OGH 7Ob140/01s (7Ob141/01p)

OGH7Ob140/01s (7Ob141/01p)27.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gernot Sch*****, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlich S 57.861 sA über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2001, GZ 1 R 248/00b-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 27. März 2000, GZ 13 C 2190/95f-34, bestätigt wurde, sowie über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. April 2001, GZ 1 R 248/00b-42, womit über Antrag der beklagten Partei der Ausspruch im vorzitierten Berufungsurteil vom 23. Jänner 2001, GZ 1 R 248/00b-38, über die Unzulässigkeit der Revision abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Rekurs der klagenden Partei wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass auch das restliche Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 57.861 samt 4 % Zinsen seit 24. 8. 1996 zu bezahlen sowie die Prozesskosten zu ersetzen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 51.382,56 (hierin enthalten S 8.563,76 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28. 7. 1993 ereignete sich auf der Brennerautobahn A 13 gegen 0.30 Uhr ein Verkehrsunfall zwischen einem vom Beklagten gelenkten und bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW einerseits sowie einem von einem slowakischen Staatsbürger gelenkten PKW andererseits, der (wegen Bauchschmerzen des Sohnes des slowakischen Lenkers) bei Kilometer 3,7 mit angezogener Handbremse und eingeschalteter Warnblinkanlage zur Hälfte außerhalb und zur Hälfte innerhalb des rechten Autobahnfahrstreifens zum Stillstand gebracht worden war. Zur Unfallszeit war es dunkel, es regnete, die Fahrbahn war nass. Der Beklagte näherte sich dem stehenden Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca 90 bis 100 km/h, wobei seine Aufmerksamkeit aufgrund Übermüdung und Alkoholgenusses eingeschränkt war. Mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von ca 40 bis 45 km/h kam es zum Anprall, bei dem beide Lenker verletzt wurden (der Beklagte erlitt einen Bruch des linken Schlüsselbeins, eine Halswirbelsäulen-Distorsion und eine Thorax-Distorsion). Hätte der Beklagte etwa eine halbe Sekunde früher als tatsächlich reagiert oder wäre er um 10 km/h langsamer gefahren, hätte er den Unfall vermeiden können. Nach dem Unfall fielen dem Lenker des slowakischen Fahrzeuges und dessen Nichte der unsichere Gang und Alkoholgeruch aus dem Mund des Beklagten auf. Nach Absicherung seines eigenen Fahrzeuges mittels Pannendreiecks sowie Verneinung einer Verletzung gegenüber den inzwischen eingetroffenen Rettungsleuten lief er - als er Blaulicht und Folgetonhorn eines herannahenden Exekutivfahrzeuges wahrnahm - fluchtartig über die Autobahn und die angrenzenden Felder bis zu seinem Haus in S*****, wo er sich schlafen legte und den Unfall dann erst am nächsten Morgen um

7.30 Uhr telefonisch beim Verkehrsunfallkommando meldete sowie anschließend die Unfallambulanz aufsuchte. Diese Flucht stellte keine Folge seiner beim Unfall erlittenen Verletzungen und einer dadurch bedingten Bewusstseinsstörung dar, sondern beruhte vielmehr auf seiner freien Willensentscheidung.

Beide Lenker wurden wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 (Beklagter) bzw Abs 4 erster Fall StGB (der slowakische Lenker) rechtskräftig verurteilt.

Die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall der Höhe nach bereits im Verfahren erster Instanz außer Streit gestellte Leistungen von zusammen S 115.722 an den Geschädigten erbracht. Bereits mit Schreiben vom 12. 11. 1993 hatte die Klägerin den Beklagten unter Mitteilung dieser von ihr erbrachten Leistungen zufolge vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 8 Abs 2 AKHB (zu erg: 1988) (fluchtartiges Verlassen der Unfallstelle vor Eintreffen der Gendarmerie) zur Zahlung eines Regressbetrages von S 100.000 aufgefordert. Der Beklagtenvertreter ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 29. 3. 1993 die Klägerin, die Regressansprüche bis zum rechtskräftigen Abschluss des (damals noch behängenden) Strafverfahrens "vorerst zurückzustellen". Die klagende Partei erklärte sich hierauf mit Schreiben vom 13. 12. 1993 bereit, "den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten", ersuchte jedoch, ihr diesen "unverzüglich mitzuteilen".

