EisenbahnG 1957 §48
EisenbahnG 1957 §49 Abs1
EisenbahnG 1957 §49 Abs2
EisbKrV 2012 §1
EisbKrV 2012 §2
ABGB §889
VwGVG 2014 §28 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.292.001.2019
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerden 1. der Gemeinde ***, vertreten durch den Bürgermeister, ***, ***, und 2. der A Aktiengesellschaft, vertreten durch B, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 18. Jänner 2019, Zl. ***, betreffend Kosten für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (mitbeteiligte Partei: Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und -verwaltung, vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. April 2019 den
BESCHLUSS:
1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B‑VG iVm § 25a VwGG zulässig.
Begründung:
I. Unbestrittener Sachverhalt und Verfahrensgang
1. Die Eisenbahnkreuzung in km *** der von der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge: Gesellschaft) betriebenen Eisenbahnstrecke *** - *** - *** war zunächst auf Grund eines Berufungsbescheides des damaligen Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) aus dem Jahr 2011 durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes gesichert.
2. Die Bahnstrecke verläuft im Kreuzungsbereich auf dem im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstück Nr. ***, KG ***. An dieses schließt in nördlicher Richtung das Grundstück Nr. ***, KG ***, an, das im Eigentum des mitbeteiligten Landes Niederösterreich (in der Folge: Land) steht und auf dem die von diesem erhaltene Landesstraße *** (parallel zur Eisenbahn) verläuft. Die Eisenbahnkreuzung entsteht durch eine annähernd rechtwinkelige Abzweigung von der *** (noch zur Gänze auf dem Grundstück Nr. ***) nach Süden, die dann über das Grundstück Nr. *** (insbesondere die Bahngeleise) führt und in das im Eigentum der erstbeschwerdeführenden Gemeinde (in der Folge: Gemeinde) stehende Grundstück Nr. ***, KG *** mündet. Auf diesem verläuft die Straße in südlicher Richtung weiter und wird von der Gemeinde erhalten.
Ca. 20 m nördlich der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. *** und *** zweigt von der *** die Landesstraße *** ab, die über das ebenfalls im Eigentum des Landes stehende Grundstück Nr. ***, KG ***, in Richtung Norden führt.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 2013 wurde für diese Eisenbahnkreuzung gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) eine Sicherung durch Lichtzeichen mit Schranken und die Ausführung als Vollschrankenanlage mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume bis spätestens 31. März 2015 angeordnet. Darüber hinaus wurde das Anbringen eines elektronischen Läutewerks vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde der Gesellschaft am 4. April 2013 zugestellt, darüber hinaus am 8. April 2013 auch dem damaligen Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz – Verkehrsarbeits-inspektorat. In der Zustellverfügung ist weiters die Gemeinde angeführt, nicht jedoch das Land.
4. Am 29. März 2016 stellte die Gemeinde den auf § 48 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes (EisbG) gestützten Antrag, die belangte Behörde möge entscheiden, dass die mit dem Bescheid vom 2. April 2013 aufgetragene Sicherung der Eisenbahnkreuzung im ausschließlichen bzw. überwiegenden Sonderinteresse des Schienenbetreibers gelegen sei und die Gemeinde als Straßenerhalterin somit einen Antrag von 0 % zu tragen habe.
Im Antrag wurde zunächst festgehalten, dass eine einvernehmliche Lösung mit der Gesellschaft bisher nicht habe gefunden werden können. In weiterer Folge behauptete die Gemeinde, die Kreuzung werde üblicherweise nur von Landwirten überquert, um zu ihren Feldern zu gelangen. Der Übergang diene nicht dem Erreichen von Wohnhäusern oder Betrieben, da sich dieser Stelle außerhalb von Wohngebiet und weit entfernt von Betriebsgebiet befinde. Der Zugverkehr sei jedenfalls an dieser Stelle wesentlich stärker und bedeutsamer als der kaum vorhandene Straßenverkehr. Weiters wurde auf die Situierung der Kreuzung (vgl. oben 2.) hingewiesen. Im Hinblick darauf sei auch zu prüfen, warum die Gemeinde als alleinige Trägerin der Straßenbaulast angeführt werde, obwohl sich nur auf einer Seite der Eisenbahnkreuzung eine Gemeindestraße befinde. Im Übrigen seien die von der Gesellschaft von der Gemeinde geforderten Errichtungskosten viel zu hoch.
5. Am 13. April 2016 stellte die Gesellschaft bei der belangten Behörde (mit näherer Begründung) die Anträge, diese möge entscheiden,
dass gemäß § 49 Abs. 2 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 bis 4 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast im Sinne von § 48 Abs. 2 EisbG 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung zu tragen habe,
in eventu
in welchem Ausmaß die Gesamtkosten von den Verkehrsträgern (Gesellschaft und Gemeinde) zu tragen sind,
in eventu
welche Kosten die Gemeinde als Träger der Straßenbaulast zu tragen habe.
In weiterer Folge stellt die Gesellschaft noch weitere Eventualanträge, die sich von den wiedergegebenen Anträgen nur dadurch unterscheiden, dass als Träger der Straßenbaulast auch bzw. nur das Land verpflichtet werden möge. In der Begründung wird dazu auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es sich beim Träger der Straßenbaulast zur Gänze bzw. teilweise auch um das Land handeln könnte, wenngleich bisher die Gemeinde Verhandlungen über die Kostenübernahme geführt habe.
6. Beide Anträge wurden am 22. April 2016 zunächst von der Behörde dem Land zur Stellungnahme übermittelt.
Dieses brachte am 29. April 2016 vor, dass es sich bei der Eisenbahnkreuzung eindeutig um eine solche mit einer Gemeindestraße (einem Güterweg) handle. Weder die *** noch die *** würden in irgendeiner Weise die Bahnstrecke queren bzw. seien sie „in die technischen Sicherungsanlagen integriert“. Die von der Gesellschaft errichtete Lichtzeichenanlage mit Schranken befinde sich zur Gänze auf der Gemeindestraße, somit sei die Gemeinde Straßenerhalterin. Die im Antrag der Gemeinde dargestellten örtlichen Gegebenheiten seien nicht nachvollziehbar bzw. falsch. Auch der Antrag der Gesellschaft beruhe, soweit damit eine Mitfinanzierung bzw. Kostentragung durch das Land gefordert werde, auf falschen Tatsachen. Eine Kostentragung bzw. -beteiligung durch das Land werde daher abgelehnt.
7. Am 3. Mai 2016 ersuchte die belangte Behörde die Sachverständigenkom-mission bei der Schieneninfrastruktur Dienstleistungsgesellschaft mbH um Erstattung eines Gutachtens zu den Fragen, welche Kosten in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen seien und in welchem Ausmaß die Gesellschaft und die – ausdrücklich als (einzige) Trägerin der Straßenbaulast bezeichnete – Gemeinde die dadurch erwachsenen Kosten zu tragen habe.
Die Kommission erstattete ihr Gutachten am 28. August 2018. Darin berechnete sie die Kostenaufteilungsmasse mit € 744.629,34, wovon € 547.679,81 auf die Errichtung und € 196.949,53 auf die Erhaltung entfielen. Dazu hielt sie zunächst fest, dass die Kosten im Vergleich zu anderen Eisenbahnkreuzungen hoch erschienen. Dies könnte sich jedoch dadurch erklären, dass an der Kreuzung bisher keinerlei technische Sicherungsanlage vorhanden war, sondern ausschließlich Andreaskreuze aufgestellt waren, weshalb sämtliche technische Infrastruktur völlig neu errichtet werden musste. Eine detaillierte Kostenaufstellung der Gesellschaft liege allerdings nicht vor.
Zur Kostenaufteilung führte die Kommission aus, dass unter Bedachtnahme auf die spezielle Sachkunde der in ihr vertretenen Sachverständigen die Kosten zu 50 % vom Eisenbahnunternehmen und zu 50 % vom Träger der Straßenbaulast zu tragen seien. Dies begründete sie damit, dass § 48 Abs. 3 EisbG den Aufteilungskriterien kein unterschiedliches Gewicht beimesse. Die Kriterien könnten auch schon per se nicht Gegenstand exakter wissenschaftlicher Messung sein, sondern nur einer entsprechend begründeten sachverständigen Einschätzung, wobei aber die Begründungspflichten der Kommission nicht überspannt werden dürften. Weiters könne die Kommission ihr Gutachten nur auf Feststellungen gründen, die sich aus den ihr vorliegenden Unterlagen und erteilten Informationen in Verbindung mit der speziellen Sachkunde der vertretenen Sachverständigen ergeben. Durch die neue technische Sicherung mittels Lichtzeichen und einer Vollschrankenanlage komme es zu einer Verbesserung der Sicherheit des Verkehrs sowohl für die Eisenbahn als auch für die öffentliche Straße, wobei allerdings die Erhöhung der Sicherheit auf der Straße überwiege. Durch die der neuen Rechtslage geschuldete technische Sicherung seien die nach der alten Rechtslage angeordneten Maßnahmen für schlechte Sicht und „unsichtiges“ Wetter (langsam fahren, Überwachung durch einen 1.000 Hz-Magneten) weggefallen. Dadurch seien Energie und Wartungskosten eingespart worden. Sonderinteressen könnten nicht festgestellt werden. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit einerseits und die Ersparnisse andererseits würden sich gegenseitig aufheben, daher sei die Kommission zur vorgeschlagenen Kostenaufteilung gelangt.
8. Am 4. September 2018 gewährte die belangte Behörde den beiden beschwerdeführenden Parteien rechtliches Gehör zu diesem Gutachten.
