Normen
AVG §8
EisbKrV 2012 §9 Abs1
EisenbahnG 1957 §48
EisenbahnG 1957 §48 Abs1
EisenbahnG 1957 §48 Abs2
EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisenbahnG 1957 §49 Abs2
LStG NÖ 1999 §5 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020030044.J00
Spruch:
Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Ö AG (erstrevisionswerbende Partei; im Folgenden: ÖBB‑Infra) ist Eigentümerin und Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Bahnstrecke Wien Praterstern ‑ Rennweg ‑ Wolfsthal.
2 Nördlich der Eisenbahnstrecke verläuft im Bereich von Bahn‑Kilometer 30,894 im Abstand von einigen Metern parallel zu den Geleisen die Landesstraße „B 9 Pressburgerstraße“ auf dem Grundstück Nr. 559, KG H, welches im Eigentum des Landes Niederösterreich steht.
3 Von dieser Landesstraße zweigt etwa im rechten Winkel eine Straße in Richtung Süden ab, welche die Eisenbahnstrecke bei Bahn‑Kilometer 30,894 kreuzt. Sie verläuft zunächst noch auf dem Grundstück Nr. 559 (des Landes Niederösterreich), führt dann über Bahngrund (Grundstück Nr. 1130, KG H), wo sie Bahngleise überwindet, und setzt sich anschließend auf dem Grundstück Nr. 889, KG H, welches im Eigentum der mitbeteiligten Gemeinde steht, fort.
4 Zur besseren Veranschaulichung des Kreuzungsbereichs ist auf das beigeschlossene Lichtbild und den Lageplan (mit Grundstücksnummern) zu verweisen:
5 Mit Bescheid vom 2. April 2013 ordnete der Landeshauptmann von Niederösterreich an, dass die beschriebene Eisenbahnkreuzung, die zuvor nur durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraums gesichert war, künftig durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern sei und legte fest, wie und bis wann die Sicherung im Einzelnen auszuführen sei. Im Spruch und in der Begründung dieser Entscheidung wird davon ausgegangen, dass die in Rede stehende Eisenbahnstrecke (nur) von einer Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde gekreuzt wird.
6 Im Folgenden wurde die neue Lichtzeichenanlage mit Schranken von der Ö unstrittig errichtet.
7 Mit Schreiben vom 29. März 2016 beantragte die mitbeteiligte Gemeinde beim Landeshauptmann von Niederösterreich eine Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG. Der Landeshauptmann möge entscheiden, dass die Kosten für die Sicherung der Eisenbahnkreuzung im ausschließlichen bzw. überwiegenden wirtschaftlichen Sonderinteresse der Ö gelegen sei und die „Gemeinde als Straßenerhalterin“ somit keinen Anteil an den Kosten zu tragen habe. Im Einzelnen führte die mitbeteiligte Gemeinde unter anderem aus, die betreffende Kreuzung werde üblicherweise nur von Landwirten überquert, um zu den jeweiligen Feldern zu gelangen. Die südliche Seite der Eisenbahnkreuzung schließe an einen Güterweg an, der sich im Gemeindeeigentum befinde. Die nördliche Seite der Eisenbahnkreuzung stehe im Eigentum des Landes Niederösterreich. Dort liege somit keine Gemeindestraße vor, weswegen auch zu hinterfragen sei, warum die Gemeinde als alleinige Trägerin der Straßenbaulast angeführt werde, obwohl sich nur auf einer Seite der Eisenbahnkreuzung eine Gemeindestraße (nämlich ein Güterweg) befinde.
8 Mit Schriftsatz vom 13. April 2016 beantragte auch die Ö eine Kostenentscheidung durch den Landeshauptmann, weil ein Einvernehmen mit der mitbeteiligten Gemeinde über die Kostentragung nicht gefunden worden sei. Im Hauptantrag begehrte die Ö daher, die mitbeteiligte Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast zur Übernahme von 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung bzw. Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung zu verpflichten. Sollte sich herausstellen, dass es sich beim Straßenerhalter nicht (allein) um die mitbeteiligte Gemeinde handle, beantragte die Ö hilfsweise (unter anderem), das Land Niederösterreich zur Übernahme (von Teilen) der Kosten zu verpflichten.
