OGH 4Ob53/75

OGH4Ob53/7523.9.1975

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger und Dr. Friedl sowie die Beisitzer Kom. Rat Otto Scheiner und Dr. Karl Mosburger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Tiroler Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte *, vertreten durch Dr. Harald Hummel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A*, Angestellter*, vertreten durch Dr. Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 4.961,79 infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 21. April 1975, GZ. 2 Cg 12/75‑19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 25. September 1974, GZ. Cr 38/73‑9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00053.75.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.029,12 (einschließlich S 96,‑‑ Barauslagen und S 69,12 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war ab 1. 9.1967 bei der beklagten Partei angestellt. Am 8. 11. 1972 erklärte er den sofortigen Austritt aus dem Dienstverhältnis. Die klagende Partei behauptet, daß ein Grund, der den Beklagten zum vorzeitigen Austritt berechtigt hätte, nicht vorgelegen und dieser daher verpflichtet sei, von dem bereits bis Ende November 1972 bezogenen Entgelt den auf die Zeit vom 8. 11. bis 30. 11. 1972 entfallenden Anteil in der Höhe des Klagsbetrages zurückzuzahlen.

Der Beklagte behauptet, daß der vorzeitige Austritt berechtigt gewesen sei, weil der Beklagte von der klagenden Partei vertragswidrig an einen anderen Arbeitsort versetzt worden sei, womit auch eine Verminderung seines Entgeltes, nämlich des Außendienstpauschales und des Kilometergeldes, verbunden gewesen wäre, da der Beklagte am neuen Arbeitsort nicht – wie bisher – nur Außendienst, sondern auch Innendienst zu leisten gehabt hätte.

Dazu behauptete die klagende Partei, daß der Kläger nicht für einen bestimmten Arbeitsort aufgenommen worden und auf Grund des Dienstvertrages auch zur Leistung von Innendienst verpflichtet gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging davon aus, daß dem Beklagten bei der Aufnahme in die Dienste der klagenden Partei als Krankenkontrollor mitgeteilt worden sei, daß er nach Abschluß des Probemonates im Bereich der Zahlstellen S*, F* und südliches M* eingesetzt werde und der Beklagte den Dienst auch dort versehen habe. Neben seinem Gehalt habe der Beklagte ein Außendienstpauschale von S 800,‑‑ monatlich erhalten. Nach dem am 1. 3. 1971 in Kraft getretenen Dienstpostenplan seien die Krankenkontrollore auch zur Leistung von Innendienst verpflichtet gewesen. Der Beklagte habe auch tatsächlich fallweise Innendienst geleistet, dabei aber die Außendienstzulage weiterhin ungeschmälert erhalten. Der Beklagte habe sich wegen der fallweisen Verwendung im Innendienst an seinen Vorgesetzten gewendet und auf Zuhaltung der im Anstellungsvertrag zugesagten Verwendung im Bereich der Zahlstellen S*, F* und südliches M* gedrungen. Mit Schreiben vom 6. 11. 1972 sei der Beklagte zur Zahlstelle So* versetzt worden; der Beklagte sollte dort vormittags Innendienst und nachmittags Außendienst machen. Der Beklagte trat den Dienst nicht an, sondern erklärte mit Schreiben vom 8. 11. 1972 die Auflösung des Dienstvertrages nach § 25 Angestelltengesetz aus wichtigen Gründen. Diese erblickte der Beklagte darin, daß seine Versetzung mit finanziellen Einbußen deswegen verbunden sei, weil er nicht in den vollen Genuß der Außendienstzulage komme und wegen des geringeren Ausmaßes des Außendienstes auch weniger Kilometergeld erhalte; überdies stehe die Versetzung in Widerspruch zum Anstellungsvertrag.

