OGH 6Ob40/98w

OGH6Ob40/98w15.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Erich Unterer und Dr. Rainer Handl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Johann K***** , vertreten durch Dr. Thomas Schreiner, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen 163.065,50 S infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Dezember 1997, GZ 4 R 160/97x-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Handelsgerichtes vom 24. Juni 1997, GZ 3 Cg 341/94b-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Erstgericht zurückverwiesen. Diesem wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenkosten.

Text

Begründung

Eine Baugesellschaft, deren Rechtsnachfolgerin zufolge Verschmelzungsvertrages vom 28. August 1991 die klagende Partei ist, beauftragte als Generalunternehmerin zur Errichtung einer aus mehreren Stiegen bestehenden Wohnhausanlage den beklagten Spenglermeister als Subunternehmer am 21. August 1986 mit der Herstellung von Kiesfangleisten, jeweils am Terrassensaum. Trotz mehrfacher Warnung des Beklagten wegen allfälliger Kippgefahr und Erschwerung des Wasserabflusses bei einer Ausführung laut Detailplan bestand der zuständige Bauleiter der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei auf einer Konstruktion laut Detailplan. Die vom Beklagten noch 1986 gemachten Kiesfangleisten weisen sowohl Konstruktions- als auch Ausführungsfehler auf. Der entstandene Spalt (in Terrassen) wurde bereits ab 1989 oder 1990 sichtbar und vergrößerte sich wesentlich. Am 9. November 1990 überwies die klagende Partei dem Beklagten den einbehaltenen Haftrücklaß. 1992 kam es infolge Verschiebung der Kiesfangleiste zum Absturz einer Betonplatte des Terrassenbelages. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 1993 verständigte die Hausverwaltung des Hauses die klagende Partei von Mängeln am Haus. Erstmals mit Schreiben vom 4. Mai 1993 teilte die klagende Partei dem Beklagten die vorliegenden Mängel mit. Der Beklagte lehnte nach Besichtigung eine kostenlose Sanierung ab, die klagende Partei ließ die Mängel auf ihre Kosten beheben. Nicht festgestellt werden konnte, auf welcher Grundlage der von der Hausverwaltung erhobene und von der klagenden Partei offenbar anerkannte Anspruch beruht.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten, soweit hier relevant, die Zahlung von 163.065,50 S sA - erkennbar - als Ersatz der von ihr getragenen Verbesserungskosten, gestützt auf Schadenersatz des Bestellers ex contractu gegenüber dem Beklagten als Unternehmer, und auch als Gehilfenregreß nach § 1313 zweiter Satz ABGB.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Die zweite Instanz hob dieses Urteil auf und führte aus, das Erstgericht werde sich nach Klärung des Zeitpunktes der Schadenserkennung erforderlichenfalls mit dem Verhältnis der klagenden Partei zu ihrem Vertragspartner auseinanderzusetzen und unter Beachtung des Parteienvorbringens, allenfalls nach Erörterung des Vorbringens und Ergänzung des Verfahrens Feststellungen darüber zu treffen haben, ob und inwieweit die klagende Partei verpflichtet gewesen sei, Leistungen aus dem Titel des Schadenersatzes zu erbringen. Nur in diesem Ausmaß könne sie Ersatz vom Beklagten begehren.

Im zweiten Rechtsgang wiesen beide Vorinstanzen das Klagebegehren ab. Das Erstgericht vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, mangels entsprechendem Vorbringens der klagenden Partei sei eine Grundlage für einen Schadenersatzanspruch der Hausverwaltung bzw anderer Personen gegenüber der klagenden Partei nicht erweislich, sodaß ein Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegenüber dem Beklagten zu verneinen sei. Die Tatsache allein, daß die Hausverwaltung eine entsprechende Sanierung "massiv gefordert" habe, vermöge nämlich einen Ersatzanspruch gegenüber dem Beklagten nicht zu begründen. Da die klagende Partei weder Eigentümerin des Hauses sei, noch anderweitiges konkretes Vorbringen zur Begründung ihrer eigenen Ersatzpflicht erstattet habe, sei das Klagebegehren unbegründet. Es erübrige sich daher ein Eingehen auf die Frage der Verjährung bzw eines allfälligen Mitverschuldens der klagenden Partei.

Die zweite Instanz billigte im wesentlichen diese Auffassung und erachtete die ordentliche Revision als nicht zulässig.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Auf eine längst verfristete Gewährleistung war das Klagebegehren zu Recht nie gestützt. Im Werkvertragsrecht bestehen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche in voller Konkurrenz nebeneinander. Damit kann der Besteller wegen Mängel des Werkes auch noch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB vom Unternehmer das im Deckungskapital des Verbesserungsaufwandes liegende Erfüllungsinteresse fordern, sofern die Mängel auf dessen rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zurückzuführen sind (vstSenat 1 Ob 536/90 = SZ 63/37 = JBl 1990, 648 [Reischauer] und die folgende stRspr, zuletzt 2 Ob 217/98w; RIS-Justiz RS0021755). Unabhängig davon und der Tatsache, daß der Werkunternehmer, der einen Teil der Arbeiten weitergibt, gegen seinen Subunternehmer als Besteller eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung hat (6 Ob 525/90 = ecolex 1990, 406), konkurriert ein allfälliger eigener Schadenersatzanspruch des Generalunternehmers gegen seinen Subunternehmer wegen Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem (Sub)Werkauftrag nicht mit seinem spezielleren Regreßanspruch (vgl zur Konkurrenz Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 17/21 mwN in FN 48). Der Klageanspruch ist daher unter beiden Aspekten zu prüfen:

b) Die Solidarhaftung des Geschäftsherrn (ex contractu nach § 1313a ABGB) und seines Erfüllungsgehilfen (ex delicto nach §§ 1295, 1299 ABGB) gegenüber dem geschädigten Dritten rechtfertigt iSd § 1302 letzter Halbsatz ABGB die Anwendung der Vorschriften über die vertragliche Solidarschuld und damit insbesonders § 896 erster Satz ABGB (stRspr: JBl 1977, 49 mwN ua; RIS-Justiz RS0017495). Auch der Generalunternehmer hat gegen seinen Subunternehmer als Erfüllungsgehilfen iSd § 1313a ABGB einen solchen Regreßanspruch nach § 1313 zweiter Satz ABGB. Nach Lehre und Rspr läßt erst die tatsächliche Zahlung oder Erfüllung - und nicht schon die Entstehung des Schadens oder die Geltendmachung des Anspruchs durch den geschädigten Dritten - den Regreßanspruch entstehen (SZ 51/97, SZ 56/185, SZ 63/211 ua, je mwN, zuletzt 4 Ob 2017/96p = SZ 69/78; RIS-Justiz RS0028394; Gamerith in Rummel2, § 896 Rz 2 bis 4). Ob daher der klagenden Partei ein im Regreß ersatzfähiger Vermögensschaden - durch den von ihr vorgenommenen Verbesserungsaufwand (Deckungskapital) - entstanden ist, hängt davon ab, ob sie Ansprüche ihres Vertragspartners zu befriedigen hatte, weil sie für ihren Subunternehmer als Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB einstehen mußte. Überdies muß es sich um berechtigte Ansprüche des Ersatzberechtigten handeln, weil § 1313 zweiter Satz ABGB voraussetzt, daß die Haftung des Geschäftsherrn (hier: des Generalunternehmers) tatsächlich besteht (Harrer in Schwimann2, § 1313 ABGB Rz 2). Damit hat aber die von der zweiten Instanz relevierte Frage nach dem Vertragspartner des Generalunternehmers und danach, ob die klagende Partei etwa bloß aus Kulanz oder zufolge rechtlicher Verpflichtung die Verbesserung des behauptetermaßen mangelhaften Werkes des beklagten Subunternehmers vornahm, Bedeutung. Das Vorbringen der klagenden Partei, Ansprüche der Hausverwaltung befriedigt zu haben, erweist sich insoweit als unschlüssig, weil die Hausverwaltung gegen die klagende Partei und ihre Rechtsvorgängerin (als Generalunternehmerin bei der Errichtung einer Wohnhausanlage) keinen Anspruch auf Verbesserung des mangelhaften Werkes hatte. Wieso die klagende Partei aber Verbesserungsaufforderungen der "Hausverwaltung", mit der sie in keinem Vertragsverhältnis stand, nachzukommen hatte, blieb im Verfahren trotz Aufforderung durch die Erstrichterin offen und damit das Klagebegehren insoweit unschlüssig, steht doch die klagende Partei zur Hausverwaltung des Hauses bzw den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten in keinen Rechtsbeziehungen. Umstände, aus denen sich eine Schadenersatzpflicht der klagenden Partei für die Sanierungskosten der Kiesfangleisten ergaben, waren mangels entsprechender Behauptung - trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die Erstrichterin (ON 32 AS 205 f) aufgrund des Aufhebungsbeschlusses der zweiten Instanz im ersten Rechtsgang - nicht erweislich. Die klagende Partei machte erstmals in ihrer im zweiten Rechtsgang erhobenen Berufung als Neuerung deutlich, daß die Hausverwaltung (A***** Gebäudeverwaltung Gesellschaft mbH) Rechtsnachfolgerin des Bauherrin (A***** Immobilien- und Beteiligungs Gesellschaft mbH) sei (ON 36 AS 249). Ob daher der Bauherr gegen die klagende Partei als Rechtsnachfolgerin des Generalunternehmers einen Verbesserungsanspruch wegen der Ablieferung eines mangelhaften Werkes hätte oder ob dieser im Zeitpunkt seiner Geltendmachung bereits verjährt war (vgl dazu SZ 69/78 ua; Harrer aaO § 1313 ABGB Rz 3), kann aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geprüft werden. § 1313 zweiter Satz ABGB ist demnach hier kein tauglicher Rechtsgrund für eine Klagestattgebung. Dieser Rechtsgrund ist damit abschließend erledigt.

