Normen
Mietengesetz §12 Abs4
Mietengesetz §§24 ff
Mietengesetz §12 Abs4
Mietengesetz §§24 ff
Spruch:
In dem durch die §§ 24 ff. MietG geregelten Verfahren sind die jeweiligen Partner des Mietvertrages Parteien. Auf sie erstreckt sich die Rechtswirksamkeit der in diesem Verfahren ergehenden Entscheidungen. Es kann daher nur über Angelegenheiten entschieden werden, die die am Verfahren Beteiligten direkt berühren und auf die sie Einfluß nehmen können. Im Falle der Veräußerung des Hauses können die vom Verkäufer vorgenommenen Zinsvorschreibungen nicht den Gegenstand des vom Mieter gegen den neuen Eigentümer nach § 12 Abs. 4 MietG anhängig gemachten Verfahrens bilden. In diesem ist nicht über die Frage zu entscheiden, gegen wen eine Klage auf Rückforderung zu viel bezahlten Mietzinses zu richten ist
OGH 10. Mai 1977, 5 Ob 10/77 (LG Wien, 41 R 752/76; BG Döbling, 5 Msch 7/76)
Text
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 19. Bezirk, Schlichtungsstelle, stellte mit Entscheidung vom 11. März 1976, Zl. MBA 19-Schli 1/76, über Antrag des Mieters H H gemäß § 12 Abs.4 MietG fest, daß das gesetzlich zulässige Zinsausmaß gegenüber dem Antragsteller in der Zeit vom 1. Feber 1972 bis 31. März 1976 durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 900 S, statt richtig 50 S, sohin insgesamt durch die Vorschreibung eines Betrages von 42 500 S überschritten wurde.
Die Hauseigentümerin begehrte gemäß § 37 Abs. 1 MietG die Entscheidung des Gerichtes mit der Behauptung, die ihrem Hausverwalter am 25. März 1976 zugestellte Entscheidung der Schlichtungsstelle sei aus mehrfachen Gründen unzutreffend. Die Antragsgegnerin habe das Haus durch Kauf am 1. Jänner 1975 gutgläubig erworben. Der Mietvertrag mit dem Antragsteller sei von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin abgeschlossen worden. "Die Differenzzahlung bis 31. Dezember 1974" sei der Rechtsvorgängerin zugeflossen.
Das Erstgericht sprach aus, daß das gesetzlich zulässige Zinsausmaß gegenüber dem Antragsteller in der Zeit vom 1. Feber 1972 bis 31. März 1976 durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 900 S statt richtig 50 S, sohin insgesamt durch die Vorschreibung eines Betrages von 42 500 S überschritten wurde. Den Feststellungen zufolge ist die Antragsgegnerin seit 10. Jänner 1975 grundbücherliche Eigentümerin des Hauses. Gemäß Punkt IV des Kaufvertrages (richtig Punkt VI) wurde als Stichtag für die Verrechnung der Nutzungen und Lasten der 31. Dezember 1974 vereinbart.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus: Da das Haus aus den Mitteln des Wohnhausaufbaufonds wieder hergestellt worden sei, unterliege das Bestandsverhältnis den zwingenden Bestimmungen des "Wohnhauswiederaufbaufondsgesetzes" (richtig Wohnhauswiederaufbaugesetz). Dagegen verstoßende Vereinbarungen seien wirkungslos. Es komme nicht darauf an, wie lange sich ein Vertragspartner an eine unwirksame Vereinbarung gehalten oder ob er sie anerkannt habe. Nach den Bestimmungen des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes habe die Mietzinsbildung während der Laufzeit des Förderungsdarlehens nach den Bestimmungen des Mietengesetzes zu erfolgen. Die Vereinbarung eines höheren Mietzinses sei unzulässig. Nach dem Friedenskronenwert des gegenständlichen Bestandsobjektes von 600 Friedenskronen pro Jahr betrage der gesetzliche Monatszins 50 S. Da der jeweilige Vermieter hingegen monatlich 900 S verrechnet habe, sei das gesetzliche Höchstzinsausmaß um monatlich 850 S überschritten worden. Über die Frage der Verjährung sei bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 12 Abs. 4 MietG ebensowenig abzusprechen wie darüber, ob der Rückforderungsanspruch gegen den jetzigen Hauseigentümer zur Gänze oder teilweise auch gegen den Voreigentümer bestehe.