9 Mit Bescheid vom 18. Jänner 2019 setzte die Landeshauptfrau von Niederösterreich die mit der Errichtung der Sicherungsanlagen verbundenen Kosten mit insgesamt € 547.679,81 fest. Davon hätten die Ö und die mitbeteiligte Gemeinde jeweils 50 % zu tragen. Die mitbeteiligte Gemeinde wurde verpflichtet, der Ö den Betrag von € 273.839,91 an Errichtungskosten zu bezahlen; gleichzeitig wurden die jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage mit € 7.877,98 und mit einem Barwert von € 196.949,53 festgesetzt, die von der Ö und der mitbeteiligten Gemeinde jeweils zu 50 % getragen werden müssten. Die mitbeteiligte Gemeinde habe der Ö ‑ ab einem näher umschriebenen Zeitpunkt ‑ jährlich € 3.938,99 zu zahlen.
10 Zur Begründung dieser Entscheidung stützte sich die Landeshauptfrau von Niederösterreich auf das eingeholte Gutachten der Sachverständigenkommission, das in seinem Befund davon ausgeht, dass die Eisenbahnkreuzung von einer Gemeindestraße gekreuzt werde, welche in der Verantwortung der mitbeteiligten Gemeinde liege. Nähere Ausführungen dazu, wie die Sachverständigenkommission oder die Landeshauptfrau von Niederösterreich zu diesem Ergebnis gekommen sei, enthält der behördliche Bescheid nicht.
11 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Ö (nur zur Höhe der Kostenverpflichtung der mitbeteiligten Gemeinde betreffend die Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung) und die mitbeteiligte Gemeinde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG).
12 Mit dem angefochtenen Beschluss hob das LVwG den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. Jänner 2019 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück. Die Revision erklärte das LVwG für zulässig.
13 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Gemeinde sei schon in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz davon ausgegangen, dass neben ihr (aufgrund der südlich an die Eisenbahnkreuzung heranführenden Gemeindestraße) auch das Land Niederösterreich im Hinblick auf die nördlich der Kreuzung verlaufende Landesstraße (B 9) als Träger der Straßenbaulast angesehen werden müsse. Die Ö habe dies zumindest für möglich gehalten, wie ihre Eventualanträge zeigen würden. Das Land Niederösterreich habe in einer Stellungnahme im verwaltungsbehördlichen Verfahren vom 29. April 2016 hingegen bestritten, als Trägerin der Straßenbaulast in Betracht zu kommen.
14 Das LVwG gehe rechtlich davon aus, dass der Begriff des Trägers der Straßenbaulast nach § 48 EisbG weiter sein müsse als jener, den der Verwaltungsgerichtshof in einem straßenrechtlichen Erkenntnis vom 28. Oktober 1999, 98/06/0022, geprägt habe (danach sei derjenige als Träger der Straßenbaulast anzusprechen, der verpflichtet sei, eine Straße herzustellen und zu erhalten). § 48 EisbG umfasse nämlich alle „Straßen mit öffentlichem Verkehr“ (vgl. § 1 Abs. 1 StVO) und somit auch Straßen, für deren Herstellung und Erhaltung keine Verpflichtung bestehe. Fehle es an einer Verpflichtung in diesem Sinne, so werde jedenfalls im Regelfall der Eigentümer des an die Eisenbahnkreuzung angrenzenden Straßengrundes oder ein von ihm zur Straßenerrichtung Berechtigter als Träger der Straßenbaulast anzusehen sein. Aus dieser Überlegung folge, dass es ‑ auch wenn das EisbG den Begriff nur in der Einzahl verwende ‑ an einer Eisenbahnkreuzung mehrere Träger der Straßenbaulast im Sinne des § 48 EisbG geben könne, wenn entweder Verpflichtungen zur Straßenerrichtung und -erhaltung bei den zur Eisenbahnkreuzung führenden Straßen unterschiedliche Rechtsträger beträfen oder ‑ falls solche Verpflichtungen nicht festgestellt werden könnten ‑ die Eisenbahnkreuzung an Straßengrundstücke unterschiedlicher Eigentümer oder sonstiger Berechtigter angrenze. Diesfalls wären die finanziellen Lasten von mehreren Trägern der Straßenbaulast anteilig zu tragen. Die Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze bedürfe vorhergehender Sachverhaltsfeststellungen, beginnend mit Feststellungen zur Frage, wer Träger der Straßenbaulast im obigen Sinne