OGH 1Ob298/00f

OGH1Ob298/00f22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Joan Jenefa S*****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, und den Nebenintervenienten der beklagten Partei Dr. Eric A*****, wegen S 64.500,-- sA, infolge von Rekursen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. September 2000, GZ 14 R 48/00g-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Dezember 1999, GZ 33 Cg 8/99k-17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

2. Der Antrag des Nebenintervenienten, "die Frage der unzulässigen Diskriminierung freiberuflicher Tätigkeit durch Verweigerung des Honoraranspruchs für anwaltliche Tätigkeit, die noch dazu im Auftrag des Gerichts erbracht wurde, dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art 234 EGV zur Vorabentscheidung vorzulegen", wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Nebenintervenient vertrat die Klägerin in ihrem Scheidungsverfahren. Im November 1990 regte er beim zuständigen Bezirksgericht die Bestellung eines Sachwalters für die Klägerin an, weil er an deren Prozessfähigkeit Zweifel hatte. Am 7. 3. 1991 wurde der Nebenintervenient zum Sachwalter für die Klägerin bestellt, und zwar für "1. Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten; 2. Vermögensangelegenheiten". Der Klägerin wurde die Berechtigung eingeräumt, zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts bis zu einem Betrag von S 15.000 monatlich frei zu verfügen bzw sich zu verpflichten. Nach den vom Erstgericht im Einzelnen festgestellten Interventionen im Scheidungsverfahren und Bemühungen, außergerichtlich eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, legte der Nebenintervenient am 5. 10. 1992 den Entwurf eines in der Folge auch zustande gekommenen Scheidungsvergleichs vor, der vom Pflegschaftsgericht genehmigt wurde. Auf Grund dieses Scheidungsvergleichs stand der Klägerin Unterhalt im Ausmaß eines Drittels des Einkommens des geschiedenen Ehegatten zu, der sich darin zudem zu einer Ausgleichszahlung von S 300.000 sowie zur Leistung eines Kostenbeitrags an den Nebenintervenienten von S 100.000 verpflichtete. Die im gemeinsamen Wohnungseigentum der Ehegatten gestandene Ehewohnung wurde dem Ehemann zugewiesen, der der Klägerin daran ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht einräumte. Diese verpflichtete sich, die Betriebskosten für die Wohnung zu tragen und sie in gutem Zustand zu erhalten, wogegen sie ihr früherer Ehemann für den auf der Wohnung lastenden Kredit schad- und klaglos hielt. Mit Urteil vom 9. 10. 1992 wurde die Ehe der Klägerin geschieden, mit dem auch das Verschulden deren Ehemanns an der Zerrüttung festgestellt wurde.

Mit Beschluss vom 23. 11. 1992 hob das Pflegschaftsgericht über Anregung des Nebenintervenienten den der Klägerin monatlich zur freien Verfügung verbleibenden Betrag auf S 19.500 an. Im Dezember 1992 berichtete der Nebenintervenient über den Abschluss des Scheidungsverfahrens und erklärte, sein Entgelt für das Jahr 1992 sei mit den Zahlungen anlässlich des Scheidungsverfahrens abgerechnet und erledigt. Auf eine entsprechende Aufforderung des Pflegschaftsgerichts erklärte der Nebenintervenient am 2. 9. 1993 neuerlich, für das Jahr 1992 keine Belohnung zu begehren.

Am 6. 4. 1993 errichtete die Klägerin unter Mitwirkung des Nebenintervenienten ein gerichtliches Testament, wofür der Nebenintervenient eine Bestätigung über ihre Testierfähigkeit vorlegte.

Am 14. 4. 1994 berichtete der Nebenintervenient über das Jahr 1993. Er habe folgende Angelegenheiten zu besorgen gehabt: Betreuung des Girokontos und des Anderkontos, der Unterhaltszahlungen, des Sparbuchs, laufende telefonische Beratung der Klägerin, Kontrolle der Betriebskosten, Gestaltung des Testaments. Die Klägerin besuche ihn gelegentlich, sie sei an einem Kontakt mit dem Nebenintervenienten interessiert und telefoniere jede zweite Woche mit ihm. Die Klägerin sei in gutem körperlichen Gesundheitszustand und ausgeglichen, gelegentlich aber depressiv. Sie werde fallweise ärztlich betreut. Der geschiedene Ehemann habe eine Aufforderung, den Unterhalt angesichts veränderter Einkommensverhältnisse zu erhöhen, nicht beantwortet. Der Nebenintervenient erwäge daher eine Klage auf Unterhaltserhöhung um ca 10 %, wenn die Klägerin damit einverstanden sei. Die Sachwalterschaft sei im bisherigen Umfang weiter erforderlich, weil sich die Klägerin durch die Betreuung sicher fühle.

