Normen
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §32 Abs1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
GewO 1994 §111 Abs1 Z1
GewO 1994 §12
GewO 1994 §38
GewO 1994 §38 Abs1
GewO 1994 §38 Abs2
GewO 1994 §38 Abs5
GewO 1994 §39 Abs1
GewO 1994 §41 Abs1
GewO 1994 §9
GewO 1994 §9 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022030122.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Vergütung von für den Zeitraum von 16. März bis 30. März 2020 geltend gemachten Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) ab.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht (zusammengefasst) folgenden Sachverhalt zu Grunde:
Die revisionswerbende Partei betreibe an einem näher genannten Standort im örtlichen Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde den „Pension‑Gasthof N“ (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) und sei im Firmenbuch unter der Firma S KG aufgrund eines Gesellschafts‑ und Zusammenschlussvertrags vom 24. September 2010 eingetragen.
Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin, die die revisionswerbende Partei seit 28. Oktober 2010 selbständig vertrete, sei So S eingetragen; Si S und L S seien Kommanditisten.
So S habe im Zeitraum vom 1. August 2010 bis 26. April 2021 über das Gewerbe mit dem Wortlaut „Gastgewerbe gemäß § 94 Z 26 GewO 1994, Betriebsart Gasthof, Berechtigung gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 und Z 2 GewO 1994“ verfügt.
Im Zuge der COVID‑19‑Pandemie habe die belangte Behörde mit einer (am 30. März 2020 wieder aufgehobenen) Verordnung vom 13. März 2020 die Schließung aller Beherbergungsbetriebe iSd § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 verfügt.
Über eine Gewerbeberechtigung iSd § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 habe die Revisionswerberin in diesem Zeitraum (und auch bis dato) nicht verfügt. Im (historischen) Gewerbeinformationssystem sei ausschließlich eine seit 10. Mai 2021 bestehende Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut „Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus“ eingetragen.
3 Der Sachverhalt habe auf Basis der gänzlich unstrittigen Aktenlage festgestellt werden können. Ergänzend habe das Verwaltungsgericht Einsicht in das öffentliche Firmenbuch samt Urkundensammlung, das Gewerbeinformationssystem GISA mit historischem Auszug und die Website der Revisionswerberin genommen; Widersprüche hätte sich dabei nicht ergeben. Da also auf Sachverhaltsebene zur Gänze dem unstrittigen Antrags‑ und Beschwerdevorbringen gefolgt werden habe können und letztlich ausschließlich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen gewesen sei, habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden können, weil die Akten hätten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehe.
4 Nach einer Darstellung der relevanten Rechtsgrundlagen hob das Verwaltungsgericht einleitend hervor, dass die Revisionswerberin im relevanten Zeitraum über keine Gewerbeberechtigung iSd § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 verfügt habe.
5 Daran ändere die im Zeitraum vom 1. August 2010 bis 26. April 2021 bestandene Gewerbeberechtigung in der Betriebsart Gasthof der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der Revisionswerberin, So S, nichts:
Die Gewerbeberechtigung sei ein persönliches Recht, das nicht übertragen werden könne und durch Dritte nur insoweit ausgeübt werden könne, als in der GewO 1994 bestimmt sei (Hinweis auf § 38 GewO 1994).
Daraus resultiere einerseits, dass es sich um ein nicht‑übertragbares Recht handle, und andererseits, dass auch in einem Naheverhältnis stehende verschiedene Rechtspersönlichkeiten jede für sich eine eigene Gewerbeberechtigung benötigten und eine abgeleitete Berechtigung ungeachtet einer solchen Verbundenheit nicht in Frage komme (Hinweis auf Köhler in Ennöckl/Raschauer/Wessely [Hrsg], GewO 1994 § 38 Rz 2). Eine gewerberechtliche Geschäftsführerin bringe zudem lediglich ihre Befähigung, nicht jedoch ihre Gewerbeberechtigung ein.
Auch der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Gesellschafts‑ und Zusammenschlussvertrag vom 24. September 2010 vermöge dieser nicht zum Vorteil gereichen, zumal die Gewerbeberechtigung als persönliches Recht nicht rechtsgeschäftlich übertragbar sei (Hinweis auf Gruber/Paliege‑Barfuß, GewO7, § 38 Rz 3). Vielmehr hätte bereits anlässlich der Gesellschaftsgründung der Revisionswerberin eine entsprechende Gewerbeanmeldung erfolgen müssen. Dieser Umstand sei ihr offenbar auch bekannt, zumal inzwischen seit 10. Mai 2021 tatsächlich „das Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus“ bestehe.
