OGH 2Ob332/99h

OGH2Ob332/99h23.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Isabella Sch*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. E*****, vertreten durch Dr. Robert Oberdanner, Rechtsanwalt in Salzburg, 2. Helmut P*****, vertreten durch Dr. Paul Vavrovsky, Rechtsanwalt in Salzburg, und 3. F***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner und Dr. Robert Pirker, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen restlich S 450.520 sA und Feststellung (Gesamtrevisionsinteresse S 480.520) infolge der Revisionen sämtlicher beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 28. Juli 1999, GZ 1 R 64/99h-19, womit infolge der Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Jänner 1999, GZ 10 Cg 1/98z-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Leistungsbegehren - einschließlich der bereits von den Vorinstanzen rechtskräftig erfolgten Teilabweisungen bezüglich Kosten und Zinsen - des Inhalts, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 607.446,64 samt 4 % Zinsen aus S 192.403,20 vom 7. 4. 1995 bis 24. 1. 1996, aus S 372.056 vom 25. 1. 1996 bis 1. 5. 1997 und aus S 607.446,64 seit 2. 5. 1997 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Hingegen wird der Ausspruch über das Feststellungsbegehren laut Punkt 3. des Urteilspruches des Berufungsgerichtes, wonach die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand der klagenden Partei für sämtliche Bauschäden, die als Folge der Bauarbeiten am Grundstück der Klägerin, *****, am Grundstück der verstorbenen Helga Sch*****, entstehen, zu haften haben, bestätigt.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihrer jeweiligen Vertreter binnen 14 Tagen folgende Prozesskosten aller drei Instanzen zu ersetzen:

Erstbeklagte Partei - S 146.308,60 (hierin enthalten S 33.139 Barauslagen und S 18.863,10 USt);

Zweitbeklagte Partei - S 134.230,60 (hierin enthalten S 33.130 Barauslagen und S 16.850,10 USt);

Drittbeklagte Partei - S 146.308,60 (hierin enthalten S 33.130 Barauslagen und S 18.863,10 USt).

Text

Entscheidungsgründe:

Mit rechtskräftigem Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 1. 7. 1996, 7 Cg 97/95s-19 (im folgenden jeweils kurz: Vorprozess), wurde die nunmehrige Klägerin als beklagte Partei schuldig erkannt, der Verlassenschaft nach Helga Sch***** S 372.056 samt 4 % Zinsen aus S 192.403,20 vom 7. 4. 1995 bis 24. 1. 1996 und aus S 372.056 ab 25. 1. 1996 zu bezahlen. Gegenstand dieses Verfahrens bildeten Schäden im Zusammenhang mit Bauarbeiten am Nachbargrundstück der Klägerin im Jahre 1993, mit welchem die drei nunmehrigen Beklagten beauftragt worden waren, und zwar der Zweitbeklagte mit der Planung, Ausschreibung der Professionistenleistungen, Vergabe der Aufträge an diese und der örtlichen Bauleitung, die Erstbeklagte als Deichgräberfirma mit den Erdaushubarbeiten (einschließlich Hinterfüllung der Baugrube zur Errichtung einer Stützmauer) und die Drittbeklagte mit der Bauausführung (enthaltend die Statik hinsichtlich der Bewehrung der Stützmauer samt Errichtung derselben, nicht aber die Frage des Bodenuntergrundes und der Bodenverhältnisse). Mit ebenfalls rechtskräftigem Endurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. 4. 1997, 7 Cg 97/95s-31, wurde überdies festgestellt, dass die (nunmehrige) Klägerin für sämtliche Bauschäden, die als Folge der Bauarbeiten am Grundstück der genannten Verlassenschaft entstehen, zu haften habe, wobei zu Grunde gelegt wurde, dass die Setzungen am Objekt derselben noch nicht zur Gänze abgeschlossen sind und weitere, wenn auch nur geringfügige Schäden, nicht ausgeschlossen werden können. Schließlich wurde die Klägerin auch noch schuldig erkannt, der obsiegenden Verlassenschaft die mit S 149.892,72 (davon S 42.043,80 Barauslagen und S 17.974,82 USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Ihre eigenen Kosten für rechtsfreundliche Vertretung beliefen sich auf S 85.497,92 (hierin enthalten S 5.000 Barauslagen und S 13.416,32 USt).

