OGH 5Ob28/83

OGH5Ob28/8320.9.1983

SZ 56/132

Normen

MRG §37 Abs1 Z8
MRG §37 Abs1 Z8

 

Spruch:

Der Antrag auf Feststellung der Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses nach § 37 Abs. 1 Z 8 MRG muß von sämtlichen Mitmietern eines Bestandobjektes gestellt werden

OGH 20. 9. 1983, 5 Ob 28/83 (KG Wiener Neustadt R 25/83; BG Baden Msch 7/82)

Text

Am 15. 8. 1976 mieteten der Antragsteller und seine Ehefrau von den Eigentümern eines Hauses die ehemals Teil des als Arztordination in Verwendung gestandenen Bestandgegenstandes bildende Wohnung mit 42 m2 Nutzfläche zum Hauptmietzins von monatlich 2000 S und vereinbarten, daß dieser Hauptmietzins wertgesichert zu entrichten sei.

Am 7. 5. 1982 leitete der Antragsteller allein bei Gericht das besondere Verfahren nach § 37 Abs. 1 Z 8 MRG mit seinem Begehren ein, das Bezirksgericht wolle feststellen, daß für die 40 m2 große Wohnung nur ein monatlicher Hauptmietzins von 160 S zulässig sei. Der Mietgegenstand habe den Bedingungen des § 16 Abs. 3 MG entsprochen, Die Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses sei daher nur soweit wirksam, als der vereinbarte monatliche Hauptmietzins den Betrag von 4 S je Quadratmeter der Nutzfläche der Wohnung nicht übersteige.

Die Vermieter beriefen sich auf die Bestimmung des § 16a Abs. 1 MG. Die aus zwei Zimmern und Bad bestehende Wohnung sei durch die Teilung der früher vorhandenen Großwohnung entstanden. Die Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses von wertgesichert 2 000 S sei zulässig gewesen.

Das Erstgericht entschied, daß die Einhebung eines 4 S je Quadratmeter der Nutzfläche der Wohnung übersteigenden Hauptmietzinses für die Wohnung "ab 1. 6. 1982" unzulässig sei.

Es ging davon aus, daß die Großwohnung im Haus der Vermieter nach Kündigung durch Vormieter unterteilt wurde. Während ein Teil der Räume an einen Arzt, der Untermieter von Ordinationsräumen war, in Hauptmiete vergeben wurde, vermieteten die Eigentümer dem Antragsteller und seiner Ehefrau die aus einem Zimmer im Ausmaß von 18 m2, einer Küche im Ausmaß von 12 m2 und einem als Bad bezeichneten Raum, der fensterlos war und in welchem sich nur eine Wasserentnahmestelle befand, bestehende Wohnung. In diesem Raum baute der Antragsteller auf seine Kosten eine Abwäsche und eine Badewanne ein. Er benützt die Wohnung zu Wohnzwecken. Das Vorzimmer der Wohnung war gemeinsam zu benützen, der Abort liegt außerhalb der Wohnung.

Das Erstgericht kam zu der Ansicht, die vermietete Wohnung sei bei Abschluß des Mietvertrages am 15. 8. 1976 iS des § 3 Z 10 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 1974/287, mangelhaft ausgestattet gewesen, weil der Abort außerhalb der Wohnung lag. Die Vereinbarung über die Mietzinshöhe sei nach der die ältere Vorschrift des § 16a Abs. 1 MG über die Zulässigkeit der Vereinbarung über die Mietzinshöhe nach Schaffung selbständiger Wohnungen durch Teilung einer Wohnung einschränkenden Bestimmung des § 16 Abs. 3 MG idF BGBl. 1974/409 nur so weit wirksam, als der vereinbarte monatliche Hauptmietzins den Betrag von 4 S pro Quadratmeter der Nutzfläche der Wohnung nicht übersteige. Da die Wohnung vom Antragsteller nicht bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder Freizeitgestaltung gemietet wurde (§ 1 Abs. 2 Z 4 MRG), falle sie in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte und erklärte den Rekurs gegen seinen Beschluß für zulässig. Es griff die Frage auf, ob dem Umstand Bedeutung zukomme, daß die Mitmieterin dem Antrag nicht beigetreten und dem Verfahren nicht zugezogen worden sei, kam aber nach Prüfung zur Auffassung, daß in diesem Verfahren über die Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses eine notwendige Streitgenossenschaft mehrerer Mitmieter nicht anzunehmen sei. Die an dem Verfahren nicht beteiligte Mitmieterin habe weiter den vereinbarten Mietzins, der siegreiche Antragsteller hingegen nur den zulässig vereinbarten Hauptmietzins von 168 S zu entrichten. Die neuen Verfahrensvorschriften des § 37 Abs. 3 Z 2 und Z 3 MRG sähen nur die Beiziehung der Hauptmieter anderer Bestandgegenstände vor, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrags unmittelbar berührt werden könnten. Es komme daher der Mitmieterin Parteistellung nicht zu. Daß die Wohnung gar nicht in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes BGBl. 1981/520 falle, weil sie von den Mietern bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung der Freizeitgestaltung gemietet wurde (§ 1 Abs. 2 Z 4 MRG), sei von den Vermietern im Verfahren vor dem Erstgericht nicht geltend gemacht worden. Diese Ausnahme vom Anwendungsbereich komme auch nur in Betracht, wenn der Zweck der Vertragsinhalt war, die tatsächliche Verwendung der Wohnung sei bedeutungslos. Die im Rekurs, für den das Neuerungsverbot der Zivilprozeßordnung gelte (§ 37 Abs. 3 Z 16 MRG), unzulässig nachgetragene Tatsachenbehauptung, der Mieter verwende die Wohnung faktisch nur zur Freizeitgestaltung, bleibe auf die Entscheidung ohne Einfluß. Daß ein solcher Verwendungszweck der Wohnung vertraglich vereinbart wurde, sei nicht einmal behauptet und nicht hervorgekommen. Da die Vermieter dem Antragsteller (und seiner Ehefrau) die nur aus einem Wohnraum und Küche bestehende Wohnung mit dem Klosett außerhalb der Wohnung (§ 16 Abs. 3 MG idF Art. I. Z 11 BGBl. 1955/241) vermieteten, sei eine Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses am 15. 8. 1976 nur mit der Beschränkung des § 16 Abs. 3 MG idF BGBl. 1974/409 zulässig gewesen, daß der vereinbarte monatliche Hauptmietzins den Betrag von 4 S je Quadratmeter der Nutzfläche der Wohnung nicht übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Vermieter Folge und änderte die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin ab, daß der Antrag abgewiesen wird.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zu Recht hat das Erstgericht sich mit der Frage befaßt, ob es sich um ein nach § 1 Abs 2 Z 4 MRG vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommenes Bestandobjekt handelt, weil dies vor allem die Folge hätte, daß auch das besondere Verfahren nach § 37 MRG nicht zur Verfügung stunde und die Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung über die Mietzinshöhe im streitigen Verfahren geltend gemacht werden müßte. Es ist daher, obgleich das Rekursgericht zutreffend vom Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren ausgeht, weil für Rekurse vorbehaltlich besonderen Regelungen im MRG der Dritte Abschnitt des Vierten Teiles der Zivilprozeßordnung gilt (§ 37 Abs. 3 Z 16 MRG), zu untersuchen, ob das Verfahren überhaupt zulässig ist. Die Ausnahme von Wohnungen, die vom Mieter bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden, vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes wurde vom Justizausschuß als Fortschreibung der seinerzeit für die "Sommerwohnungen" in Geltung gestandenen Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Z 5 MG in § 1 Abs. 2 Z 4 MRG eingefü gt (AB 880 BlgNR 15 GP zum § 1). Nach der früher in Geltung gestandenen Vorschrift waren allerdings vom Geltungsbereich des Mietengesetzes und damit auch der Beschränkung des § 16 Abs. 3 MG bei Vereinbarung der Höhe des monatlichen Hauptmietzinses nur Räume ausgenommen, die zur Beherbergung von Personen, die in einem anderen Gemeindegebiet ihren Wohnsitz haben, auf höchstens ein halbes Jahr vermietet wurden. Der auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Mietvertrag vom 15. 8. 1976 konnte daher darunter nicht eingereiht werden. § 1 Abs. 2 Z 4 MRG erweitert die Ausnahme durch den Wegfall einer zeitlichen Begrenzung der Vertragsdauer, fordert aber andererseits, daß die Wohnung als Zweitwohnung zu einem bestimmten Zweck (Erholung oder Freizeitgestaltung) gemietet wird. Es kommt dabei nicht auf die Verwendung, sondern auf den Vertragszweck an (Würth - Zingher, MRG, Anm. 14 zu § 1). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß zwischen den Vermietern und den Mietern vertraglich bedungen wurde, daß die Wohnung nur als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder Freizeitgestaltung gemietet werde. Der diesen Vertragszweck nicht umfassende Mietvertrag unterliegt daher den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes. Die Anwendung der Verfahrensbestimmungen des § 37 MRG zur Prüfung der Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses ist daher berechtigt, auch wenn die Mieter die zu Wohnzwecken angemietete Wohnung nur zu Zwecken des § 1 Abs. 2 Z 4 MRG verwenden sollten, wie die Revisionsrekurswerber darzutun versuchen.

