OGH 1Ob37/89

OGH1Ob37/8929.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1./Hermann S***, Schilehrer, Sölden 467, 2./Vinzenz S***, Schilehrer, Sölden, Vent 28, 3./Max S***, Hilfsarbeiter, Umhausen, Köfels 9, 4./Philipp S***, Schmied, Fulpmes, Ruetzbach-Umgebung 18 a, 5./Helena G***, Hausfrau, Sölden, Heiligkreuz 14, 6./Johanna S***, Hausfrau, Innsbruck, Höttinger Au 54, und 7./Rosa B***, Hausfrau, Paris 75, 7 Rue Babette 3e, alle vertreten durch Dr. Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in Tels, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 204.526,13 sA infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 27.April 1989, GZ 2 R 57/89-16, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.November 1988, GZ 6 Cg 458/87-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit je S 9.369,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Den Klägern wurde die Verlassenschaft nach dem am 23.6.1986 verstorbenen Franz S*** zu je einem Siebentel rechtskräftig eingeantwortet. Mit Vertrag vom 6.8.1971 hatte der Erblasser die Liegenschaften EZ 43 I, ua mit dem Wohnhaus Sölden 54, und EZ 59 II sowie einen Fünftelanteil an der Liegenschaft EZ 580 II mit einem Elektrizitätswerk, alle KG Sölden, seinem Neffen Stefan G*** übergeben. Punkt IV Punkt 2 des Vertrages lautet:

"Stefan G*** räumt hiemit seinem übergebenden Onkel Franz S*** das lebenslange unentgeltliche Recht der Wohnung im bisherigen Zimmer im 1.Stock des Hauses Sölden Nr.54 (Bp.155) sowie das Benützungsrecht von Stube, Küche und Nebenräumen, alles bei freier Beheizung und Beleuchtung ein.

Der Übernehmer beabsichtigt, das Haus Nr.54 abzureißen und an dessen Stelle einen Neubau zu errichten. Für diesen Fall steht dem Übergeber anstelle des Wohnungsrechtes im alten Haus Nr.54 das lebenslange unentgeltliche Wohnrecht im Neubau und zwar in einem Zimmer nach Wahl des Übergebers sowie das Mitbenützungsrecht von Stube, Küche und Nebenräumen, alles bei freier Beheizung und Beleuchtung, zu. Weiters verpflichtet sich Stefan G***, dem Übergeber für dessen Lebensdauer die seinem jeweiligen Gesundheitszustand entsprechende volle ortsübliche Verpflegung entweder am gemeinsamen Tisch oder über Wunsch des Berechtigten auch in dessen Zimmer zu verabreichen, im Krankheitsfalle für die erforderliche Pflege aufzukommen, soweit nicht Krankenhausaufenthalt erforderlich ist, die Kosten für Arzt, Medikamente und Krankenhausaufenthalt sowie die seinerzeitigen Todfallskosten zu bezahlen, soweit diese Kosten nicht von der Versicherung vergütet werden....".