In diesem Vorverfahren hatte die nunmehrige Klägerin sämtlichen hier beklagten Parteien den Streit verkündet, wobei bloß die erstbeklagte Partei dem Rechtsstreit auf Seiten der nunmehrigen Klägerin mit am 27. 6. 1995 bei Gericht eingelangtem Schriftsatz beitrat; die zweit- und drittbeklagten Parteien, denen die Streitverkündungen am 27. 3. 1996 (Zweitbeklagter) und 26. 5. 1995 (Drittbeklagte) zugestellt worden waren, unterließen hingegen einen Beitritt als Nebenintervenienten. Nach den Feststellungen der Urteile im Vorprozess waren die Setzungsrisse im Objekt der Verlassenschaft nach Helga Sch***** dadurch entstanden, dass beim Aushub keine Pölzungsmaßnahmen ergriffen und/oder die durchgeführte Hinterfüllung nicht fachgerecht ausgeführt wurde; die Baugrube bestand nämlich aus lehmig-sandigem Material, welches zum Einstürzen neigte. Wegen dieser Struktur des Bodens wären Abstützungsmaßnahmen notwendig gewesen, zumal ein Abböschen wegen der geringen Entfernung des Nachbarobjektes zur Grundgrenze nicht möglich war. Die zweckmäßigste Absicherungsmaßnahme wäre das Schlagen von Spundwänden gewesen. Die Haftung der Klägerin wurde demgemäß auf § 364b ABGB gestützt.

Der erstbeklagten Partei waren die schlechten Bodenverhältnisse bekannt. Da die erstbeklagte Partei jedoch für die erforderlichen Aushubarbeiten keine gewerberechtliche Genehmigung hatte, forderte sie, dass die Erdaushubarbeiten unter der Aufsicht der drittbeklagten Partei durchgeführt werden. Im Zuge der Anbotslegung hatte die drittbeklagte Partei an den Zweitbeklagten am 26. 8. 1993 ein Schreiben gerichtet, in dem sie diesen auf die schlechten Bodenverhältnisse sowie darauf hinwies, dass eine allenfalls notwendig werdende Baugrubensicherung in den Einheitspreisen nicht enthalten sei und bei Bedarf zusätzlich in Rechnung gestellt werde, dass bei den gegebenen Grundverhältnissen bei Grabarbeiten, Unterfangungen sowie durch die Baustellenzufahrt von Schwerfahrzeugen mit Setzungen an Nachbarobjekten und am Bestandsgebäude zu rechnen sei und die drittbeklagte Partei die Haftung für diese Setzungsschäden nicht übernehmen könne. Der Zweitbeklagte ordnete jedoch keine Abstützungsmaßnahmen an; er war der Ansicht, die Beurteilung, ob Abstützungsmaßnahmen erforderlich seien, obliege der Baufirma.

Mit der am 5. 1. 1998 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin - unter Geltendmachung des eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhaltes - von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand den Rückersatz eines Betrages von S 607.446,64 samt Staffelzinsen, der sich aus folgenden Teilbeträgen zusammensetzt:

Sicherungskosten am Nachbarobjekt

(laut Teilurteil im Vorprozess) S 372.056,--

Kostenzuspruch an Gegnerin

(laut Endurteil im Vorprozess) S 149.892,72

Eigene Prozesskosten S 85.497,92

Summe S 607.446,64.

Darüberhinaus begehrte die Klägerin die Erlassung eines Feststellungsurteiles des Inhalts, dass die beklagten Parteien ebenfalls zur ungeteilten Hand schuldig seien, der klagenden Partei für sämtliche Bauschäden, die als Folge der Bauarbeiten am Grundstück der Klägerin am Grundstück der verstorbenen Helga Sch***** entstehen, zu haften.

Das Klagebegehren wurde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere Vertragsverletzung sowie Verletzung der Warn- und Hinweispflicht gestützt. Die Solidarhaftung der beklagten Parteien folge daraus, dass die Klägerin selbst keine Bauarbeiten durchgeführt, sondern sich diesbezüglich befugter Gewerbsleute, nämlich der beklagten Parteien, bedient habe. Die im Vorprozess erfolgte Streitverkündung gegenüber den nunmehr beklagten Parteien führe zudem zu deren Haftung für die im Vorprozess aufgelaufenen Verfahrenskosten.

