OGH 6Ob315/99p

OGH6Ob315/99p30.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Josef E*****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren der Verlassenschaft nach DI Ernst S*****, gegen die beklagte Partei Elfriede S*****, vertreten durch Dr. Johann Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 600.000 S) über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 30. August 1999, GZ 16 R 102/99h-21, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. April 1999, GZ 14 Cg 31/98a-18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Das Verfahren wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Aufteilungsverfahren 1 F 29/98a des Bezirksgerichtes Fünfhaus unterbrochen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 30. 5. 1997 wurde über das Vermögen des DI Ernst S***** das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 29. 1. 1998 wurde die Ehe des Gemeinschuldners mit der Beklagten geschieden.

Am 4. 3. 1998 (in den Entscheidungen der Vorinstanzen unrichtig: 4. 4. 1998) beantragte die Beklagte beim Bezirksgericht Fünfhaus zu 1 F 29/98a die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wobei sie unter anderem auf ein bei der B***** AG bestehendes Wertpapierdepot verwies und die Zuweisung des gesamten Wertpapierdepots, allenfalls gegen Übernahme der Forderungen der Absonderungs- und Konkursgläubiger, zur Alleinzahlung anstrebte. Am 13. 3. 1998 verstarb der Gemeinschuldner.

Mit der am 16. 3. 1998 eingebrachten Klage begehrte der Masseverwalter als Vertreter des gemeinschuldnerischen Nachlasses, die Beklagte schuldig zu erkennen, der B***** AG gegenüber ihre Zustimmung zur Ausfolgung von 50 % der auf drei näher bezeichneten Konten befindlichen Guthaben an ihn zu erteilen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass dem Kläger keinerlei Ansprüche aus den Konten zustünden und wendete hilfsweise titulierte Unterhaltsansprüche von 717.020,10 S kompensando ein.

Die Parteien stellten außer Streit, dass die auf den im Klagebegehren angeführten Konten erliegenden Guthaben während aufrechter Ehe gemeinsam erwirtschaftet und angespart wurden.

Das Erstgericht sprach aus, dass der streitige Rechtsweg unzulässig sei, das Verfahren ab dem Auftrag zur Klagebeantwortung für nichtig erklärt und die Rechtssache an das Bezirksgericht Fünfhaus zu 1 F 29/98a überwiesen werde.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass die Nichtigerklärung des Verfahrens zu entfallen habe. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Aufteilungsanspruch könne noch nach dem Tod des einen Ehegatten vom anderen als dessen höchstpersönlicher Anspruch im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht werden. Da das Konkursverfahren vor der Scheidung und daher vor Entstehen des Aufteilungsanspruches eröffnet worden sei, betreffe der Aufteilungsanspruch das zur Masse gehörende Vermögen nicht. Der Konkurs über das Vermögen des verstorbenen Gemeinschuldners stehe daher der Durchführung des Aufteilungsverfahrens nicht entgegen. Die Rechtssache sei somit gemäß § 235 AußStrG an das Außerstreitgericht zu dem bereits anhängigen Aufteilungsverfahren zu Recht überwiesen worden. Da aber das Gericht, an das die Sache überwiesen werde, das Verfahren unter Benützung der Akten des Prozessgerichtes durchzuführen haben werde, habe der das Verfahren für nichtig erklärende Beschlussteil ersatzlos zu entfallen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist zulässig:

Die Überweisung einer Rechtssache in ein zivilgerichtliches Verfahren anderer Verfahrensart ist der Klagezurückweisung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen im Sinn des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gleichzuhalten. Die Tatsache, dass das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes bestätigte (§ 528 Abs 2 Z 2 erster Halbsatz ZPO), ist demnach unbeachtlich. Die Überweisung oder deren Bestätigung durch das Gericht zweiter Instanz kann stets mit Revisionsrekurs bekämpft werden, wenn die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zutreffen und der Schwellenwert des § 528 Abs 2 Z 1 und 1a ZPO - wie hier - überschritten wird (1 Ob 2386/96f [= MietSlg 48.682] mit überzeugender Ablehnung entgegengesetzter Entscheidungen). Die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO sind hier gegeben, weil eine Verfahrenskonstellation wie die vorliegende noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes war.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Das Rekursgericht hat zutreffend die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wiedergegeben, dass der schon vor der Ehescheidung anhängig gewordene Konkurs über das Vermögen eines Ehegatten der Durchführung eines Aufteilungsverfahrens nach §§ 81 ff EheG nicht

