OGH 2Ob569/86

OGH2Ob569/8622.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin G*** S***, vertreten durch den Bürgermeister Franz K***, dieser vertreten durch Dr. Werner Ungeringer, Rechtsanwalt in Mattighofen, wider den Antragsgegner Ing.Helmut R***, Ziegeleibesitzer, 5270 Mauerkirchen, Spitzgasse 26, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wegen Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach dem OÖ. Raumordnungsgesetz 1972, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried i.I. als Rekursgerichtes vom 4.März 1986, GZ R 48/86-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 21.Jänner 1986, GZ 2 Nc 21/85-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 12.12.1985 begehrte die Gemeinde S*** gemäß § 25 Abs4 des OÖRaumordnungsgesetzes, LGBl.1972/18, die Festsetzung eines Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen, wobei als Antragstellerin im Kopf des Schriftsatzes das Gemeindeamt S*** aufscheint, was der Antragsgegner zum Anlaß für den Einwand nahm, daß dem Gemeindeamt S*** die Aktivlegitimatiom fehle. Das Erstgericht änderte antragsgemäß die Bezeichnung der Antragstellerin auf Gemeinde S*** ab, da die Bezeichnung "Gemeindeamt S***" lediglich irrtümlich angebracht und keine falsche Parteienbezeichnung sei.

Der vom Antragsgegner gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs blieb erfolglos.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag, das Verfahren als nichtig aufzuheben und den Antrag des Gemeindeamtes S*** zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Antragsgegner führt aus, die Änderung der Bezeichnung von Gemeindeamt S*** auf Gemeinde S*** sei eine unzulässige Parteiänderung. Wenn man den Standpunkt vertrete, daß das Gemeindeamt S*** keine Rechtspersönlichkeit genieße, so sei die nunmehrige Zulassung der Gemeinde S*** als Antragstellerin sehr wohl als unzulässige Parteiänderung aufzufassen, weil eben "kein Rechtssubjekt durch ein solches ersetzt werde". Dies sei unzulässig. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt hat, ist die Anfechtung gemäß § 16 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität zulässig. Mit dem vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit können allerdings nur materiell-rechtliche Unrichtigkeiten der Entscheidung bekämpft werden (vgl.SZ 47/105 uva.).

Mit dem Vorbringen, die Änderung der Bezeichnung der Antragstellerin von Gemeindeamt S*** auf Gemeinde S*** stelle eine unzulässige Parteiänderung dar, macht der Antragsgegner jedoch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Rekursgericht geltend.

Angebliche Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften können im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG nur dann bekämpft werden, wenn ihnen das Gewicht einer Nichtigkeit (Nullität) beizumessen ist, sonst unterliegen sie als bloße Verfahrensmängel nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (SZ 23/10 uva.).

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, hat die Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach dem OÖ.Raumordnungsgesetz im Verfahren außer Streitsachen zu erfolgen. Für die Frage, ob eine unzulässige Parteiänderung vorliegt, ist daher primär das Außerstreitgesetz heranzuziehen. Dieses enthält in seinen allgemeinen Anordnungen keine diesbezügliche Regelung. Da aber eine Parteiänderung im außerstreitigen Verfahren ebensowenig zulässig ist wie im streitigen, können die für letzteres Verfahren entwickelten Grundsätze mangels einer eigenen diesbezüglichen Regelung im Außerstreitgesetz für ersteres sinngemäß angewendet werden (7 Ob 151/75, 5 Ob 41/82 ua.).

Bei der Frage der Abgrenzung zwischen einer zulässigen Richtigstellung der Parteibezeichnung und einer grundsätzlich unzulässigen Parteiänderung ist es von wesentlicher Bedeutung, ob die betreffende Partei nach diesem Vorgang noch im Prozeßrechtsverhältnis verbleibt oder ob eine andere Partei an ihre Stelle tritt. Eine bloße Berichtigung liegt daher nur dann vor, wenn die Bezeichnung des als Psrtei genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt treten soll; eine Parteiänderung ist hingegen dann anzunehmen, wenn anstelle des bisher als Partei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Als Prozeßpartei ist dabei diejenige Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und aus dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (SZ 38/176;