Sämtliche beklagte Parteien bestritten das Klagebegehren einerseits unter Hinweis darauf, dass die geltend gemachten Forderungen nicht regressfähig seien und ihr Verhalten andererseits nicht schuldhaft und rechtswidrig gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines geringfügigen, rechtskräftig abgewiesenen Zinsenmehrbegehrens - statt. Es ging in seiner rechtlichen Beurteilung (zusammengefasst) davon aus, dass als Folge der im Vorprozess vorgenommenen Streitverkündungen für die beklagten Parteien Bindungswirkung bezüglich der dort festgestellten Schadensursachen, Höhe der Sanierungskosten und der Möglichkeit des Eintrittes weiterer Schäden bestehe. Die erst- und drittbeklagten Parteien hätten demnach eine Warnpflichtverletzung zu vertreten; dem Zweitbeklagten sei eine Verletzung der übernommenen Bauaufsicht anzulasten. Die mangelnde Bestimmbarkeit der von den beklagten Parteien zu vertretenden Schadensanteile führe zu deren Solidarhaftung.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen aller drei beklagten Parteien teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es alle drei Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, S 372.056 samt je 1,33 % Zinsen vom 28. 3. bis 23. 7. 1996 zu bezahlen, weiters jede der drei beklagten Parteien zur Zahlung weiterer S 78.463,54 samt Staffelzinsen (und zwar die erstbeklagte Partei 4 % Zinsen seit 13. 1. 1998 und 1,33 % Zinsen aus S 372.056 seit 13. 1. 1998; die zweitbeklagte Partei 4 % Zinsen seit 10. 1. 1998 und 1,33 % Zinsen aus S 372.056 seit 10. 1. 1998; die drittbeklagte Partei 4 % Zinsen seit 27. 1. 1998 und 1,33 % Zinsen aus S 372.056 seit 27. 1. 1998); die erst- und drittbeklagten Parteien überdies zur Zahlung von je 1,33 % Zinsen aus S 192.403,20 vom 27. 5. 1995 bis 24. 1. 1996 und aus S 372.056 vom 25. 1. 1996 bis 27. 3. 1996; das Feststellungsurteil des Erstgerichtes wurde bestätigt, das Zinsenmehrbegehren (unangefochten und rechtskräftig) abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht beurteilte den übernommenen Sachverhalt rechtlich - ebenfalls zusammengefasst - dahin, dass ein Gesamtschuldverhältnis der beklagten Parteien schon aus deren Haftung gemeinsam mit der Klägerin als Grundeigentümerin resultiere, weil diese zufolge ihres schuldhaften Verhaltens für den am Nachbarobjekt entstandenen Schaden ebenfalls zur ungeteilten Hand gemäß § 1302 ABGB einzustehen hätten. Die schuldhafte Beschädigung fremden Eigentums führe zur deliktischen Schadenersatzhaftung. Für den internen Ausgleich der dem Geschädigten solidarisch Haftenden sei § 896 ABGB heranzuziehen. Zwar entstehe dieser Rückersatzanspruch eines Gesamtschuldners, der den Schaden ersetzt habe, nicht schon mit dem Eintritt des Schadens oder mit Geltendmachung des Anspruches durch den Geschädigten, sondern erst, wenn und soweit der hieraus in Anspruch genommene Gesamtschuldner tatsächlich Ersatz geleistet habe. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes müsse es für die Rückersatzberechtigung allerdings ausreichen, dass bereits ein entsprechender rechtskräftiger Exekutionstitel gegen den Regressierenden vorliege, weil er ab diesem Zeitpunkt jederzeit mit einer Exekutionsführung gegen sich zu rechnen habe. Dies gelte hier für die Hauptsachenforderung (Sanierungskosten) als auch für die der obsiegenden Gegnerin im Vorprozess zuerkannten Prozesskosten, nicht aber jene der eigenen rechtsfreundlichen Vertretung, für deren Rückersatz § 1037 ABGB maßgeblich sei; für diese Kosten genüge es, dass die Klägerin gegenüber ihrem Rechtsvertreter eine Verbindlichkeit eingegangen sei. Die Möglichkeit einer weiteren Inanspruchnahme auf Grund der Ergebnisse des Vorprozesses rechtfertige auch die Bejahung des Feststellungsbegehrens. Zutreffend habe das Erstgericht den erst- und drittbeklagten Parteien einen Verstoss gegen ihre unternehmerische Warnpflicht sowie dem Zweitbeklagten einen Bauaufsichtsfehler, jeweils zu Lasten der Klägerin als Werkbestellerin, angelastet. Der Ersatz ihres Prozesskostenaufwandes im Vorprozess samt Verzögerungs-(Zins-)schadens sei aber ein aus § 1037 ABGB abzuleitender teilbarer, sodass mangels Behauptung eines unterschiedlichen Verfahrensaufwandes im Vorprozess, welcher auch im Interesse der Streitteile geführt worden sei, nur von einer Schadenstragung zu je einem Drittel auszugehen sei, gestaffelt überdies nach den Zeitwerten der erfolgten Streitverkündungen im Vorprozess.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil weder eine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur zur Beurteilung "gestaffelter Regressverhältnisse" noch eine Auseinandersetzung mit der Frage vorliege, ob der Regressanspruch des Solidarschuldners bereits mit der bloßen Schaffung eines Exekutionstitels gegen den Solidarschuldner entstehe; darüberhinaus fehle in der jüngeren höchstgerichtlichen Judikatur eine Erörterung der Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen eine gegenüber dem mit der Bauleitung Beauftragten ausgesprochene Warnung den Werkunternehmer von seiner Warnpflicht gegenüber dem Werkbesteller befreie.

