OGH 7Ob13/75

OGH7Ob13/753.4.1975

SZ 48/37

Normen

ABGB §1295 Abs2
ABGB §1323
EO §180
ABGB §1295 Abs2
ABGB §1323
EO §180

 

Spruch:

Schadenersatz durch Naturalrestitution, wenn der aus der Gemeinschaft ausgeschlossene Miteigentümer unter Verletzung des § 180 EO seinen exekutiv veräußerten Miteigentumsanteil durch einen ebenfalls arglistigen Strohmann ersteigern läßt

OGH 3. April 1975, 7 Ob 13/75 (OLG Wien 4 R 210/74; LGZ Wien 16 Cg 428/731

Text

Aus den untergerichtlichen Feststellungen ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt: Der Zweitbeklagte ist auch derzeit noch im Grundbuch als Miteigentümer von 1190/16.700 Anteilen der Liegenschaft EZ 558, Haus L-straße 123. mit denen sich das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 5 verbindet, eingetragen, doch wurde er infolge einer von der Mehrheit der Miteigentümer gegen ihn eingebrachten Klage mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. April 1965, gemäß § 10 WEG wegen gemeinschaftswidrigen Verhaltens aus der Eigentumsgemeinschaft ausgeschlossen. Auf Grund dieses Urteiles erwirkten die nunmehrigen, zu den Mit- und Wohnungseigentümern der genannten Liegenschaft zählenden Kläger die ihnen mit Beschluß des Titelgerichtes vom 5. Mai 1966 zur Durchsetzung ihres gegen den Zweitbeklagten gerichteten Ausschließungsanspruches bewilligte Exekution durch Zwangsversteigerung seiner Liegenschaftsanteile; Vollzuggericht war sodann das Exekutionsgericht Wien. In diesem Exekutionsverfahren hatte der Zweitbeklagte diese Anteile zunächst durch Ingrid P, die Ehefrau des Erstbeklagten, der er die Bereitstellung der erforderlichen Geldmittel zugesagt hatte, für sich ersteigern lassen, doch kam es dann wegen Nichtzahlung der Meistbotraten am 25. November 1968 zur Wiederversteigerung. An dieser nahm auf Geheiß des Zweitbeklagten sein damaliger Dienstnehmer, der Erstbeklagte, teil, indem er unter Finanzierung durch den Zweitbeklagten als dessen Strohmann und nach dessen Weisungen die Erstklägerin, die mit einem Anbot von 100.500 S die anderen Kaufinteressenten zum Abstehen vom weiteren Bieten veranlaßt hatte, laufend überbot, bis ihm schließlich nach dem letzten Anbot der Erstklägerin in der Höhe von 172.500 S für 173.000 S der Zuschlag erteilt wurde. Der Zweitbeklagte und sein Anwalt Dr. Z waren bei dieser Wiederversteigerung anwesend. Der Erstbeklagte erlegte dann mit dem ihm vom Zweitbeklagten zu diesem Zweck beschafften Gelde das Meistbot und übergab dem Zweitbeklagten alle die ersteigerte Wohnung betreffenden Schriftstücke. Irgendwelche Auslagen für diese Wohnung erwuchsen dem Erstbeklagten nicht. Als dieser im Jahre 1971 sein Dienstverhältnis zum Zweitbeklagten löste, unterschrieb er am 9. Juli 1971 vor dem Zweitbeklagten und Dr. Z eine Erklärung, derzufolge er alle Rechte, Ansprüche und Forderungen im Zusammenhang mit der Ersteigerung der fraglichen Miteigentumsanteile nur als Treuhänder des Zweitbeklagten in dessen Auftrag und mit dessen Mitteln erworben habe und der Zweitbeklagte ihm, dem Erstbeklagten, gegenüber nach Belieben über diese Miteigentumsanteile verfügen könne, wogegen der Zweitbeklagte den Erstbeklagten in Verbindung mit dem Wohnungserwerb schad- und klaglos halten werde. Nach einer vorangegangenen einschlägigen Korrespondenz zwischen den Vertretern des Erst- und des Zweitbeklagten klagte jener am 20. Juni 1972 beim Landesgericht für ZRS Wien den Zweitbeklagten auf Einwilligung, daß dessen Eigentumsrecht an den ihm, dem nunmehrigen Erstbeklagten, zugeschlagenen Liegenschaftsanteilen einverleibt werde; begrundet wurde dieses Begehren in der damaligen Klage mit dem Hinweis, daß der Erstbeklagte die Liegenschaftsanteile lediglich als Treuhänder des Zweitbeklagten in dessen Auftrag und mit der Weisung erstanden habe über sie ausschließlich nach den Wünschen des Zweitbeklagten zu verfügen. Am 21. September 1972 erging über diese Klage ein ihr stattgebendes Versäumnisurteil das rechtskräftig wurde. Mit Beschluß desselben Gerichtes vom 22. November 1972 wurde dem Erstbeklagten auf Grund des Versäumnisurteils die Exekution bewilligt. Ihren Vollzug lehnte aber das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Grundbuchsgericht mit Beschluß vom 19. Dezember 1972 ab, weil der bewilligten Eintragung der Grundbuchstand mangels Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstbeklagten entgegenstehe (§ 94 Abs. 2 GBG).