Für seine Tätigkeit im Jahr 1993 begehrte der Nebenintervenient eine Pauschalbelohnung von S 20.000 zuzüglich S 4.000 Umsatzsteuer und S 500 Barauslagenersatz. Er habe fünf Besprechungen in seiner Kanzlei abgehalten, 24 kurze Telefonate sowie ein langes Ferngespräch geführt, drei lange und fünf kurze Briefe geschrieben, einen Schriftsatz wegen des Unterhalts eingebracht sowie eine Verhandlung zur Errichtung des Testaments verrichtet. Bei einer Bemessungsgrundlage von S 430.000 (S 150.000 als Wert eines Sparbuchs sowie S 280.000 als Unterhalt für ein Jahr) stünden ihm tarifmäßige Kosten von S 35.773 zu, wogegen er nur netto S 20.000 pauschal anspreche. Die Vermögensaufstellung, die der Nebenintervenient vorlegte, wies ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht der Klägerin, ein Sparbuch mit einem Einlagestand von rund S 157.000 sowie einen "Kontostand" von rund S 12.000 aus. Das Vermögen der Klägerin sei in diesem Jahr um rund S 18.500 angewachsen.

Mit Beschluss vom 15. 4. 1994 setzte das Pflegschaftsgericht die Belohnung des Nebenintervenienten für das Jahr 1993 mit S 24.500 fest und ermächtigte den Sachwalter, diesen Betrag vom Girokonto der Klägerin zu beheben.

Am 12. 9. 1994 berichtete der Nebenintervenient, er habe nach "dringender telefonischer Information" durch den früheren Ehemann der Klägerin, deren Nachbarin sowie des behandelnden Psychiaters veranlasst, die Klägerin, die sich in ihrer Wohnung verbarrikadiert habe, durch Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Rettung und Amtsarzt in das Psychiatrische Krankenhaus zu überstellen. Die Klägerin leide unter einer schizoaffektiven Psychose. Die Sondergebühr werde durch die Zusatzkrankenversicherung gedeckt.

Am 27. 1. 1995 legte der Nebenintervenient die Rechnung für das Jahr 1994. Er begehrte eine pauschale Belohnung von S 24.000 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer und Barauslagenersatz von S 1.200. Als Bemessungsgrundlage nahm er weiterhin den Betrag von S 430.000 an, wonach er seine tarifmäßigen Kosten mit S 92.773,50 errechnete. Das Vermögen der Klägerin bestehe neben dem lebenslangen unentgeltlichen Wohnrecht aus einem Sparbuch mit einem Einlagestand von rund S 162.000 sowie einem Guthaben auf dem Girokonto von rund S 37.000. Das Vermögen sei um rund S 29.500 angewachsen. Mit Beschluss vom 13. 2. 1995 genehmigte das Pflegschaftsgericht die Rechnung für das Jahr 1994 und setzte die Belohnung des Nebenintervenienten für dieses Jahr pauschal mit S 20.000 fest. Eine Belohnung in dieser Höhe sei deshalb gerechtfertigt, weil der Sachwalter im Jahr 1994 einen überdurchschnittlich hohen Arbeitsaufwand bei der Betreuung der Klägerin habe nachweisen können.

Am 10. 1. 1996 legte der Nebenintervenient die Rechnung für das Jahr 1995. Er sprach eine Belohnung von S 24.000 zuzüglich Umsatzsteuer und S 1.200 Barauslagen an. Er teilte mit, dass sich die Anschaffung einer Katze für die Klägerin als therapeutisch günstig erwiesen habe, wenn dies auch mit erhöhtem Aufwand und Kosten verbunden sei. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 430.000 errechnete er seine tarifmäßigen Kosten mit S 67.206. Das Vermögen der Klägerin bestehe im Wohnrecht, in einem Sparguthaben von rund S 145.600 und einem Guthaben auf dem Girokonto von rund S 39.000. Das Vermögen der Klägerin habe sich um rund S 14.300 verringert.

