Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 30. Dezember 1984 verstorbene Elmar A*** war Alleineigentümer von 23 Liegenschaften, Miteigentümer von zwei Liegenschaften und war auch an Gesellschaften beteiligt. Er hinterließ nach den Forderungsanmeldungen Schulden in der Höhe von rund 25 Millionen S. Zum Todeszeitpunkt waren außerdem einige Rechtsstreite bei Gericht anhängig. Der Erblasser setzte in seinem Testament vom 27. Jänner 1980 seine Ehegattin Dorothea A*** zur Alleinerbin ein und bedachte (neben einem Legat für seinen unehelichen volljährigen Sohn) seine drei ehelichen mj. Kinder mit Legaten. Das Erstgericht bestellte für die ehelichen Kinder Kollisionskuratoren. Am 28. Jänner 1985 wurde Dorothea A*** zum Verlassenschaftskurator bestellt. Ihre aus dem Testament zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung vom 12. Oktober 1985 wurde mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 17. Dezember 1985 angenommen. Ein Inventar wurde noch nicht errichtet. Die späterhin abgegebene unbedingte Erbserklärung (ON 183) wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 21. Jänner 1987 (ON 201) zu Gericht angenommen.
Das Erstgericht bestellte den Wirtschaftstreuhänder Dkfm. Mag. Karl G*** zum Sachverständigen mit dem Auftrag, innerhalb einer bestimmten Frist die Rechnungslegung der Verlassenschaftskuratorin für das Jahr 1985 zu überprüfen. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge, sondern bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Es gehöre gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG zu dem Aufgabenbereich des Außerstreitrichters, die ihm von den Parteien vorgelegten Entscheidungsgrundlagen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Er könne sich hiezu eines Gehilfen in der Person eines Sachverständigen bedienen. Daß dies mit Kosten verbunden ist, sei eine unvermeidliche Folge. Gemäß § 363 Abs 2 ZPO könne der Sachverständigenbeweis dem Richter durch die Parteien nicht entzogen werden, zumal er selbst zu beurteilen habe, inwieweit sein Wissen auf der Tatsachenebene ausreicht oder nicht. Der von der Verlassenschaftskuratorin vorgelegte Jahresabschluß 1985 in Bilanzform könne nicht als verläßliche Entscheidungsgrundlage erkannt werden, ohne daß er vorher durch einen Sachverständigen aus dem einschlägigen Fach überprüft wurde.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Verlassenschaftskuratorin mit dem Antrag, die Bestellung von Dkfm. Mag. G*** zum Sachverständigen und die an ihn gerichtete Aufforderung, ihre Rechnungslegung zu überprüfen, aufzuheben; allenfalls möge nach Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen dem Erstgericht aufgetragen werden, vorerst die Verlassenschaftskuratorin bzw. den von ihr beigezogenen Wirtschaftstreuhänder Dkfm. H*** über die Erstellung des Jahresabschlusses 1985 zu befragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Die Revisionsrekurswerberin vertritt den Standpunkt, daß die Bestellung eines Sachverständigen zur Überprüfung des Jahresabschlusses 1985 offenbar gesetzwidrig sei, zumal der von der Antragstellerin vorgelegte Jahresabschluß 1985 vom Wirtschaftstreuhänder Dkfm. H*** erstellt wurde. Dieser kenne sich in der Materie aus und sei kostengünstiger, wogegen die Beiziehung eines gerichtlichen Sachverständigen hohe Kosten verursachen könnte. Dies verstoße gegen das Wohl der mj. Noterben, was ebenfalls als offenbare Gesetzwidrigkeit gerügt werde.
Den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin ist zu erwidern:
Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte, ist die Anfechtung gemäß § 16 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität zulässig. Mit dem von der Rechtsmittelwerberin geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit können allerdings nur materiell-rechtliche Unrichtigkeiten der Entscheidung bekämpft werden (vgl. SZ 47/105; 2 Ob 569/86 uva). Solche werden von der Revisionsrekurswerberin inhaltlich aber nicht geltend gemacht. Vielmehr wird eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch eine angeblich unzulässige Bestellung eines Sachverständigen behauptet. Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften können im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG jedoch nur dann bekämpft werden, wenn ihnen das Gewicht einer Nichtigkeit (Nullität) beizumessen ist, sonst unterliegen sie als bloße Verfahrensmängel nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (SZ 23/10; 2 Ob 569/86 uva).
Auf den Begriff der Nullität im § 16 Abs 1 AußStrG sind im allgemeinen die hiezu in der ZPO entwickelten Grundsätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten des außerstreitigen Verfahrens sinngemäß anzuwenden (SZ 44/180; SZ 45/50 ua). Der Oberste Gerichtshof hat den Standpunkt eingenommen, daß in besonders gelagerten Fällen auch anderen als durch sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 477 ZPO als nichtig angreifbare Verfahrensverstößen im Hinblick auf ihre einschneidende Bedeutung das Gewicht einer Nullität nach § 16 Abs 1 AußStrG zukommen könne (SZ 43/228; EvBl 1975/151; 6 Ob 576/76 ua). Davon könnte dann gesprochen werden, wenn die dem Gericht im Sinne des § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG obliegende Stoffsammlung so mangelhaft geblieben wäre, daß dadurch Grundprinzipien des Pflegschaftsverfahrens - wie das Wohl des Kindes - vollkommen außer acht gelassen wurden (6 Ob 588/77; 3 Ob 664/77; 7 Ob 718/77; 6 Ob 659/78 uza.).
Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Bei Verwaltung der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen gehört es gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG in den Aufgabenbereich des Gerichtes, die ihm von den Parteien vorgelegten Entscheidungsgrundlagen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Es kann sich hiezu eines Gehilfen in der Person eines Sachverständigen bedienen. Daß dies mit Kosten verbunden ist, ist eine unvermeidliche Folge (EvBl 1956/74 = RZ 1956, 79). Wenn das Erstgericht daher bei der durchaus nicht von vornherein eigene Fachkunde oder eigenes Wissen (§ 364 ZPO) implizierenden Beurteilung des Jahresabschlusses für 1985 (siehe Beilage ./29) die Zuziehung eines Sachverständigen für erforderlich hielt und das Rekursgericht nach Überprüfung der zu behandelnden Materie unter diesen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis gelangte, daß die vom Erstgericht beschlossene Maßnahme zweckdienlich ist, um eine verläßliche Beurteilungsgrundlage zu gewinnen, so kann der Oberste Gerichtshof dem unter keinem der nach § 16 AußStrG zulässigen Anfechtungsgründen entgegentreten.
Auf die vom Rekursgericht erwähnte, von der Rechtsmittelwerberin aber nicht weiter behandelte Ablehnung der Person des Sachverständigen braucht als im derzeitigen Verfahrensstadium nur das weitere erstgerichtliche Verfahren betreffend nicht eingegangen zu werden.
Der außerordentliche Revisionsrekurs war jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen.
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