In seiner rechtlichen Beurteilung teilte das Erstgericht diese Auffassung des Beklagten und erachtete daher den vorzeitigen Austritt als berechtigt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne des Klagebegehrens ab. Es stellte nach Neudurchführung der Verhandlung gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 Arbeitsgerichtsgesetz fest:

Der Bewerbung des Beklagten um die Einstellung als Krankenkontrollor bei der klagenden Partei ging eine Aussprache mit leitenden Angestellten der klagenden Partei (F* und Dr. S*) voraus. Hiebei wurde im wesentlichen die Frage der Einstellung überhaupt und die der Bezüge besprochen. Die Herren der klagenden Partei waren bestrebt, den Beklagten als Verwaltungsangestellten einzustellen, damit ihm jede Laufbahn und jede Aufstiegsmöglichkeit bei der klagenden Partei offenstehe. Dabei wurde dem Beklagten auch gesagt, daß gerade die Stelle eines Krankenkontrollors für das Gebiet St* (Zahlstelle F*), W* (Zahlstelle S*) und das südliche M* frei sei. Dort war damals die Einstellung eines Krankenkontrollors erforderlich, weil wegen des Baues der B*-Autobahn ein wesentlich erhöhter Arbeitsanfall war. Nach Zustimmung des Betriebsrates und des Aufsichtsrates der klagenden Partei wurde der Beklagte mit Schreiben vom 31. 8. 1967 verständigt, daß er mit Wirksamkeit vom 1. 9. 1967 probeweise für ein Monat in den Personalstand der klagenden Partei aufgenommen und der Organisationsabteilung zur Einschulung zugeteilt werde. Nach Abschluß der Probezeit werde er als Krankenkontrollor im Bereich der Zahlstellen F*, S* und südliches M* eingesetzt. Falls nach Ablauf der Probezeit keine weitere Verständigung erfolge, gelte das Dienstverhältnis bis auf weiteres verlängert. Der Beklagte erhielt die Bezüge der Verwendungsgruppe VIII des Gehaltsschemas zur Dienstordnung für Sozialversicherungsangestellte. In der Folge wurde ihm auch das Außendienstpauschale bewilligt, das er bis zum Ende des Dienstverhältnisses bezog. Mit Wirkung vom 1. 9. 1968 wurde der Beklagte in die Verwendungsgruppe VII eingereiht und gleichzeitig der Dienstordnung für die Verwaltungsangestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (Do-Ang) unterstellt. Über Antrag des Beklagten wurde er mit Wirkung vom 1. 4. 1971 in die Verwendungsgruppe VI eingestuft. Mit dieser höheren Einstufung war aber nach der Do-Ang die Verpflichtung verbunden, bei Bedarf auch Innendienst zu machen. Dies war dem Beklagten bekannt. Der Beklagte hat auch in der Folge wiederholt bei Bedarf Innendienst verrichtet. Er hat allerdings schon im Jahre 1971 anläßlich eines Zusammentreffens mit F* erklärt, daß er nun kein Bedürfnis mehr habe, Innendienst zu machen; er sei nämlich lieber im Außendienst. Mit Schreiben vom 26. 7. 1972 wandte sich der Beklagte schriftlich dagegen, daß er Innendienst machen müsse.

Mit Schreiben vom 1. 8. 1972 schlug der unmittelbare Vorgesetzte des Beklagten vor, diesen bei der Zahlstelle So* in der Weise zu verwenden, daß er vormittags Innendienst machen und nachmittags Kontroll- und Erhebungstätigkeit ausüben soll. F* verständigte den Beklagten von der beabsichtigten Änderung seiner Tätigkeit. Diese sollte mit Wirkung vom 7. 11. 1972 durchgeführt werden. Der Beklagte trat den Dienst in So* nicht an, sondern erklärte mit Schreiben vom 8. 11. 1972 die sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen.