Mit Beschluss vom 24. 1. 1996 genehmigte das Pflegschaftsgericht die Abrechnung für 1995 und setzte die Belohnung für dieses Jahr mit pauschal S 20.000 einschließlich Barauslagen und Umsatzsteuer fest.

Auch im Jahr 1996 entfaltete der Nebenintervenient verschiedene Aktivitäten für die Klägerin, bis diese am 10. 9. 1996 die Enthebung des Nebenintervenienten als Sachwalter beantragte. Dieser erstattete daraufhin am 10. 10. 1996 den Schlussbericht und beantragte seine Enthebung sowie die Zuerkennung einer Entlohnung von S 12.000 einschließlich Umsatzsteuer.

Dem Rekurs des nun für die Klägerin zum Sachwalter bestellten Klagevertreters gegen die Bestimmung der Belohnung in dieser Höhe wurde in der Folge stattgegeben und das Begehren auf Belohnung abgewiesen. Der Nebenintervenient habe keine Leistungen erbracht, die sich die Rekurswerberin sonst entgeltlich durch einen Rechtsanwalt hätte verschaffen müssen. Für eine Belohnung nach § 266 ABGB seien die in der Vermögenssituation der Klägerin zu suchenden Voraussetzungen nicht gegeben.

Mit ihrer am 1. 3. 1999 beim Erstgericht überreichten Klage begehrte die Klägerin aus dem Titel der Amtshaftung den Ersatz der dem Nebenintervenienten für die Jahre 1993 bis 1995 zuerkannten und aus ihrem Vermögen berichtigten Belohnung in der Höhe von S 64.500,- -. In allen drei Jahren habe die Klägerin nichts erspart, sondern sei gezwungen gewesen, ihren finanziellen Mehrbedarf aus Fremdmitteln abzudecken. Gemäß § 266 ABGB habe der Sachwalter in einem derartigen Fall keinen Anspruch auf Belohnung, weil eine solche nicht durch Einkünfte gedeckt gewesen sei. Die Bestimmung der Belohnungen durch das Pflegschaftsgericht sei daher unvertretbar rechtswidrig gewesen. Die Schadenersatzansprüche seien nicht verjährt, weil die Klägerin erst ab Bestellung des neuen Sachwalters von den mittlerweile rechtskräftigen Beschlüssen erfahren habe. Das Sachwalterschaftsverfahren sei vor Einbringung der Klage beendet worden.

