OGH 3Ob224/98g

OGH3Ob224/98g16.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Ing. Hans Peter L*****, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte und widerklagende Partei Gudrun L*****, vertreten durch Dr. Hermann Fina, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 19. Juni 1998, GZ 4 R 195/98p-36, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 13. Februar 1998, GZ 4 C 100/95x-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird dahin Folge gegeben, daß der Verschuldensausspruch des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Dem Kostenrekurs der klagenden und widerbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 11.830,56 (darin enthalten S 1.971,76 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 12.072 (darin enthalten S 1.352 Umsatzsteuer und S 3.960 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 20. 10. 1981 die Ehe geschlossen, die für beide Seiten die zweite war. Der Ehe entstammen keine Kinder. Aus erster Ehe stammen zwei Kinder des Klägers und ein Sohn der Beklagten. (Die Nennung der Parteistellung im Verfahren über die Widerklage unterbleibt in der Folge zur Vereinfachung.)

Die Ehe verlief anfangs harmonisch. Zu Beginn verbrachten die Streitteile ihre Freizeit zusammen. Der Kläger begleitete die Beklagte zu Konzerten. Sie kaufte sich eine Fischereiausrüstung und nahm Tennisstunden, um die vom Kläger bevorzugten Hobbys mit ihm ausüben zu können. Beim Tennisspielen zog sich die Beklagte eine Verletzung zu. Um weiterspielen zu können, wäre eine Operation nötig gewesen. Dieser hat sie sich aber nicht unterzogen und somit mit dem Tennisspielen aufgehört. Auch das Fischen hat die Beklagte nach einiger Zeit von sich aus aufgegeben. Der Kläger ist vom Beginn der Ehe an seinen Freizeitaktivitäten in ausgedehntem Maß nachgegangen. Beispielsweise fuhr er ohne die Beklagte nach Alaska und über das Wochenende nach Kroatien zum Fischen. In den 13 Ehejahren fuhr er insgesamt dreimal, jeweils für zwei Wochen, nach Alaska. Bei diesen Urlauben wurde in Schlafsäcken genächtigt und es handelte sich um Urlaube "Natur pur". Bei diesen Urlauben hatte es sich um eine reine Männerrunde gehandelt und wurde nie eine Frau mitgenommen. Die Beklagte hat auch niemals ein Interesse daran bekundet, mit nach Alaska zu fahren. Nach Kroatien zum Fischen fuhr der Kläger ein bis zweimal pro Jahr. Bei diesen Fahrten wurde er einmal von seiner Frau begleitet, diese wollte dann allerdings in weiterer Folge nicht mehr mit ihm zum Fischen fahren, weshalb er dann alleine fuhr, wobei sie von diesen Fahrten immer informiert war.

Der Kläger verbrachte auch einen großen Teil seiner Freizeit mit Freunden und versuchte - wegen des mangelnden Interesses der Beklagten aber ohne Erfolg - diese in seinen Freundeskreis zu integrieren. Nach der Arbeit ging der Kläger regelmäßig auf ein Bier und kam zwischen 19.30 Uhr und einige Male auch gegen 22.00 Uhr nach Hause. Es gab somit keine gemeinsamen Abendessen. Auch die Samstage verbrachte der Kläger im Laufe der Zeit ohne die Beklagte größtenteils außer Haus, spielte Tennis und kam mehrmals spätabends oder erst am Sonntag in den frühen Morgenstunden nach Hause. Die Beklagte machte ihm deshalb keine Vorhaltungen. Erst wenn er ihrer Meinung nach zu oft abwesend war bzw verschiedene Dinge zusammenkamen, machte sie ihm deshalb Vorwürfe.

Zu den freizeitmäßigen Abwesenheiten des Klägers kamen noch berufsbedingte dazu. Die Beklagte konnte sich trotz anfänglichem Bemühen für die Hobbys des Klägers einfach nicht begeistern, weshalb sie in weiterer Folge an seinen Freizeitaktivitäten nicht mehr teilnahm.

