Normen
ABGB §140
ABGB §178a
AußStrG §14 Abs2
EO §10a
ZPO §502 Abs2 Z1
ABGB §140
ABGB §178a
AußStrG §14 Abs2
EO §10a
ZPO §502 Abs2 Z1
Spruch:
Es widerspricht dem Kindeswohl, eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung, die bisher in Bruchteilen des Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten festgesetzt war, in einen auf einen bestimmten Geldbetrag lautenden Titel umzuwandeln, wenn sich die Bezüge des Unterhaltsverpflichteten häufig ändern und dessen Dienstgeber über qualifizierte Kräfte zur Berechnung von Unterhaltsansprüchen verfügt
OGH 31. Jänner 1979, 1 Ob 517/79 (LGZ Wien 43 R 1568/78; BG Innere Stadt Wien 6 P 278/75)
Text
Mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 27. Mai 1975 wurde der Vater, der Angestellter der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte ist, verhalten, für seine Tochter ab 10. Mai 1975 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, monatlich 17% des jeweiligen Nettoeinkommens aus seinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, das sind die Bezüge abzüglich der sozialen Lasten und Abgaben abzüglich der bezogenen Familienbeihilfe von 14mal jährlich 850 S (Bezug für Fremdkinder) sowie des Schwundgeldes, zu bezahlen. Aus dem Akt ergibt sich, daß der Vertreter der Minderjährigen Exekution nach § 10a EO zu führen hatte. Am 3. August 1978 stellte der Vater den Antrag auf Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung aufmonatlich 1900 S ab l. September 1978, da er der Auffassung war, er habe auf Grund der Neuordnung des Kindschaftsrechtes wegen der Berufstätigkeit der Mutter weniger an Unterhalt zu bezahlen. Das Erstgericht verhielt den Vater zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltes von 3 000 S ab 1. November 1978 und behielt sich die Beschlußfassung für die Monate September und Oktober 1978 vor. Es vertrat die Auffassung, daß der Vater nach seinem Einkommen bisher 3 060 S monatlich zu bezahlen hatte. Aus dem Herabsetzungsantrag sei erkennbar, daß der Vater an Stelle der bisher prozentmäßig erfolgten Festsetzung seiner Unterhaltsleistung eine betragsmäßige Festsetzung begehre. Diesem Begehren sei zu folgen, jedoch nicht in dem vom Vater begehrten Ausmaß, da die Mutter durch die Betreuung der Minderjährigen in ihrem Haushalt ihren Beitrag zum Unterhalt im Sinne des § 140 Abs. 2 ABGB leiste. Da eine monatliche Unterhaltsleistung von 3 000 S für die Minderjährige angemessen sei und ihr auf Grund des Prozenttitels in Zukunft ein höherer Betrag zufließen würde, sei von diesem abzugehen.
Über Rekurs beider Eltern verhielt das Rekursgericht den Vater nur zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2 450 S ab 1. November 1978 bis auf weiteres und wies ein Mehrbegehren des Vaters auf weitere Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung auf 1 900 S ab. Es beließ auch den Vorbehalt der Entscheidung für die Monate September und Oktober 1978. Das Erstgericht habe trotz ausdrücklicher Stellung eines Herabsetzungsantrages faktisch eine Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters vorgenommen. Ausgehend von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 14 300 S monatlich betrage die derzeitige Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vorn 27. Mai 1975 etwa 2450 S monatlich. Ein Satz von 17% entspreche der im vorliegenden Fall vorzunehmenden Bemessung. Im Hinblick auf das Alter des Kindes und die Sorgepflicht des Vaters bestehe kein Anlaß, seine Unterhaltsverpflichtung zu reduzieren. Allerdings sei im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Rekursgerichtes der Prozenttitel in eine Unterhaltsverpflichtung auf einen fixen Betrag umzuwandeln, was auch dem Antrag des Vaters entspreche.
