OGH 9Ob29/01g

OGH9Ob29/01g28.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edeltrud H*****, vertreten durch MMag. Dr. Franz Pegger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Wolfgang H*****, c/o Justizanstalt *****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufhebung der Ehe, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2000, GZ 2 R 251/00a-26, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht folgte der Rechtsprechung, dass aufgrund des in der Ehe notwendigen Vertrauensverhältnisses eine ausgedehnte Mitteilungspflicht hinsichtlich solcher Umstände besteht, die für die Ehe von Bedeutung sind; dies gilt insbesondere auch für solche, die auf besondere Eigenschaften des präsumtiven Ehepartners schließen lassen (EvBl 1963/466; SZ 30/31; 42/192). Der Irrtum über die Vorstrafen des Beklagten war nach den Feststellungen nicht nur subjektiv für den Heiratswillen der Klägerin kausal, da sie bei Kenntnis der Sachlage von der Heirat Abstand genommen hätte, sondern betraf auch Gründe, die nach dem gesetzlichen Ehebild den Verlust des Heiratswillens objektiv rechtfertigten (9 Ob 271/99i).

Dass die Klägerin bei Eingehen der Ehe Kenntnis von zwei oder drei Vorstrafen des Beklagten hatte, wobei der Beklagte sie in dem Glauben beließ, dass es sich dabei um "vorübergehende Phasen" bzw um "Jugendsünden" handelte und sie ihm auch zur Zeit der Haft, angetan von seinem vorherigen Einsatz in karitativer Hinsicht, glaubte, dass er unschuldig in Haft genommen worden war und ihn sogar während der Haft heiratete, ist nicht als Ausdruck des Willens, auch bei Kenntnis des wahren und gesamten Sachverhaltes die Ehe einzugehen, zu würdigen. Hätte die Klägerin auch später diese ihr bekannten zwei oder drei Vorstrafen nicht als Aufhebungsgrund geltend machen können, so hielt sich das Berufungsgericht jedoch an den Grundsatz der Rechtsprechung, dass die Verschweigung von erheblichen weiteren 20 Vorstrafen grundsätzlich als Eheaufhebungsgrund zu werten ist (SZ 30/31; EvBl 1963/466; RZ 1978, 130; 4 Ob 1588/94). Bei der bewussten Verheimlichung von weiteren 20 Vorstrafen, die nicht nur Vermögensdelikte, sondern auch Körperverletzungen, Nötigungen und gefährliche Drohungen zum Gegenstand hatten und wobei über den Beklagten auch Freiheitsstrafen verhängt worden waren, kannte die Klägerin bei zwei oder drei bekannten Vorstrafen noch nicht alle Umstände, die auf einen die Person des Beklagten betreffenden dauernden eheschädlichen Charakterzustand (SZ 42/192) schließen ließen (vgl EFSlg 43.590).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes steht mit den Grundsätzen der Rechtsprechung nicht im Widerspruch, sodass keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.

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