Die Beklagte und der Nebenintervenient wendeten ein, der Sachwalter habe für die Klägerin in beträchtlichem Umfang fachliche Leistungen erbracht. Die Klägerin habe immer wieder Rechtsberatung und Rechtsvertretung in Anspruch genommen. Der Sachwalter sei maßgeblich am Abschluss des Scheidungsvergleichs beteiligt gewesen. Es habe Verhandlungen mit dem unterhaltspflichtigen Ehegatten gegeben, die schließlich am 17. 6. 1996 zum Abschluss eines prätorischen Vergleichs geführt hätten. Die Klägerin sei ständig von ihrem Sachwalter rechtlich beraten worden und habe von der Bestellung eines Rechtsanwalts in enormem Ausmaß profitiert. Die Bestimmung der Belohnung durch das Pflegschaftsgericht sei jedenfalls vertretbar. Auch seien die Schadenersatzansprüche verjährt, müsse sich doch die Klägerin die Kenntnis des seinerzeitigen Sachwalters von den Beschlüssen zurechnen lassen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, die Ansprüche seien nicht verjährt, weil nicht auf die faktische Kenntnis der Klägerin, sondern auf die frühestens vorhandene rechtliche Möglichkeit, ihren Schaden geltend zu machen, abzustellen sei. Der Nebenintervenient habe für die Klägerin umfangreiche Tätigkeiten entfaltet, die seiner beruflichen Tätigkeit als Anwalt zugeordnet werden könnten. Allein die Tatsache, dass ein Rechtsanwalt als Sachwalter bestellt worden sei, lege den Schluss nahe, dass dieser auch als Anwalt tätig werde. Dass das Pflegschaftsgericht das tatsächliche Vorbringen des Nebenintervenienten nicht in Zweifel gezogen habe, sei jedenfalls nicht unvertretbar, weil keine Anhaltspunkte bestanden hätten, dass die Berichte unwahr gewesen seien. Für das Jahr 1993 spreche die Errichtung eines Testaments sowie die im Bericht erwähnten Probleme wegen der Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehemanns deutlich dafür, dass der Nebenintervenient als Rechtsanwalt tätig geworden sei. Die Verrichtung der Tatsatzung zur Errichtung eines gerichtlichen Testaments sowie der Schriftverkehr, der zur Beischaffung der klinischen Bestätigung der Testierfähigkeit erforderlich war, rechtfertige eine pauschale Honorierung von S 20.000. Auch gegen die Bemessungsgrundlage von S 430.000 bestünden keine derart massiven Bedenken, dass von einer unvertretbaren Rechtsansicht auszugehen wäre. Für das Jahr 1994 habe der Nebenintervenient eine detaillierte Leistungsaufstellung vorgelegt. Diese weise einen Schriftsatz vom 14. 4. 1994, eine Kommission zum Pflegschaftsgericht sowie einen weiteren Schriftsatz von diesem Tag und ferner Kommissionen in die Wohnung der Klägerin, zum AKH und zu einer Bank sowie einen weiteren Schriftsatz aus. Angesichts der sich daraus ergebenden Honorarsumme von S 76.380 erscheine die Zuerkennung eines Betrages von S 16.666 jedenfalls nicht unvertretbar. Auch insoweit sei die Richterin nicht verhalten gewesen, die tatsächlichen Angaben des Nebenintervenienten in Zweifel zu ziehen. Gleiches gelte für die Abrechnung für das Jahr 1995. Selbst wenn man alle Briefe und Telefonate aus dieser Leistungsaufstellung abzöge, ergebe sich ein Nettobetrag von S 13.860. Es könne auch nicht angenommen werden, dass bei keinem dieser Gespräche rechtliche Fragen erörtert worden seien. Auch für dieses Jahr bleibe der zugesprochene Betrag weit unter der vom Nebenintervenienten ermittelten Honorarsumme.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei und das Verfahren erst nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses fortzusetzen sei. Dem Erstgericht sei darin zu folgen, dass die Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt seien, weil diese bis zur Umbestellung des Sachwalters ihre Rechte nicht habe wahrnehmen müssen, sondern vielmehr darauf habe vertrauen dürfen, dass ihre Interessen vom Pflegschaftsgericht gewahrt werden. Aus diesen Erwägungen könne der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, sie habe einen Rekurs gegen die Bestimmung der Belohnung des Sachwalters unterlassen und damit schuldhaft gegen § 2 Abs 2 AHG verstoßen. Ein Entgelt für besondere Fachleistungen sei dann zu bestimmen, wenn ein Sachwalter im Rahmen seines Berufs Fachleistungen erbringe, zu deren Vornahme ein über diese fachlichen Kenntnisse nicht verfügender Sachwalter einen solchen Fachmann gegen Entgelt hätte heranziehen müssen. Sei der Sachwalter Rechtsanwalt, so könne er nach diesen Grundsätzen nur für solche Leistungen, die nach ihrer Natur und Beschaffenheit nur von einem Rechtsanwalt verrichtet werden können sowie für als zweckmäßig zu wertende anwaltliche Tätigkeit Entlohnung nach dem RAT fordern. Lägen diese Voraussetzungen indes nicht vor, so sei eine Entlohnung nach dem RAT nicht berechtigt; das gelte etwa für Berichte an das Pflegschaftsgericht, für Briefe, Ferngespräche mit einem Arzt, Gespräche mit einem Kreditinstitut, für das Lesen von Beschlüssen, das Abfassen von Schreiben an den Kuranden, an Kreditinstitute und überhaupt für die rein pflegerische Tätigkeit. Diese Leistungen seien nur im Rahmen der Entscheidung über die Belohnung, die neben einer Entlohnung für besondere fachliche Leistungen zuerkannt werden könne, zu berücksichtigen. Die Führung der Sachwalterschaft erfolge grundsätzlich unentgeltlich. Nach gebundenem Ermessen des Gerichts habe der Sachwalter Anspruch auf Belohnung, wenn sich jährliche reine Einkünfte, die zumindest mitursächlich auf seine Tätigkeit zurückgehen, ergeben, jedoch nie mehr als 5 % dieser Einkünfte. Die Belohnung dürfe nicht höher sein als die im Rechnungsjahr erzielten Ersparnisse, d.h. Einkünfte nach Abzug der Verwaltungs- und Unterhaltskosten. Obwohl der Sachwalter nur Belohnung gefordert habe und ihm diese vom Gericht - ohne weitere Begründung bzw mit dem Hinweis auf den besonderen Aufwand - zugesprochen worden sei, ergebe sich aus einem Antrag für das Jahr 1994, dass er Schriftsätze verfasst und eine Gerichtskommission im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen über den Unterhalt vorgenommen habe. Die vom Gericht im Anlassverfahren herangezogene Begründung sei daher für den Zuspruch der hier in Rede stehenden Vergütung nicht ausreichend. Es sei zu beachten, dass eine unrichtige Begründung nicht durch eine andere unrichtige, aber vertretbare ersetzt werden könne, wie dies das Erstgericht getan habe. Entscheidend sei, welche Beträge das Pflegschaftsgericht dem Sachwalter nach der gegebenen Sachlage habe zusprechen dürfen, nicht hingegen, ob dies als "Entlohnung" oder "Belohnung" zu bezeichnen sei, weil nicht eine unrichtige Begründung, sondern nur ein unrichtiges Ergebnis zu einem rechnerischen Schaden führen könne. Es sei daher zu prüfen, welche Beträge dem Nebenintervenienten hätten zugesprochen werden müssen, wäre das Gericht im Anlassverfahren entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen vorgegangen (rechtmäßiges Alternativverhalten). Es seien daher jene Feststellungen zu treffen, die das Gericht im Anlassverfahren hätte treffen müssen, um über den Antrag des Nebenintervenienten entscheiden zu können. Es werde festzustellen sein, ob der Nebenintervenient die von ihm verzeichneten Barauslagen tatsächlich gehabt, ob bzw welche Fachleistungen er erbracht habe und ob ihm dann noch eine Belohnung für die Jahre 1993 und 1994 zuzuerkennen sei. Im Jahr 1995 habe der Nebenintervenient jedenfalls keinen Überschuss erzielt. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren auf Grund der getroffenen Feststellungen eine Entlohnung nach den Grundsätzen des RATG bzw AHR zu bestimmen und sodann über die Belohnung abzusprechen haben. In dem Maß, in dem die tatsächlich zugesprochenen Beträge jene Beträge überstiegen, die dem Nebenintervenienten insgesamt hätten zugesprochen werden dürfen, sei der Klägerin infolge unvertretbar unrichtiger Beschlüsse ein Schade zugefügt worden, der dann in diesem Ausmaß auch zuzusprechen sein werde.