Tatsächlich wurde in der Folge auf der Liegenschaft EZ 43 I KG Sölden für den Übergeber die Reallast des Ausgedinges gemäß Punkt IV Punkt 2 des Übergabsvertrages einverleibt. Im Versteigerungsverfahren E 40/81 des Bezirksgerichtes Silz wurden die Liegenschaften dem betreibenden Gläubiger Eugen S*** am 18.1.1982 um das Meitbot von S 425.000 zugeschlagen; die Ausgedingsverpflichtung ist auf den Ersteher übergegangen. Unmittelbar nach dem Versteigerungstermin bewog Eugen S*** den Erblasser zu einer Vereinbarung, die die Ablösung des Ausgedinges um den Betrag von S 200.000 zum Inhalt hatte. Diese Vereinbarung unterfertigte der Erblasser am 20.1.1982 beim Bezirksgericht Silz. Diesen Vorgang teilte Hermann S***, einer der Brüder des Erblassers, dem Pflegschaftsrichter in Silz mit und stellte den Antrag, seinen Bruder wegen Geistesschwäche beschränkt zu entmündigen, weil dieser nicht in der Lage sei, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten gehörig zu besorgen. Mit Beschluß vom 20.12.1982 gab das Bezirksgericht Silz diesem Antrag statt und bestellte zunächst den Antragsteller zum Beistand, obwohl sich der Erblasser dagegen ausgesprochen hatte. Schon am 11.2.1983 beantragten der Erblasser und sein Beistand gemeinsam die Aufhebung der beschränkten Entmündigung und hilfsweise die Bestellung des Karl R*** zum Beistand. Darauf enthob das Bezirksgericht Silz mit Beschluß vom 18.7.1983 Hermann S*** seines Amtes und bestellte Karl R*** zum neuen Beistand. Noch am selben Tag berichtete dieser dem Pflegschaftsgericht, der Erblasser sei nicht mehr aktiv als Schilehrer tätig, sondern beziehe seit Herbst 1982 von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Invaliditätspension von etwas mehr als S 3.000, die unmittelbar an diesen ausbezahlt werde. Der Beistand schlug vor, hievon dem Erblasser monatlich ein Taschengeld von S 800 in Teilbeträgen zu überlassen, den Restbetrag auf ein Sparbuch einzuzahlen und von diesen Ersparnissen die laufenden Auslagen für die Bekleidung zu bestreiten und das verbleibende Geld für sonstige dringende Bedürfnisse zu verwenden. Diesen Vorschlag genehmigte das Pflegschaftsgericht. Der Beistand nahm zur Kenntnis, daß er jährlich im Oktober über die Verwendung der Pension Rechnung zu legen habe. Am 20.10.1983 berichtete der Beistand dem Pflegschaftsgericht, er habe sich persönlich überzeugt, daß der Erblasser im Haus des Eugen S*** bestens betreut und verpflegt werde; der Erblasser habe ihm gegenüber geäußert, daß es ihm gut gehe. Der Erblasser beziehe von der PVA der Angestellten eine Pension von monatlich S 3.748,30 einschließlich der Ausgleichszulage; diese Pension werde zur Bestreitung der Verpflegskosten und als Taschengeld verwendet. Die von ihm vorgeschlagene und vom Gericht genehmigte Verwendung der Pensionsbezüge sei nicht möglich gewesen, weil die Pension nach wie vor dem Erblasser überwiesen werde. Der Beistand schlug vor, die Pension weiterhin dem Erblasser zu belassen. Wenig später ersuchte er aber das Pflegschaftsgericht, die PVA anzuweisen, die Pension in Hinkunft an ihn auszuzahlen. Er schlug vor, die Pension Eugen S*** oder dessen Frau Rosmarie zur Bestreitung der Unterhaltsauslagen einschließlich der Bekleidungskosten auszufolgen. Er habe mit Rosmarie S*** bereits ausgehandelt, für unvorhergesehene Fälle, insbesondere die Kosten eines Krankenhausaufenthaltes, soweit sie nicht von der Sozialversicherung zu tragen seien, ein Sparbuch mit einem Anfangsstand von S 30.000 anzulegen. Er werde dem Gericht bis 10.11.1983 mitteilen, daß dieses Sparbuch zugunsten des Erblassers angelegt sei. Selbstverständlich müsse nun die Familie des Eugen S*** auch für die Bekleidungsauslagen des Erblassers aufkommen. Der Beistand werde sich davon überzeugen, daß dem Erblasser - so wie bisher - nichts abgehe. Diesen Bericht genehmigte das Pflegschaftsgericht.

Am 20.10.1983 ersuchte das Bezirksgericht Silz die PVA, die Pensionsbezüge an den Beistand zu überweisen. Am 21.10.1983 teilte Rosmarie S*** dem Pflegschaftsgericht mit, es sei nicht möglich, sofort ein Sparbuch mit einem Einlagestand von 30.000 S als Reserve für unvorhergesehene Fälle anzulegen. Der Beistand werde aber ab 1.11.1983 monatlich einen Beitrag von S 700 auf ein Sparbuch einlegen, um so die geplante Reserve zu bilden.