entgegensteht (3 Ob 685/82 = EFSlg 43.753/4 = MietSlg 35.902/8; 7 Ob

621/83; 7 Ob 623/93 = SZ 67/18 = JBl 1994, 764; Feil, KO2, Rz 12 zu § 1 KO). Der Aufteilungsanspruch entsteht erst durch die Rechtskraft der die Ehe auflösenden Entscheidung (1 Ob 86/99z). Ist die für das Entstehen des Aufteilungsanspruches maßgebende Scheidung der Ehe erst nach der Konkurseröffnung über das Vermögen eines Ehegatten ausgesprochen worden, wird das Aufteilungsverfahren durch das Außerstreitgericht dadurch nicht berührt, weil gemäß § 1 Abs 2 KO nur Ansprüche gegen den Gemeinschuldner, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon bestanden haben, zu den im Rahmen des Konkursverfahrens zu befriedigenden Konkursforderungen gehören, nicht aber solche, die erst während des Konkursverfahrens entstehen und nicht Masseforderungen im Sinn des § 46 KO sind. Aufteilungsansprüche nehmen daher nicht am Konkursverfahren teil (EFSlg 43.753/4; SZ 67/18).

Da demnach Aufteilungsansprüche des Gemeinschuldners das zur Masse gehörende Vermögen nicht betreffen, ist der Masseverwalter zum Einschreiten für den Gemeinschuldner im Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht legitimiert (vgl SZ 46/52). Nur der Gemeinschuldner selbst ist insoweit verfügungsberechtigt (EFSlg 43.753/4). Der Masseverwalter ist nicht befugt, einen Aufteilungsanspruch des Gemeinschuldners geltend zu machen, wenn der Aufteilungsanspruch erst nach Konkurseröffnung entstanden ist. In diesem Fall kann nur der Gemeinschuldner selbst - abgesehen von seinen Rechtsnachfolgern unter den Voraussetzungen des § 96 EheG - einen Aufteilungsantrag stellen. Die Frage, ob dem Masseverwalter im Fall des (vor dem Entstehen des Aufteilungsanspruches eröffneten) Konkurses eines der ehemaligen Ehepartner im Aufteilungsverfahren Beteiligtenstellung im Sinn des § 229 AußStrG zukommt (so 7 Ob 621/83), stellt sich hier nicht, weil eine solche Rechtsposition nicht mit der Parteistellung gleichzusetzen ist.

Der Masseverwalter kann den Gemeinschuldner (bei Entstehen des Aufteilungsanspruches erst nach Konkurseröffnung) im Aufteilungsverfahren nicht vertreten und vertritt ihn (bzw die Verlassenschaft nach dem Gemeinschuldner) im vorliegenden Fall auch insoweit nicht. Mit der hier zu beurteilenden Klage macht er vielmehr namens der Konkursmasse einen Teilungsanspruch (§ 830 ABGB) auf ein den ehemaligen Ehepartnern gemeinsames Vermögen geltend. Eine Verweisung dieses Anspruches in das außerstreitige Verfahren würde die Verfahrensstellung des Masseverwalters beeinträchtigen, weil er, wie aufgezeigt, nicht Partei des Aufteilungsverfahrens ist. Ein Vorgehen nach § 235 AußStrG kommt daher hier nicht in Betracht.

Da aber die Teilungsklage des Masseverwalters eine vom Aufteilungsantrag der Frau umfasste Vermögensmasse betrifft, weshalb die für die Teilbarkeit bestimmenden Umstände von einer noch ausstehenden Billigkeitsentscheidung des Außerstreitrichters im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG abhängen, ist gemäß § 190 ZPO der Teilungsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens zu unterbrechen (vgl EvBl 1986/6 = MietSlg 37/14; 5 Ob 528/95 = WoBl 1996, 255/90 ua; RIS-Justiz RS0008551; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2 Rz 36 und 80 zu § 830 ABGB). Da das Ergebnis der Billigkeitsentscheidung des Außerstreitrichters auch die Belassung der bisherigen Miteigentumsverhältnisse an den auf den Konten erliegenden Guthaben sein kann, ist dem Masseverwalter das Rechtschutzinteresse an der weiteren Verfolgung des eingeklagten Teilungsanspruches derzeit nicht abzusprechen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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