sei. Dazu wäre zunächst zu klären, ob im Bereich der Eisenbahnkreuzung straßenbaurechtliche Bewilligungen, aus denen Verpflichtungen im obigen Sinne resultierten, erteilt worden seien und welchen Inhalt diese hätten, insbesondere auf welchen Straßenverlauf sie sich bezögen. Bestünden solche Bewilligungen nicht, so sei nach anderen Rechtsquellen für derartige Verpflichtungen zu forschen. Fehlten diese, so sei letztlich auf das Grundeigentum oder eine daraus abgeleitete Berechtigung abzustellen. Solche Feststellungen fehlten aber im angefochtenen Bescheid zur Gänze, weshalb der angefochtene Bescheid zur Verfahrensergänzung durch die belangte Behörde aufzuheben sei. Selbst wenn das weitere Ermittlungsverfahren ergeben würde, dass die mitbeteiligte Gemeinde alleinige Trägerin der Straßenbaulast sei, genüge das Gutachten der Sachverständigenkommission den Anforderungen an ein entsprechendes Gutachten im Übrigen nicht. Es fehlten darin jegliche Feststellungen zu den Tatsachengrundlagen, auf welche die Kommission ihre Kostenaufteilung stütze. Somit lägen hinsichtlich der prozentuellen Kostenaufteilung weder zur Frage, wer Träger der Straßenbaulast sei noch zur darauf aufbauenden Frage, in welchem prozentuellen Ausmaß die Kostenaufteilung zu erfolgen habe, brauchbare Ermittlungsergebnisse vor. Ausgehend vom Hauptantrag der Ö wäre von der Landeshauptfrau außerdem nur über die prozentuelle Kostenaufteilung zu entscheiden gewesen. Ungeachtet dessen erwiese sich aber auch die Höhe der Kosten als nicht spruchreif (Hinweis auf VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050, zu den Vorgaben betreffend die Ermittlung des Barwerts).
15 Die Zulässigkeit der Revision begründete das LVwG damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff „Träger der Straßenbaulast“ im Kontext des § 48 Abs. 2 und 3 EisbG fehle. Weiters sei in der Rechtsprechung ungeklärt, wie im Fall mehrerer (potentieller) Träger der Straßenbaulast vorzugehen sei. Beides gehe aus dem Gesetzeswortlaut auch nicht in eindeutiger Weise hervor, sodass Auslegungsergebnisse denkmöglich erschienen, die von jenem des LVwG abwichen.
16 Dagegen wendet sich die zu hg. Zl. Ro 2020/03/0044 protokollierte Revision der Ö, die geltend macht, die gegenständliche Straße über die Eisenbahnkreuzung stelle keine Straße des Landes gemäß niederösterreichischem Landesstraßenverzeichnis dar. Folglich sei sie als Gemeindestraße anzusehen, deren (verwaltungs‑ und zivilrechtliche) Pflicht zum Bau und zur Erhaltung die mitbeteiligte Gemeinde treffe. Letztere sei daher auch Trägerin der Straßenbaulast im Sinne des § 48 EisbG für beide Seiten der Eisenbahnkreuzung.
17 Die Landeshauptfrau von Niederösterreich (belangte Behörde vor dem LVwG) erhob zu hg. Zl. Ro 2020/03/0045 eine Amtsrevision, in der sie im Wesentlichen geltend macht, schon im Sicherungsbescheid vom 2. April 2013 sei normativ ausgesprochen worden, dass die Eisenbahnstrecke von einer Gemeindestraße gekreuzt werde. Der Bescheid habe auch insofern Rechtskraft entfaltet, weshalb im folgenden Kostenverfahren auf diese Thematik nicht mehr einzugehen gewesen sei. Im Übrigen vertrete die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass der Begriff des „Trägers der Straßenbaulast“ im EisbG stets in der Einzahl verwendet werde und es aufgrund der hier angezeigten Wortinterpretation nur einen Träger der Straßenbaulast geben könne, der fallbezogen die mitbeteiligte Gemeinde sei. Außerdem habe das LVwG gegen seine Verpflichtung zur meritorischen Entscheidung verstoßen.
18 Auch das Land Niederösterreich erhob zu hg. Zl. Ro 2020/03/0046 Revision und machte geltend, dass der Sicherungsbescheid vom 2. April 2013 insofern Bindungswirkung für das Kostenverfahren entfalte, als die Verkehrsträger bereits zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides im Zuge des Verfahrens ermittelt und sodann rechtskräftig festgestellt worden seien. Davon sei auch die Ö in ihrem Hauptantrag gemäß § 48 Abs. 3 EisbG ausgegangen. Ein Abweichen davon sei rechtlich nicht mehr möglich gewesen.