Am 8.11.1984 teilte der Beistand dem Pflegschaftsgericht mit, der Erblasser befinde sich derzeit vermutlich wegen eines Lungenleidens im Landeskrankenhaus Innsbruck, er werde ihn noch heute abholen. Seiner Gesundheit gereiche es zum Nachteil, daß er unbeweglich und apathisch sei und auch den Tag über meist liegend zubringe. Nur zum Essen verlasse er das Haus, weil er nun im neuen Haus des Eugen S*** ein Appartement bewohne, jedoch im alten Haus verpflegt werde. Er könne sich aber, wenn er nur wolle, auch in der Wohnstube im alten Haus aufhalten, so daß es ihm an Kontaktmöglichkeiten nicht fehle. Auch die Behandlung sei einwandfrei. Der Pensionsbezug betrage monatlich S 3.920. Da zu befürchten sei, daß der Erblasser zum Pflegefall werde, habe der Beistand für ihn um den Hilflosenzuschuß angesucht. Die Pension werde an den Beistand ausbezahlt; er lege hievon S 700 auf ein Sparbuch ein und folge dem Erblasser ein Taschengeld von S 800 aus. Den restlichen Betrag überlasse er Eugen S***. Diesem könne auch der Hilflosenzuschuß überlassen werden, weil dessen Belastungen durch den Pflegefall naturgemäß ansteigen würden. Der Beistand schlug vor, diese Regelung auch im Rahmen der Sachwalterschaft beizubehalten. Mit Beschluß vom 8.11.1984 wurde der Bericht des Sachwalters genehmigt und dessen Wirkungsbereich in der Weise festgelegt, daß er alle Angelegenheiten des Erblassers zu besorgen habe. Im September 1985 hielt das Pflegschaftsgericht im Akt fest, daß der Bericht für das Jahr 1985 entfalle.

Am 8.11.1984 war dem Erblasser ein Hilflosenzuschuß von etwas mehr als monatlich S 2.000 zuerkannt worden; dieser stieg bis Juni 1986 auf monatlich S 2.345 an. Zuletzt betrug die Pension monatlich S 3.608,30 zuzüglich einer Ausgleichszulage von S 714,30. Der monatliche Nettobezug belief sich unter Einschluß des Hilflosenzuschusses auf S 6.467,60. Zum 17.6.1986 betrug der Einlagestand des vom Sachwalter angelegten Sparbuches S 23.321,62. Im Krankenhaus Innsbruck, wo der Erblasser verstarb, befand sich im Zeitpunkt seines Todes ein Bargeldbetrag von S 935,40. Die Kläger begehrten mit ihrer Amtshaftungsklage die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von je S 29.218,02 sA an sie. Die Pension des Erblassers sei mit Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht mit Ausnahme eines monatlichen Taschengeldes von S 800 und monatlicher Einzahlungen von S 700 auf ein für ihn angelegtes Sparbuch den Ausgedingsverpflichteten überlassen worden, obwohl es im Interesse des Erblassers gelegen wäre, auch seine restlichen Bezüge auf ein Sparbuch einzulegen; daraus sei ein Schaden von S 204.526,13 entstanden. Diese Beträge müßten von den Ausgedingsverpflichteten zwangsläufig widmungswidrig verwendet worden sein.

Die beklagte Partei wendete ein, der Sachwalter habe dem Pflegschaftsgericht vorgeschlagen, die Pension den Ausgedingsverpflichteten zu überlassen, weil der Erblasser von diesen bestens versorgt und betreut werde. Dies sei vom Pflegschaftsgericht genehmigt worden; hierin liege eine Ermessensentscheidung, aus welcher kein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden könne. Die Erben des Kuranden seien vom Schutzzweck der Norm nicht umfaßt. Außerdem sei die Pension zum Vorteil des Erblassers dazu verwendet worden, die Ausgedingsverpflichtung übersteigende und von dieser daher nicht gedeckte Aufwendungen zu tätigen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit je S 5.714,30 sA statt und wies das Mehrbegehren von je S 23.503,72 sA ab.