Nach dem Klagsvorbringen hätten die beiden Beklagten zur Umgehung der Vorschrift des § 180 Abs. 1 EO und in Irreführung des Gerichtes durch ihr Zusammenwirken im Wiederversteigerungsverfahren über die umstrittenen Liegenschaftsanteile im Ergebnis den Anspruch der Kläger auf Ausschließung des Zweitbeklagten aus der Eigentumsgemeinschaft dolos vereitelt. Sie seien daher aus dem Titel des Schadenersatzes zur Herstellung jenes Zustandes verpflichtet, wie er sich ohne ihre Machenschaften ergeben hätte; wäre nämlich die Zwangsversteigerung ordnungsgemäß abgelaufen, dann hätten die Liegenschaftsanteile bereits nach Überbietung des vom Interessenten K gestellten Anbotes der Erstklägerin um 87.000 S zugeschlagen werden müssen, doch sei diese bereit, die von den Beklagten lastenfrei zu stellenden Liegenschaftsanteile um das seitens des Erstbeklagten genannte Meistbot von 173.000 S zu erwerben, und zwar, da den Klägern die Rechtsbeziehungen zwischen den Beklagten nicht näher bekannt und sie sich daher auch nicht über die Person des Empfangsberechtigten im klaren seien, gegen gerichtlichen Erlag dieses Betrages. Die Inanspruchnahme des Erstbeklagten mit der vorliegenden Klage sei deshalb notwendig, weil er als Ersteher außerbücherlicher Eigentümer der ersteigerten Liegenschaftsanteile sei und er es gemäß § 237 EO in der Hand habe, das Eigentum für sich oder auf Grund von Veräußerungsurkunden für seine Rechtsnachfolger einverleiben zu lassen. Demnach begehren die Kläger 1. die Verurteilung der Beklagten, gegen einen gerichtlichen Erlag von 173.000 S durch die Erstklägerin einzuwilligen, daß an diese die in Frage stehenden, dem Zweitbeklagten derzeit grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaftsanteile samt dem damit verbundenen Wohnungseigentum übertragen und das diesbezügliche Eigentumsrecht zugunsten der Erstklägerin einverleibt werde; 2. die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, alle Belastungen der Liegenschaftsanteile bis zu ihrer Übertragung an die Erstklägerin zu tilgen.

Beide Beklagte beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Erstbeklagte erklärte hiebei, er wolle die Bekämpfung der Klagsansprüche im einzelnen dem Zweitbeklagten überlassen. Wie er zugab, sei zuerst seine Frau und dann er selbst an der Versteigerung als Treuhänder des Zweitbeklagten beteiligt gewesen, der den Treuhandvertrag erst aufgelöst habe, als er, Erstbeklagter, aus dem Unternehmen des Zweitbeklagten ausgeschieden sei. Letzterer bestritt, mit dem Erstbeklagten vereinbart zu haben, daß dieser für ihn bei der Versteigerungstagsatzung am 25. November 1968 mitbieten sollte. Erst viel später, nach Abschluß der Zwangsversteigerung, als der Erstbeklagte sein Dienstverhältnis zu ihm beendete, habe er, Zweitbeklagter, die gegenseitigen Rechtsbeziehungen "so gestaltet, als ob dem Erstbeklagten im Exekutionsverfahren die Stellung eines Treuhänders zugekommen wäre." Ein Schadenersatzanspruch der Kläger bestehe somit nicht, dies um so weniger, als die Rechtskraft der Zuschlagserteilung alle Mängel des Versteigerungsverfahrens saniert habe.