c) Nach ständiger Rechtsprechung steht der Subunternehmer, der vom nicht zur persönlichen Ausführung des Werkes verpflichteten Generalunternehmer den Auftrag erhält, einen Teil des dem Generalunternehmer obliegenden Werkes auszuführen, nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen (JBl 1992, 387 uva, zuletzt 1 Ob 100/98g;

RIS-Justiz RS0021876; Krejci in Rummel2, §§ 1165, 1166 ABGB Rz 79;

Adler/Höller in Klang2 V 379). Die beiden Rechtsbeziehungen zwischen den drei Beteiligten sind grundsätzlich getrennt (Rebhahn in Schwimann2, § 1165 ABGB Rz 50 mwN). Der Subunternehmer ist selbständiger Erfüllungsgehilfe des Generalunternehmers (SZ 62/185 = JBl 1990, 587; JBl 1992, 387 ua; RIS-Justiz RS0021876; Rebhahn aaO § 1165 ABGB Rz 48 mwN). Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer bestehen unabhängig davon, welche Ansprüche zwischen dem Bauherrn und dem Generalunternehmer bestehen und in welchem Umfang davon Gebrauch gemacht wird. Von diesem Grundsatz ist der Oberste Gerichtshof auch in seiner Entscheidung SZ 62/185 ausgegangen und hat ihn an die Spitze seiner Ausführungen gestellt. Es wurde in dieser Entscheidung lediglich - deutscher Lehre und Rspr folgend - eine partielle Verknüpfung der Verträge im dreipersonalen Verhältnis nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung in den Fällen für notwendig und geboten erachtet, in denen die Leistungen des General- und des Subunternehmers so eng miteinander verbunden und gegenseitig abhängig sind, daß eine strikte Trennung zu grob unbilligen Ergebnissen führen müßte (Rebhahn aaO Rz 51). Dies wurde in der Entscheidung SZ 62/185 dahin berücksichtigt, daß dann, wenn der Bauherr dem Generalunternehmer gegenüber nicht auf Verbesserung besteht und der Bauvertrag insofern einvernehmlich abgeändert worden ist, diese Abänderung soweit auf den Subunternehmer durchschlägt, als der Generalunternehmer vom Subunternehmer nun nicht mehr ein Werk fordern kann, das jener selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen hat. Allerdings hindert dies den Generalunternehmer nicht, vom Subunternehmer eine angemessene Entgeltsminderung zu verlangen. In den Entscheidungen JBl 1992, 387 und 8 Ob 651/93 = ecolex 1994, 314 = HS 24.598, 24.612 wurde zwar grundsätzlich auf die mögliche partielle Verknüpfung der Verträge hingewiesen, ein solches "Durchschlagen" aber dort nicht für notwendig erachtet; in der Entscheidung JBl 1992, 387 ging es nicht um Fragen der Gewährleistung, sondern um Mehrleistungen und Fragen des § 1170a Abs 2 ABGB; in der Entscheidung 8 Ob 651/93 um die unterlassene Bestätigung des Generalunternehmers in Ansehung eines dem Subunternehmer vom Besteller direkt erteilten Zusatzauftrags. Der erkennende Senat wies in seiner Entscheidung 6 Ob 602/92 über ein Feststellungsbegehren, die beklagte Partei habe für alle Ansprüche einzustehen, die sie an einen Dritten aus dem Titel der Gewährleistung, der Mängelfolgeschäden und des Schadenersatzes im Zusammenhang mit näher bezeichneten Baumeisterarbeiten zu erbringen habe, die zugelassenen Rechtsmittel zurück, brachte aber zum Ausdruck, ein "Durchschlagen" vertraglicher Nebenbestimmungen, die nicht ausdrücklich oder konkludent in den Subunternehmervertrag aufgenommen wurden, wie eine vom - dispositiven - Gesetz abweichende Gewährleistungs- vereinbarung komme keinesfalls in Betracht.

Die in der Entscheidung SZ 62/185 im einzelnen dargelegten Erwägungen bedeuten für den vorliegenden Fall bei sachgerechter Vertragsauslegung insoweit keine solche Verknüpfung der beiden Vertragsverhältnisse, daß der Generalunternehmer vom Subunternehmer nicht Schadenersatz für den Mangelschaden fordern könnte, zumal der Beklagte Umstände, die für eine solche Verknüpfung der beiden Vertragsverhältnisse und grob unbillige Ergebnisse sprechen würden, gar nicht vorgebracht hat. Im vorliegenden Fall wurden ja an die klagende Partei Verbesserungsansprüche herangetragen, wenngleich nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht vom Bauherrn, sondern von der Hausverwaltung. Aus diesen Erwägungen muß das Verfahren in erster Instanz über die übrigen Einwendungen des Beklagten (Mitverschulden der klagenden Partei wegen Berücksichtigung nicht [mehr] bestehender Verbesserungspflichten, Verletzung der Schadensminderungspflicht, Verjährung) fortgesetzt und müssen Feststellungen getroffen werden, die eine sichere rechtliche Beurteilung zu diesen Fragen zulassen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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