Gegen dieses Urteil richten sich die jeweils auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revisionen aller drei beklagten Parteien jeweils mit dem Rechtsmittelantrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen sie den Antrag stellt, den Rechtsmitteln ihrer Prozessgegner den Erfolg zu versagen und die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes hinsichtlich der erhobenen Leistungsbegehren nicht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Einklang steht, insgesamt jedoch nur teilweise berechtigt.

Auszugehen ist davon, dass die Klägerin im gesamten Verfahren erster Instanz nie vorgebracht hatte, dass sie von den nunmehr zum Ersatz verlangten Beträgen (einschließlich ihrer eigenen im Vorprozess aufgelaufenen und im Klagebegehren enthaltenen Prozesskosten) bisher auch Zahlungen an die dort obsiegende klagende Partei (Verlassenschaft) bzw ihren Rechtsvertreter (betreffend die eigenen Prozesskosten) geleistet habe, sondern beharrt auch in ihren Revisionsbeantwortungen darauf, dass ihre Verpflichtung (laut Urteile im Vorprozess), Zahlung zu leisten, genügen müsse. Hiezu ist folgendes zu erwidern:

Voraussetzung für einen Regressanspruch nach § 896 ABGB ist das Bestehen eines Solidarschuldverhältnisses. Diese (erste) Voraussetzung trifft auf die Klägerin und die drei nunmehrigen Beklagten zu (siehe hiezu den vergleichbaren und ebenfalls aus einer Bauführung erwachsene Schäden einer Nachbarliegenschaft behandelnden Fall in SZ 56/185). Nach § 896 Satz 1 ABGB ist "ein Mitschuldner zur ungeteilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, berechtigt, auch ohne geschehene Rechtsabtretung von den übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältnis unter ihnen besteht, zu gleichen Teilen zu fordern."

Weitere Voraussetzung dieses Regressrechtes ist somit eine Leistung im Rahmen einer Solidarschuld (Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 5 zu § 896; SZ 43/15 ["Ausgleichsanspruch nach Erfüllung von Ersatzansprüchen"]; SZ 56/185 ["wenn einer der Gesamtschuldner den Schaden allein ersetzt"]; SZ 62/51 ["entfallenden Anteil getilgt"];

SZ 62/66 ["der Zahlende kann von den übrigen Ersatz fordern"];

MietSlg 21.098 ["der Zahler, der das gesetzliche Rückgriffsrecht geltend macht"]). Dies folgt an sich bereits aus dem vom ABGB selbst (seit der Stammfassung unverändert) gewählten Ausdruck "abgetragen":