Eine große Belastung in der Beziehung der Streitteile waren die Kinder des Klägers aus erster Ehe. Die Streitteile hatten zu Beginn ihrer Ehe einige Ausflüge mit allen gemeinsamen Kindern gemacht, so auch einen gemeinsamen Urlaub in Jesolo. Sie feierten auch mit den jeweils aus der ersten Ehe stammenden Kindern Weihnachten, wobei sich bei diesen Feiern die Beklagte bald zurückzog. Der Kläger warf ihr immer wieder ihre ablehnende Haltung gegenüber seinen Kindern vor, so auch, daß sie diese niemals zum Essen einlud, ebensowenig wie seine Mutter, bei welcher sie dagegen sehr häufig eingeladen waren. Wenn die Kinder des Klägers zu Besuch kamen, zog sich die Beklagte zurück und schuf dadurch eine ungemütliche, unangenehme Atmosphäre. In weiterer Folge traf sich der Kläger daher mit seinen Kindern außerhalb der Wohnung. Die Beklagte rechtfertigte ihr Verhalten damit, daß sie die für die Kinder nach der Scheidung ihrer Eltern ohnehin schwierige Situation nicht noch schlimmer machen und sich nicht in interne Familienangelegenheiten einmischen wolle. Tatsächlich hat sie aber die Kinder des Klägers aus erster Ehe nie vollständig akzeptiert oder geachtet. Darunter hat der Kläger sehr gelitten.

Die Beklagte und ihr Sohn hatten zeitweilig Probleme, dessen Studium zu finanzieren, da die Unterhaltszahlungen von dessen Vater nicht regelmäßig geleistet wurden. Sie ersuchte daher den Kläger um finanzielle Unterstützung für das Studium ihres Sohnes, der Kläger entsprach dieser Bitte aber nicht.

Im Jahr 1992 erlitt die Beklagte eine Knieverletzung. Sie mußte drei Wochen liegen und konnte sich in der folgenden Zeit nur auf Krücken fortbewegen. In dieser Zeit war der Kläger nur selten zu Hause und es kümmerte sich deren Sohn um die Beklagte. Dieser brachte seine Mutter auch mehrmals zur Therapie. Infolge eines ungeklärten Nervenfiebers war die Beklagte vom 20. 8. bis 26. 8. 1992 im Krankenhaus. Ob der Kläger die Beklagte in dieser Zeit besucht hat oder nicht, kann nicht festgestellt werden.

Bereits vor dem Jahr 1992 (ca seit 1990) hatte es Gespräche über eine Scheidung gegeben. Ab dem Jahr 1992 begann es in der Ehe stärker zu kriseln und es waren auch die geschlechtlichen Kontakte seit dieser Zeit eingeschränkt. Es kann nicht festgestellt werden, welcher der Streitteile für diesen Umstand verantwortlich ist bzw was die Ursache dafür war. Der letzte geschlechtliche Kontakt war im Mai 1995.

Im Jahr 1994 zog die Beklagte aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus und nächtigte seitdem im Zimmer ihres Sohnes, der zu dieser Zeit in Graz studierte. Grund dafür waren die unterschiedlichen Schlafgewohnheiten der Streitteile. So ging die Beklagte früher zu Bett als der Kläger und wurde von ihm regelmäßig in der Einschlafphase aufgeweckt, zumal er vor dem Einschlafen noch gerne im Bett die Zeitung las. Die Streitteile haben über diese Problematik auch gesprochen und es hat sich der Kläger bemüht, sich beim Zubettgehen ruhiger zu verhalten. Er hat allerdings das Zeitunglesen nicht aufgegeben. Die Beklagte, die sich durch die vom Kläger beim Zeitunglesen verursachten Geräusche in ihrer Einschlafphase gestört gefühlt hatte, übersiedelte dann, ohne den Kläger zu informieren, in das Zimmer ihres Sohnes.