Abschließend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass gemäß § 32 EpiG Unternehmen nur ein solcher Verdienstentgang zu ersetzen sei, den sie bei rechtstreuem Verhalten erzielt hätten. Da es der Revisionswerberin schon wegen der fehlenden Gewerbeberechtigung nicht erlaubt gewesen sei, den gegenständlichen Beherbergungsbetrieb zu betreiben, habe sie durch die Schließung des Betriebes nach § 20 EpiG keinen ersatzfähigen Verdienstentgang iSd § 32 EpiG erlitten.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht (zusammengefasst) Folgendes geltend:
11 Das Verwaltungsgericht habe tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt und sei insofern von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen. Für die Unterlassung der Durchführung der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung lägen weder die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 VwGVG noch die des Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC vor. Der Sachverhalt sei nicht unstrittig, vielmehr sei zu klären gewesen, inwiefern die Gewerbeberechtigung der Arbeitsgesellschafterin und Komplementärin So S auf die mit Zusammenschlussvertrag vom 24. September 2010 gegründete S KG, die nunmehrige Revisionswerberin, übergegangen sei. Zudem diene eine mündliche Verhandlung auch der Erörterung einer strittigen Rechtsfrage; auch zur Erörterung der Konsequenzen des Einbringungs‑ und Zusammenschlussvertrags in Bezug auf die seitens So S bestehende Gewerbeberechtigung wäre die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten gewesen, weil So S ihre Gewerbeberechtigung als Arbeitsgesellschafterin in die neu gegründete S KG, die Revisionswerberin, eingebracht habe.
Die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, dass die Revisionswerberin keine Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 habe, sei damit zugleich Ergebnis einer unvertretbaren, weil ohne Einvernahme der dazu beantragten Zeugen Si S und So S vorgenommenen Beweiswürdigung.
12 Schließlich fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, inwiefern bei einem Zusammenschluss zu einer Kommanditgesellschaft die von der Komplementärin eingebrachte Gewerbeberechtigung für die Kommanditgesellschaft Wirkung entfalte. Für eine Kommanditgesellschaft gelte, dass eine Gewerbeberechtigung jedenfalls nur von einem Komplementär erbracht werden müsse; eine gesonderte Gewerbeanmeldung für Kommanditgesellschaften sei nicht notwendig (Verweis auf § 12 und §§ 38, 39 GewO 1994).
13 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
14 Eingangs ist zunächst festzuhalten, dass die Revision entgegen der vom Verwaltungsgericht im Vorlagebericht geäußerten Auffassung nicht verspätet erhoben wurde:
Die Zustellung der angefochtenen Entscheidung erfolgte am 8. März 2022, letzter Tag der sechswöchigen Revisionsfrist nach § 26 Abs. 1 VwGG war daher der 19. April 2022. Die ausgehend von der Aktenlage („Informationen zum Eingang aus dem ERV“) beim Verwaltungsgericht im Wege des ERV am 19. April 2022 um 15.45 Uhr ‑ und damit vor Ende der für Montag bis Donnerstag mit 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr festgelegten Amtsstunden ‑ eingebrachte Revision erweist sich daher als rechtzeitig.
15 Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass die Revisionswerberin im relevanten Zeitraum nicht über die erforderliche Gewerbeberechtigung für die Führung des gegenständlichen Beherbergungsbetriebs verfügt habe, und dass ihr daher schon deshalb kein Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG zustehe.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat ‑ bezogen auf einen Fall, in dem der Antragsteller nicht über die notwendige Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 für den geschlossen Beherbergungsbetrieb verfügte ‑ im Erkenntnis vom 16. Dezember 2021, Ra 2021/09/0214, klargestellt, dass die Wendung in § 32 Abs. 1 EpiG, wonach die „durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile“ zu ersetzen sind, nicht dahin zu verstehen ist, „dass jeglicher Vermögensnachteil, gleich ob er rechtmäßig oder unter Verstoß gegen gesetzliche Normen verdient worden wäre, zu ersetzen wäre“. Vielmehr muss es sich um einen Vermögensnachteil aus einem für den Anspruchsteller zulässigen Erwerb handeln (vgl. in diesem Sinne auch VwGH 27.1.2022, Ra 2021/03/0323; 22.9.2022, Ra 2022/09/0052). Fehlt es daher an der für den Betrieb notwendigen Gewerbeberechtigung, kommt ein Ersatzanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG nicht in Frage.
17 Von der Revision wird nicht in Zweifel gezogen, dass die Revisionswerberin im relevanten Zeitraum nicht über eine originäre Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 verfügte; sie steht vielmehr auf dem Standpunkt, aufgrund des Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrags vom 24. September 2010 sei die Gewerbeberechtigung der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin So S der Revisionswerberin zuzurechnen. Zu dieser Frage fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. sei das Verwaltungsgericht ‑ wegen Unterlassung der Einvernahme der dazu beantragten Zeugen samt Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Erörterung dieser Frage ‑ von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen.