Mit der am 21. 9. 1995 eingebrachten (Mahn-)Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Regressbetrages von S 100.000 samt 12 % Zinsen seit 13. 12. 1993 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen. Dieses Begehren wurde später auf restlich S 57.861 sA eingeschränkt.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren nur dem Grunde nach.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. 6. 1996 wurde mit mündlich verkündetem Beschluss (unter Verzicht auf Beschlussausfertigung und Rechtsmittel) das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der (Parallel-)Verfahren 31 C 980/94w des Erstgerichtes (Klage des hier Beklagten gegen den Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs wegen seiner eigenen Unfallschäden) samt damit verbundenem Verfahren 31 C 984/94h ebenfalls des Erstgerichtes (Klage der Halterin des Beklagtenfahrzeuges ebenfalls gegen den Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs wegen weiterer Schäden) unterbrochen und im Protokoll festgehalten, dass eine Fortsetzung "nur über Antrag der Parteien bzw deren Rechtsvertreter, nicht jedoch von Amts wegen stattfindet."

Diese zum Unterbrechungsanlass genommenen Verfahren wurden mit Berufungsurteilen des Landesgerichtes Innsbruck (3 R 137/97m vom 24. 6. 1997, den Parteienvertretern zugestellt am 1. 8. 1997 sowie 4 R 247/97w vom 4. 6. 1997, den Parteienvertretern zugestellt am 18. 6. 1997) - jeweils unter Zugrundelegung einer Verschuldensteilung 1 : 1 - rechtskräftig abgeschlossen.

Erst am 12. 3. 1998 langte beim Erstgericht ein Fortsetzungsantrag der klagenden Partei ein, wogegen die beklagte Partei sogleich die Einrede der Verjährung (wegen nichtgehöriger Fortsetzung des Verfahrens) erhob.

Im ersten Rechtsgang wurde das Klagebegehren vom Erstgericht - welches sich dem Verjährungseinwand zufolge Untätigkeit der klagenden Partei mit ihrem Fortsetzungsantrag über rund siebeneinhalb Monate anschloss - abgewiesen. Nach Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes (welches eine Verjährung verneinte, weil die Zeit vom 13. 12. 1993 ((Antwortschreiben der klagenden Partei an den Beklagtenvertreter mit Zustimmung zum Abwarten des Ergebnisses des Strafverfahrens)) bis zum 23. 8. 1996 ((Zustellung des rechtskräftigen Strafurteils gegen den Beklagten an dessen Vertreter)) nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen sei und daher bis zum Fortsetzungsantrag der klagenden Partei am 12. 3. 1998 nur 28 Monate, welche in die dreijährige Verjährungsfrist einzurechnen seien, verstrichen seien) verpflichtete das Erstgericht im zweiten Rechtsgang die beklagte Partei zur Zahlung des eingeschränkten Klagebegehrens von S 57.861 samt 4 % Zinsen seit 24. 8. 1996 (wobei eine ausdrückliche spruchmäßige Abweisung des Zinsenmehrbegehrens sowie des Umsatzsteuerbegehrens aus den Zinsen unterblieb, was jedoch unbekämpft blieb). In seiner rechtlichen Beurteilung schloss sich das Erstgericht der Verschuldensteilung 1 : 1 in den Vorprozessen an, bejahte weiters eine Obliegenheitsverletzung des Beklagten gemäß § 8 Abs 2 Z 2 AKHB iVm § 6 VersVG und verneinte schließlich (im Sinne der aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichtes) eine Verjährung des Klageanspruches durch nichtgehörige Fortsetzung desselben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und auch dessen (seinem eigenen früheren Aufhebungsbeschluss folgende) rechtliche Beurteilung. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil es sich um die Beurteilung eines Einzelfalles handle und im Übrigen hiezu auch eine klare Gesetzeslage und gesicherte Rechtsprechung bestehe.

Gegen dieses Urteil erhob die beklagte Partei einen Abänderungsantrag nach § 508 Abs 1 ZPO samt Ausführung der (auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten) ordentlichen Revision mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Berufungsgericht änderte daraufhin seinen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde, weil - soweit erkennbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, "ob das Verhalten eines Forderungsberechtigten, der - wie hier - eine Klage entgegen einer vorher gegebenen Zusage vor Ablauf einer Stundungsfrist einbringt, die vorerst durch die Stundung bewirkte Hemmung der Verjährung außer Kraft setzt", nicht vorliege; dieser Umstand sei "doch von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung."