Im April 1995 kam es zwischen den Streitteilen zu einem großen Streit. Am 1. 5. 1995 trafen sich die Streitteile zu einem klärenden Gespräch, bei welchem sie eine einvernehmliche Scheidung, die ungefähre Aufteilung des Hausrates und Unterhaltsfragen besprachen. Die Beklagte äußerte den Wunsch, daß der Kläger möglichst bald aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen soll. Dies tat er dann auch am 1. 6. 1995. Die Beklagte hat Sachen des Klägers, die sie noch gefunden hatte, zu den bereits von ihm gepackten Sachen dazugelegt. Auch hat sie Sachen selbst gerichtet und war, als der Kläger auszog, in der Wohnung anwesend.

Die Ehe der Streitteile war jedenfalls seit dem Auszug des Klägers unheilbar zerrüttet.

Ab August 1995 unterhielt der Kläger ein intimes Verhältnis mit einer Frau, die er Ende Juli 1995 kennengelernt hatte. Es kann nicht festgestellt werden, daß er schon vor August 1995 mit ihr ein intimes Verhältnis gehabt hätte bzw daß sie der Grund für den Auszug des Klägers aus der ehelichen Wohnung gewesen wäre.

Die Streitteile begehrten mit Klage und Widerklage jeweils die Scheidung ihrer Ehe wegen schwerer Eheverfehlungen des anderen, die Beklagte machte auch Ehebruch geltend.

Das Erstgericht erkannte auf Ehescheidung aus dem gleichgeteilten Verschulden beider Teile. Es sprach dem Kläger für den nach seiner Klagseinschränkung und dem Zugeständnis eines 50 %igen Mitverschuldens liegenden Verfahrensabschnitt Kosten von S 7.963,50 zu.

Das Berufungsgericht gab der auf Abänderung des Verschuldensausspruches in ein Alleinverschulden des Klägers gerichteten Berufung der Beklagten teilweise Folge und sprach aus, daß das Verschulden des Klägers überwiege.

Den gegen die Kostenentscheidung erhobenen Rekurs des Klägers verwies das Berufungsgericht auf seine Kostenentscheidung über das Verfahren erster Instanz.

Das Erstgericht war zu einer Verschuldensteilung dadurch gekommen, daß es dem Kläger vorwarf, sich in Zeiten, in denen die Beklagte beispielweise wegen Krankheit seiner Beihilfe besonders bedurft habe, nicht in entsprechender Weise und in entsprechendem Ausmaß um sie gekümmert habe. Weiters habe er, allerdings erst nach vollkommener Zerrüttung der Ehe, Ehebruch begangen. Auch habe er durch seine Freizeitaktivitäten in sehr ausgedehntem Maß den Partner häufig alleine gelassen, was als Eheverfehlung zu werten sei. Es sei aber dabei zu berücksichtigen, daß es teilweise die Beklagte abgelehnt habe, den Kläger in seiner Freizeit zu begleiten, und ihm auch andererseits in konkreten Fällen keine Vorwürfe gemacht oder ihn um eine Änderung gebeten hätte. Insgesamt stelle das Verhalten des Klägers in seiner Freizeit eine sonstige Eheverfehlung dar. Es liege aber auch der Beklagten eine sonstige Eheverfehlung zur Last, weil sie nach anfänglichen Versuchen keinerlei Interesse mehr an seinen Hobbys gezeigt habe. Es habe nicht festgestellt werden können, wer mit diesen allenfalls als Reaktionshandlungen zu sehenden schuldhaften Verhaltensweisen begonnen habe. Eine weitere schwere Eheverfehlung der Beklagten sei, daß sie sich, selbst wenn man ein schwieriges Verhältnis zu den Kindern nach der Scheidung der ersten Ehe des Klägers einräume, als diese älter geworden seien dennoch nicht um einen besseren Kontakt bemühte, im Gegenteil die Kinder als Rivalen und Eindringlinge nicht akzeptiert bzw abgelehnt habe.