18 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
19 Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 können juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.
20 Gemäß § 12 GewO 1994 berührt die Umwandlung einer offenen Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft in eine offene Gesellschaft nicht die Gewerbeberechtigung.
21 Gemäß § 38 Abs. 1 GewO 1994 sind das Recht, gewerbsmäßig Tätigkeiten auszuüben (Gewerbelizenz), und das Recht, ein Gewerbe auszuüben (Gewerbeberechtigung), persönliche Rechte, die nicht übertragen werden können; sie können durch Dritte nur insoweit ausgeübt werden, als in diesem Bundesgesetz bestimmt ist.
22 Gemäß § 38 Abs. 2 GewO 1994 wird die Gewerbelizenz mit der Anmeldung eines Gewerbes durch einen Gewerbetreibenden, der zum Zeitpunkt dieser Anmeldung über keine Gewerbeberechtigung verfügt hat, begründet und umfasst sämtliche Gewerbe einschließlich der in diesem Bundesgesetz diesen Gewerben eingeräumten Nebenrechte, deren Ausübung dem Gewerbetreibenden nach Maßgabe des Abs. 3 zusteht.
23 Gemäß § 38 Abs. 5 GewO 1994 ist als Gewerbetreibender im Sinne dieses Bundesgesetzes, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten zu verstehen.
24 Gemäß § 39 Abs. 1 GewO 1994 kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333 GewO 1994) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen nach Maßgabe der in Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen.
25 § 41 Abs. 1 GewO 1994 trifft Regelungen über das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), und normiert in den Z 1 bis 5, wem dieses Recht gegebenenfalls zusteht.
26 Schon aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der zitierten Regelungen ergibt sich, dass juristische Personen Träger einer Gewerbeberechtigung sein können, und dass das Recht, ein Gewerbe auszuüben, ein persönliches Recht ist, das nicht übertragen werden kann. § 38 Abs. 1 zweiter Halbsatz GewO 1994 erlaubt eine Ausübung durch Dritte nur insoweit, als in diesem Bundesgesetz bestimmt ist (vgl. in diesem Sinne auch Köhler in Ennöckl/Raschauer/Wessely [Hrsg], GewO 1994 (2015), § 38 Rz. 2 ff).
27 Die von der Zulässigkeitsbegründung der Revision angesprochenen Regelungen der GewO 1994 (§§ 12, 38, 39) bieten keine Grundlage für eine zulässige Gewerbeausübung durch die Revisionswerberin: Der Revisionsfall betrifft nicht die in § 12 GewO 1994 normierte Umwandlung einer OG in eine KG bzw. umgekehrt; § 38 GewO 1994 normiert gerade die grundsätzliche Unübertragbarkeit der Gewerbeberechtigung; § 39 GewO 1994 enthält Regelungen über eine ‑ im Revisionsfall nicht relevante ‑ Geschäftsführerbestellung; auch die Regelungen über Fortbetriebsrechte in § 41 GewO 1994 kommen im Revisionsfall nicht zum Tragen.
28 Vor diesem Hintergrund wird mit dem Argument des Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu einer Konstellation wie der vorliegenden keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nämlich auch bei Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dann nicht vor, wenn ‑ wie hier ‑ die zu beurteilende Regelung klar ist).
29 Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt festgehalten, dass das subjektiv‑öffentliche Recht, eine bestimmte Erwerbstätigkeit unter den in der GewO 1994 hiefür aufgestellten Bedingungen ungehindert auszuüben, angesichts der subjektiv‑öffentlich rechtlichen Natur dieses Rechtsverhältnisses nicht übertragbar ist (VwGH 25.8.2010, 2010/03/0084, mwN; vgl. ferner Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, GewO4 (2020) § 38 Rn 5; vgl. auch die zu den Befugnissen des Masseverwalters im Zusammenhang mit Gewerbeberechtigungen ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach wegen der Rechtsnatur der Gewerbeberechtigung der Insolvenzverwalter (Masseverwalter) nicht berechtigt ist, die Gewerbeberechtigung des Gemeinschuldners zurückzulegen [etwa VwGH 22.5.2019, Ra 2017/04/0122; VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0036]).