Über den Revisionsrekurs der Mutter änderte der Oberste Gerichtshof die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin ab, daß er den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters abwies.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist zulässig. Gemäß § 14 Abs. 2 AußStrG sind allerdings Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Der OGH hat in mehreren Entscheidungen bereits grundsätzlich dazu Stellung genommen, wann diese Rechtsmittelbeschränkung Platz greift. Zur Bemessung gehört demnach nur die Bemessung der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (JB 60 neu = SZ 27/177 u. v. a.). Um eine bloße Unterhaltsbemessungsfrage geht es also, wenn der Streit nur das Ausmaß, das Mehr oder Weniger einer Unterhaltsverpflichtung, betrifft (SZ 45/87 u. a.). Der OGH sprach bereits aus, daß die Mißachtung eines Herabsetzungsantrages des Vaters, der selbst bei einem Bruchteilstitel verbleiben wollte, nicht die Bemessung des Unterhaltes betrifft (SZ 49/16 u. a.). Er vertrat darüber hinaus ganz allgemein die Auffassung, daß die Frage, ob das Ausmaß des zu leistenden Unterhaltes in Bruchteilen der Dienst- oder Arbeitsbezüge des Unterhaltsschuldners (§ 10a EO) oder mit einem bestimmten Betrag (entsprechend dem § 7 Abs. 1 EO) festgesetzt werden kann, nicht zum Komplex der Unterhaltsbemessung im Sinne des § 14 Abs. 2 AußStrG gehört (EFSlg. 30/526). Es handelte sich allerdings auch hier wieder um einen Fall, in dem kein Antrag auf Neubemessung des Unterhaltsanspruches durch Abgabe eines bestimmten ziffernmäßigen Betrages statt in Form eines Bruchteilstitels gestellt worden war. Im vorliegenden Fall stellte der Vater hingegen, wenn auch allein mit der Begründung, daß ihm wegen Änderung der Rechtslage eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gebühre, formell den Antrag, seine künftige Unterhaltsverpflichtung mit 1900 S monatlich und demnach mit einem Geldbetrag festzusetzen, so daß zumindest ein formeller, wenn auch nicht begrundeter und demnach offensichtlich primär nicht in diese Richtung gehender Antrag vorlag. Die Frage der Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Vaters wurde vom Rekursgericht bereits abschließend dahin entschieden, daß kein Anlaß besteht, sie herabzusetzen. Es geht im Revisionsrekursverfahren also nur mehr um die Frage, ob der Unterhalt, der bisher in Bruchteilen des Nettoeinkommens des Vaters festgesetzt war, in einen Fixbetrag umgewandelt werden durfte. In diesem Fall geht es nicht um eine Frage der Unterhaltsbemessung. Der Revisionsrekurs ist demnach zulässig. Er ist auch berechtigt.
Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, die die Ausmessung der vom Vater zu bezahlenden Unterhaltsbeträge in einem Bruchteil seiner Bezüge zuläßt, fehlt zwar, sie ergibt sich jedoch, wie der OGH bereits in seiner Entscheidung SZ 49/16 erwähnte (vgl. auch Heller - Berger - Stix 255 f.), aus der Bestimmung des § 10a EO, die einen Exekutionstitel, wonach ein Unterhalt in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet wird, voraussetzt und die Art der Exekutionsführung aus einem solchen Titel regelt, aber auch aus der Bestimmung des § 5 UVG, die vorsieht, wie bei Gewährung eines Vorschusses nach dem Unterhaltsvorschußgesetz vorzugehen ist, wenn der Exekutionstitel auf den Bruchteil der Bezüge des Unterhaltsschuldners aus seinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis lautet. Der OGH hat in der zitierten Entscheidung SZ 49/16 aber auch hervorgehoben, daß die Schaffung von Bruchteilstiteln zwar nicht unproblematisch ist, weil die Berechnung des Unterhaltsanspruches für einen Laien nicht immer leicht durchführbar ist, aber jedenfalls dann, wenn der Unterhaltsverpflichtete ein Beamter ist, sehr vorteilhaft ist, weil sich das Einkommen aus dem Gesetz ergibt, die Bezüge sich häufig ändern und die zuständige Stelle über qualifizierte Kräfte zur Berechnung der Unterhaltsansprüche verfügt. Ein eindeutiger Vorteil ist auch gegeben, wenn der Dienstgeber des Vaters, wie im vorliegenden Fall, ein großer Sozialversicherungsträger ist. Es widersprach dann aber dem Kindeswohl, dem Leitgedanken des gesamten Kindschaftsrechtes, den bestehenden Bruchteilstitel in einen bestimmten Geldbetrag umzuwandeln und die Mutter bei jeder Verbesserung der Bezüge des Vaters auf Erhebungen und Erhöhungsanträge zu verweisen. Da das Rekursgericht die Unterhaltsbemessungsfrage abschließend dahinentschieden hat, daß kein Anlaß besteht, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters zu reduzieren, ist somit der rekursgerichtliche Beschluß sogleich dahin abzuändern, daß der Antrag des Vaters zur Gänze abgewiesen wird.
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