Das Berufungsgericht pflichtete der Auffassung des Erstgerichtes, was die Eheverfehlung der Beklagten im Hinblick auf die Kinder des Klägers angeht, bei, verneinte aber eine weitere Eheverfehlung derselben. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Kläger seiner Frau im Krankheitsfalle nicht entsprechend beigestanden sei und durch ausgedehnte Freizeitaktivitäten die Beklagte vernachlässigt habe, sei von der überwiegenden Schuld des Klägers auszugehen, selbst wenn man die relativ knapp nach der festgestelltermaßen einvernehmlich erfolgten faktischen Trennung erfolgte Aufnahme einer intimen Beziehung zu einer anderen Frau nicht in die Bewertung einbeziehe.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist zulässig, weil, wie zu zeigen sein wird, das Berufungsgericht im Ergebnis von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, und auch berechtigt.

Zutreffend wird in der Revision darauf hingewiesen, daß das Berufungsgericht unberücksichtigt ließ, daß nach den von ihm als unbedenklich übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes der Kläger immer wieder versucht hatte, die Beklagte in die Ausübung seiner Hobbys einzubinden und diese gemeinsam mit ihr auszuüben. Zu Recht zeigt der Revisionswerber auch auf, daß das Berufungsgericht zu Unrecht nicht beachtete, daß sich die Beklagte grundlos von den ursprünglich gemeinsamen Freizeitaktivitäten zurückzog. Dies gilt allerdings entgegen der Auffassung des Revisionswerbers nicht für das Tennisspielen, das erst nach einer Operation wieder möglich geworden wäre. Nach Auffassung des erkennenden Senates kann im Unterlassen einer solchen Operation kein schuldhaftes Verhalten der Beklagten gesehen werden. Richtig ist, daß wegen dieses Erlöschens des ursprünglich vorhandenen Interesses der Beklagten an der gemeinsamen Freizeitgestaltung auch ihr ein mangelndes Interesse an ihrem Ehemann vorgeworfen werden muß, wie schon das Erstgericht richtig erkannt hat. Nicht zutreffend ist allerdings der Vorwurf in der Revision, auch im Verlassen des ehelichen Schlafzimmers ohne vorherige Information des Klägers sei eine schwere Eheverfehlung zu sehen. Nach den Feststellungen haben ja die Streitteile davor ein Gespräch über die Einschlafproblematik geführt, ohne daß dies allerdings zu einer wesentlichen Änderung des Verhaltens des Klägers führte, der sich lediglich bemühte, leise zu sein. Berücksichtigt man auch, daß keine Feststellungen darüber vorliegen, daß sich der Kläger nach dem Auszug der Beklagten aus dem gemeinsamen Schlafzimmer bemüht hätte, diesen wieder rückgängig zu machen, kann daraus jedenfalls ein ins Gewicht fallendes Mitverschulden der Beklagten nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Beklagte im beiderseitigen Interesse zur Vermeidung allabendlicher Konflikte beitrug.

Entgegen den Ausführungen der Revisionsbeantwortung kann in drei je zweiwöchigen Fischereiurlauben in Alaska kein die Verschuldensteilung wesentlich beeinflussender Umstand erblickt werden. Umgekehrt ist es auch keineswegs gerechtfertigt, wenn in der außerordentlichen Revision der Kläger seiner Frau mangelndes Interesse an diesen Urlauben in reiner Männergesellschaft und ohne jeglichen Komfort vorzuwerfen scheint. Wenn aber, was den sonstigen Angelsport angeht, in der Revisionsbeantwortung davon die Rede ist, die Beklagte habe sich bald in reinen Männerrunden deplaziert gefühlt und auch die Einladungen seien vom Kläger nur halbherzig ausgesprochen worden, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt.

