zwar bis zu mehrmals wöchentlich und trotz weiterer Abmahnungen. Auch in der Woche vor dem Ausspruch der Entlassung kam die Klägerin verspätet in die Ordination. Am Entlassungstag hatte sie sich um rund fünf Minuten verspätet. Dass der Klägerin bei den Ermahnungen wegen ihrer Verspätungen die Entlassung angedroht worden wäre, ist nicht feststellbar. Am Nachmittag des 20. 6. 1996 ersuchte Ulrike T***** die Klägerin, mehrere Postsendungen, darunter einen Gerichtsakt, zur Post zu bringen. Die Klägerin verweigerte dies mit der Begründung, der Akt sei ihr zu schwer. Ulrike T*****, die nicht dieser Ansicht war, erklärte der Klägerin, sie werde diesfalls Schwierigkeiten bekommen, weil sie (T*****) dem Beklagten davon berichten werde. Trotzdem verließ die Klägerin die Ordination ohne die damals zur Versendung bereitliegenden Postsendungen. Diese Sendungen, die äußerstenfalls geringfügig über 3 kg schwer waren, wurden daher von Ulrike T***** zur Post gebracht.

Der Beklagte war sowohl an diesem als auch am nächsten Tag nicht in der Ordination. Am nächsten Arbeitstag, also am Montag, dem 24. 6. 1996, berichtete ihm Ulrike T***** von dem beschriebenen Vorfall. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, die Klägerin zu entlassen. Im Entlassungsschreiben wurde die Entlassung sowohl mit der Weigerung, das Aktenpaket zur Post zu bringen, als auch mit den wiederholten Verspätungen begründet.

Kurz nach ihrem Dienstantritt hatte die Klägerin vergessen, eine Lade mit Röntgenbildern zu schließen, wodurch diese Bilder unbrauchbar wurden. Die Klägerin hatte vorgeschlagen, für den Schaden den nächsten Monatslohn einzubehalten. Der Beklagte lehnte dies ab und legte der Klägerin lediglich nahe, sehr aufzupassen. Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Der Klägerin stehe anstelle der Infektionszulage eine (höhere) Strahlenschutzzulage zu, woraus sich ein offener Anspruch von S 4.018,- brutto errechne. Im übrigen sei das Klagebegehren aber nicht berechtigt, weil die Entlassung zu Recht erfolgt sei. Ihre trotz Ermahnung erfolgte Weigerung, ein Paket zur Post zu bringen, sei als beharrliche Dienstverweigerung anzusehen, sodass der Entlassungsgrund des § 27 Z 4 AngG verwirklicht sei. Der Einwand der Klägerin, das Paket sei zu schwer gewesen, treffe nicht zu. Die Gegenforderung des Beklagte bestehe nicht zu Recht, weil er auf den Ersatz des eingetretenen Schadens verzichtet habe.

Das nur von der Klägerin angerufene Berufungsgericht änderte mit dem angefochtenen Urteil die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, dass es die Klageforderung als mit S 5.726,52 als zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannte und der Klägerin S 5.762,52 brutto sA zusprach. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Die trotz Ermahnung der Klägerin durch eine ihr vorgesetzte Mitarbeiterin erfolgte Weigerung, das Aktenpaket zur Post zu bringen, verwirkliche den Entlassungsgrund des § 27 Z 4 dritter Fall AngG, zumal eine Verzögerung bei der Abgabe von Gerichtsakten für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen schwerwiegende Folgen haben könne. Überdies verwirkliche das wiederholte Zuspätkommen der Klägerin, das ebenfalls zu Ermahnungen geführt und Schwierigkeiten im Ordinationsbetrieb bewirkt habe, den Entlassungsgrund des § 27 Z 4 erster Fall AngG.

Dessen ungeachtet sei der Berufung teilweise stattzugeben, weil die Klägerin trotz der Berechtigung der Entlassung Anspruch auf Urlaubsabfindung und auf Entschädigung des nicht verbrauchten Urlaubs aus früheren Jahren habe.

Gegen den abweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des (noch offenen) Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist iS der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der behauptete Verfahrensmangel - das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge nur mangelhaft befasst und keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweisrüge angestellt - liegt allerdings nicht vor. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes lassen erkennen, dass eine Überprüfung der Beweiswürdigung stattgefunden hat. Ob die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichtes richtig sind, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens läge nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht oder so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (Kodek aaO Rz 3 zu § 503 mwN; RIS-Justiz RS0042993, RS0043150, RS0043371; zuletzt etwa 9 ObA 256/00p). Davon kann hier jedoch keine Rede sein.