Den dagegen erhobenen Rekursen der Beklagten und des Nebenintervenienten kommt keine Berechtigung zu. Auf die Frage der Verjährung kommen die Rekurswerber in ihren Rechtsmitteln nicht mehr zurück, sodass sich insoweit Ausführungen erübrigen.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 1 Ob 7/94 = RZ 1995/61 auf die ständige Rechtsprechung (SZ 61/231; 1 Ob 37/89; RZ 1990/111; 1 Ob 30/92) verwiesen, aus § 21 Abs 1 ABGB sei eine umfassende Fürsorgepflicht des Gerichts für Minderjährige und andere Pflegebefohlene abzuleiten. Es könne daher keine Frage sein, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Rechnungslegung und deren gerichtliche Überprüfung (§ 282 iVm § 238 und § 150 Abs 1 ABGB sowie die §§ 204 bis 206 und §§ 208 bis 215 AußStrG) Schutzgesetze zu Gunsten der dem Schutz der Gerichte anvertrauten Personen seien, deren Übertretung Amtshaftungsansprüche auslösen könne. Obgleich dieser Entscheidung die Prüfung der Rechnungslegung über das Vermögen eines Pflegebefohlenen im Sinn des § 150 Abs 1 ABGB zu Grunde lag, sind diese Erwägungen auch auf die Bestimmung der Belohnung des Sachwalters gemäß den §§ 282, 266 ABGB zu übertragen, wird doch dadurch und durch die Ermächtigung, den festgesetzten Betrag vom Konto des Pflegebefohlenen zu beheben, in dessen Vermögensrechte eingegriffen. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 503/92 - wenngleich obiter - ausgesprochen, die amtswegige Prüfung der Ansprüche des Sachwalters habe unter Bedachtnahme auf das Wohl des Leistungspflichtigen (ohne Zuziehung eines Kollisionskurators) zu erfolgen, welche Amtspflicht unter der Sanktion der Amtshaftung stehe.