Es stellte fest: Der Pflegschaftsrichter Dr. Karl E*** habe zwar zunächst gegen die von Eugen S*** beabsichtigte Ablösung des Ausgedingsrechtes des Erblassers Bedenken gehegt, habe sich dann aber doch dazu bewegen lassen, den das Taschengeld (monatlich S 800) und den Vorsorgebetrag (monatlich S 700) übersteigenden Pensionsbezug Eugen S*** zu überlassen, weil ihm daran gelegen gewesen sei, dem Erblasser auf diesem Wege einen möglichst angenehmen Lebensabend zu sichern. Ihm sei dabei bewußt gewesen, daß nicht der gesamte Mehrbetrag dem Erblasser zufließen würde. Tatsächlich sei der restliche Bezug dem Erblasser nicht zur Gänze unmittelbar zugekommen. Rosmarie S*** habe aber für den Erblasser Tabakwaren gekauft und ihm besondere über die fünf täglichen Mahlzeiten am Familientisch hinausgehende Essenswünsche erfüllt. Auf Ausflügen hätten die Eheleute S*** den Erblasser mitgenommen und ihn dabei auch zum Essen eingeladen; solche Ausflüge hätten jährlich etwa fünf- oder sechsmal stattgefunden. An Sonntagen seien die Eheleute S*** sehr häufig mit dem Erblasser in Sölden auswärts essen gegangen. 1983 habe Eugen S*** das alte Haus, in dem der Erblasser zunächst gewohnt habe, abgerissen und an dessen Stelle ein Appartementhaus errichtet. Dort sei dem Erblasser ein Appartement mit Fließwasser, Dusche, WC, Fernseher, Kühlschrank und Kochstelle eingerichtet worden. Dieser sei - auch in bezug auf die Betreuung - sehr glücklich und zufrieden gewesen und habe diese Einrichtung sehr genossen. Der Sachwalter habe nicht im Detail geprüft, wi der restliche Pensionsbezug verwendet wurde; dies sei vom Pflegschaftsgericht auch nicht verlangt worden. Rechtlich meinte das Erstgericht, das Pflegschaftsverfahren diene dem Schutz des Pflegebefohlenen. Es sei zunächst vertretbar gewesen, den Eheleuten S*** den restlichen Pensionsbezug zu überlassen, weil damit dem Erblasser eine das im Übergabsvertrag festgelegte Ausmaß übersteigende Versorgung gesichert worden sei. Ab Gewährung des Hilflosenzuschusses im November 1984 sei der Restbetrag aber derart angestiegen, daß dessen vollständige Überlassung an die Eheleute S*** nicht mehr zu rechtfertigen gewesen sei. Auch wenn sich der Gesundheitszustand des Erblassers erheblich verschlechtert habe, sei doch zu berücksichtigen, daß Eugen S*** auf Grund des Übergabsvertrages auch für die erforderliche Pflege im Krankheitsfall aufzukommen gehabt hätte. Daß eine dieses Maß übersteigende Pflege erforderlich gewesen und auch ausgeführt worden sei, habe die beklagte Partei weder behauptet noch bewiesen. Es hätte daher vom November 1985 bis Juni 1986 - also 20 Monate hindurch - vom Bezug ein weiterer Betrag von jeweils S 2.000 für Notfälle zurückgelegt werden müssen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Bei der mit Wirksamkeit vom 1.7.1984 in eine Sachwalterschaft gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB übergegangenen beschränkten Entmündigung sei zufolge der §§ 282, 230 ABGB das nicht dem Gesetz entsprechend für besondere Zwecke zu verwendende Mündelgeld unverzüglich sicher und möglichst fruchtbringend auf im Gesetz näher bestimmte Weise anzulegen. Zu den besonderen Zwecken gehöre nach § 149 Abs 2 ABGB der Unterhalt. Eine mündelsichere Anlegung der Pension des Erblassers sei daher insoweit nicht geboten gewesen, als sie ordnungsgemäß für Unterhaltszwecke verwendet wurde. Schutzobjekt dieser Bestimmungen sei nur der Pflegebefohlene. Zu deren Schutzzweck gehöre es nicht, den Erben des Pflegebefohlenen den ungeschmälerten Erwerb seines Vermögens zu verschaffen. Grundsätzlich sei nur der unmittelbar Geschädigte berechtigt, Schadenersatz zu verlangen. Die Erben könnten als Gesamtrechtsnachfolger des geschädigten Erblassers soweit Schadenersatz begehren, als dies auch der Erblasser hätte verlangen können. Der restliche Pensionsbezug sei zwar nicht zur Gänze dem Erblasser zugeflossen, doch sei der Mehrbetrag auch keineswegs zur Gänze von Eugen S*** ohne Gegenleistung vereinnahmt worden. Dem Erblasser sei eine wesentlich bessere Unterbringung als im Übergabsvertrag vorgesehen zuteil geworden, weil ein zeitgemäßes Appartement als geschlossene Einheit als wesentlich bessere Unterkunft als ein Zimmer mit dem Recht zur Mitbenützung irgendwelcher im Haus vorhandener Sanitärräumlichkeiten angesehen werden müsse. Der Erblasser sei ferner von den Eheleuten S*** auf Ausflüge mitgenommen und dabei zum Essen eingeladen worden. Auch seien diese mit dem Erblasser sonntags oft auswärts essen gegangen. Wenn Eugen S*** auch zur Verköstigung des Erblassers verpflichtet gewesen sei, sei doch üblicherweise mit der Einladung ins Gasthaus der Genuß eines besseren als eines bloßen Alltagsessens verbunden. Einladungen zu Ausflügen und ins Gasthaus sowie die Erfüllung weiterer Essenswünsche und die Besorgung