Die Zahlstelle So* gehört nach der Organisation der klagenden Partei ebenso wie die Zahlstellen F* und S* zum Gebiet I*; alle diese Zahlstellen unterstehen dem Leiter der Leistungsabteilung, der in I* seinen Sitz hat. Hätte der Beklagte den Dienst in So* aufgenommen, hätte er weiterhin das Außendienstpauschale (damals S 1.270,‑‑ im Monat) erhalten; dem Beklagten wurde von F* mitgeteilt, daß er dieses Pauschale ungeschmälert und unabhängig von der Anzahl der Stunden, die er im Innendienst arbeitet, bekommen werde. Der Beklagte wäre nicht verpflichtet gewesen, vormittags nur Innendienst und nachmittags nur Außendienst zu machen; eine derartige Diensteinteilung wäre auch nicht möglich gewesen, weil Krankenkontrollen ihren Sinn verlören, wenn die Versicherten wüßten, wann jeweils eine Kontrolle durchgeführt wird. Hätte der Beklagte für längere Zeit tatsächlich ständig vormittags Innendienst gemacht, hätte er einen Teil des Außendienstpauschales nachversteuern müssen; die zusätzliche Steuer hätte höchstens S 300,‑‑ jährlich betragen. Der Beklagte bezog neben seinem Gehalt (zuletzt S 5.943,75 netto einschließlich des Außendienstpauschales) für die Dienstfahrten mit seinem eigenen PKW ein Kilometergeld von zuletzt S 1,65 pro Kilometer; im Oktober 1972 war er 854 Kilometer dienstlich mit seinem PKW gefahren. Der Beklagte hätte auch im Rahmen der Tätigkeit bei der Zahlstelle So* ein entsprechendes Kilometergeld bezogen, da dieser Sprengel keineswegs klein ist. Eine verläßliche Schätzung des dort zu erwartenden Ausmaßes der Dienstfahrten ist nicht möglich. Die Höhe des Kilometergeldes pro gefahrene Kilometer hätte sich nicht verändert.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht den Standpunkt, daß mit der Zuteilung des Beklagten zur Zahlstelle So* keine Schmälerung seines Entgeltes verbunden gewesen wäre. Selbst wenn er das Außendienstpauschale teilweise hätte nachversteuern müssen, wäre dies nicht als Schmälerung des ihm zustehenden Entgeltes zu werten gewesen, weil der Betrag von S 25,‑‑ monatlich nicht ins Gewicht falle. Beim Kilometergeld habe es sich eindeutig um eine bloße Aufwandsentschädigung und nicht um ein Dienstentgelt gehandelt. Es sei auch keine wesentliche Bestimmung des Anstellungsvertrages durch die Zuteilung des Beklagten zur Zahlstelle So* verletzt worden, weil der Beklagte nicht ausschließlich für die Zahlstellen S*, F* und südliches M* aufgenommen worden sei und die Verpflichtung zur Leistung von Innendienst mit der Einreihung in die Verwendungsgruppe VI, die über eigenes Ansuchen des Beklagten erfolgt sei, verbunden gewesen sei. Der Beklagte sei somit ohne wichtigen Grund ausgetreten und daher verpflichtet, das für die Zeit vom 8. bis 30. 11. 1972 bereits erhaltene Entgelt zurückzuzahlen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Als Nichtigkeit nach § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO macht der Beklagte geltend, daß die Feststellung des Berufungsgerichtes, der Vorgesetzte des Beklagten habe vorgeschlagen, daß der Beklagte bei der Zahlstelle So* vormittags Innendienst machen und nachmittags Kontroll- und Erhebungstätigkeit ausüben solle, mit der weiteren Feststellung des Berufungsgerichtes, der Beklagte sei keineswegs verpflichtet gewesen, bei der Zahlstelle So* vormittags Innendienst und nachmittags Außendienst zu machen, in Widerspruch stehe; es sei daher nicht überprüfbar, von welcher Feststellung hinsichtlich der Diensteinteilung des Beklagten das Berufungsgericht ausgegangen ist.

Dieser behauptete Widerspruch liegt aber nicht vor, weil der Vorschlag des Vorgesetzten des Beklagten, daß dieser vormittags Innendienst und nachmittags Kontroll- und Erhebungstätigkeit ausüben soll, keineswegs zwingend eine entsprechende Verpf1ichtung des Beklagten zur Folge haben mußte. Der Vorschlag konnte durch den zuständigen leitenden Angestellten – etwa mit Rücksicht darauf, daß der Zeitpunkt einer Krankenkontrolle für den Versicherten ungewiß bleiben soll – nicht gebilligt und aus diesen oder anderen Gründen an den Beklagten gar nicht weitergegeben worden sein. Er konnte aber auch nur eine Anregung für eine Arbeitseinteilung für den Beklagten ohne dessen Verpflichtung, sich daran auch zu halten, gewesen sein. Das angefochtene Urteil läßt aber mit Sicherheit erkennen, daß das Berufungsgericht bei der rechtlichen Beurteilung davon ausging, daß den Beklagten eine solche Verpflichtung nicht traf. Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt die Revision darin, daß die Vernehmung des Beklagten als Partei zu den Angaben des Zeugen F* unterblieben sei. Abgesehen davon, daß in der Revision nicht bestimmt angegeben wird, welche Feststellung auf Grund der Vernehmung des Beklagten zu treffen gewesen wäre, sondern nur allgemein darauf verwiesen wird, daß „konkrete Gespräche bezüglich der Arbeitseinteilung und meines Arbeitsbereiches stattgefunden haben“ und das Berufungsgericht dem Beklagten hätte Gelegenheit geben müssen, „zu diesen Vereinbarungen Stellung zu nehmen“, ist es eine Frage der Beweiswürdigung, ob das Berufungsgericht eine bestimmte Behauptung bereits auf Grund der durchgeführten Beweise als erwiesen annimmt oder die Durchführung der Parteienvernehmung dazu noch erforderlich hält. Die Parteienvernehmung ist – auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren – ein subsidiäres Beweismittel, das das Gericht nur dann zuzulassen hat, wenn der Beweis durch die anderen Beweismittel noch nicht hergestellt ist (§§ 371 Abs. 2 ZPO, 17 Arbeitsgerichtsgesetz, SZ 24/176, 25/38, 8 Ob 38/68, 4 Ob 601/70 ua). Die Zulassung und Durchführung der Parteienvernehmung ist daher ein Akt der Beweiswürdigung, sodaß die Ablehnung des Beweises durch Parteienvernehmung durch das Berufungsgericht wegen hinreichender Klärung des Sachverhaltes durch andere aufgenommene Beweise nicht mit Revision bekämpft werden kann (SZ 23/175, RZ 1966 165, 4 Ob 2/75 ua). Im vorliegenden Fall hat aber das Berufungsgericht die Vernehmung des Beklagten als Partei (auf die Vernehmung eines Organes der klagenden Partei wurde verzichtet) deswegen als entbehrlich erachtet, weil die bereits aufgenommenen Beweise ausreichten, die Urteilsfeststellungen zu treffen. Es hat damit unanfechtbar entschieden, daß die Parteienvernehmung nicht durchzuführen sei.

Bei der rechtlichen Beurteilung war davon auszugehen, daß nicht die Frage zu beurteilen ist, ob die Zuteilung des Beklagten zur Zahlstelle So* als eine dauernde Versetzung, mit der eine Verschlechterung der Lohn-oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden gewesen wäre und die daher der Zustimmung des Betriebsrates bedurft hätte (§ 14 Abs. 1 Z. 6 ERG; jetzt inhaltlich gleich: § 101 Arbeitsverfassungsgesetz) zu werten war, sondern ob es sich um eine wesentliche Verletzung des Dienstvertrages handelte. Der Beklagte strebt nämlich nicht an, die Versetzung rückgängig zu machen, sondern zieht sie als wichtigen Grund für den von ihm erklärten vorzeitigen Austritt (§ 26 Zif. 2 Angestelltengesetz, das auf das Dienstverhältnis zwischen den Streitteilen unbestrittenermaßen anzuwenden ist) heran.