19 Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete zu diesen Revisionen eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Rechtsansicht vertrat, Träger der Straßenbaulast im nördlichen Kreuzungsbereich sei das Land Niederösterreich. Die Gemeinde habe dort keinen Winterdienst verrichtet und habe keine Sanierungen durchgeführt. Ihr seien auch keine diesbezüglichen Verpflichtungen bekannt. Es handle sich um Eigentum des Landes Niederösterreich. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, warum die Gemeinde als alleinige Trägerin der Straßenbaulast gelten solle.
20 Dazu erstattete das Land Niederösterreich eine Replik, wonach das Land Niederösterreich den Straßenteil zwischen der B 9 und der in Rede stehenden Ö‑Trasse weder baulich erhalte noch winterdienstlich betreue.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die Revisionen sind zulässig, sie sind jedoch nicht begründet.
22 Die Zulässigkeit der Revision ist gegeben, weil zu den fallbezogen entscheidungsrelevanten Rechtsfragen, ob der maßgebliche „Träger der Straßenbaulast“ bereits im Sicherungsescheid verbindlich festgelegt wird, ob es in Bezug auf § 48 EisbG (auch) mehrere „Träger der Straßenbaulast“ geben kann, und wer als „Träger der Straßenbaulast“ im Sinne des § 48 EisbG anzusehen ist, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, die für die Auslegung der zitierten Norm erforderlich ist.
23 Die maßgeblichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60/1957 idF BGBl. I Nr. 25/2010 (EisbG), lauten wie folgt:
„Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:
1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;
2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.
Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.
(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.
(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,
1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder
2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,
und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.
(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigenkommission obliegt der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen. ...
Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Die Straßenverwaltungen sind zur kostenlosen Duldung von Sicherheitseinrichtungen und Verkehrszeichen, einschließlich von Geschwindigkeitsbeschränkungstafeln, verpflichtet.
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
...“
Zur Frage der verbindlichen Festlegung der beteiligten Verkehrsträger im Sicherungsbescheid:
24 Im gegenständlichen Fall hat der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 2. April 2013 gemäß § 49 Abs. 2 EisbG über die Sicherung der Eisenbahnkreuzung entschieden.
25 Wenn die belangte Behörde und das Land Niederösterreich in ihren Revisionen argumentieren, mit diesem Bescheid sei auch rechtskräftig und für das anschließende Kostenverfahren verbindlich über das Vorliegen einer Kreuzung mit einer Gemeindestraße (der mitbeteiligten Gemeinde) abgesprochen worden, kann dem nicht beigepflichtet werden.
26 Bei der Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG handelt es sich ‑ nach den gesetzlichen Vorgaben ‑ um eine solche über die Ausgestaltung der Art und Weise der Sicherung und damit deren inhaltlich gestaltende Festlegung im Einzelfall. Damit wird jedoch weder normativ festgelegt, wer die beteiligten Verkehrsträger sind, noch, wer in welchem Umfang zur Kostentragung herangezogen werden kann. Dass im Spruch des Sicherungsbescheides vom 2. April 2013 von einer „Eisenbahnkreuzung in km 30,984 der ÖBB‑Strecke ... mit einer Gemeindestraße“ die Rede ist, dient lediglich der örtlichen Umschreibung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen, entfaltet aber keine Bindungswirkung für die Frage, ob die Gemeinde als (alleinige) Trägerin der Straßenbaulast im Sinne des § 48 EisbG betrachtet werden muss.
27 Es mag zwar zutreffen, dass sich die Behörde im Sicherungsverfahren zur Klärung der Parteistellung auch damit beschäftigen muss, wer als beteiligter Verkehrsträger anzusehen ist (vgl. dazu VfGH 26.2.2020, G 179/2019 u.a.; VwGH 11.9.2020, Ra 2019/03/0025). Das bedeutet aber nicht, dass die Entscheidung im Sicherungsverfahren für das nachfolgende Verfahren nach § 48 Abs. 3 EisbG verbindlich festlegen könnte, wer als beteiligter Verkehrsträger, insbesondere als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist.