Im Ergebnis berechtigt ist hingegen die Rechtsrüge. Der Entlassungsgrund des § 27 Z 4 AngG, 2. Tatbestand, ist verwirklicht, wenn sich der Arbeitnehmer beharrlich weigert, seine Dienste zu leisten oder sich den durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnungen des Arbeitgebers zu fügen. Verweigert der Arbeitnehmer die Befolgung einer Anordnung des Arbeitgebers, ist der Entlassungstatbestand demgemäß nur verwirklicht, wenn die Anordnung durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigt ist, was dann nicht der Fall ist, wenn die Anordnung dem Gesetz, dem Kollektivvertrag, einer Betriebsvereinbarung, dem Arbeitsvertrag oder den guten Sitten widerspricht (Kuderna, Entlassungsrecht² 113 mwN). Zudem muss die Dienstverweigerung beharrlich erfolgen. Darunter ist die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des in der Dienstverweigerung zum Ausdruck kommenden, auf die Verletzung der Pflichten gerichteten Willens des Angestellten zu verstehen. Daraus folgt, dass sich die Dienstverweigerung entweder wiederholt ereignet haben oder aber von derart schwerwiegender Art sein muss, dass auf die Beharrlichkeit der Willenshaltung des Angestellten mit Grund geschlossen werden kann (Kuderna, aaO 115). Eine erstmalige Dienstverweigerung ist dann beharrlich, wenn sie trotz einer vorangegangenen Ermahnung erfolgt. Dabei ist erforderlich, dass der Angestellte auf die konkrete Dienstverweigerung hingewiesen und in einer dem Ernst der Situation angepassten Weise zur Einhaltung seiner Pflichten aufgefordert wird. Der Gebrauch bestimmter Worte bzw. die Androhung der Entlassung ist nicht erforderlich; es genügt, wenn der Arbeitnehmer den durch seine Arbeitsverweigerung hervorgerufenen Ernst der Situation erkennen kann (Kuderna, aaO 115; RIS-Justiz RS0060643; RS0060669; zuletzt etwa 9 ObA 207/01h; 9 ObA 163/01p). Eine Ermahnung ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer die Bedeutung und das Gewicht seines pflichtwidrigen Verhaltens ohnehin genau kennt bzw der Verstoß gegen seine Verpflichtungen offensichtlich und für ihn erkennbar ist und seine Weigerung derart eindeutig und endgültig ist, dass eine Ermahnung als bloße Formalität sinnlos erscheinen müsste. (Kuderna aaO 116; Arb 11.281; Arb 11.386).

Im Hinblick auf diese Rechtslage erachtet der Oberste Gerichtshof unter den hier gegebenen Umständen den geltend gemachten Entlassungsgrund als noch nicht verwirklicht.

Da über die Verpflichtung der Klägerin, schwerere Postsendungen zu befördern, bei Abschluss des Vertrages nichts gesprochen wurde, kann zur Konkretisierung der sie insofern treffenden Verpflichtung nur auf die im bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich gepflogene Übung zurückgegriffen werden. Danach überstiegen die von der Klägerin transportierten Akten das Gewicht von 3 kg in der Regel nicht nennenswert; schwerere Akten brauchte die Klägerin nicht mitzunehmen. Nach den Feststellungen kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Gewicht des hier in Rede stehenden Pakets, von dem festgestellt wurde, dass es äußerstenfalls ein Gewicht von geringfügig über 3 kg besessen haben kann, in jenem Grenzbereich lag, in dem die Frage, ob die Klägerin noch verpflichtet war, es zu transportieren, nicht einfach zu beantworten war. Berücksichtigt man ferner, dass frühere Arbeitsverweigerungen durch die Klägerin nicht festgestellt wurden, könnte daher im Sinne der wiedergegebenen Rechtslage ihre Weigerung, das Paket zu transportieren nur im Falle einer Ermahnung als beharrlich qualifiziert werden. Nun ist zwar richtig, dass die Klägerin von einer ihr gegenüber weisungsbefugte Mitarbeiterin darauf hingewiesen wurde, dass sie Schwierigkeiten bekommen und dass die Mitarbeiterin dem Beklagten von der Sache berichten werde. Unter den eben beschriebenen Umständen reicht aber diese Äußerung der Mitarbeiterin noch nicht aus, um die dessen ungeachtet aufrecht erhaltene Weigerung der Klägerin als beharrlich zu qualifizieren. Wenngleich - wie ausgeführt - der Gebrauch bestimmter Worte nicht erforderlich ist, muss die Ermahnung doch so beschaffen sein, dass der Arbeitnehmer den durch seine Arbeitsverweigerung hervorgerufenen Ernst der Situation erkennen kann. Das muss aber hier verneint werden, zumal sich die Erklärung der Mitarbeiterin im vagen Hinweis auf "Schwierigkeiten" und in der Ankündigung der Einschaltung des Arbeitgebers erschöpfte. Dies war für die Klägerin wohl eher als eine Ankündigung zu verstehen, die Entscheidung des Beklagten über die in diesem Fall und in vergleichbaren Fällen zu ziehende Grenze der entsprechenden Verpflichtung der Klägerin einzuholen. Dass die Aufrechterhaltung ihres Standpunktes schwere arbeitsrechtliche Konsequenzen haben könnte, war daraus nicht zu erkennen. Im Sinne der wiedergegebenen Rechtslage hat aber damit die Weigerung, das Paket zur Post zu tragen, den in Rede stehenden Entlassungsgrund noch nicht verwirklicht.