Was schließlich die Interessen und Vorlieben der Beklagten angeht, so wurde entgegen der Auffassung derselben in der Revisionsbeantwortung sehr wohl festgestellt, daß anfangs der Kläger seine Frau auch zu Konzerten begleitete und auch mit ihr gemeinsam Urlaubsreisen machte. Daß sich der Kläger aber auch von Anfang an nicht in gleicher Weise für die Lebensgewohnheiten der Beklagten interessierte wie umgekehrt, ergibt sich aus der erstgerichtlichen Beweiswürdigung ohnehin.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist ein überwiegendes Verschulden nach § 60 Abs 2 oder 3 EheG nur dort auszusprechen, wo der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt, wobei dies in vielen Fällen dadurch präzisiert wird, daß der Unterschied so groß sein müsse, daß es subtiler Abwägungen nicht bedürfe bzw das mindere Verschulden fast völlig in den Hintergrund trete (EFSlg 20.503 und zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0057821). Zutreffend wurde zu 4 Ob 563/95 (insoweit unveröffentlicht) ausgesprochen, daß dies dadurch zu rechtfertigen sei, daß das überwiegende Verschulden im Ehegesetz grundsätzlich dem Alleinverschulden gleichgestellt werde.

Nach der jüngeren Rechtsprechung spielt nun ein Ehebruch, der erst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurde, bei der Verschuldensabwägung und insbesondere in der Frage der Zuweisung eines überwiegenden Verschuldens keine entscheidende Rolle (6 Ob 570, 571/87; EFSlg 54.465; 5 Ob 517/88 = EFSlg 57.221; 1 Ob 504/89; 2 Ob 523/90 ua). Demnach wurde diese Rechtsprechung bereits in 8 Ob 647/90 = EFSlg 63.447 (zuletzt auch in 7 Ob 2358/96g und 1 Ob 37/97s) als bereits gefestigt bezeichnet.

Berücksichtigt man nun, daß der festgestellte Ehebruch des Klägers erst nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe geschah, die zu Recht schon vom Erstgericht als mit dem einverständlichen Auszug des Klägers aus der Ehewohnung am 1. 6. 1995 eingetreten angenommen wurde, dann spielt dieser für die Verschuldensabwägung nur noch eine untergeordnete Rolle und ist nicht geeignet, ein überwiegendes Verschulden des Klägers zu begründen.

Die Ablehnung der nächsten Verwandten eines Ehepartners wurde vom Obersten Gerichtshof bereits als schwere Eheverfehlung nach § 49 EheG beurteilt (EFSlg 48.753; 3 Ob 511, 512/90). Es wurde auch festgestellt, daß der Kläger sehr unter der mangelnden Akzeptierung seiner Kinder durch seine Ehefrau gelitten hat. Was das Imstichlassen der Beklagten in ihrer Krankheit angeht, so ist es zwar richtig, daß dies für eine Zeit von drei Wochen im Jahr 1992 festgestellt wurde, als die Beklagte nach einer Knieverletzung im Bett liegen mußte. Dagegen wurde nicht festgestellt, daß der Kläger seine Frau während eines Krankenhausaufenthaltes in diesem Jahr nicht besucht hätte. Was die Freizeitgestaltung angeht, so ist zwar zu Recht dem Kläger eine ausgedehnte Ausübung seiner Hobbys ohne Rücksicht auf die Beklagte vorzuwerfen, umgekehrt aber doch auch, wie dargelegt, der Beklagten, daß sie sich aus der ursprünglichen Teilnahme an solchen Aktivitäten grundlos (jedenfalls was das Fischen angeht) zurückzog. Darüber hinaus wurde auch festgestellt, daß sich die Beklagte aus mangelndem Interesse nicht in den Freundeskreis des Klägers integrierte. Weiters ist noch zu berücksichtigen, daß auch die Abende, insbesondere des Samstags, vom Kläger größtenteils allein außer Haus verbracht wurden, womit die Beklagte jedenfalls dann nicht einverstanden war, wenn er zu oft abwesend war.

