Spruch:
Die Bestimmung des § 186 Abs 2 EO ändert nichts an dem grundsätzlichen Gebot des § 180 Abs 2 EO, daß Anbote eines Vertreters ohne urkundlichen Nachweis seiner Vertretungsbefugnis nicht zugelassen werden dürfen
OGH 28. Jänner 1970, 3 Ob 140, 141/69 (LG Feldkirch R 335, 336/69; BG Bezau E 25/67)
Text
Im Verlassenschaftskonkurs Luise B fand am 3. Oktober 1969 die Versteigerung der Liegenschaft EZ 94, KG W, statt. Neben anderen Interessenten an dieser Liegenschaft war auch Dr Otto B für die Fa Brauerei F erschienen. Er gab an, persönlich haftender Gesellschafter dieser Firma zu sein und beantragte, ihn als Bieter für diese Firma zuzulassen.
Mangels Nachweises seiner Vertretungsbefugnis nach § 180 Abs 2 EO ließ der Erstrichter Dr Otto B als Bieter für die obangeführte Firma nicht zu. Bei der Versteigerung stellten Dr Elmar B, Heinz M und Josef B mit 1.638.500 S das höchste Anbot. Gegen eine Zuschlagserteilung erhob Dr B Widerspruch nach § 184 Abs 1 Z 5 EO, weil er zu Unrecht als Bieter für die Fa Brauerei F zurückgewiesen worden sei.
Diesem Widerspruch gab der Erstrichter keine Folge, er schlug die versteigerte Liegenschaft den Meistbietenden Dr Elmar B, Heinz M und Josef B je zu einem Drittel zu.
Aus einem Aktenvermerk des Erstrichters vom 14. Oktober 1969 ergibt sich, daß kurze Zeit nach der Zurückweisung des Dr B als Bieter für die Fa Brauerei F OLGR Dr A des Landesgerichtes Feldkirch dem Erstrichter telefonisch mitteilte, daß Dr B nach dem Handelsregister persönlich haftender Gesellschafter der genannten Firma sei.
Infolge des Rekurses der Fa Brauerei F und des Dr Otto B änderte das Rekursgericht den Beschluß des Erstrichters über den Widerspruch des Dr Otto B als persönlich haftenden Gesellschafters der genannten Brauerei dahin ab, daß es dem Widerspruch Folge gab. Weiters versagte es den Zuschlag der Liegenschaft an die drei obangeführten Meistbietenden; es trug dem Erstrichter auf, einen neuen Versteigerungstermin anzuberaumen und dabei Dr Otto B als persönlich haftenden Gesellschafter der Brauerei F als Bieter für diese Firma zuzulassen, falls dieser als solcher auftreten sollte. Es sei zwar richtig, daß sich Dr Otto B vorerst nicht darüber habe ausweisen können, daß er persönlich haftender Gesellschafter der Fa Brauerei F und daher berechtigt sei, diese Firma zu vertreten. Absicht des Gesetzgebers sei es jedoch gewesen, eine Möglichkeit zu schaffen, um die mangelnde Vertretungsbefugnis von Personen, die für einen anderen bei der Versteigerung Anbote machen, noch nachträglich zu sanieren. Diese Absicht habe in § 186 Abs 2 EO ihren Ausdruck gefunden, wodurch eine nachträgliche Beibringung der Vollmacht gestattet wunde. Der gegenteiligen Ansicht von Neumann - Lichtblau[3], 610 sowie der Entscheidung EvBl 1934/124 könne nicht nur deshalb nicht gefolgt werden, weil sie der den Materialien zu entnehmenden Absicht des Gesetzgebers widerspreche, sondern auch deshalb, weil nicht anzunehmen sei, daß der Gesetzgeber durch § 186 Abs 2 EO nur für den Fall vorsorgen wollte, daß ein Richter das Fehlen der erforderlichen Bevollmächtigungsurkunde übersehen haben sollte. Dem Dr B hätte sohin die nachträgliche Beibringung des urkundlichen Nachweises seiner Gesellschafterstellung gewährt werden müssen.
Abgesehen davon, habe der Erstrichter vor Erlassung seines Beschlusses über den Widerspruch des Dr B und vor Zuschlagserteilung durch eine telefonische Mitteilung des OLGR Dr A des Landesgerichtes Feldkirch Kenntnis davon erlangt, daß Dr Otto B persönlich haftender Gesellschafter der Brauerei F sei. Da OLGR Dr A stellvertretender Vorsitzender, Einzelrichter und Berichterstatter in Konkurs- und Ausgleichssachen des Landesgerichtes Feldkirch sei, sei durch diese Mitteilungen den Erstrichter gerichtsbekannt geworden, daß Dr Otto B persönlich haftender Gesellschafter der Brauerei F sei. Dr Otto B wäre daher selbst dann, wenn der streng formelle Standpunkt des § 180 Abs 2 EO vertreten würde, eine Frist für die nachträgliche Beibringung der entsprechenden Urkunde zu gewähren gewesen. Die Berechtigung des Widerspruchs des Dr Otto B habe die Aufhebung des Zuschlages der Liegenschaft an die Meistbietenden zur Folge.