Nach ständiger Rechtsprechung obliegt die Bestimmung der Belohnung des Sachwalters dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (RZ 1994/93; 6 Ob 507/92; 8 Ob 534/92; 6 Ob 572/92 ua); das wird - trotz der Neufassung des § 266 ABGB durch das KindRÄG 2001, das hier freilich noch nicht anzuwenden ist - wohl auch weiterhin zu gelten haben. Rechtswidrigkeit im Sinn des § 1 Abs 1 AHG setzt nicht notwendig einen Ermessensmissbrauch voraus, sondern kann auch in einer Ermessensüberschreitung, eine Überschreitung des dem Gericht eingeräumten Ermessensspielraums, liegen, wenn die Ermessensübung in Ausübung der richterlichen Unabhängigkeit als grob sachwidrig und unvertretbar erachtet werden muss (SZ 55/36; SZ 67/166 mwH). Eine unrichtige, jedoch vertretbare Rechtsauffassung vermag indes selbst dann keinen Amtshaftungsanspruch zu begründen, wenn die Rechtsansicht von der höheren Instanz nicht gebilligt wird. Insbesondere geht es nicht an, jede Frage, die im Ermessensrahmen zu entscheiden ist, in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozess einer neuerlichen Prüfung wie in einem Rechtsmittelverfahren zu unterziehen. Zu prüfen ist lediglich, ob die Entscheidung bzw das Verhalten auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruht. Nur die Abweichung von einer klaren Gesetzeslage oder ständigen Rechtsprechung, die nicht erkennen lässt, dass sie auf einer sorgfältigen Überlegung beruht, wird regelmäßig als Verschulden anzusehen sein (RdW 2001, 148; RIS-Justiz RS0049955). Entgegen der vom Berufungsgericht offenkundig vertretenen Rechtsansicht kommt es daher in dem hier zu entscheidenden Fall allein darauf an, ob die Bestimmung der Belohnung (Entlohnung) des Sachwalters in der festgestellten Höhe jeweils auf Grund der noch darzustellenden Gesetzeslage vertretbar war. Die Begründung des Beschlusses durch das Pflegschaftsgericht ist dagegen so lange nicht schädlich, als nicht im dargestellten Sinn von einer klaren Gesetzeslage oder ständigen Rechtsprechung abgewichen wurde.