28 Aufgrund der Anträge der Ö und der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 48 Abs. 3 EisbG hatte der Landeshauptmann von Niederösterreich daher als Vorfrage zu klären, wer in Bezug auf die gegenständliche Eisenbahnkreuzung Träger der Straßenbaulast ist, ohne insoweit an den vorangegangenen Sicherungsbescheid gebunden zu sein. Dies umso mehr, als die mitbeteiligte Gemeinde schon in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz auf die mögliche Mitbeteiligung des Landes Niederösterreich als weitere Trägerin der Straßenbaulast verwies, weil sich die mitbeteiligte Gemeinde nur für den südlich der Eisenbahnkreuzung liegenden Straßenteil verantwortlich fühlte.
29 Dass im Bescheid der Landeshauptfrau vom 18. Jänner 2019, mit dem neben der Ö nur die mitbeteiligte Gemeinde zur Kostentragung verpflichtet wurde, auf die strittige Frage, wer und aus welchen Gründen fallbezogen Träger der Straßenbaulast sei, überhaupt nicht eingegangen wurde, ist unter diesem Blickwinkel (grob) mangelhaft.
Zur Frage, ob es in Bezug auf § 48 EisbG mehrere „Träger der Straßenbaulast“ geben kann:
30 Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren blieb strittig, wer in der vorliegenden Konstellation als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist. Das LVwG vertrat in der angefochtenen Entscheidung die Rechtsansicht, grundsätzlich könne es für eine Eisenbahnkreuzung auch mehrere Träger der Straßenbaulast im Sinne des § 48 EisbG geben. Dem tritt die Amtsrevision entgegen und argumentiert, das EisbG und die darauf gestützte EisbKrV würden den Begriff „Träger der Straßenbaulast“ stets in der Einzahl verwenden. Daraus sei zu schließen, dass nur ein maßgeblicher Träger der Straßenbaulast in Betracht kommen könne.
31 Dem ist nicht zuzustimmen: Dass § 48 Abs. 2 und 3 EisbG nur von „dem Träger der Straßenbaulast“ (Einzahl) spricht und lediglich für diese Konstellation eine Kostenteilung im Verhältnis 50:50 zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast vorsieht, bedeutet nicht zwingend, dass es stets nur diese beiden Verkehrsträger geben kann. Dem Gesetzgeber stand offensichtlich generalisierend der Fall einer Eisenbahnkreuzung mit einer Straße vor Augen, für die es nur einen Träger der Straßenbaulast gibt und für die er eine entsprechende Aufteilung im Verhältnis 50:50 vorsehen wollte. Entscheidend ist das mit der Regelung verfolgte Ziel, die Kosten zwischen jenen Verkehrsträgern aufzuteilen, deren kreuzender Verkehr eine entsprechende Absicherung der Eisenbahnkreuzung erforderlich macht. Das ist auf der einen Seite der Verkehr auf der Schiene, der durch das Eisenbahnunternehmen repräsentiert wird, welches nach der Vorgabe des § 48 Abs. 2 EisbG ‑ mangels eines anderen Einvernehmens oder der Voraussetzungen für eine abweichende Kostenteilung nach § 48 Abs. 3 EisbG ‑ grundsätzlich die Hälfte der Kosten übernehmen muss. Das ist auf der anderen Seite der über die Eisenbahnkreuzung abzuwickelnde Straßenverkehr, für den der oder die Träger der Straßenbaulast einzustehen haben. Handelt es sich um eine Straße, hinsichtlich derer nur ein Träger der Straßenbaulast existiert, hat dieser ‑ mangels eines anderen Einvernehmens oder der Voraussetzungen für eine abweichende Kostenteilung nach § 48 Abs. 3 EisbG ‑ grundsätzlich die Hälfte der Kosten zu bestreiten. Treffen an einer Eisenbahnkreuzung aber Straßen unterschiedlicher Träger der Straßenbaulast zusammen und werden über die Eisenbahnkreuzung somit Verkehrsströme abgewickelt, die unmittelbar von Straßen unterschiedlicher Träger der Straßenbaulast herrühren, wäre es sachlich nicht begründbar, lediglich einen der beteiligten Träger der Straßenbaulast in die Kostenaufteilung einzubeziehen. Abgesehen davon ließe sich in derartigen Fällen auch nicht ohne Weiteres bestimmen, welcher der beteiligten Verkehrsträger hier zum Zug kommen sollte. Für diesen Fall haben die Träger der Verkehrslast der betroffenen Straßen den auf den Straßenverkehr entfallenden Anteil der Kosten (von grundsätzlich 50 %) anteilig zu übernehmen.
32 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass mit der Verpflichtung zur Kostentragung in derartigen Konstellationen auch das Recht für alle diese Träger der Straßenbaulast korrespondiert, die bauliche Umgestaltung oder die Auflassung der schienengleichen Eisenbahnübergänge gemäß § 48 Abs. 1 EisbG zu beantragen.
33 Somit lässt sich als Zwischenergebnis festhalten: Treffen an einer Eisenbahnkreuzung Straßen unterschiedlicher Träger der Straßenbaulast zusammen und werden über die Eisenbahnkreuzung somit Verkehrsströme abgewickelt, die unmittelbar von Straßen unterschiedlicher Träger der Straßenbaulast herrühren, sind sämtliche dieser Verkehrsträger im Rahmen der Kostenaufteilung nach § 48 Abs. 2 und 3 EisbG zu berücksichtigen.
34 Mangels eines anderen Einvernehmens oder der Voraussetzungen für eine abweichende Kostenteilung nach § 48 Abs. 3 EisbG ist der auf die Träger der Straßenbaulast entfallende Anteil nach § 48 Abs. 2 EisbG (also die Hälfte der Kosten) von den betreffenden Trägern der Straßenbaulast zu gleichen Teilen zu tragen.
Zur Frage, wer als „Träger der Straßenbaulast“ im Sinne des § 48 EisbG anzusehen ist:
35 Wer als „Träger der Straßenbaulast“ im Sinne des § 48 EisbG anzusehen ist, wird im EisbG nicht näher umschrieben. Auch die EisbKrV enthält keine derartige Begriffsdefinition, scheint in ihrem § 9 Abs. 1 leg. cit. aber davon auszugehen, dass es zwischen dem „Träger der Straßenbaulast“ und dem „Straßenerhalter“ einen Unterschied geben könne, wird dort doch angeordnet, dass bei der Überprüfung einer Eisenbahnkreuzung festgestellte ‑ näher umschriebene ‑ Mängel „dem Träger der Straßenbaulast beziehungsweise dem Straßenerhalter zu melden“ seien.
36 Der Begriff der „Straßenbaulast“ findet sich außerhalb des EisbG vor allem in einschlägigen straßenrechtlichen Normen:
37 § 8 Bundesstraßengesetzes 1971 sieht unter dem Titel „Straßenbaulast“ vor, dass die Planung, der Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen grundsätzlich aus Mitteln des Bundes erfolge und legt damit ein weites Begriffsverständnis von „Straßenbaulast“ zugrunde.
38 Auch die Straßengesetze der Bundesländer enthalten teilweise Begriffsdefinitionen für die „Straßenbaulast“, die im Wesentlichen auf die Belastung mit den Kosten des Baus (Herstellung) und der Erhaltung der Straßen abstellen (vgl. dazu beispielsweise den II. Abschnitt des Burgenländischen Straßengesetzes 2005 oder die Begriffsdefinition von § 2 Abs. 8 Tiroler Straßengesetz).
39 § 15 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 führt unter der Überschrift „Straßenbaulast“ aus, dass die Kosten des Baues (einschließlich des Grunderwerbs), der Erhaltung (einschließlich des Winterdienstes) und der Verwaltung einer Straße der Straßenerhalter zu tragen hat (ausgenommen anderslautende gesetzliche Bestimmungen, Vereinbarungen und Rechtstitel, die Dritte zur Kostentragung verpflichten). Als „Straßenerhalter“ definiert § 4 Z 6 NÖ Straßengesetz 1999 „das Land oder die Gemeinde als Träger von Privatrechten, dem der Bau und die Erhaltung einer Straße oder eines Bestandteiles derselben obliegt.“
40 In dem ‑ im gegenständlichen Verfahren mehrfach zitierten ‑ hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1999, Zl. 98/06/0022, führte der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. März 1974, 1 Ob 33/74, aus, als „Träger der Straßenbaulast“ sei derjenige anzusprechen, der verpflichtet sei, eine Straße herzustellen und zu erhalten. Gleichzeitig verwies der Gerichtshof darauf, dass unter der „Herstellung“ von Straßen im Sinne des fallbezogen anzuwendenden Kärntner Straßengesetzes der Neubau, Ausbau, Umbau, die Umlegung und sonstige Verbesserungen öffentlicher Straßen, unter „Straßenerhaltung“ hingegen die Instandhaltung, Pflege (technisch wirtschaftliche Betreuung) sowie die Wahrnehmung und Vertretung des Straßeninteresses zu verstehen seien. „Träger der Straßenbaulast“ sei nicht gleichbedeutend mit der Eigenschaft als Grundeigentümer.