von Tabakwaren gingen über die vertraglichen Versorgungspflichten hinaus. Damit sei schon ein Teil des Eugen S*** zugeflossenen Geldes doch letztlich dem Erblasser zugute gekommen. In welchem Umfang der Pensionsmehrbezug dem Erblasser materiell zugute gekommen sei, könne auf Grund der Beweisergebnisse auch nicht annähernd ermittelt werden. Dem Begehren müsse schon deshalb ein Erfolg versagt bleiben, weil den Klägern der Beweis der Höhe des materiellen Schadens nicht gelungen sei und, da Anhaltspunkte überhaupt fehlten, eine Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO nicht in Betracht komme. Es sei aber auch zu bedenken, daß die Leistungen der Eheleute S*** nicht bloß am Materiellen zu messen seien. Das Bestreben des Pflegschaftsrichters, dem Erblasser einen möglichst angenehmen Lebensabend zu sichern, sei bei den Eheleuten S*** offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen. Sie hätten den Erblasser über das gebotene Maß hinaus betreut und ihm durch Überlassung einer besseren Unterkunft ein angenehmes Leben ermöglicht. Deshalb sei der Erblasser sehr glücklich und zufrieden gewesen und habe auch die Einrichtung des Appartements sehr genossen. Dieses den Erblasser begünstigende Verhalten der Eheleute S*** sei nicht zuletzt auch durch die Überlassung des restlichen Pensionsbezuges gefördert worden. Welcher finanzieller Gegenwert diesen Leistungen beizumessen sei, lasse sich nur schwer bestimmen. Beziehe man diesen nicht materiellen Bereich in die Schadensbeurteilung mit ein, könne die Frage, ob dem Erblasser überhaupt ein Schaden zugefügt wurde, jedenfalls nicht beantwortet werden. Ein Amtshaftungsanspruch sei dann zu verneinen, wenn die Entscheidung des Organes des belangten Rechtsträgers auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt beruht. Der Erblasser sei ein bereits älterer Mensch gewesen, für dessen künftige finanzielle Bedürfnisse - abgesehen vom Ausgedinge - durch die Pension bis zu seinem Lebensende gesorgt gewesen sei. Die Ansicht des Pflegschaftsgerichtes, einen Teil der Pension den Pflegepersonen zufließen zu lassen, um sie zu einer über ihre Vertragspflichten hinausgehenden Obsorge zu bewegen, sei zumindest vertretbar gewesen, solange sich - wie im vorliegenden Fall - keine besonderen aus der Pension zu bestreitenden Aufwendungen als notwendig erwiesen. Das Erstgericht sei ferner davon ausgegangen, Eugen S*** habe nach dem Übergabsvertrag auch für die erforderliche Pflege im Krankheitsfall aufkommen müssen, und habe offenbar gemeint, daß der durch die Pflegebedürftigkeit erforderliche Mehraufwand für den Erblasser schon deshalb von Eugen S*** zu tragen gewesen sei. Im Übergabsvertrag sei die Verpflichtung des Übernehmers, im Krankheitsfall für die erforderliche Pflege aufzukommen, jedoch auf Leistungen beschränkt gewesen, "soweit diese Kosten nicht von der Versicherung vergütet werden". Damit seien offenbar Leistungen aus der Sozialversicherung gemeint gewesen. Im Umfang der sozialversicherungsrechtlichen Leistungen sei Eugen S*** daher von den ihn sonst treffenden vertraglichen Verpflichtungen frei. Sei der Hilflosenzuschuß daher bestimmungsgemäß dazu verwendet worden, um die durch die Pflegebedürftigkeit des Erblassers bedingten Mehraufwendungen zu bestreiten, so sei dies nichts anderes als die Vergütung dieser Mehrkosten durch die Sozialversicherung im Sinne der genannten Bestimmung des Übergabsvertrages. Die Überlassung des Hilflosenzuschusses an die Pflegepersonen sei daher nicht rechtswidrig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Da das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil im Ausspruch über die Abweisung eines Teils des Begehrens jedes einzelnen der Kläger im Betrag von S 23.503,72 bestätigt und nur im Ausspruch über die Stattgebung eines Teilbegehrens jedes der Kläger von S 5.714,30 abgeändert hat, hängt die Zulässigkeit der von den Klägern erhobenen Revision zunächst davon ab, ob die in ihrer Klage gemeinsam geltend gemachten (Amtshaftungs-)Ansprüche zusammenzurechnen sind (§ 502 Abs 2 Z 2 und Abs 3 erster Satz ZPO). Diese Frage ist zu bejahen, weil mehrere Miterben, die gemeinsam eine aus dem Nachlaß erworbene Forderung einklagen, als materielle (aktive) Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO anzusehen (Fasching Komm II 182 mwN) und ihre Ansprüche somit gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen sind (Petrasch in ÖJZ 1985, 295). Gegenstand des Rechtsstreits ist auch die Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, weil zur Frage, inwieweit die beklagte Partei für die Überlassung von Mündelgeldern an Pflegepersonen einzustehen hat, soweit überblickbar, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Die Revision ist deshalb zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat

(EvBl 1989/88), ist aus § 21 Abs 1 ABGB eine umfassende Fürsorgepflicht des Gerichtes für Minderjährige und sonstige Pflegebefohlene abzuleiten. Die Aufgabe des Pflegschaftsgerichtes besteht nicht nur darin, die Gesetzmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der vom gesetzlichen Vertreter getroffenen oder in Aussicht genommenen Maßregeln zu prüfen; es kann bindende Weisungen auch für Geschäfte erteilen, die nicht schon zu ihrer Gültigkeit seiner Einwilligung bedürfen. Das Pflegschaftsgericht hat deshalb innerhalb seines Aufgabengebietes für das Wohl der seinem Schutz anvertrauten Personen und deren Interessen in jeder Weise Sorge zu tragen; es hat insbesondere auch die Amtsführung des gesetzlichen Vertreters sorgfältig zu überwachen bzw diesen unverzüglich seines Amtes zu entheben, wenn er pflichtwidrig vorgeht.

Zutreffend hat das Berufungsgericht die die Fürsorgepflicht des Pflegschaftsgerichtes regelnden gesetzlichen Bestimmungen als Schutzgesetze beurteilt, deren Übertretung nur dann Schadenersatzansprüche auslösen kann, wenn der geltend gemachte Schaden gerade von dieser Verhaltensnorm ihrem Schutzzweck zufolge verhindert werden sollte. Der Schutzzweck entscheidet auch darüber, wessen Schäden ersatzfähig sind; grundsätzlich sind nur jene Personen ersatzberechtigt, deren Schutz von einer konkreten Verhaltensnorm bezweckt wird (Koziol-Welser8 I 465 mwN; Zum Amtshaftungsrecht Loebenstein-Kaniak, AHG2 123 ff mwN). Schutzzweck der Bestimmungen über die Fürsorgepflicht des Pflegschaftsgerichtes ist die Sicherung des Pflegebefohlenen vor Nachteilen für seine Person und sein Vermögen. Daher ist nur dieser und sind nicht auch dessen Erben geschützt. Diese können daher aus einer durch eine Verletzung der pflegschaftsgerichtlichen Fürsorgepflicht verursachten Schmälerung des ihnen zufallenden Erbteiles mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges keine Ersatzansprüche gegen den Rechtsträger ableiten. Die Kläger bleiben demnach auf Amtshaftungsansprüche beschränkt, die schon dem Erblasser aus Verstößen gegen die Fürsorgepflicht des Pflegschaftsgerichtes erwachsen waren; nur solche können sie gegen die beklagte Partei als Gesamtrechtsnachfolger geltend machen.