Für die Beurteilung dieser Frage ist wesentlich, ob sich die Zuteilung des Beklagten zur Zahlstelle So* im Rahmen des Dienstvertrages hielt und daher ohne seine Zustimmung von der klagenden Partei angeordnet werden konnte (vgl. Floretta-Strasser Kommentar z. BRG2 263 f, Kommentar zum ArVerfGes 590). Dafür ist maßgeblich, ob auf Grund der Erklärungen der Parteien anläßlich der Begründung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung des Zweckes und der Natur des Dienstverhältnisses (vgl. § 905 ABGB, ArbSlg 6298) eine Beschäftigung des Beklagten ausschließlich bei den Zahlstellen F*, S* und südliches M* vereinbart wurde. Dazu wurde festgestellt, daß bei dem Gespräch, welches der Einstellung des Beklagten voranging, eine Einstellung des Beklagten als Verwaltungsangestellter in Aussicht genommen war, um ihm jede Laufbahn und alle Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen und ihm erklärt wurde, daß „gerade“ die Stelle eines Krankenkontrollors für die Gebiete St*, W* und südliches M* frei sei. Wird noch berücksichtigt, daß auch dem Beklagten die Tatsache nicht unbekannt sein konnte, daß dort zu dieser Zeit der Bau der B*-Autobahn im Gange war und dadurch ein erhöhter Arbeitsanfall für die klagende Partei in diesem Gebiet gegeben war, mußte der Beklagte schon daraus erkennen, daß die Anstellung nicht ausschließlich und dauernd für diesen Arbeitsort erfolgte, sondern mit einer Änderung des Arbeitsortes nach Maßgabe des Bedarfes der klagenden Partei jedenfalls innerhalb eines zumutbaren Rahmens gerechnet werden mußte. Eine Zuteilung zur Zahlstelle So*, die zum selben Gebiet und zur selben Organisationseinheit gehört wie die Zahlstellen F*, S* und südliches M* war daher durch den Inhalt des Dienstvertrages gedeckt und keine Vertragsverletzung seitens der klagenden Partei. Selbst wenn für den Beklagten damit, wie er behauptet, gewisse Mehrbelastungen hinsichtlich des Weges zum Arbeitsplatz verbunden, gewesen wäre, könnte von einer Vertragsverletzung durch diese Zuteilung nicht gesprochen werden. Diese Mehrbelastungen waren jedenfalls nicht so wesentlich, daß sie dem Beklagten nicht zumutbar gewesen wären und eine Änderung des Arbeitsplatzes durch die klagende Partei auf Grund des ihr zustehenden Weisungsrechtes unzulässig erschienen ließen. Im übrigen berechtigt nicht jede Vertragsverletzung, sondern nur eine wesentliche, nämlich eine solche, die dem Angestellten die weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen läßt, zum vorzeitigen Austritt (§ 26 Z. 2 Angestelltengesetz ArbSlg 7644 ua). Damit ist auch die von der Revision vermißte Feststellung über den Arbeitsbeginn bei der Zahlstelle So* und den Zahlstellen F*, S* und südliches M* entbehrlich, weil der behauptete Unterschied keineswegs so bedeutend und gewichtig ist, daß er die Annahme rechtfertigte, dem Beklagten sei wegen der nach seiner Behauptung damit verbundenen Erschwernisse die Fortsetzung des Dienstvertrages nicht mehr zumutbar gewesen.