Die Untersuchung der Zulässigkeit der vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes (1. 1. 1982) getroffenen Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses, deren Rechtsunwirksamkeit nach § 16 Abs. 3 MG weiterhin wahrzunehmen ist (§ 43 Abs. 2 MRG), sodaß es nicht etwa eines Begehrens auf Ermäßigung des früher vereinbarten Hauptmietzinses nach § 44 Abs. 2 MRG bedurfte, das die Rechtsunwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung mit den Wirkungen des § 44 Abs. 3 MRG zur Folge hätte, soweit der monatliche Hauptmietzins 346.50 S übersteigt (5.50 S x 1.5 x 42 m2), hat daher in dem besonderen Verfahren nach § 37 MRG zu erfolgen.

Es kann der Ansicht des Rekursgerichtes aber nicht beigetreten werden, daß die Unterlassung der Beteiligung der Mitmieterin bedeutungslos sei. Die Vorschriften des § 37 Abs. 3 Z 2 und Z 3 MRG haben zur Parteistellung mehrerer Mitmieter keine Regelung getroffen. Mitmieter einer Bestandsache stehen in Ansehung der Mietrechte in einer Gemeinschaft nach § 825 ABGB (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz. 9 zu § 825; SZ 45/70; EvBl. 1972/320; JBl. 1980, 31 ua.). Der Antrag des einen Mitmieters zielt nun zwar nicht auf Rechtsgestaltung sondern auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung über die 4 S je Quadratmeter der Wohnungsnutzfläche übersteigenden monatlichen Hauptmietzinse. Die in diesem Verfahren zu treffende Entscheidung erstreckt ihre Wirksamkeit aber zwingend auf alle an dem Bestandverhältnis beteiligten Vertragspartner (vgl. SZ 50/68) und greift daher in die Rechtssphäre der Mitmieterin unmittelbar ein. Der von mehreren Mitmietern eines Bestandobjektes als Gesamtschuldner zu entrichtende Hauptmietzins kann nicht, wie das Rekursgericht meint, in Verbindlichkeiten des einen und des anderen Mitmieters aufgespalten werden. Wird die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung und die Höhe des angemessenen (= zulässig vereinbarten) Hauptmietzinses festgestellt, muß dies zwingend alle am Vertrag Beteiligten treffen. Es mag sein, daß weder rechtliche noch wirtschaftliche Interessen des am Verfahren nicht beteiligten Mitmieters berührt werden, wenn der Antrag durchdringt. Verwicklungen treten aber schon ein, wenn ein solcher Antrag ganz oder teilweise abgewiesen würde und dem Mitmieter das rechtliche Gehör entzogen war. Da der andere Mitmieter - hier hat die Mitmieterin der Ansicht des Rekursgerichtes Rechnung tragend einen gleichlautenden Antrag gestellt, aber erst nach Schluß der Verhandlung in diesem Verfahren - nicht unbedingt gleiche Ziele verfolgen muß - auch an eine Mietzinsvereinbarung nach § 16 Abs. 1 Z 4 MG (§ 16 Abs. 1 Z 7 MRG) ist zu denken - oder ungeachtet der Bestimmung des § 16 Abs. 3 MG vertragstreu sein könnte, muß ein Antrag in der Angelegenheit der Angemessenheit des Hauptmietzinses nach § 37 Abs. 1 Z 8 MRG bei Vorhandensein zweier Mitmieter von beiden Mietern getragen sein, um unlösbare Verwicklungen bei Ergehen einer Entscheidung auszuschließen. Fehlt die Übereinstimmung der Mitmieter, so ist nach den Regeln über die Gemeinschaft nach § 825 ABGB vorzugehen. Der Antrag nur eines von zwei Mitmietern muß schon mangels der Beteiligung des anderen scheitern. Die deshalb gebotene Abweisung des Antrags hindert die Mitmieter aber nicht, die schon seit ihrem Abschluß gegebene Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung über die Mietzinshöhe, soweit der nach § 16 Abs. 3 MG zulässige Mietzins überschritten wurde, rückwirkend geltend zu machen und - soweit nicht andere Vorschriften entgegenstehen - zu Unrecht empfangene Beträge rückzufordern. Die Abweisung steht einem neuen von beiden Teilen getragenen Antrag nach § 37 Abs. 1 Z 8 MRG nicht entgegen, wozu, weil die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 MRG nicht vorliegen, hinreichend sein wird, wenn der Antragsteller dem in erster Instanz noch anhängigen Antrag der Mitmieterin beitritt. Dann wird das Erstgericht über den Antrag der Mitmieter sachlich entscheiden können.

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