Gemäß § 266 ABGB in der bis 30. 6. 2001 in Geltung gestandenen, hier aber maßgeblichen Fassung konnte das Gericht emsigen Vormündern aus den in Ersparung kommenden Einkünften eine verhältnismäßige jährliche Belohnung zuerkennen; doch durfte diese Belohnung nie mehr als 5 vH der reinen Einkünfte betragen. Gemäß § 282 ABGB in der bis 30. 6. 2001 in Geltung gestandenen Fassung waren die Bestimmungen für den Vormund, soweit nicht anderes bestimmt ist, auch für die Rechte und Pflichten des Sachwalters (Kurators) maßgebend. Auch die hier zu beurteilende Belohnung des Klägers für seine Tätigkeit als Sachwalter war daher vom Pflegschaftsgericht nach § 266 ABGB (in der damals geltenden Fassung) festzusetzen. Diese Gesetzesstelle ordnete eine zweifache Begrenzung des Anspruchs des Sachwalters an: Einerseits durfte die Belohnung nicht höher sein als die "in Ersparung kommenden Einkünfte"; konnten Ersparnisse in diesem Sinn erzielt werden, so durfte die gewährte Belohnung andererseits jedoch nie mehr als 5 % der reinen Einkünfte, d.h. der Einkünfte nach Abzug der Verwaltungskosten, aber ohne Abzug der Unterhaltskosten betragen (Knell, Kuratoren, 230; Schlemmer in Schwimann, ABGB2 § 266 Rz 2). Was die erstgenannte Begrenzung betrifft, war das Gesetz insoweit unklar gefasst, als es keine Aussage darüber enthielt, für welchen Zeitraum die "in Ersparung kommenden Einkünfte" zu veranschlagen sind. Nach Ansicht der soeben genannten Autoren kam es auf die im Rechnungsjahr erzielten Ersparnisse an, bei deren Ermangelung der jährliche Belohnungsanspruch nicht habe entstehen können. Sie leiten diese - auch von der Klägerin vorgetragene - Auffassung aus § 267 ABGB (in der Fassung vor dem KindRÄG) ab, nach dem dem Vormund, wenn das Vermögen des Minderjährigen so gering war, dass sich wenig oder nichts in jährliche Ersparung bringen ließ, wenigstens am Ende der Vormundschaft eine angemessene Belohnung erteilt habe werden sollen. Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage - soweit überblickbar - noch nicht Stellung genommen. Folgte man dieser Rechtsansicht, so hieße das, dass der Sachwalter eines Pflegebefohlenen, der zwar über ein hohes Barvermögen verfügte, jedoch nur geringe Einkünfte hatte, trotz emsiger Tätigkeit niemals eine jährliche Belohnung hätte erhalten können. Nun wurde zwar - zur Rechtslage vor dem KindRÄG - in Lehre und Rechtsprechung die Übernahme des Amtes eines Kurators als eine im Regelfall mit Mühen und Lasten, keinesfalls aber als eine mit materiellen Vorteilen verbundene Bürgerpflicht aufgefasst, sodass der Kurator bzw Sachwalter grundsätzlich keinen Anspruch auf Entlohnung gehabt habe (NZ 1967, 172; EvBl 1968/208; Schlemmer aaO § 266 Rz 1; Stabentheiner in Rummel ABGB3 §§ 264 bis 267 Rz 1 - anders nach der neuen Rechtslage [vgl RV 296 BlgNR 21. GP, 78]), es kann jedoch nicht unterstellt werden, der Gesetzgeber habe bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Belohnung ein zumindest sachlich nicht leicht begründbares Ergebnis wie im vorgenannten Beispiel herbeiführen wollen. Der gewiss dunkle § 266 ABGB (aF) konnte deshalb vertretbarer Weise (auch) so verstanden werden, dass das Barvermögen des Pflegebefohlenen bei der Bemessung eines Belohnungsanspruchs des Sachwalters zu berücksichtigen war, wenn es deshalb erhalten blieb, weil der Unterhalt des Pflegebefohlenen aus dessen Einkünften bestritten worden war. Ebenso vertretbarer Weise durfte vom Pflegschaftsgericht angenommen werden, dass es nicht allein auf die in dem Jahr, für das die Belohnung festzusetzen war, erzielten Ersparnisse ankam; der gegenteilige Schluss lässt sich nicht unmittelbar durch das Gesetz rechtfertigen und führte auch häufig zu zufallsbestimmten Ergebnissen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass dem Pflegebefohlenen - wie hier - der größte Teil seiner Einkünfte zur freien Verfügung überlassen wurde, sodass er es in der Hand gehabt hätte, durch Sparsamkeit oder großzügige Lebensführung das Entstehen des Belohnungsanspruchs des Sachwalters zu beeinflussen. Gegen die Vertretbarkeit dieser Rechtsansicht spricht auch nicht der erste Halbsatz des § 267 ABGB in dessen früherer Fassung, nach dem (nur) am Ende der Vormundschaft eine angemessene Belohnung gebührte, wenn das Vermögen des Minderjährigen so gering war, dass sich wenig oder nichts in jährliche Ersparung bringen ließ. Ausgehend vom Zweck dieser Bestimmung, dem Pflegebefohlenen ein zureichendes Auskommen zu sichern, lässt sich die Wendung "jährliche Ersparung" ohne weiteres (auch) dahin verstehen, dass in jenem Jahr, in dem die Belohnung bestimmt wird, ausreichendes Vermögen (einschließlich der Einkünfte) vorhanden sein muss. Ein Hinweis darauf, die "Ersparung" hätte gerade in dem fraglichen Jahr erfolgen müssen, ließ sich dem Gesetz jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit entnehmen.

Folgt man dieser Auffassung, so ist das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 (BGBl I Nr 135/2000), das gemäß seinem Artikel XVIII mit 1. Juli 2001 in Kraft getreten ist, nur eine kontinuierliche Fortentwicklung. Nach § 266 Abs 1 ABGB in dessen Fassung gebührt der mit der Obsorge betrauten Person unter Bedachtnahme auf Art und Umfang ihrer Tätigkeit eine jährliche Entschädigung, soweit dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes nicht gefährdet wird. Nach Abs 2 beträgt diese Entschädigung - soweit das Gericht nicht aus besonderen Gründen eine geringere Entschädigung für angemessen findet - 5 vH sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und Abgaben. Übersteigt der Wert des Vermögens des minderjährigen Kindes S 130.000, so kann das Gericht überdies pro Jahr bis zu 2 vH des Mehrbetrags als Entschädigung gewähren, soweit sich die mit der Obsorge betraute Person um die Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen des Kindes besonders verdient gemacht hat.