Die beklagte Partei erhob gegen diesen Abänderungsbeschluss ihrerseits Rekurs "wegen inhaltlicher Unrichtigkeit" mit dem Antrag, diesen "ersatzlos aufzuheben", und erstattete im selben Schriftsatz für den Fall, dass diesem Rekurs kein Erfolg beschieden sein sollte, eine Revisionsbeantwortung, in welcher der Antrag gestellt wird, dem Rechtsmittel der Gegnerin keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist (jedenfalls) unzulässig, die Revision - wegen rechtlicher Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, welche im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen ist - zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs der klagenden Patei:

Die Klägerin argumentiert dahin, dass der Gesetzgeber nur in § 508 Abs 4 ZPO ausdrücklich festgehalten habe, dass gegen einen nach dieser Gesetzesstelle gefassten Beschluss ein Rechtsmittel unzulässig sei, nicht hingegen für Beschlüsse nach Abs 3 leg cit; die Rekursbeschränkung des § 519 ZPO gelte für einen derartigen Beschluss ebenfalls nicht.

Der Rechtsmittelwerberin ist lediglich zuzugestehen, dass der im § 508 Abs 4 ZPO (idF der WGN 1997 BGBl I 1997/140) normierte Rechtsmittelausschluss nur Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz betrifft, mit denen das Berufungsgericht die Argumente des Antragstellers, es lägen doch erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, prüft, sie aber nicht für stichhältig hält und deshalb den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO und die damit verbundene Revision zurückweist (6 Ob 93/99s). Sie übersieht (und übergeht) jedoch, dass es einer ausdrücklichen und gleichlautenden Rechtsmittelausschlussbestimmung auch im Falle einer Entscheidung nach § 508 Abs 3 ZPO durch den Gesetzgeber der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 schon deshalb nicht bedurfte (und aus dem Fehlen einer solchen auch nicht - gleichsam e contrario - auf die Zulässigkeit eines wie hier erhobenen Rekurses geschlossen werden könne), weil es sich ja auch beim nachträglichen Ausspruch eines Berufungsgerichtes über die Zulassung der (ordentlichen) Revision um einen Ausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 Z 3 ZPO handelt (jüngst 7 Ob 58/01g) und die Unrichtigkeit eines solchen Ausspruches nach § 500 Abs 4 zweiter Satz ZPO nur von der entscheidungsbeschwerten Partei in einem Antrag nach § 508 ZPO (wie hier) oder einer außerordentlichen Revision (nach § 505 Abs 4 ZPO) "bzw in der Beantwortung einer ordentlichen Revision (§§ 507, 507a ((ZPO)) geltend gemacht werden kann." Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO an einen derartigen Ausspruch des Berufungsgerichtes (mag er sogleich oder auch später im Wege des § 508-ZPO-Zwischenverfahrens [7 Ob 58/01g] gefasst worden sein) auch nicht gebunden; hat der Revisionsgegner (zutreffend) auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision (in seiner Revisionsbeantwortung!) hingewiesen, gebühren ihm nach der Rechtsprechung auch die hiefür zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigerweise erwachsenen Kosten (RIS-Justiz RS0035962, 0035979; jüngst 7 Ob 25/01d). Auch aus dieser Erwägung bedurfte es daher keiner eigenständigen (dem § 508 Abs 4 letzter Satz ZPO nachgebildeten) Ausschließung eines (weitergehenden) Rekurses des Revisionsgegners gegen einen Abänderungsausspruch des Berufungsgerichtes nach § 508 Abs 3 ZPO.

Der von der klagenden Partei dennoch erhobene Rekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen (so auch schon 7 Ob 216/99m in einer Außerstreitsache zum insoweit wortgleichen § 13 Abs 4 iVm § 14a Abs 3 AußStrG). Die klagende Partei hat damit auch die Kosten dieses unzulässigen Rekurses selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO).

Zur Revision der beklagten Partei:

Vorauszuschicken ist, dass sich die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel nicht (mehr) gegen die Bejahung einer Obliegenheitsverletzung im Sinne des § 8 Abs 2 Z 2 AKHB 1988 durch die Vorinstanzen wendet, sondern die Abweisung des Klagebegehrens ausschließlich nur wegen ihrer Auffassung nach zu bejahender Verjährung (nicht gehörige Verfahrensfortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB, bezogen auf den Fortsetzungsantrag nach der Verfahrensunterbrechung) anstrebt. Auch die Höhe des (von den Vorinstanzen zugesprochenen) restlichen Klagebegehrens bildet im Revisionsverfahren keinen Streitpunkt.