"Abtragen" bedeutet hiebei nämlich nichts anderes als eine Schuld be- oder zurückzahlen (vgl hiezu etwa Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 12, 101; ders, Deutsches Universalwörterbuch, 43; ders, Die sinn- und sachverwandten Wörter, Band 82, 24; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 1, 98). Wer Rückgriff nehmen will, muss also seiner wirtschaftlichen Disposition unterliegende Eigenmittel für die Zahlung verwendet haben oder diese zumindest auf seine Rechnung (zB durch einen Versicherer) erfolgt sein (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 896; 8 Ob 582, 583/83). Demgemäß läßt - wovon auch das gesamte einschlägige Fachschrifttum ganz einhellig ausgeht (Gamerith, aaO Rz 2 zu § 896; Koziol/Welser I10 306; Gschnitzer in Klang IV/12 313; ders in Entscheidungsbesprechung JBl 1959, 344; ders, Schuldrecht AT2 255; Mayrhofer, Schuldrecht AT3 108 ["Rückgriffsanspruch setzt voraus, dass ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt hat"]; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 14/23; Huber in Entscheidungsbesprechung JBl 1986, 319 ["liegt es beim Regressgläubiger, ob er den potentiell bereits entstandenen Regressanspruch durch Zahlung an den geschädigten Dritten zum Leben erweckt, sodass er gegen den Regressschuldner mit einem Leistungsbegehren vorgehen kann"]) - erst die tatsächliche Zahlung, nicht aber schon die Entstehung des Schadens oder die Geltendmachung des Anspruches durch den geschädigten Dritten, den Regressanspruch entstehen. Dies hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits seit jeher so ausdrücklich erkannt und ausgesprochen (SZ 51/97, 54/12, 56/185, 57/197, 58/122, 60/73, 60/91, 62/51, 62/66, 70/241; ecolex 1996, 668; ZVR 1996/115 und 1998/120; 6 Ob 2244/96k; 6 Ob 40/98w; RIS-Justiz RS0017558, RS0032265, RS0017519, RS0017558, RS0017390, RS0028394). Dieses Ergebnis entspricht im übrigen auch der (wiederum einhelligen) Auffassung der Ur-Kommentatoren des ABGB (Zeiller, Commentar [1812], Band 3, 78 ["für das, was er zur Befriedigung des Gläubigers geleistet hat"]; Winiwarter, Das österreichische bürgerliche Recht [1837], vierter Teil, 54 ["derjenige, welcher das Ganze bezahlt hat"]; Stubenrauch, Commentar zum österr ABGB8 [1903], Band 2, 71 ["Correalschuldner, der das Ganze bezahlt hat"]).

Dieser somit klare und eindeutige Wortlaut des § 896 Satz 1 ABGB knüpft damit an § 1302 letzter Halbsatz ABGB an, welche Bestimmung - ebenfalls - demjenigen von mehreren solidarisch haftenden Schädigern den Rückersatz gegen die übrigen vorbehält, der den Schaden "ersetzt hat". Nach dieser ausdrücklichen (doppelten) Anordnung des Gesetzgebers entsteht daher der Rückersatzanspruch nach § 1302 iVm § 896 ABGB nicht schon mit dem Schaden selbst oder mit der Geltendmachung des Anspruches durch den geschädigten Dritten, sondern erst dann, wenn und soweit der über den von ihm im Innenverhältnis endgültig zu tragende Anteil hinaus in Anspruch genommene und damit grundsätzlich forderungsberechtigte Solidarschuldner dem geschädigten Dritten auch tatsächlich Ersatz geleistet hat (abermals stRsp: SZ 18/148, 42/172, 51/97, 54/12, 56/185, 57/197, 69/78). Erst die wirkliche, tatsächliche Zahlung läßt also den Regressanspruch entstehen und setzt dann auch allfällige Fristen zu seiner Geltendmachung (speziell der Verjährung) in Lauf (SZ 54/12, 60/73, 69/78; ecolex 1996, 668 und 746). Die bloße Möglichkeit, zur Zahlung herangezogen zu werden, gibt noch kein Rückgriffsrecht (JBl 1959, 344 [zustimmend Gschnitzer] = EvBl 1959/139; SZ 54/12, 57/197; Gamerith, aaO Rz 2 und 4 zu § 896).

