Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kollisionskurator hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 20.3.1991 (ON 14) wurde Rechtsanwalt Dr.Christian Burghardt gemäß § 273 ABGB zur Vertretung der Betroffenen bei Ämtern und Behörden, zur Einkommensverwaltung und zum Abschluß von Rechtsgeschäften als Sachwalter bestellt. Auf Grund des Berichtes des Sachwalters vom 3.10.1991 (ON 20) faßte das Erstgericht am 7.10.1991 einen Beschluß (ON 21), mit dem es ua den Bericht des Sachwalters über Einkommen und Vermögen der Betroffenen zur Kenntnis nahm, die für die Zeit vom 17.12.1990 bis 16.9.1991 gelegte Pflegschaftsrechnung genehmigte und die Belohnung des Sachwalters antragsgemäß mit S 8.400 bestimmte.
Mit einem weiteren Beschluß vom 7.10.1991 (ON 22) bestellte das Erstgericht Rechtsanwalt Dr.Heinz-Volker Strobl zum Kollisionskurator zur Wahrung der Interessen der Betroffenen im Verfahren zur Bestimmung der Belohnung des Sachwalters.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß ON 22 und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Belohnungsanspruch sei zwar kein "Geschäft", wie es § 271 ABGB als Grundlage für Kollisionsfälle voraussetze; diese Bestimmung sei aber nach der Rechtsprechung ganz allgemein auf Fälle von Interessenkollisionen anzuwenden, wenn Interessen Pflegebefohlener auch außerhalb privatrechtlicher Vereinbarungen berührt würden, die zu Rechtstreitigkeiten führen können. Die Zuerkennung einer Belohnung gebe dem Sachwalter die Möglichkeit, diesen Anspruch gegen die von ihm vertretene Betroffene durchzusetzen, so daß geradezu ein typischer Fall einer Interessenkollision vorliege. Die Kontrolle durch das Erstgericht reiche zur Wahrung der Interessen der Betroffenen gegenüber ihrem Sachwalter nicht aus, weil der Sachwalter in der Regel die von ihm beantragte Entscheidung über seine Belohnung nicht anfechten werde. Nur durch eine Überprüfung im Rechtsmittelweg seien die Interessen der Betroffenen ausreichend gewahrt. Im vorliegenden Fall sei die Bestellung eines Kollisionskurators auch deshalb geboten, weil die zuerkannte Belohnung das in § 266 ABGB festgelegte Höchstausmaß von 5 % der reinen Einkünfte übersteige.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Kollisionskurator erhobene Revisionsrekurs ist zulässig. Ein Ausspruch, ob der Wert des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt, war hier entbehrlich, weil die Entscheidung über einen Akt der Personensorge nicht rein vermögensrechtlicher Natur im Sinne des § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG ist, und zwar auch dann nicht, wenn dieser Akt im Zusammenhang mit dem Belohnungsanspruch eines Sachwalters steht; aus denselben Grund liegt auch keine gemäß § 14 Abs 2 Z 2 und 4 unanfechtbare Entscheidung über den Kostenpunkt oder über die Gebühren der Sachverständigen vor. Auch das Rekursrecht des Kollisionskurators ist zu bejahen (vgl EvBl 1958/139). Schließlich ist auch über eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zu entscheiden, weil zu der Frage, ob im Verfahren zur Festsetzung der Entlohnung eines Sachwalters die Bestellung eines Kollisionskurators notwendig ist, keine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Der Kollisionskurator wendet sich gegen die Auffassung, daß die Bestimmung einer Belohnung des für eine behinderte Person bestellten Sachwalters einen Anlaß für eine Kollisionskuratel bilde, wobei er im wesentlichen darauf verweist, welche unbilligen Weiterungen und Kuratorbestellungen die bekämpfte Ansicht nach sich zöge.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß § 271 ABGB, wonach in Geschäften, die zwischen Eltern und einem minderjährigen Kind oder zwischen einem Vormund und dem Minderjährigen vorfallen, für den Minderjährigen ein besonderer Kurator zu ernennen ist; § 271 ABGB ist gemäß § 282 ABGB auch im Pflegschaftsverfahren über eine unter Sachwalterschaft stehende Person anzuwenden. Die Bestimmung muß weit ausgelegt werden; sie erfaßt nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch Rechtshandlungen, Rechtsverhältnisse, Rechtsstreitigkeiten und behördliche Verfahren, somit alle Bereiche, in denen ein Interessenwiderspruch zwischen dem Vertretenen und seinem Vertreter droht (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 271; SZ 53/136 ua). Auch die Bestimmung der Belohnung eines Sachwalters im Pflegschaftsverfahren ist an sich geeignet, beim Sachwalter einen Konflikt zwischen den von ihm wahrzunehmenden Interessen des Pflegebefohlenen und seinen eigenen Interessen hervorzurufen. In diesem Sinne wurde auch bereits