Auszugehen ist hiebei zunächst vom Wortlaut (und Wortsinn: § 914 ABGB) des maßgeblichen Korrespondenzschreibens der klagenden Partei vom 13. 12. 1993 (Beilage 2), in welchem sich diese - einem diesbezüglichen Ersuchen des Beklagtenvertreters vom 29. 11. 1993 folgend (Beilage 3) - lediglich dazu bereit erklärte, "den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten", also bis dahin die im vorangegangenen Aufforderungsschreiben vom 12. 11. 1993 (Beilage 1) erfolgte Fälligstellung des Regressbetrages von S 100.000 binnen vier Wochen an den Beklagten (oder geeignete Vorschläge für die Rückzahlung zu unterbreiten) bis zum Ausgang des gegen ihn geführten Strafverfahrens vorerst nicht weiter zu betreiben. Dass dies etwa bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Strafverfahrens zu gelten habe, wurde hierin ebensowenig wie etwa die Nichteinbringung einer Regressklage bis zu einem solchen Ereignis zugesagt. Da der Beklagte bereits mit Urteil des Strafgerichtes vom 26. 7. 1995 des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe unter Setzung einer Probezeit verurteilt worden war (ON 20 des Strafaktes) und die Klage sodann am 21. 9. 1995 eingebracht wurde, kann schon aus diesem chronologischen Ablauf von einem Verstoß der klagenden Partei "gegen Treu und Glauben" durch "verfrühte Einbringung" (im Sinne der Argumentation des Revisionswerbers) keine Rede sein. Auf die vom Berufungsgericht (in beiden Rechtsgängen) angestellten Hemmungsfristberechnungen, ausgehend von der vorprozessual geführten Korrespondenz der Anwälte einerseits und das Urteilszustelldatum im Strafverfahren an den Beklagtenvertreter andererseits, kommt es damit nicht entscheidend an. Vielmehr hat sich die klagende Partei - wie aus dem Vorgesagten folgt - durchaus abredegemäß verhalten, wenn sie mit dem Einbringen der Klage bis zur Fällung des Strafurteils (erster Instanz) gegen den Regresspflichtigen zuwartete und hiefür nicht auch das in seiner zeitlichen Dauer damals noch ungewisse Rechtsmittelverfahren abwarten wollte. Dieser Klage kam damit auch gemäß § 1497 Satz 1 zweiter Fall ABGB verjährungsunterbrechende Wirkung zu, freilich mit der in dieser Gesetzesstelle ausdrücklich verankerten - weiteren - Maßgabe ihrer auch "gehörigen Fortsetzung". Nach dieser Gesetzesstelle wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nämlich nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, dass die "Klage gehörig fortgesetzt wird".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist nicht gehörige Fortsetzung iS des § 1497 ABGB anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozesszieles nichts gelegen ist (RIS-Justiz RS0034765; jüngst 7 Ob 15/01h). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen, die im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein müssen (RIS-Justiz RS0034849). Wenn sich - wie hier - der Beklagte auf Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens beruft, ist es Aufgabe des Klägers, beachtliche Gründe für seine Untätigkeit und für die Nichtaufnahme und Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und erforderlichenfalls auch unter Beweis zu stellen (RIS-Justiz RS0034704, 0034805; 2 Ob 97/99z; 7 Ob 15/01h; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 10 zu § 1497; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 25 zu § 1497). Von Amts wegen ist allerdings zu prüfen, ob der Kläger überhaupt gehalten war, eine Prozesshandlung vorzunehmen, um einem Verfahrensstillstand wirksam zu begegnen (SZ 41/85; EvBl 1974/196; 7 Ob 15/01h); konnte oder musste er eine Tätigkeit des Gerichtes abwarten, kann aus seiner Untätigkeit nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, es sei ihm an der Erreichung des Prozesszieles nichts (mehr) gelegen (RIS-Justiz RS0034755). Lediglich in Fällen, in denen die Fortsetzung des Verfahrens dem Prozessgericht obliegt und daher dem Kläger nur vorgeworfen werden kann, die ausstehende Prozesshandlung beim säumigen Gericht nicht betrieben zu haben, wird stets ein großzügigerer Maßstab, sonst aber ein strengerer Maßstab anzulegen sein (RIS-Justiz RS0034849, 0109334; 7 Ob 15/01h). Die Beurteilung, ob ein längeres Zuwarten mit der (Fortsetzung der) Verfolgung eines Anspruches im Sinne des § 1497 ABGB noch hingenommen werden kann oder ob eine solche ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, aus der letztlich Verjährung angenommen werden muss, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falles zu beantworten (RIS-Justiz RS0034805; 2 Ob 97/99z; 9 Ob 329/00y; Schubert, aaO).