Das Berufungsgericht tritt dieser einhelligen Entscheidungs- und Literaturkette, die ihrerseits ganz ohne Gegenmeinung der Judikatur folgt, nur mit dem Argument entgegen, dass bereits ein (rechtskräftiger) Exekutionstitel gegen den Regressierenden ausreiche, weil er ja "ab diesem Zeitpunkt jederzeit mit einer Exekutionsführung gegen sich zu rechnen habe". Diese Mutmaßung mag (im Einzelfall) zutreffen, lässt sich jedoch mit dem wiedergegebenen Gesetzeswortlaut nicht in Einklang bringen. Nach Auffassung des Senates kann es daher - ausgehend von diesem klaren und unmissverständlichen Gesetzeswortlaut (§ 6 ABGB: § 1302 ABGB - "doch bleibt demjenigen, welcher ... ersetzt hat, der Rückersatz ... vorbehalten"; § 896 ABGB - "abgetragen"; vgl auch § 1313 ABGB - "Rückersatz") - keinem ernsthaftem Zweifel unterliegen, dass die bloße Möglichkeit, zur Zahlung herangezogen zu werden, mag diese auch durch einen bestehenden Exekutionstitel wahrscheinlich und ernsthaft sein, noch kein Rückgriffsrecht gibt, also auch dann nicht, wenn der regressierende Solidarschuldner bereits einen solchen rechtskräftigen Titel (über die Gesamtforderung) gegen sich hat. Von einer - wie die Klägerin es in ihren Revisionsbeantwortungen formuliert - falschen, "am Wortlaut klebenden" Auslegung des Gesetzeswortlautes kann damit keine Rede sein. Da die Klägerin den der Eigentümerin der Nachbarliegenschaft entstandenen Schaden bisher - gegenteiliges hat sie weder behauptet noch unter Beweis gestellt - nicht ersetzt, also "aus dem Ihrigen abgetragen" hat, ist sie - jedenfalls derzeit - (noch) nicht berechtigt, von den beklagten Parteien Rückersatz des in der Klage begehrten Betrages zu verlangen (SZ 60/91). Gegenteiligenfalls käme es nicht nur zum unhaltbaren Ergebnis, dass eine Partei die im Gesetz angeführten und anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale zur Begründung ihres Anspruches entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut nicht einmal vorzubringen hätte, sondern auch dem unter Umständen unbefriedigenden Ergebnis, dass der (in der Folge regressierende) Gesamtschuldner mit seinen Gläubigern sogar einen (gänzlichen oder teilweisen) Schulderlass in Bezug auf seine Person vereinbaren oder sich hierüber (außergerichtlich, vorprozessual) vergleichen, jedoch dennoch von seinen Mitschuldnern Ersatz begehren und auch zugesprochen erhalten könnte, wobei diesen zwar der Einwand der Entsagung durch den Gläubiger gegenüber ersterem offenstünde, der Beweis hierüber jedoch kaum oder nur schwerlich zu erbringen wäre. Gemäß § 894 zweiter Halbsatz ABGB gilt der Erlass der Schuld durch einen Gläubiger gegenüber einem Gesamtschuldner im Zweifel ja nur für diesen (SZ 56/21; Gamerith, aaO Rz 4 zu § 894; Apathy, aaO Rz 1 zu § 894), sodass - im Falle der Bejahung eines dennoch ungekürzten Regresses gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern - die Klägerin betraglich unter Umständen (wesentlich) mehr erhielte, als sie ihrerseits ihrem Gläubiger gezahlt ("abgetragen") hat.

Dieses Ergebnis hat aber - konsequenterweise - dann auch für den weiteren, vom Klagebegehren erfassten Rückersatz der eigenen Prozesskosten der Klägerin zu gelten. Rechtsgrundlage hiefür ist nach nunmehr herrschender Auffassung (SZ 70/241; jüngst 1 Ob 232/99w) zwar nicht § 896 (§ 1302) ABGB, sondern § 1037 ABGB, aber auch hier ist der Regress (Überwälzung) gegen den trotz Streitverkündung nicht beigetretenen anderen Gesamtschuldner nur dem zahlenden Gesamtschuldner, der die Prozesskosten (im Vorprozess) und dem Geschädigten dessen Verzögerungsschaden gezahlt hat, vorbehalten (so nochmals bereits der entsprechende Leitsatz zu SZ 70/241 sowie weitere Nachweise in RS0109200). Mangels Behauptung auch einer diesbezüglich getätigten Leistung(serfüllung) aus dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozess sind daher auch die weiteren klagegegenständlichen Positionen - derzeit - tatsächlich nicht regressfähig, weshalb das Klagebegehren insoweit (in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen) abzuweisen war.