Daß die Verwendung des Beklagten im Innendienst durch den Dienstvertrag gedeckt war, ergibt sich eindeutig daraus, daß sich der Beklagte um die Einreihung in die Verwendungsgruppe VI der Do-Ang in Kenntnis des Umstandes bewarb, daß damit die Verpflichtung verbunden war, bei Bedarf auch Innendienst zu machen, und die klagende Partei diesem Wunsch des Beklagten entsprach. Der Beklagte konnte sich dieser Verpflichtung bei Aufrechterhaltung der angestrebten Einreihung nicht deswegen entziehen, weil er – wie er erklärte – lieber Außendienst mache oder weil er die damit verbundenen steuerrechtlichen Folgen nicht tragen wollte. Daß der Beklagte wegen der Verwendung im Innendienst keine Kürzung seines Entgeltes, insbesondere des Außendienstpauschales, durch die klagende Partei erfahren hätte, wurde ausdrücklich festgestellt. Der Hinweis des Beklagten, daß die Anspruchsvoraussetzungen für diese Außendienstzulage nach der Do‑Ang zum Teil weggefallen wären, steht damit in Widerspruch und ist daher nicht zielführend. Es ist auch darauf zu verweisen, daß der Beklagte nach dem festgestellten Sachverhalt auch bei den früheren Verwendungen im Innendienst die Außendienstzulage im vollen Ausmaß weiter erhielt. Es entspricht auch dem Wesen einer Pauschalabfindung, daß hinsichtlich der Beurteilung der Voraussetzungen ein gewisser Spielraum für Ermessensentscheidungen verbleibt, sodaß die Auffassung des Beklagten, die klagende Partei wäre bei einer Tätigkeit des Beklagten bei der Zahlstelle So* auf Grund der Do‑Ang gar nicht in der Lage gewesen, die Außendienstzulage weiterhin zu gewähren, nicht geteilt werden kann. Überdies wäre eine zwangsläufige Minderung der Außendienstzulage wegen teilweiser Verwendung im Innendienst eine Folge der vom Beklagten selbst angestrebten Höherreihung in die Verwendungsgruppe VI und der damit eingegangenen Verpflichtung, im Bedarfsfall auch Innendienst zu leisten. Wegen einer allenfalls sich daraus ergebenden, für den Beklagten ungünstigeren steuerrechtlichen Behandlung, kann er daher nicht der klagenden Partei den Vorwurf einer Vertragsverletzung, insbesondere den einer ungebührlichen Schmälerung seines Entgeltes, machen.

Ähnliches gilt auch für das Kilometergeld, dessen Höhe pro gefahrenen Kilometer auch bei einer Zuteilung zur Zahlstelle So* unvermindert geblieben wäre (dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich vom Fall der Entscheidung ArbSlg 6594, in welchem eine Pauschale einseitig gekürzt worden war). Daß der Beklagte allenfalls wegen geringerer Fahrleistung weniger Kilometergeld bekommen hätte, ist wieder eine Folge, daß er auch zur Leistung von Innendienst verpflichtet war und keinen Anspruch darauf hatte, monatlich eine bestimmte Kilometeranzahl zu fahren und entschädigt zu erhalten. Hiezu ist zu berücksichtigen, daß das Kilometergeld in einer Höhe gehalten war, welche die Annahme rechtfertigte, daß es nur Aufwandersatz und nicht Arbeitsentgelt sein sollte, auch wenn bedacht wird, daß mit dem Kilometergeld auch Fixkosten für das Fahrzeug des Klägers (Amortisation, Steuer, Versicherung, Garage usw.) zum Teil beglichen werden konnten. Überdies wurde festgestellt, daß der Beklagte bei einer Tätigkeit bei der Zahlstelle So* auch ein „entsprechendes“ Kilometergeld bekommen hätte, weil der Bereich dieser Zahlstelle keineswegs klein ist, wenn auch eine genaue Schätzung des aus diesem Titel zu erwartenden Betrages nicht möglich ist. Eine Unsicherheit in dieser Frage und eine in gewissem Maße zu gewärtigende Minderung des Betrages an Kilometergeld können daher nicht als ausreichender wichtiger Grund für eine sofortige Lösung des Dienstverhältnisses durch den Beklagten anerkannt werden.

Da somit ein solcher Grund nicht gegeben war, und der Beklagte das Dienstverhältnis dennoch mit 7. 11. 1972 löste, war er verpflichtet, das darüber hinaus für November 1972 bereits erhaltene Entgelt, dessen Höhe unbestritten ist, zurückzuzahlen.

Dem Klagebegehren wurde daher vom Berufungsgericht mit Recht stattgegeben, sodaß der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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