Insgesamt ergibt sich das Bild einer gegenseitigen Vernachlässigung, wobei sicherlich diesbezüglich ein größeres Verschulden den Kläger trifft, der seine Freizeitgestaltung ohne die Beklagte ja nicht auf ihm durchaus zuzubilligende Hobbys beschränkte, sondern regelmäßig nicht nach der Arbeit unverzüglich nach Hause kam, sondern noch Lokale aufsuchte. Umgekehrt wiegt das Verhalten der Beklagten gegenüber den Kindern des Klägers durch Jahre hindurch schwerer als die doch auf einen kürzeren Zeitraum beschränkte Vernachlässigung der Beklagten durch den Kläger während ihrer Bettlägerigkeit nach einem Unfall im Jahr 1992. Insgesamt - auch unter Berücksichtigung des nach unheilbarer Zerrüttung erfolgten Ehebruchs - wird man zwar dem Berufungsgericht darin beistimmen können, daß das Verschulden des Klägers schwerer wiegen mag als jenes der Beklagten, im Gegensatz zu seiner Auffassung kann aber nach Ansicht des erkennenden Senates nicht gesagt werden, daß ihr Verschulden derart in den Hintergrund trete, daß der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens, der, wie dargelegt, ja in den Rechtsfolgen dem des Alleinverschuldens gleichsteht, gerechtfertigt wäre, zumal nicht beurteilt werden kann, welches der beiderseitigen Verhalten für die Zerrüttung der Ehe maßgeblicher war.

Der außerordentlichen Revision war daher Folge zu geben.

Zufolge der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils ist nunmehr der Kostenrekurs des Klägers zu behandeln, auf den das Berufungsgericht nicht eingehen mußte (vgl 3 Ob 511, 512/90). Dieser ist allerdings nicht berechtigt. Es ist zwar richtig, daß der Kläger sowohl im Verfahren über die Klage als auch in dem über die Widerklage im Zuge des Rechtsstreites ein gleichteiliges Mitverschulden seinerseits einräumte. Zu Recht hat aber schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß dieses Zugeständnis den Verfahrensaufwand in keiner Weise verringern konnte, ist doch nach § 460 Z 9 ZPO ein Anerkenntnisurteil im Ehescheidungsverfahren unzulässig. Es entspräche auch nicht dem Gesetz, eine Ehescheidungsklage auf gleichteiliges Verschulden beider Ehegatten zu stützen. Vielmehr kann ein solches nur Ergebnis eines Mitschuldantrages oder einer Widerklage nach § 60 Abs 2 und 3 EheG sein. Daraus ergibt sich, daß richtigerweise für das gesamte erstgerichtliche Verfahren eine Kostenaufhebung nach § 43 Abs 1 ZPO erfolgen hätte müssen. Demnach kann sich der Kläger durch die Kostenentscheidung der ersten Instanz nicht mit Recht beschwert erachten.

Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Im Berufungsverfahren verzeichnete der Kläger allerdings zu Unrecht 240 % Einheitssatz. Nach § 23 Abs 9 RATG (idF der WGN 1997) ist für die Berufung und die Berufungsbeantwortung der Einheitssatz nur dann vierfach zuzusprechen, wenn in Berufungsverfahren, in denen keine Beweise aufgenommen oder keine sonstigen Ergänzungen des Verfahrens vorgenommen wurden wie im vorliegenden Fall, ein Rechtsanwalt die Berufungsverhandlung an einem Ort außerhalb des Sitzes seiner Kanzlei verrichtet (Abs 5). Dies war hier nicht der Fall, weil beide Seiten Rechtsanwälte betraut hatten, die ihren Sitz an jenem des Berufungsgerichtes haben.

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