Anders verhält es sich bei dem ebenfalls erhobenen und vom Berufungsgericht gleichfalls bejahten Feststellungsbegehren. Bereits in der Entscheidung 2 Ob 212/73 vom 20. 12. 1974 (SZ 46/128) hat der Oberste Gerichtshof nämlich ausgesprochen, dass zwar der Rückgriffsanspruch nach § 1302 (letzter Satz), § 896 ABGB nicht schon mit dem Schadensereignis, sondern erst dann entsteht, wenn wirklich Ersatz geleistet worden ist, dies jedoch nicht als ein auch einem darauf gerichteten Feststellungsbegehren entgegenstehendes Hindernis zu beurteilen sei, hiefür vielmehr einzig maßgebend sei, dass und ob künftige Ersatzforderungen des Klägers möglich sind. Dieser entscheidende Gesichtspunkt ist hier schon deshalb zu bejahen, weil der Klägerin gegenüber bereits mit dem einleitend der Entscheidungsgründe wiedergegebenen Endurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. 4. 1997 im Vorprozess 7 Cg 97/95s rechtskräftig festgestellt wurde, dass sie für sämtliche Bauschäden, die als Folge der Bauarbeiten am Grundstück der Nachbarliegenschaft entstehen, zu haften habe, weil künftige Schäden nicht ausgeschlossen werden können. Da somit künftige Ersatzforderungen wegen Folgeschäden gegenüber der Klägerin möglich sind, kann es ihr auch nicht verwehrt werden, ein entsprechendes Feststellungsbegehren (schon zur Vermeidung allfälliger künftiger Verjährungseinwände) gegen die Beklagten zu erwirken. Dies wurde überigens auch bereits in der früheren Entscheidung 2 Ob 311/69 vom 13. 11. 1969 bejaht. Soweit freilich im Leitsatz der Veröffentlichung dieser Entscheidung in SZ 42/172 eine Anspruchsverengung dahingehend formuliert wurde, dass ein solches Feststellungsbegehren nur zulässig sei, wenn der Kläger mit dem Rückgriff eines Mitverpflichteten gemäß §§ 896, 1302 ABGB rechnen müsse (insoweit verkürzt wiedergegeben auch von Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 896), entspricht dieser nicht den tatsächlichen Entscheidungsgründen, wonach das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden damit begründet wurde, dass (künftige) Ersatzforderungen des Klägers durchaus möglich sind. Einer solchen Einschränkung könnte auch inhaltlich nicht beigepflichtet werden. Entscheidende Voraussetzung für den Feststellungsanspruch ist die Möglichkeit künftiger Ersatzforderungen der Klägerin, sofern und soweit diese ihrerseits von der im Vorprozess obsiegenden klagenden Partei künftighin (erneut) in Anspruch genommen werden sollte (2 Ob 66/80). Dass hiebei sowohl die dem genannten Vorprozess als Nebenintervenientin beigetretene Erstbeklagte als auch die trotz Streitverkündungen nicht beigetretenen Zweit- und Drittbeklagten die Wirkungen der materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteile dieses Vorprozesses einschließlich der diesen zugrunde liegenden belastenden Tatsachenfeststellungen gegen sich gelten lassen müssen, folgt aus der Entscheidung des verstärkten Senates 1 Ob 2123/96d (SZ 70/60), und bedarf demgemäß keiner weiteren Begründung. Soweit die Revisionen der beklagten Partei daher auch gegen das erhobene und vom Berufungsgericht zutreffend bejahte Feststellungsbegehren der Klägerin gerichtet sind, kommt ihnen somit keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Bezogen auf den Streitwert des Leistungsbegehrens (S 607.446,64) war das Feststellungsbegehren (Streitinteresse S 30.000) von derart untergeordneter Bedeutung, dass das Obsiegen der Klägerin bloß hinsichtlich des Letzteren kostenmäßig zu vernachlässigen ist, weil insoweit die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 ZPO greifen. Die beklagten Parteien haben demgemäß hinsichtlich aller drei Instanzen einen grundsätzlich ungekürzten Prozesskosten- ersatzanspruch. Keinem der drei, jeweils durch einen eigenen Rechtsanwalt vertretenen Beklagten gebührt hiebei ein Streitgenossenzuschlag, weil keiner der Rechtsanwälte mehrere Personen vertrat oder mehreren Personen gegenüberstand (§ 15 RATG). Der Zweitbeklagte hat für die Streitverhandlung vom 17. 9. 1998 nur Verdienstsumme für eine Dauer von 2/2 Stunden (statt 3/2 Stunden) verzeichnet; diese Minderverzeichnung konnte gemäß § 405 ZPO nicht korrigiert werden. Die Pauschalgebühr für die Berufung der drittbeklagten Partei beträgt richtigerweise nur S 19.880 und nicht, wie verzeichnet, S 22.862 (wobei auch nur der niedrigere Betrag eingezogen wurde).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte