OGH 5Ob91/00v

OGH5Ob91/00v27.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Olga L*****, vertreten durch Dr. Hanspeter Pausch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin Stadt G*****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wegen § 37 Abs 1 Z 8, 9, 11 und 12 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Teil-Sachbeschluss und Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 30. November 1999, GZ 3 R 172/99g-28, womit der Teil-Sachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19. Mai 1999, GZ 5 Msch 119/97p-21, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin richtet sich gegen die zweitinstanzliche Bestätigung der Feststellung, dass die Nutzfläche des Geschäftslokals, dessen Hauptmietzins nach einer gemäß § 12 Abs 3 aF MRG verlangten Anhebung überprüft werden soll, 164,46 m2 beträgt. Zu diesem Teil seiner Entscheidung sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Tatsächlich liegen, was nicht weiter zu begründen ist (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528a und § 510 Abs 3 Satz 3ZPO), die in § 528 Abs 1 ZPO (hier iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht vor.

Mit dem Rekurs ficht die Antragstellerin den vom Rekursgericht gefassten Aufhebungsbeschluss an. Er betrifft die Überprüfung des Hauptmietzinses, die nach Ansicht des Rekursgerichtes noch in einigen Punkten ergänzungsbedürftig ist. Insoweit wurde der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zugelassen, weil noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, auf welchen Veräußerungsvorgang bei der Mietzinsüberprüfung abzustellen ist, wenn das vom Mieter im Mietgegenstand betriebene Unternehmen mehrmals - teils vor, teils nach dem Inkrafttreten des MRG - veräußert wurde. Zum Verständnis dieses Problems genügt der Hinweis, dass das verfahrensgegenständliche Unternehmen - ein Möbelhandel - vom 1. 7. 1966 (dem Beginn des Mietverhältnisses) bis 1973 von Albert L*****, dem "Alleininhaber der protokollierten Firma L***** & Co" betrieben wurde, dann (vereinfacht dargestellt) bis 31. 12. 1982 von einer L***** Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft m. b. H., vom 1. 1. 1983 bis zum Jahreswechsel 1987/88 von einer L***** KG, an der die Antragstellerin als Komplementärin beteiligt war, und schließlich am 1. 1. 1988 auf die Antragstellerin als Alleininhaberin der Firma "Stilmöbel Olga L*****" überging. Den letzten Veräußerungsvorgang hat die Antragsgegnerin, wie das Rekursgericht im angefochtenen Aufhebungsbeschluss unbekämpft ausführte, zum Anlass genommen, der Antragstellerin ab 1. 1. 1990 einen höheren Mietzins vorzuschreiben. Die rechtzeitige Geltendmachung des Mietzinserhöhungsanspruchs ist wegen der von der Antragstellerin verletzten Anzeigepflicht kein Streitpunkt mehr.

Bei dieser Sachlage fehlt der vom Rekursgericht für die Zulassung des Rekurses aufgeworfenen Rechtsfrage die in § 528 Abs 1 ZPO vorausgesetzte erhebliche Bedeutung für die Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung. Auch im Rekurs selbst wird keine derartige Rechtsfrage aufgezeigt. Der Rekurs erweist sich daher ebenso wie der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin als unzulässig, was wie folgt zu begründen ist (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528a und § 510 Abs 3 letzter SatzZPO):

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, dass es dem Vermieter bei der mehrfachen Verwirklichung eines Anhebungstatbestandes freisteht, welchen Anhebungsgrund er geltend macht (WoBl 1998, 170/114; WoBl 1999, 132/59; 5 Ob 320/98i = EWr I/12a/93). Auch wenn dies bisher nur in Anhebungsfällen ausgesprochen wurde, die nach § 12a MRG zu beurteilen waren, kann doch kein Zweifel bestehen, dass Gleiches für Unternehmensveräußerungen gilt, die (noch) dem § 12 Abs 3 aF MRG zu unterstellen sind. Ob die Antragstellerin durch die von der Antragsgegnerin unbekämpft gelassene Verlagerung des Anhebungszeitpunkts vom 1. 1. 1983 (wie ihn das Erstgericht annahm) auf den 1. 1. 1988 (was das Rekursgericht als richtig erachtete) überhaupt beschwert ist, kann auf sich beruhen.

In ihren Rechtsmittelausführungen geht es der Antragstellerin vor allem darum, die Investitionen ihrer Rechtsvorgänger in den Mietgegenstand (vor allem den Nutzflächengewinn durch Um- und Zubauten) bei der Ermittlung des zulässigen Hauptmietzinses angemessen zu berücksichtigen. Sie erkennt selbst, dass die diesbezügliche Vorschrift - § 12a Abs 7 Satz 2 MRG - erst durch das

3. WÄG, also nach der das Mietzinsanhebungsbegehren der Antragsgegnerin rechtfertigenden Unternehmensveräußerung in das MRG eingefügt wurde, meint aber aus der Judikatur einzelner Senate des Obersten Gerichtshofes zur "Rückwirkung" des § 12a MRG (dazu krit Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 11 zu § 12a MRG) ableiten zu können, dass dieses "Bereicherungsverbot" auch für den gegenständlichen Fall zu gelten habe. Dem widerspricht jedoch die schon vom Rekursgericht zitierte Judikatur, von der abzugehen mangels überzeugender Gegenargumente kein Anlass besteht. Zur alten - hier noch anzuwendenden Rechtslage - war immer klar, dass der Vermieter den Hauptmietzins bei der Veräußerung des vom Mieter im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens auf jenen Betrag anheben kann, der dem iSd § 16 Abs 1 MRG angemessenen Betrag zum Zeitpunkt des Mietrechtsübergangs entspricht. Maßgeblich war daher der Zustand des Mietobjekts im Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung, und zwar unabhängig davon, von wem er geschaffen wurde (MietSlg 37/34; MietSlg 39/5; MietSlg 44/35; vgl auch WoBl 1992, 81/64). Zu erklären war dies damit, dass der Vermieter als Abgeltung für den ihm aufgezwungenen Vertragspartnerwechsel das erhalten sollte, was er im Fall einer Neuvermietung des Geschäftslokals hätte verlangen können. Eine spezifische Übergangsregelung für die seit 1. 3. 1994 geltende Anordnung des § 12a Abs 7 Satz 2 MRG, vom Mieter getätigte Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstandes zu berücksichtigen, fehlt. Es hat daher beim Grundsatz zu bleiben, dass sie nicht für Sachverhalte gilt, die vor dem 1. 3. 1994 abschließend verwirklicht wurden (vgl Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 1 zu Art III Abschnitt II des 3. WÄG). Die Unternehmensveräußerung ist ein solches punktuelles Ereignis (vgl WoBl 1997, 43/5; 5 Ob 2041/96z = EWr I/12/79 ua). Die von der Antragstellerin geforderte Rückwirkung des § 12a Abs 7 Satz 2 MRG würde darauf hinauslaufen, sie nur deshalb von Konsequenzen der bei der Unternehmensveräußerung am 1. 1. 1998 geltenden Rechtslage zu befreien, weil es ihr durch Verletzung der Anzeigepflicht gelungen ist, die Mietzinsanhebung zu verzögern. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die auf vorhandene Judikatur aufbauende rechtliche Beurteilung des Bemessungsproblems einer Korrektur aus Gründen der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung bedürfte.

Ebenfalls nicht nach diesen Kriterien korrekturbedürftig ist die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die vom Sachverständigen gewählte Vorgangsweise, bei der Ermittlung des im Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung (1983 bzw 1988) angemessenen Hauptmietzinses von heutigen Vergleichswerten zurückzurechnen, sei zu billigen. Soweit sich dabei überhaupt Rechtsfragen stellen, mit denen sich der Oberste Gerichtshof beschäftigen könnte, ist durch die Judikatur bereits geklärt, dass es keine vom MRG vorgegebene Methode zur Ermittlung der Angemessenheit des Hauptmietzinses iSd §§ 12 Abs 3 und 16 Abs 1 MRG gibt (MietSlg 39/5) und dass keine Bedenken dagegen bestehen, im Rahmen der Vergleichswertmethode aus Daten der aktuellen Marktlage auf vergangene Situationen zurückzurechnen, wenn keine oder keine ausreichenden historischen Daten zur Verfügung stehen (vgl WoBl 1991, 237/142). Die Verlässlichkeit des so gewonnenen Ergebnisses (ob etwa alle konjunkturellen Schwankungen richtig erkannt und gewichtet wurden) unterliegt als Tatfrage keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Letztlich beschäftigt sich die Rekurswerberin noch mit einigen Bemerkungen des Rekursgerichtes zur (möglichen) Wertsicherung des nach § 12 Abs 3 aF MRG geschuldeten Hauptmietzinses. Sie unterstellt dem Rekursgericht eine unrichtige Anwendung der Schwellenwertregelung (die bereits für den Beginn des Überprüfungszeitraums - den 1. 1. 1990 - einen unrichtigen Betrag ergeben habe), doch ist insoweit dem Erstgericht keine bestimmte Rechtsansicht überbunden worden. Das Rekursgericht beschränkte sich vielmehr darauf, im Einklang mit der Judikatur die Möglichkeit bzw Üblichkeit der Wertsicherung eines nach § 12 Abs 3 aF MRG anzuhebenden Hauptmietzinses zu erwähnen (vgl MietSlg 36/34; MietSlg 37/34; MietSlg 37.301; MietSlg 39/5; MietSlg 41.232; MietSlg 44/35 ua), forderte eine Klarstellung ob bzw welche Wertsicherung die Antragsgegnerin begehrt und verwies schließlich noch darauf, dass im Zweifel die im Mietvertrag vereinbarte Wertsicherungsklausel anzuwenden sein wird, weil die Antragstellerin in diesen Vertrag samt allen Nebenabreden eingetreten sei (idS auch MietSlg 45.252 = ecolex 1993, 449 mit zust Anm von Hausmann). Dagegen bringt die Rekurswerberin nichts Stichhältiges vor, sodass sich auch in diesem Punkt keine iSd § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage stellt.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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