ausgesprochen, daß das nicht eigenberechtigte Mündel im Verfahren (ua) über die Bestimmung der Belohnung des Vormundes stets durch einen Kollisionskurator vertreten sein müsse (LGZ Wien RPflSlgA 227, 478, 1235, 1561, 3187; Pichler in Rummel aaO Rz 4 zu §§ 266, 267 ABGB). Im Gegensatz dazu vertreten Wentzel-Piegler (in Klang2 I/2, 493) die Auffassung, daß bei der Prüfung des Entgeltanspruchs eines Vormundes für die Entfaltung fachlicher Tätigkeiten für den Pflegebefohlenen mangels gesetzlicher Vorschrift nicht jedesmal ein Kollisionskurator zu bestellen sei; das Gesetz begnüge sich mit der Fürsorgepflicht des Vormundschaftsgerichtes (ebenso JBl 1936, 282). Knell (Die Kuratoren im österreichischen Recht 232 und 246) billigt diese Ansicht mit der praktischen Erwägung, daß dadurch die jährliche Belastung des Kuranden mit zwei Belohnungen vermieden werde; in rechtlicher Hinsicht verweist er darauf, daß beschränkt geschäftsfähigen Personen ein eigenes Rechtsmittelrecht gegen derartige Beschlüsse zusteht, der Anspruch auf eine Belohnung erst durch den Beschluß des Pflegschaftsgerichtes entsteht und das Gericht - wie bei sonstigen Streitigkeiten zwischen dem Kurator und dem vertretungsbedürftigen Kuranden - zur Wahrung seiner Interessen verpflichtet ist. Das habe freilich zur Folge, daß das Pflegschaftsgericht die Entlohnungs- und Belohnungsansprüche des Kurators auch wirklich genau überprüfen und die Beschlüsse entsprechend begründen müsse. Die gegenteilige Auffassung würde zu einer Kuratorenbestellung ohne Ende und zur Schädigung des Pflegebefohlenen führen (aaO 246).
Im allgemeinen ist die Wahrung des rechtlichen Gehörs (vgl auch Art 6 Abs 1 MRK) schon dadurch gesichert, daß der Richter nicht nur im außerstreitigen Verfahren zur Wahrung der Interessen des Betroffenen verpflichtet ist und daß darüber hinaus die Bestimmung der Belohnung seinem pflichtgemäßen Ermessen obliegt. Im Regelfall genügt daher die amtswegige Prüfung der Ansprüche des Sachwalters unter Bedachtnahme auf das Wohl des Leistungspflichtigen, welchem nicht in übergroßer Vorsicht durch Bestellung eines weiteren Kurators - auf den die ohnedies unter der Sanktion einer Amtshaftung stehende Amtspflicht abgeschoben wird - eine zusätzliche Belastung mit Kuratorkosten auferlegt werden soll (§ 2 Abs Z 11 AußStrG). Im allgemeinen ist es daher entbehrlich, zur Vertretung des Betroffenen im Verfahren zur Festsetzung der Sachwalterbelohnung regelmäßig einen Kollisionskurator zu bestellen, welcher bei pflichtgemäßem Vorgehen - insbesondere bei der Einbringung von Rechtsmitteln - seinerseits Ansprüche auf eine Honorierung stellen könnte. Der Ansicht, daß das Interesse des Betroffenen bei der amtswegigen Prüfung der Belohnungsansprüche in der Regel vom Richter zu wahren ist, ist daher der Vorzug zu geben. In besonderen Fällen - wenn etwa die Voraussetzungen für eine Belohnung nicht klar beantwortet werden können, besonders hohe Ansprüche zu beurteilen sind oder Verzicht oder Verjährung vom Betroffenen nicht selbst geltend gemacht werden könnten - kann sich aber dessen ungeachtet die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators zur Prüfung dieser Fragen ergeben.
Im vorliegenden Fall scheidet eine Überprüfung der die Belohnung festsetzenden Entscheidung auf Grund eines Rechtsmittels der Betroffenen schon im Hinblick auf deren durch einen Zerebralschaden gekennzeichneten Zustand aus. Ob die Voraussetzungen für eine Belohnung - insbesondere mit der Tätigkeit des Sachwalters in mitursächlichem Zusammenhang stehende "reine Einkünfte" - überhaupt vorliegen, kann nicht ohne weiteres beantwortet werden; darüber hinaus übersteigt der als Belohnung angesprochene Betrag - auch wenn man die darin enthaltenen Barauslagen für Telefonate, Briefe und Porti berücksichtigt - die für eine solche Belohnung in § 266 ABGB festgesetzte Höchstgrenze bei weitem. Aus der Vorgangsweise des Erstgerichtes, welches keine Gründe für seine Entscheidung angegeben hat, ist auch nicht ersichtlich, ob überhaupt - und, wenn ja, in welcher Weise - eine Prüfung des Belohnungsanspruches stattgefunden hat. Alle diese Umstände rechtfertigen daher im vorliegenden Fall die Bestellung eines Kollisionskurators.
Dem Revisionrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Mangels einer konkreten gesetzlichen Vorschrift gibt es im Außerstreitverfahren keinen Kostenersatz (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2, 22 FN 7 zu § 2 AußStrG); der erfolglose Rechtsmittelwerber hat daher die Kosten seines Rechtsmittels schon deshalb selbst zu tragen.
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