41 Festzuhalten ist, dass weder das angesprochene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes noch das Urteil des Obersten Gerichtshofes im spezifischen Zusammenhang mit dem EisbG ergangen sind (im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes ging es um die Auslegung des Bundesstraßengesetzes zur Beurteilung eines Rückübereignungsanspruchs, im Verfahren des Obersten Gerichtshofes um die zivilrechtliche Haftung für den Sturz einer Person infolge eines am Fahrbahnrand befindlichen unabgedeckten Kanalloches).
42 Diese Einordnung ist von Bedeutung, weil § 48 EisbG nur in seinem besonderen Kontext verstanden werden kann: Der „Träger der Straßenbaulast“ wird in dieser Norm in seiner Aufgabe zur baulichen „Umgestaltung des Wegenetzes“ und „sonstiger Ersatzmaßnahmen“ adressiert. Unter „Straßenbaulast“ versteht § 48 EisbG demnach offenkundig die Baulast im engeren Sinne, während die Straßenerhaltung (etwa im Sinne der Übernahme des Winterdienstes usw.) keine maßgebliche Bedeutung hat. Für dieses Begriffsverständnis spricht auch die angesprochene Unterscheidung in § 9 Abs. 1 EisbKrV zwischen dem „Träger der Straßenbaulast“ (offenbar im engeren Sinne) und dem „Straßenerhalter“.
43 Als „Träger der Straßenbaulast“ im Sinne des § 48 EisbG ist somit jener Rechtsträger zu verstehen, dem der (Um‑)Bau der durch die Sicherungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG betroffenen Straße(n) obliegt, sei es aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung oder in Ermangelung derartiger Verpflichtungen aufgrund des bloßen Umstandes, dass er auf seinem Grund einen Verkehr eröffnet bzw. geduldet hat.
Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall:
44 Werden diese Rechtsgrundsätze auf den gegenständlichen Fall angewendet, so ist dem LVwG darin zuzustimmen, dass entscheidungswesentliche Sachverhaltsfeststellungen noch nicht getroffen worden sind.
45 Als unstrittig kann gelten, dass die mitbeteiligte Gemeinde „Trägerin der Straßenbaulast“ im soeben beschriebenen Sinn für die südlich bis zur Eisenbahnkreuzung führende Gemeindestraße ist. Ebenso eindeutig ist der Umstand, dass das Land Niederösterreich Grundeigentümerin von dem nördlich der Eisenbahnkreuzung gelegenen Grundstück ist, auf der sich die Landesstraße (B 9) befindet, die allerdings die in Rede stehende Eisenbahnstrecke nicht kreuzt.
46 Unklar ist hingegen, wer in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die „Straßenbaulast“ im oben dargestellten Verständnis des § 48 EisbG für jenes kurze Straßenstück trägt, das von Norden her von der Landesstraße (B 9) zur Eisenbahnkreuzung führt. Dem LVwG ist insoweit im Ergebnis zuzustimmen, dass dafür vorrangig zu ermitteln wäre, auf welcher (rechtlichen) Grundlage dieses Straßenstück hergestellt worden ist. Nur soweit eine diesbezügliche Klärung des Sachverhalts (und damit verbunden eine Beantwortung der Frage, wem die Baulast obliegt) nicht möglich wäre, käme hilfsweise zum Tragen, dass das Land Niederösterreich faktisch auf seinem Grund einen Verkehr eröffnet bzw. geduldet hat, wodurch ihm (nach dem in diesem Erkenntnis dargelegten Begriffsverständnis) auch die „Straßenbaulast“ für das betroffene Straßenstück obläge.
47 Nur der Vollständigkeit halber ist dem Revisionsvorbringen der Ö noch Folgendes zu erwidern: Die Revision der Ö verweist darauf, dass das in Rede stehende Straßenstück zwischen der Landesstraße B 9 und der Eisenbahnkreuzung nicht im NÖ Landesstraßenverzeichnis enthalten sei. Sie schließt daraus, dass es sich um keine Landesstraße handle und das Straßenstück folglich als Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde angesehen werden müsse.