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin gehend ab, daß es unter Punkt 1 hinsichtlich des Vorschreibungszeitraumes 1. Feber 1972 bis 9. Jänner 1975 (richtig wohl 31. Dezember 1974) den Antrag des Antragstellers abwies, und unter Punkt 2 für den Zeitraum vom 1. Jänner 1975 bis 31. März 1976 die erstgerichtliche Entscheidung aufhob und in diesem Umfang dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Das Rekursgericht sprach aus, daß eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege und führte aus:
Hinsichtlich der von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin vorgenommenen Zinsvorschreibungen sei bei der Beurteilung der Aktiv- und der Passivlegitimation davon auszugehen, daß die Antragstellung nach § 12 Abs. 4 MietG die Sicherung des Rückforderungsanspruches des Mieters bezwecke. § 1409 ABGB werde nämlich regelmäßig schon deshalb keine Anwendung finden, weil ein Haus in der Regel nicht Vermögen im Sinne des § 1409 ABGB darstelle. In den Entscheidungen MietSlg. 8056 und 20.339 werde zwar trotz grundsätzlicher Ablehnung der Anwendbarkeit des § 1409 ABGB die Ansicht vertreten, passiv legitimiert im Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG sei der jeweilige Hauseigentümer auch hinsichtlich der von seinem Rechtsvorgänger begehrten Zinse, weil das Mietengesetz bei der Regelung der Rechtsfolgen, welche sich hinsichtlich des gesetzlichen Zinses aus der Zahlung, dem Verzug sowie der rechtswidrigen Überforderung ergäben, den Wechsel in der Person des Vermieters nicht berücksichtigt habe. Dieser Meinung vermöge sich das Rekursgericht nicht anzuschließen. Das Hauptargument, der neue Eigentümer könne nach § 19 Abs. 2 Z. 1 MietG auch dann kundigen, wenn der Mieter gegenüber dem Voreigentümer mit der Zinszahlung in Rückstand geraten sei, lasse die Konsequenzen unerörtert, welche sich daraus ergäben, daß es sich dabei um einen Auflösungstatbestand bei einem Dauerschuldverhältnis handle, wogegen der Antrag nach § 12 Abs. 4 MietG die Sicherung eines Rückforderungsanspruches bezwecke. Während sich im Falle der Veräußerung an dem Gläubiger-Schuldner-Verhältnis, vom Fall der Zession abgesehen, nichts ändere, handle es sich bei den das Dauerschuldverhältnis betreffenden Auflösungsgrunden um Tatbestände, welche zwar nicht mehr für den Veräußerer der Bestandsache von Interesse sein könnten, wohl aber wegen ihrer Wirkung für die Zukunft für den Erwerber, dessen Interesse, das Dauerschuldverhältnis mit dem unzuverlässigen Vertragspartner zu beenden, offenkundig sei. Aus dem Kündigungsrecht des Erwerbers wegen der bei seinem Rechtsvorgänger aufgelaufenen Zinsrückstände lasse sich daher der Schluß auf dessen Passivlegitimation im Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG nicht rechtfertigen. Auch der Gedanke an die Verrechnungspflicht des jeweiligen Hauseigentümers im Falle eines Antrages nach § 7 MietG für jene Zeiträume, welche vor dem Erwerb seines Eigentums an der Bestandsache lägen, würde verkennen, daß es sich hier um eine Sondernorm handle, welche dem Hauseigentümer keineswegs das Vorhandensein eines effektiven Betrages als Hauptmietzinsreserve zur Pflicht mache, sondern vielmehr dessen Verfügbarkeit lediglich fingiere, wenn im Verrechnungszeitraum die Aktiven die Passiven überstiegen.
Passiv legitimiert im Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG sei daher nur der Hauseigentümer, welcher "den beantragten Zins" begehrt habe, nicht aber sein Rechtsvorgänger.