Nach Punkt IV 2 des Übergabsvertrages war der Übernehmer - abgesehen von dem dort vorgesehenen Wohnungsrecht - zur vollen ortsüblichen Verpflegung, im Krankheitsfall zur erforderlichen Pflege des Übergebers sowie zur Tragung der Kosten medizinischer Betreuung verhalten, "soweit diese Kosten nicht von der Versicherung vergütet werden". Das Berufungsgericht hat diese Einschränkung der Vertragspflichten des Übernehmers, wie auch von den Klägern nicht bezweifelt wird, mit Recht auf die Leistung aus der gesetzlichen Sozialversicherung, die wohl ohnehin gemeint war, ausgedehnt. Leistete der Sozialversicherungsträger einen Hilflosenzuschuß zur Abdeckung der mit der "Pflegebedürftigkeit" des Erblassers verbundenen Mehraufwendungen, so war der Übernehmer von seiner Pflicht, für die erforderliche Pflege zu sorgen, insoweit frei. Die Überlassung des Hilflosenzuschusses an den Ausgedingsverpflichteten bzw dessen Ehegattin, die die vermehrte erforderliche Pflege sicherzustellen und die damit verbundenen Mehraufwendungen zu bestreiten hatten, war damit nicht rechtswidrig. Aber auch sonst hat das Berufungsgericht den Amtshaftunganspruch der Kläger zu Recht verneint.

Gemäß § 282 ABGB sind die Bestimmungen für den Vormund auch für das Amt des Sachwalters maßgebend; dieser hat die erforderliche Personensorge für die ihm anvertraute Person, besonders auch deren ärztliche und soziale Betreuung, sicherzustellen, soweit das Gericht nichts anderes bestimmt. Der Aufgabenbereich des Sachwalters und des Pflegschaftsgerichtes ist sogar vorwiegend die umfassende Fürsorge für den Pflegebefohlenen und umfaßt nur in diesem Zusammenhang auch die Sicherung seines Vermögens (vgl EvBl 1987/132). Das Pflegschaftsgericht ist in Erfüllung seiner Aufgabe dem Vorschlag des Sachwalters, den ohnehin sehr bescheidenen restlichen Pensionsbezug den Pflegepersonen trotz der vertraglichen Alimentationsverpflichtung des Übernehmers zu überlassen, mit Recht aus der Erwägung beigetreten, daß es dem Wohl des bereits schwer kranken Erblassers am besten entsprach, wenn diesem so ein möglichst angenehmer Lebensabend beschieden war, wogegen an einer "Vermögensbildung" für den Eblasser kein erkennbares Interesse bestehen konnte. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wurde das angestrebte Ziel auch erreicht, wurde dem Erblasser doch zu seiner auch bekundeten Zufriedenheit nicht nur eine nach dem Vertrag nicht gebührende Verbesserung der Wohnungsqualität zuteil, sondern auch sozialer Anschluß und zusätzliche, über die ortsübliche Verpflegung hinausgehende Leistung geboten. Die Auffassung des Pflegschaftsgerichtes kann jedenfalls als Verschulden ausschließende vertretbare Rechtsansicht angesehen werden.

Der Revision der Kläger ist ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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