48 Richtig ist, dass nach § 5 Abs. 1 NÖ Straßengesetz die bestehenden Landesstraßen im NÖ Landesstraßenverzeichnis, dem Verordnungscharakter zukommt, auszuweisen sind, welches auch deren Verlauf zu beschreiben hat. Ob der Eintragung in dieses Straßenverzeichnis konstitutive Wirkung für die Beurteilung einer Straße als „Landesstraße“ zukommt und ob mangels Eintragung eines Straßenstücks davon auszugehen wäre, dass es sich um eine „Gemeindestraße“ handeln müsse, braucht hier nicht beurteilt zu werden. Entscheidend ist vielmehr, dass die Eintragung oder Nichteintragung in das NÖ Landesstraßenverzeichnis keine normativen Auswirkung für die hier ‑ autonom ‑ zu beurteilende Frage hat, wer „Träger der Straßenbaulast“ im Sinne des § 48 EisbG ist. Dabei kommt es vielmehr auf die in Rn. 43 dieses Erkenntnisses angestellten Erwägungen an.
49 Somit bleibt abschließend zu beurteilen, ob das LVwG mit seiner aufhebenden Entscheidung, wie die Amtsrevision geltend macht, gegen seine grundsätzliche Verpflichtung zur meritorischen Erledigung der Beschwerdesache verstoßen hat.
50 Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B‑VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
51 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. dazu grundlegend VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).
52 Die Amtsrevisionswerberin vertritt den Rechtsstandpunkt, sie habe die für die Bescheiderlassung erforderlichen Ermittlungen getätigt; die Sache sei zum damaligen Zeitpunkt spruchreif gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, dass auf den substantiiert bestreitenden Einwand der mitbeteiligten Gemeinde, sie sei nicht als alleinige „Trägerin der Straßenbaulast“ anzusehen, im verwaltungsbehördlichen Bescheid mit keinem Wort eingegangen worden ist. Es wurde nicht einmal der im Revisionsverfahren eingenommene (wenngleich unrichtige) Rechtsstandpunkt vertreten, an die Einordnung der Straße als „Gemeindestraße“ im vorangegangenen Sicherungsbescheid gebunden zu sein. Dass diese Vorgangsweise (grob) mangelhaft war, wurde in diesem Erkenntnis bereits ausgeführt (Rn. 29). Dem LVwG ist daher Recht zu geben, dass die belangte Behörde die zur Ermittlung der beteiligten Verkehrsträger erforderlichen Erhebungen (ungeachtet des Parteivorbringens) zur Gänze unterlassen hat.
53 Hinzu kommt, dass das LVwG auf Mängel des Gutachtens der Sachverständigenkommission bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten und ihrer Aufteilung auf die beteiligten Verkehrsträger hingewiesen hat, die nicht von der Hand zu weisen sind. Auch diesbezüglich hat sich die belangte Behörde darauf beschränkt, die Ergebnisse des Gutachtens ‑ ohne erkennbare Überprüfung der Schlüssigkeit desselben ‑ zu übernehmen, ohne die erforderlichen ergänzenden Ermittlungsschritte zu setzen (vgl. zu den Anforderungen an ein Gutachten der Sachverständigenkommission etwa VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050, Rn. 30, mwN).
54 Bei dieser Ausgangslage kann es insgesamt nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn das LVwG von einem seitens der belangten Behörde bloß ansatzweise ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und von seiner ‑ ausnahmsweisen ‑ Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Verfahrensergänzung durch die belangte Behörde aufzuheben.
55 Zur Vermeidung von Fehlern im fortgesetzten Verfahren ist abschließend anzumerken, dass die ‑ für die Aufhebung und Zurückweisung nicht tragenden und damit keine Bindung im Sinne des § 28 Abs. 5 VwGVG auslösenden ‑ rechtlichen Erwägungen des LVwG in der angefochtenen Entscheidung, wonach der Hauptantrag der Ö lediglich auf eine prozentuelle Festlegung der Aufteilungsquoten gerichtet war, aus den in den hg. Erkenntnissen vom 21.10.2020, Ra 2020/03/0079, und vom 18.12.2020, Ra 2020/03/0122, dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, nicht zutreffen. Die Anträge der Ö wären bei verständiger Würdigung des Wortlauts und ihres Zwecks vielmehr dahingehend zu lesen gewesen, dass sie in jedem Fall die Klärung des Umfangs der relevanten Kosten angestrebt hatte und die weitere Gliederung der Anträge in Haupt- und Eventualanträge sich nur darauf bezog, in welchem Ausmaß diese Kosten von anderen Verkehrsträgern zu tragen sind.
56 Die Revisionen waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
57 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung - auch infolge der vor dem LVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung - weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Wien, am 8. Februar 2021
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