30 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass eine fremde Konzession, nämlich die des bisherigen Alleininhabers eines Unternehmens oder die des eintretenden neuen Gesellschafters, aber auch die sämtlicher Gesellschafter einer OHG keine ausreichende Grundlage für die Ausübung des konzessionierten Gewerbes durch die OHG ist (VwGH 2.2.1965, 2193/63). Eine vergleichbare Rechtsansicht hat im Übrigen auch der Oberste Gerichtshof in Bezug auf einen persönlich haftenden Gesellschafter sowie den gewerberechtlichen Geschäftsführer vertreten: Die Gesellschaft selbst müsse die notwendige Berechtigung erlangt haben, die Befähigung eines persönlich haftenden Gesellschafters oder Geschäftsführers (§ 9 GewO) reiche nicht aus (OGH 8.11.1994, 4 Ob 122/94, in Bezug auf eine OEG).
31 Nichts anderes kann für die ‑ im Revisionsfall zu beurteilende ‑ Gewerbeberechtigung der Komplementärin einer Kommanditgesellschaft gelten.
32 Vor diesem Hintergrund wird auch mit der Verfahrensrüge der Revision (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung samt Einvernahme der beantragten Zeugen) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, hat das Verwaltungsgericht doch die dazu maßgeblichen Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht verlassen:
33 In Bezug auf § 24 Abs. 4 VwGVG hielt der Verwaltungsgerichtshof wiederholt fest, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus auch die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen hatte. Zweck einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist grundsätzlich nicht nur die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör zu diesem, sondern auch das Rechtsgespräch und die Erörterung der Rechtsfragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auf das Urteil des EGMR vom 19. Februar 1998 im Fall Jacobsson gegen Schweden (Nr. 2), Nr. 8/1997/792/993, Rn. 49 (ÖJZ 1998, 4), hingewiesen, in welchem der Entfall einer mündlichen Verhandlung als gerechtfertigt angesehen wurde, weil angesichts der Beweislage vor dem Gerichtshof und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen „das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen‑ oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte“. Der Verwaltungsgerichtshof hat in solchen Fällen eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind und in der Beschwerde keine Rechts‑ oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. etwa VwGH 28.1.2021, Ra 2020/03/0138, mwN).
34 Im Revisionsfall war nach dem oben Gesagten die maßgebende Rechtslage klar. Zudem war im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der relevante Sachverhalt nicht strittig und hat das Verwaltungsgericht seinem Erkenntnis ohnehin das Tatsachenvorbringen der Revisionswerberin zu Grunde gelegt. Stand also der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest, konnten diesbezüglich weder Fragen seiner Ergänzung noch Fragen der Beweiswürdigung auftreten (vgl. VwGH 9.5.2018, Ra 2018/03/0046; 13.9.2016, Ra 2016/03/0085, je mwN).
Dem Verwaltungsgericht kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn es von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Begründung Abstand nahm, die Akten ließen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse, weil eine solche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen könne.
35 Zu ergänzen bleibt ‑ der Vollständigkeit halber ‑ Folgendes:
36 Den insoweit unstrittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts folgend wurde die S KG, die nunmehrige Revisionswerberin, mit dem Gesellschafts‑ und Zusammenschlussvertrag vom 24. September 2010 gegründet; unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist So S, Kommanditisten sind Si S und L S.
37 Das Verwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Inhalt des ‑ im Verwaltungsakt erliegenden ‑ Vertrags getroffen. Ausgehend vom aktenkundigen Inhalt dieses Vertrags wurde zwischen Si S und So S die Errichtung einer Kommanditgesellschaft durch Übertragung des Vermögens des Einzelunternehmers (Gastwirt) Si S (abgesehen von im Einzelnen genannten Vermögensteilen) und Einbringung der Arbeitskraft der So S in die zu errichtende KG vereinbart.
38 Unter Punkt V. des Vertrags („Stellung der Gesellschafter, Beteiligung, Gesellschafter‑Einlagen“) ist bezogen auf So S Folgendes festgehalten:
„So S ist die unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin). Die Komplementärin ist reine Arbeitsgesellschafterin, sie widmet der Gesellschaft ihre volle Arbeitskraft und erbringt keine Kapitaleinlage (Vermögenseinlage). Sie ist an den stillen Reserven und am Firmenwert der Gesellschaft nicht beteiligt“.
39 Regelungen betreffend eine Gewerbeberechtigung der So S bzw. deren Einbringung in die Gesellschaft sind dem Vertrag nicht zu entnehmen.
40 Ausgehend davon, dass von der Revision gar nicht konkret vorgebracht wird, es seien im Zusammenhang mit der Gesellschaftsgründung andere, abweichende oder ergänzende Vereinbarungen betreffend die Gewerbeberechtigung der So S getroffen worden, kommt der Verfahrensrüge auch deshalb keine Relevanz zu.
41 In der Revision werden nach dem Gesagten also keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Februar 2023
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