Auch nach der hier noch anzuwendenden Fassung des § 266 ABGB richtet sich die Höhe der Belohnung - steht sie erst einmal infolge vorhandener Ersparnisse dem Grunde nach zu - nach der Höhe der "reinen Einkünfte", d.h. der Einkünfte nach Abzug der Verwaltungskosten, aber ohne Abzug der Unterhaltskosten (Knell aaO; Schlemmer aaO). Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren ein im Sinne obiger Ausführungen den Belohnungsanspruch rechtfertigendes Vermögen feststellen, so könnte nach den schon getroffenen Feststellungen die Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstgrenze von 5 % der reinen Einkünfte, das ist hier die Summe der der Klägerin jährlich zukommenden Unterhaltsleistungen, nicht als grob unrichtig angesehen werden.

Neben der nach den dargestellten Kriterien zu ermittelnden Belohnung steht dem Sachwalter aber auch noch ein Entlohnungsanspruch für rechtsanwaltliche Tätigkeiten zu. Ein zum Sachwalter bestellter Rechtsanwalt kann für gerichtliche Eingaben und Verhandlungen, für die Abfassung von Urkunden udgl. eine nach dem Rechtsanwaltstarif zu bemessende Vergütung unter der Voraussetzung fordern, dass sich auch ein anderer Kurator für Rechnung des Pflegebefohlenen der Hilfe eines Rechtsanwalts hätte bedienen dürfen. Richtungsweisend für die Beurteilung der Berechtigung eines derartigen Anspruchs werden deshalb die im Wirtschaftsleben bei der Verwaltung fremden Vermögens im Regelfall beobachteten Gepflogenheiten sein. Maßgebend ist, ob diese Leistungen bei objektiver Beurteilung im Zeitpunkt ihrer Erbringung als zweckmäßig qualifiziert werden können (EvBl 1968/208; Gitschthaler, Kosten im Sachwalterbestellungsverfahren, RZ 1985, 122, hier: 124). Dieser von Lehre und Rechtsprechung entwickelte Grundsatz ist im Übrigen nunmehr in § 267 Abs 1 ABGB idF Kindrechts-Änderungsgesetz 2001 verankert, nach dem die mit der Obsorge betraute Person einen Anspruch auf angemessenes Entgelt hat, wenn sie für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten übertragen werden müsste, ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nützt.

Angesichts dieser nunmehr auch im Gesetz selbst verankerten und von den Vorinstanzen berücksichtigten Honorierung anwaltlicher Tätigkeit kann keine Rede davon sein, dass freiberufliche Tätigkeit in unzulässiger Weise diskriminiert würde und insoweit eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen wäre. Dass für nicht anwaltliche Tätigkeit eine Entlohnung nach dem RATG oder den AHR nicht stattfinden kann, ergibt sich bereits aus § 1 RATG und den §§ 1, 4 AHR. Jede andere Auffassung würde zu einer groben Ungleichbehandlung von Personen, die zu Sachwaltern bestellt werden und nicht Rechtsanwälte sind, führen.

Es bedarf somit - wie vom Berufungsgericht insoweit zutreffend dargestellt - konkreter Feststellungen, welche Tätigkeiten des Nebenintervenienten als anwaltlich zu werten waren. Bei der sodann vorzunehmenden Honorarberechnung nach den Bestimmungen des RATG oder - für die dort nicht geregelten Materien (wie etwa die Testamentserrichtung) - der AHR wird allerdings jeweils die konkrete, durch die jeweilige Tätigkeit betroffene Bemessungsgrundlage zu ermitteln und zu Grunde zu legen sein.

Den Rekursen ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Der Antrag des Nebenintervenienten, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen, ist zurückzuweisen. Nach ständiger Rechsprechung steht den Parteien kein verfahrensrechtlicher Anspruch auf die Vorlage einer Frage an den EuGH zu (RIS-Justiz RS0058452).

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