In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:

Der seinerzeitige Unterbrechungsbeschluss vom 4. 6. 1996 gemäß § 190 ZPO (im ersten Rechtsgang) erfolgte ausdrücklich (und mit Zustimmung der Parteien, die sowohl auf Beschlussausfertigung als auch auf Rechtsmittel sogleich verzichteten) bis zur rechtskräftigen Erledigung der beiden zwischen den Unfallbeteiligten beim selben Bezirksgericht (am Kanzleisitz beider Parteienvertreter) behängenden Parallelverfahren, wobei nach dem gemäß § 215 ZPO vollen Beweis liefernden Protokoll die Fortsetzung ausdrücklich "nur über Antrag der Parteien (bzw deren Rechtsvertreter), nicht jedoch von Amts wegen" stattfinden sollte (ON 10). Die formelle Rechtskraft in den beiden Verfahren 31 C 980/94w und 31 C 984/94h des Erstgerichtes trat mit der Zustellung der letztinstanzlichen Berufungsentscheidung am 18. 6. bzw 1. 8. 1997 ein. Der Fortsetzungsantrag der klagenden Partei datiert mit 10. 3. 1998, ist beim Erstgericht eingelangt am 12. 3. 1998 (ON 11), also - gerechnet vom späteren Zustelldatum - über sieben Monate (sonst sogar acht Monate) später. Warum die Klägerin hiebei derart überlange inaktiv geblieben ist, hat sie - trotz unmittelbar folgender Verjährungseinrede des Beklagten (ON 11; § 1501 ABGB) - bloß damit erwidert, "mehrmals beim Bezirksgericht nachgefragt (zu haben), ob schon eine Entscheidung im Verfahren 31 C 980/94w ergangen sei. Als dies dem Klagsvertreter bestätigt wurde, wurde in den Akt eingesehen, die Entscheidung zwischen Klagsvertreter und Partei besprochen und ein Fortsetzungsantrag eingebracht" (ON 13). Damit hat sie aber - im Sinne des in einem derartigen Fall Platz greifenden strengeren Beurteilungsmaßstabes - keine wie von der Rechtsprechung gefordert beachtlichen (stichhaltigen, triftigen: 2 Ob 97/99z) Gründe ihrer Inaktivität aufzuzeigen vermocht. Dass ein Zuwarten mit einem Fortsetzungsantrag um sieben Monate zu lange ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (2 Ob 232/82, zitiert auch in 3 Ob 31/89 = JBl 1990, 530; ebenso 1 Ob 705/87 ((etwas mehr als neun Monate Untätigkeit nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes)), in beiden Fällen jeweils bei einem wie hier erfolgten Ausspruch des Prozessgerichtes, dass das Verfahren nur über Parteiantrag fortgesetzt werde). Von einer unverzüglichen Fortsetzung des Verfahrens nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes (RIS-Justiz RS0034612) kann damit auch hier nach den vorgeschilderten Verfahrensabläufen keine Rede sein. Unter den gegebenen Umständen muss vielmehr die gehörige Fortsetzung der Klage und damit ihrer Unterbrechungswirkung verneint werden.

In Stattgebung der Revision waren daher die vorinstanzlichen Urteile im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung des noch restlichen Klagebegehrens (die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens sowie des Umsatzsteuerbegehrens aus den Zinsen blieb durch die klagende Partei schon nach dem Ersturteil unbekämpft) abzuändern.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO. Diese setzen sich zusammen aus S 22.559,52 (hierin enthalten S 3.759,92 Umsatzsteuer) für das erstinstanzliche Verfahren im ersten Rechtsgang (so schon das Ersturteil unbekämpft im ersten Rechtsgang [ON 17]); S 10.351,68 (hierin S 1.725,28 Umsatzsteuer) Kosten des Berufungsverfahrens im ersten Rechtsgang; S 6.497,28 (hierin S 1.082,88 Umsatzsteuer) für das erstinstanzliche Verfahren im zweiten Rechtsgang; (S 7.103,04 (hierin S 1.183,84 Umsatzsteuer) für das Berufungsverfahren im zweiten Rechtsgang (Bemessungsgrundlage allerdings nur S 57.861,-- statt S 100.000,-- ((s Klagseinschränkung ON 11)); weiters Entfall der verzeichneten Pauschalgebühr infolge der bereits am 2. 6. 1998 [ON 16] bewilligten Verfahrenshilfe auch im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO) sowie schließlich S 4.871,04 (hierin S 811,84 Umsatzsteuer) für das Revisionsverfahren. Dies ergibt zusammen S 51.382,56 (hierin S 8.563,76 Umsatzsteuer).

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