Normen
B-VG Art133 Abs4
StbG 1985 §10 Abs1 Z6
StbG 1985 §10 Abs2 Z7
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022010053.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache der Antrag des Revisionswerbers, eines russischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 und § 10 Abs. 2 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen (I.) und eine Revision für unzulässig erklärt (II.).
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei Gründer und organschaftlicher Vertreter eines näher bezeichneten tschetschenischen Kulturvereines in G gewesen. Der Verein sei 2016 freiwillig aufgelöst worden, nachdem eine behördliche Auflösung des Vereines angekündigt worden sei, weil die Statuten des Vereines nicht an die Erfordernisse des Islamgesetzes 2015 angepasst worden seien. Der Revisionswerber habe es als Gründungs‑ und Vorstandsmitglied dieses Vereines zugelassen, dass durch den Imam des Vereines ein Naheverhältnis zu terroristischen Gruppierungen vorgelegen sei. Dabei verweist das Verwaltungsgericht auf die strafgerichtliche Verurteilung des Imams unter anderem wegen § 278b Abs. 2 StGB (Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung) in Form der Bestimmungstäterschaft (§ 12 zweiter Fall StGB). Der Imam habe den Ausführungen des Strafgerichtes zufolge seine führende Stellung als Chefideologe innerhalb der tschetschenischen Diaspora in Österreich unter anderem dazu ausgenutzt, Personen als Kampfteilnehmer für Terrororganisationen anzuwerben. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber als Mitglied des Leitungsorgans des Vereines für die Führung der Vereinsgeschäfte mitverantwortlich gewesen sei (Verweis auf VwGH 4.4.2019, Ra 2019/01/0083). Es liege unzweifelhaft ein Naheverhältnis zu einer extremistischen Vereinigung vor. Auch wenn der Verein bereits 2016 aufgelöst worden sei, sei die Zeitspanne seit der Auflösung des Vereines zu kurz, um eine positive Prognose abgeben zu können. Nach den Schlussfolgerungen des Landesamtes für Verfassungsschutz könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Revisionswerber auf Grund der vorliegenden Umstände die Interessen der Republik Österreich schädigen werde bzw. in einem Naheverhältnis zu extremistischen/terroristischen Gruppierungen stehe, in deren Umfeld derartige Aktivitäten nicht ausgeschlossen werden könnten.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3543/2021‑5, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B‑VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
4 Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. zu allem aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 17.12.2021, Ra 2021/01/0392, mwN).
9 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung enthält in weiten Teilen Behauptungen, aus welchen Gründen das angefochtene Erkenntnis rechtswidrig sei, und stellt daher in der Sache Revisionsgründe nach § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG dar. Solche Ausführungen können nach dem Obgesagten schon aus diesem Grund die Zulässigkeit der Revision nicht dartun.
10 Insoweit die Zulässigkeitsbegründung eine Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, unterlässt sie es ‑ bis auf eine Ausnahme ‑ diese Rechtsprechung konkret zu zitieren (vgl. zu den Erfordernissen einer konkreten Darlegung einer Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 15.12.2021, Ra 2021/16/0092, mit weiteren Nachweisen).
11 An einer Stelle behauptet die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung eine Abweichung vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 2015, Ro 2014/01/0035, weil vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden sei, dass der Revisionswerber bekennender Sympathisant, Geldgeber oder anderer Unterstützer sei. Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass die entsprechenden Aussagen in der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verleihungshindernis des § 10 Abs. 2 Z 7 StbG ergangen sind, welches neben § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ein spezielles Verleihungshindernis darstellt (vgl. auch dazu VwGH 26.5.2015, Ro 2014/01/0035), und das Verwaltungsgericht die Abweisung des Verleihungsantrages auch auf § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gestützt hat. Dabei ging das Verwaltungsgericht unter Beachtung der Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, dass der Revisionswerber als Mitglied des Leitungsorgans des Vereines für die Führung der Vereinsgeschäfte mitverantwortlich war (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/01/0083, zu einem ähnlich gelagerten Fall mit Verweis auf das Vereinsgesetz 2002).
12 Soweit die Revision letztlich Willkür behauptet, ist daran zu erinnern, dass es sich dabei nicht um vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte handelt (vgl. etwa VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072) und der VfGH die Beschwerde des Revisionswerbers in der vorliegenden Rechtssache bereits abgelehnt hat.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. März 2022
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