Infolge Revisionsrekurses des Meistbietenden stellte der Oberste Gerichtshof die Beschlüsse des Erstrichters wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den auf die im EvBl 1953/420 veröffentlichte Entscheidung eines Gerichtshofes zweiter Instanz gestützten Rechtsausführungen des Rekursgerichtes kann nicht gefolgt werden. Die Bestimmung des § 180 Abs 2 EO besagt eindeutig, daß Anbote eines Vertreters ohne urkundlichen Nachweis seiner Vertretungsbefugnis nicht zugelassen werden dürfen. An diese Voraussetzung für die Berücksichtigung von Anboten eines Vertreters hat auch die Bestimmung des § 186 Abs 2 EO nichts geändert. Nach dieser Gesetzesstelle ist der Zuschlag zwar trotz Widerspruches zu erteilen, wenn der Mangel eines gesetzmäßigen Vadiums oder das Fehlen des Nachweises der Vertretungsbefugnis vor der Entscheidung über den Zuschlag saniert wurde. Eine Sanierung nach dieser Gesetzesstelle hat sohin zur Voraussetzung, daß der Zuschlag einer Person erteilt werden soll, die - obgleich sie wegen Nichterlages des erforderlichen Vadiums oder mangels urkundlichen Nachweises der Vertretungsbefugnis nicht zum Bieten zuzulassen gewesen wäre - dennoch zugelassen wurde. Insoferne ist der Gesetzgeber dem in den Materialien aufgestellten Postulat nachgekommen, das Schicksal des Versteigerungsaktes nicht unpräjudizierlichen Formmängeln zu opfern. Es sollte dem Meistbietenden, dessen Anbote trotz Fehlens der obangeführten Voraussetzungen zugelassen wurde, die Möglichkeit gegeben werden, nachträglich durch Erlag oder Ergänzung des Vadiums oder durch Beibringung des urkundlichen Nachweises seiner Vertretungsbefugnis jene Voraussetzungen für die Erteilung des Zuschlags zu schaffen, die nach dem Gesetz bereits vor Stellung der Anbote hätten gegeben sein müssen. Weder aus der in den Materialien aufgezeigten, oben angeführten Absicht des Gesetzgebers noch aus der Bestimmung des § 186 Abs 2 EO ist es aber abzuleiten, daß einem zum Versteigerungstermin Erschienenen die Möglichkeit gegeben werden sollte, gegen nachträglichen Erlag des Vadiums oder gegen nachträgliche Beibringung des Nachweises seiner Vertretungsbefugnis - beide diese Voraussetzungen für die Zulassung zum Bieten sind im § 186 Abs 2 EO gleich behandelt - Anbote zu stellen.
Die gegenteilige Ansicht ist abzulehnen (s a Neumann - Lichtblau[3], 610). Abgesehen davon, daß eine "bedingte" Zulassung als Bieter im Gesetz nicht vorgesehen ist, würde die Ansicht des Rekursgerichtes zu erheblichen Schwierigkeiten und Gefahren für alle Beteiligten in dem Fall führen, daß der Erlag des Vadiums oder der Nachweis der Vertretungsbefugnis vom Meistbietenden nicht rechtzeitig nachgetragen werden sollte. Der Gesetzgeber hat diese Schwierigkeiten durch § 186 Abs 2 EO für den Fall in Kauf genommen, als einem Meistbietenden, dessen Anbote ohne die beiden hier in Rede stehenden Voraussetzungen zugelassen wurden, zuzuschlagen wäre. Daß er dieses Risiko jedoch dadurch allgemein eingehen wollte, daß Anbote von Kaufinteressenten sowohl gegen nachträglichen Erlag des Vadiums als auch gegen nachträgliche Beibringung des Nachweises der Vertretungsbefugnis zum Bieten zugelassen werden sollten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Der Erstrichter hat daher zutreffend Dr. Otto B mangels Nachweises einer Vertretungsbefugnis für die Brauerei F als Bieter nicht zugelassen. Daran konnte auch der nachträgliche Anruf des OLGR Dr A des Landesgerichtes Feldkirch nichts mehr ändern. Diese fernmündliche Mitteilung ersetzte nicht den im § 180 Abs 2 EO geforderten urkundlichen Nachweis der Vertretungsbefugnis.
Da sohin Dr B nicht zu Unrecht als Bieter für die Brauerei F zurückgewiesen wurde, hat der Erstrichter zutreffend seinen Widerspruch gegen die Zuschlagserteilung an die Meistbietenden nicht Folge gegeben.
Die erstrichterlichen Beschlüsse waren daher im vollen Umfange wieder herzustellen.
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