Da im Falle der Veräußerung der Bestandsache die Übertragung des Zinsguthabens der Regel entsprechen werde, wären allerdings allfällige Bereicherungsansprüche gegen den neuen Eigentümer denkbar. Dies berühre jedoch nicht die Frage der Passivlegitimation im Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG. Daß die Antragsgegnerin für die Zeit bis 31. Dezember 1974 nicht anspruchsberechtigt sei, sei von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen, weil es sich um eine Frage der richtigen Anwendung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 MietG handle.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragstellers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zu der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung über die Passivlegitimation der Antragsgegnerin für die Zeit vor ihrem Erwerb des Hauses führt der Antragsteller aus, der OGH habe bereits wiederholt ausgesprochen, daß der jeweilige Eigentümer eines Hauses in einem Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG auch hinsichtlich des Mietzinses passiv legitimiert sei, welcher sich auf einen Zeitraum beziehe, der noch den Voreigentümer angehe. Die vom Gericht zweiter Instanz dargelegten Argumente vermögen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil der jeweils letzte Eigentümer für die Hauptmietzinsreserve verantwortlich sei. Da laut Punkt IX des von der Antragsgegnerin mit dem Voreigentümer des Hauses abgeschlossenen Kaufvertrages eine Mietzinsreserve nicht vorhanden bzw. nicht zu verrechnen sei, erhöhe sich der von der Antragsgegnerin bezahlte Kaufpreis um jene Beträge, welche sie "aus dem Titel der Hauptmietzinsreserve hätte bekommen müssen". Es werde daher auch eine Rückforderungsklage gegen die nunmehrige Eigentümerin zu richten sein.
Über die Frage, gegen wen im Falle des Eigentumsüberganges des Hauses, in welchem das Bestandobjekt liegt, eine Rückforderungsklage wegen zuviel bezahlten Mietzinses zu richten ist, ist im Verfahren nach § 12 Abs. 4 MietG nicht zu entscheiden (vgl. EvBl. 1960/289 = ImmZ 1960, 374).
Soweit überblickt werden kann, hat der OGH zur Frage, gegen wen nach Verkauf eines Hauses der Antrag auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Zinsvorschreibung zu richten ist, bisher nur in seiner Entscheidung vom 1. Juni 1960, 5 Ob 201/60, veröffentlicht in EvBl. 1960, 289 = ImmZ 1960, 374 = MietSlg. 8056, Stellung genommen. Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung MietSlg. 20.339 stammt vom Landesgericht für ZRS Wien.
Zu folgen ist der in der Entscheidung 5 Ob 201/60 ausgesprochenen Rechtsansicht, daß in dem durch die §§ 24 ff. MietG geregelten Verfahren als Parteien die jeweiligen Partner des Mietvertrages in Betracht kommen und die Rechtswirksamkeit der in diesem Verfahren ergehenden Entscheidung sich grundsätzlich auf diese erstreckt. Die zuletzt angeführte Tatsache ergibt sich aus der gemäß § 18 Abs. 1 AußStrG auch den im außerstreitigen Verfahren ergangenen Entscheidungen zukommenden Rechtskraftwirkung, welche sich nur auf die an dem Verfahren Beteiligten erstrecken kann. Dies hat zur Folge, daß nur über Angelegenheiten entschieden werden kann, welche die am Verfahren Beteiligten direkt berühren und auf die sie Einfluß nehmen können. Wurde bereits vor der Veräußerung des Hauses vom Verkäufer ein erhöhter Mietzins vorgeschrieben, vom Mieter an seinen früheren Vermieter entrichtet und von diesem entgegengenommen, kann in einem gegen den Käufer und nunmehrigen Vermieter geführten Verfahren wegen Feststellung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes nicht mehr mit Rechtskraftwirkung gegen den früheren Bestandgeber über die von diesem vereinnahmten Mietzinse entschieden werden. Daraus folgt, daß Gegenstand eines solchen Verfahrens nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumsüberganges erfolgten Zinsvorschreibungen des neuen Eigentümers sein können.
Soweit in der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 201/60 = EvBl.
1960/289 = ImmZ 1960, 374, die Meinung vertreten wurde, das
Verfahren beziehe sich auch auf die vor diesem Zeitpunkt, also noch vom Voreigentümer, vorgenommenen Zinsvorschreibungen, kann diese Ansicht trotz des Umstandes, daß allenfalls einzelne Bestimmungen des Mietengesetzes, wie insbesondere das Kündigungsrecht des neuen Bestandgebers, wegen eines schon beim Voreigentümer aufgelaufenen Zinsrückstandes für eine solche Ansicht herangezogen werden könnten, nicht aufrechterhalten werden, weil sie mit dem Wesen der Rechtskraftwirkung unvereinbar ist.
Für den Mieter entsteht dadurch kein Nachteil, weil sein Rückforderungsrecht nicht von der vorher erwirkten Entscheidung nach § 12 Abs. 4 MietG abhängt (MietSlg. 25.247/Nr. 18 in Band XXV = EvBl. 1973/318 = ImmZ 1973, 254).
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