Das Erstgericht erkannte nach dem Klagebegehren. Nach seinen Rechtsausführungen habe der gemäß § 180 Abs. 1 EO vom Bieten in der Zwangsversteigerung ausgeschlossene Zweitbeklagte sich als Bieter eingeschaltet, um solcherart seinen Ausschluß aus der Eigentumsgemeinschaft zu vereiteln oder zu erschweren. Durch diese Umtriebe hätten die Beklagten den Klägern an ihrem Recht auf Ausschluß des Zweitbeklagten vorsätzlich einen Schaden im Sinne des § 1293 ABGB zugefügt, der, wie in der Klage verlangt, wiedergutzumachen sei. Im Versteigerungsverfahren gemäß § 184 Abs. 1 Z. 5 EO Widerspruch zu erheben sei der Erstklägerin nicht möglich gewesen, weil sie damals von den Machenschaften der Beklagten noch nicht Kenntnis gehabt, sondern von ihnen erst später (festgestelltermaßen im Jahre 1973) erfahren habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Zweitbeklagten der Erstbeklagte hatte das Ersturteil unangefochten gelassen - nicht Folge mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt. Sie hatte gegen die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes keine Bedenken und erachtete dessen Verfahren für mängelfrei. Auch billigte sie die der Sache im Ersturteil zuteil gewordene rechtliche Beurteilung, wonach sich der Klagsanspruch aus dem geltend gemachten Rechtsgrund des Schadenersatzes herleiten lasse. Denn ein Schaden im Sinne des § 1293 ABGB, so führte das Berufungsgericht sinngemäß aus, könne nicht nur am Vermögen in der engeren Bedeutung des Wortes, sondern auch an sonstigen Rechten entstehen. Im vorliegenden Fall gehe es darum, daß die Beklagten zumindest vorübergehend die Durchsetzung des Anspruches der Kläger auf Anschluß des Zweitbeklagten aus der Eigentumsgemeinschaft durch Machinationen vereitelt hätten. Sie seien daher verpflichtet, den den Klägern auf diese Weise rechtswidrig und vorsätzlich zugefügten Schaden durch Naturalrestitution gutzumachen. Daß nicht sämtliche Liegenschaftseigentümer im gegenwärtigen Prozeß als Kläger aufgetreten seien, sei nicht entscheidend, stehe es doch jedem Miteigentümer frei, ob er einen Schadenersatz der hier in Rede stehenden Art begehrt oder nicht; demgemäß bildeten denn auch die als Kläger einschreitenden Miteigentümer keine einheitliche Streitpartei nach § 14 ZPO. Ohne Belang sei auch die Rechtskraft der an den Erstbeklagten erfolgten Zuschlagserteilung. Da der Verstoß gegen § 180 Abs. 1 EO erst später hervorgekommen sei, habe ein Widerspruch nach § 184 Abs. 1 Z. 5 EO nicht mehr erhoben werden können. An seine Stelle trete eben ein Schadenersatzanspruch gegen jene, die an den Umtrieben zur Umgehung der Bestimmung des § 180 Abs. 1 EO mitwirkten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Zweitbeklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht führt die Revision zunächst an, daß mit der Rechtskraft der Zuschlagserteilung alle im Versteigerungsverfahren vorgefallenen Mängel, womit offenbar das Zuwiderhandeln gegen § 180 Abs. 1 EO gemeint ist, geheilt worden seien. Dieses Argument richtet sich jedoch, was der Revisionswerber augenscheinlich übersieht, gegen seinen eigenen Prozeßstandpunkt. Wenn nämlich die Zuschlagserteilung an den Erstbeklagten auch weiterhin anfechtbar geblieben wäre, dann wäre naturgemäß auch der als Klagegrund geltend gemachte Schaden nicht eingetreten. Dieser setzt also die Rechtskraft der Zuschlagserteilung, auf die sich der Revisionswerber beruft, geradezu voraus. In der Tat ist diese Voraussetzung auch gegeben, da vom Erstbeklagten nach der Zuschlagserteilung die Versteigerungsbedingungen jedenfalls erfüllt wurden, sodaß insofern die Verletzung der Vorschrift des § 