SZ 42/146 = RZ 1970, 42; SZ 44/174; SZ 49/17; Arb.10.065;

EvBl 1973/30; EvBl 1973/281; EvBl 1975/209;

GesRZ 1977 30 = RZ 1977, 211 ua.). Die in der angeführten Rechtsprechung zum Ausdruck kommende Auffassung des Obersten Gerichtshofes bringt neuerdings das Gesetz selbst zum Ausdruck: Nach § 235 Abs5 ZPO idF des Art.IV Z 39 der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl.135, ist es "weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei", wenn die Parteienbezeichnung "auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist"; eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen, gegebenenfalls durch die Anwendung der §§ 84 und 85 ZPO. Wie sich dazu aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Zivilverfahrens-Novelle 1981

(669 BlgNR 15.GP 52 f. zu Z 31 [§ 235 ZPO]) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung jene häufigen Fälle treffen, in denen Fehler bei der Bezeichnung einer Partei - vor allem der beklagten Partei - vom Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Klagelegitimation herangezogen werden, indem davon ausgegangen wird, Partei sei jemand anderer als der, der eindeutig gemeint ist, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung zufällig paßt, sei eben nicht als Kläger oder Beklagter legitimiert. In den meisten aus der Judikatur bekannten Fällen handle es sich darum, daß eindeutig der Rechtsträger eines bestimmten Unternehmens als Beklagter in Anspruch genommen werden soll, daß aber der Name dieses Rechtsträgers verfehlt werde. Keine Schwierigkeiten bereiteten dabei jene Fälle, in denen als Partei ein nicht parteifähiges Gebilde, etwa eine Behörde, genannt ist, dessen Rechtsträger sich unzweifelhaft ergibt; hier sei nicht isoliert an der Bezeichnung der Partei im Sinne des § 75 Z 1 ZPO zu kleben und in Konsequenz dessen die Klage mangels Parteifähigkeit zurückzuweisen, sondern bloß die Bezeichnung der Partei auf den nach dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig gemeinten Rechtsträger zu ändern.

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ergibt sich, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, daß eine unrichtige Parteienbezeichnung vorliegt, wenn beispielsweise - wie hier - anstelle einer Gebietskörperschaft ein Amt oder eine Behörde derselben beklagt bzw. zum Antragsgegner wird. Nach dem Inhalt des Antrages vom 12.12.1985 - Z B. im Abs3 ".......begehrt die Gemeinde S***..." - ist klar erkennbar, daß als Antragstellerin nur die Gemeinde S*** in Frage kommt. Es liegt also nichts anderes als eine juristisch verfehlte, dennoch aber nicht mißzuverstehende Bezeichnung der Antragstellerin vor, die also in jeder Lage des Verfahrens richtig gestellt werden kann. Im vorliegenden Falle genießt Parteifähigkeit nur die Gemeinde S*** als juristische Person des öffentlichen Rechts. Das Gemeindeamt S*** fungiert lediglich als Hilfsorgan zur Besorgung der Gemeindegeschäfte und bildet als solches keine selbständige juristische PersON Zutreffend ging daher das Rekursgericht davon aus, daß durch die Abänderung der Bezeichnung der Antragstellerin von "Gemeindeamt S***" auf "Gemeinde S***" das Rechtssubjekt als solches unverändert geblieben ist, weil eben dem Gemeindeamt S*** keine Rechtspersönlichkeit zukommt. Von einem unzulässigen Parteiwechsel kann daher keine Rede sein. Es liegt mithin überhaupt kein Verstoß des Rekursgerichtes gegen Verfahrensvorschriften vor, geschweige denn ein solcher vom Gewicht einer Nichtigkeit.

Das weitere Rechtsmittelvorbringen, der Vertreter der Antragstellerin habe sich zu Unrecht auf die mündlich erteilte Vollmacht berufen, er hätte gleichzeitig mit dem Antrag eine schriftliche Vollmacht vorlegen müssen, geht schon deshalb ins Leere, weil ohnehin eine schriftliche Vollmacht des Vertreters der Antragstellerin, nämlich der Gemeinde S***, vom 26.9.1985 im Akt liegt.

Mangels Vorliegens eines der im § 16 AußStrG angeführten Anfechtungsgründe war daher der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

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