Ebenso wenig können die wiederholten Verspätungen der Klägerin die Entlassung rechtfertigen. Zwar kann nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin durch ihr wiederholtes Zuspätkommen (einige Minuten bis zu einer Viertelstunde) ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Dennoch ist auch insofern kein Entlassungsgrund verwirklicht:

Zum einen muss selbst bei fortgesetztem Zuspätkommen der für den Ausspruch der Entlassung herangezogene Anlassfall eine gewisse Mindestintensität aufweisen, die den vorangegangenen Unpünktlichkeiten in etwa entspricht; eine Verspätung von wenigen Minuten reicht auch bei vorangegangenen erheblichen Unpünktlichkeiten nicht aus, um den Entlassungstatbestand herzustellen (Kuderna, aaO, 103). Hier betrug die Verspätung der Klägerin am Entlassungstag aber nur fünf Minuten und erreichte damit nicht jenes Ausmaß, das im Sinne der eben wiedergegebenen Rechtslage die Entlassung rechtfertigen könnte.

Zum anderen steht zwar fest, dass die Klägerin wegen ihrer Verspätungen mehrmals verwarnt wurde; ebenso steht aber fest, dass die Verwarnungen jeweils nur für kurze Zeit Erfolg hatten und die Klägerin schon nach kurzer Zeit wieder unpünktlich war. Hat aber ein wegen Zuspätkommens verwarnter Arbeitnehmer nach der Verwarnung sein unpünktliches Verhalten fortgesetzt und wurde das neuerliche Zuspätkommen über einen gewissen Zeitraum toleriert, so darf der Arbeitnehmer an der Ernsthaftigkeit der Verwarnung zweifeln, sodass er wegen seines fortgesetzten Zuspätkommens nur nach einer neuerlichen, dem Ernst der Lage angepassten Ermahnung entlassen werden darf (RdW 2000,692; DRdA 2001,270; zuletzt 8 ObA 264/01h). Die letzte Verwarnung, deren zeitliche Einordnung nach den Feststellungen möglich ist, erfolgte aber bereits "einige Monate vor der Entlassung". Dass danach - und überdies in zeitlichem Naheverhältnis zur Entlassung - eine abermalige Ermahnung oder Verwarnung ausgesprochen wurde, steht nicht fest, sodass auch aus diesem Grund der angezogene Entlassungsgrund nicht verwirklicht ist. Da andere Entlassungsgründe nicht hervorgekommen sind, erweist sich die Entlassung daher als nicht berechtigt.

Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung über das Zurechtbestehen der Entlassung hat sich das Berufungsgericht mit der Höhe der noch strittigen Klageforderung nicht auseinandergesetzt. Es ist daher von der Möglichkeit des § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO Gebrauch zu machen, nach dem der Oberste Gerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen kann, wenn sich aus der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage zur abschließenden Entscheidung über den strittigen Anspruch die Notwendigkeit einer näheren Prüfung einzelner Anspruchsgrundlagen oder eingehender Berechnungen ergibt. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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