180 Abs. 1 EO unerheblich geworden ist (5 Ob 145/71). Soweit aber der Zweitbeklagte auch noch in der Revision, allerdings ohne dies näher zu begrunden, daran festhält, daß nur die Eigentumsgemeinschaft, nicht hingegen einzelne Gemeinschafter zur Klageführung legitimiert seien, wurde ihm darauf bereits vom Berufungsgericht zutreffend erwidert, daß es sich hier um einen Schadenersatzanspruch handelt und es dem einzelnen Miteigentümer anheim gestellt ist, ob er einen solchen Anspruch erhebt. Auch ist zu bedenken, daß der von den Beklagten verursachte Schaden die Judikatsforderung nach Ausschluß des Zweitbeklagten aus der Miteigentumsgemeinschaft zum Gegenstand hat, eine Forderung also, die in dem beim Erstgericht zu 32 Cg 35/65 geführten Vorprozeß auch nicht der Gemeinschaft, sondern den dort als Kläger aufgetretenen Miteigentümern zuerkannt wurde. Durch das in jenem Prozeß erflossene Urteil erfuhr die Eigentumsgemeinschaft eine Umgestaltung in der Weise, daß ihr nun der Zweitbeklagte nicht mehr angehört. Kein Teilhaber braucht daher die weitere Beteiligung des Zweitbeklagten an der Gemeinschaft zu dulden. Der diesbezügliche Anspruch des einzelnen Teilhabers auf Mitwirkung des Zweitbeklagten zur Herstellung des von ihm vorerst hintertriebenen, dem Ausschließungsurteil entsprechenden Zustandes ist seinem Wesen nach unteilbar und kann darum auch von jedem Teilhaber geltend gemacht werden (vgl. Klang[2] III, 1093/1094 lit. b, a). Wie schon sein seinerzeitiges Prozeßvorbringen, so lassen auch die inhaltsgleichen Revisionsausführungen, daß er, Zweitbeklagter, anläßlich des Ausscheidens des Erstbeklagten aus seinen Diensten "die rechtsgestaltetende Fiktion" aufgestellt habe, als wäre der Erstbeklagte in der gegenständlichen Angelegenheit von Anfang an sein Treuhänder gewesen, nicht erkennen, auf was sie hinauswollen. Mit Recht wurden sie daher vom Berufungsgericht als "ein nebuloses Wortspiel ohne jegliches juristisches Substrat" bezeichnet. Sollte freilich der Revisionswerber damit zum Ausdruck bringen wollen, daß beim Ausscheiden des Erstbeklagten aus seinem Unternehmen die Rechtsverhältnisse inter partes so gestaltet worden seien, als hätte die Treuhandschaft des Erstbeklagten schon von vornherein bestanden, während er tatsächlich bei der Zwangsversteigerung nicht Treuhänder des Zweitbeklagten gewesen sei, so läge in diesem Revisionsvorbringen eine unzulässige und mithin unbeachtliche Abweichung von der festgestellten Sachlage, der zufolge der Erstbeklagte an der Versteigerung als Treuhänder des Zweitbeklagten teilgenommen hat. Im übrigen ist der rechtlichen Beurteilung der Sache durch die Vorinstanzen auch insoweit beizupflichten, als sie in der Revision nicht konkret bekämpft wird. Im Hinblick auf den rechtskräftigen Ausschluß des Zweitbeklagten aus der Eigentumsgemeinschaft steht den Klägern das Recht zu, die exekutive Veräußerung seines Miteigentumsanteils an einen vom Zweitbeklagten verschiedenen Rechtsträger zu betreiben. Letzterer wäre im Zuge der Zwangsversteigerung nach der Lage der Dinge die Erstklägerin gewesen, hätten dies die beiden Beklagten nicht durch arglistige Machenschaften durchkreuzt, die sowohl in der Wahl des Mittels (Verstoß gegen § 180 Abs. 1 EO) wie auch in der Zielsetzung (Vereitlung des rechtskräftigen Ausschlusses des Zweitbeklagten) rechtswidrig waren. Der Anspruch auf Schadenersatz in Form der Naturalrestitution, wie er mit der Klage begehrt wird, besteht sonach zu Recht (ähnlich Gschnitzer, Sachenrecht, 95 Abs. 2 letzter Satz). Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

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