Die Gesellschaft teilte am 19. September 2018 mit, dass gegen das Gutachten kein Einwand bestehe.
Die Gemeinde erachtete die von der Kommission angenommenen Herstellungskosten in ihrer Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 für unangemessen hoch und wies darauf hin, es sei immer davon ausgegangen worden, dass sämtliche Kosten von der Gesellschaft getragen würden. Ansonsten hätte sich die Gemeinde niemals zustimmend zu dem Vorhaben geäußert.
9. Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Errichtungskosten der Sicherungsanlage mit € 547.679,81 fest (Spruchpunkt 1) und ordnete an, dass diese von der Gemeinde und der Gesellschaft jeweils zur Hälfte zu tragen seien (Spruchpunkt 2). Die Gemeinde wurde zur Zahlung der Hälfte des Betrages (€ 273.839,91) innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides verpflichtet (Spruchpunkt 3). Weiters wurden die jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage mit € 7.877,98 und mit einem Barwert von € 196.949,53 festgesetzt. Diese seien von den Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen. Die Gemeinde habe der Gesellschaft ab Rechtskraft des Bescheides jeweils bis zum 31. Jänner des Folgejahres € 3.938,99 zu zahlen (Spruchpunkt 4).
In der Begründung stützte sich die belangte Behörde bei der von ihr gemäß
§ 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG vorzunehmenden Beurteilung auf das Gutachten der Sachverständigenkommission. Ihr sei es verwehrt, zu einem anderen Schluss zu kommen. Die Gemeinde habe dem Gutachten kein Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengehalten, sodass von der Richtigkeit der Angaben der Gesellschaft zu den Kosten auszugehen sei. Die Erhaltungs- und Instandhaltungskosten seien entsprechend den Angaben der Gesellschaft in ihrem Antrag vom 13. April 2016 auf 25 Jahre verteilt worden, da ansonsten die gesamten von der Gemeinde auf einmal zu entrichtenden Kosten einer Vorauszahlung gleichkommen würden. Aus diesem Grund seien jährlich zu entrichtende Erhaltungs- und Instandhaltungskosten als maßgeblich angesehen worden.
10. Gegen diesen Bescheid richtet sich zunächst die Beschwerde der Gemeinde vom 13. Februar 2019, mit der diese den Bescheid ausdrücklich zur Gänze bekämpft und beantragt, ihren Anteil an den Errichtungs- und Erhaltungskosten mit 0 %, in eventu jedenfalls wesentlich niedriger als mit 50 %, festzulegen.
In der Begründung erachtet die Gemeinde zusammengefasst die von der Gesellschaft behaupteten Kosten als nicht nachvollziehbar, weshalb auch das Gutachten der Sachverständigenkommission auf einer unrichtigen Befundaufnahme beruhe. Weiters sei die Gesellschaft bei der Auftragsvergabe nicht wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig vorgegangen, insbesondere habe keine Ausschreibung nach dem Bundesvergabegesetz stattgefunden. Außerdem habe die Kommission die in § 48 Abs. 3 EisbG genannten Kriterien nicht hinreichend berücksichtigt. Es sei auch gesetzwidrig, der Gemeinde noch gar nicht entstandene Erhaltungskosten im Voraus vorzuschreiben. Wiederholt wurde weiters das Vorbringen, die Gemeinde sei nur auf der südlichen Seite der Eisenbahnkreuzung Trägerin der Straßenbaulast. Schließlich sei auch die festgesetzte Leistungsfrist deutlich zu kurz und berücksichtige die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht.
11. Gegen diesen Bescheid richtet sich weiters die Beschwerde der Gesellschaft vom 19. Februar 2019, mit der allerdings lediglich eine Abänderung des Spruchpunktes 4 des angefochtenen Bescheides dahingehend begehrt wird, dass die jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage mit € 8.825,– und mit einem Barwert von € 196.949,53 festzusetzen seien, weiters möge die Gemeinde *** zu einer Einmalzahlung in der Höhe von € 98.474,76 bei sonstiger Exekution verpflichtet werden. In eventu begehrt die Gesellschaft die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Leistung von jährlich € 4.412,50, indexiert gemäß VPI der Statistik Austria, somit für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 insgesamt € 17.650,– bei sonstiger Exekution, in eventu eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG.
Dies begründet die Gesellschaft damit, dass es sich beim Barwert um einen buchhalterisch abgezinsten Betrag handle. Diesen durch 25 geteilt als Grundlage der jährlich zu leistenden Beträge vorzuschreiben, sei wirtschaftlich nicht korrekt.
12. Die Beschwerden wurden am 7. März 2019 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegt.
Dieses hat am 8. April 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Vertreter beider beschwerdeführender Parteien sowie der (1941 geborene) Vorsitzende der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG, nicht jedoch die belangte Behörde anwesend waren.
In der Verhandlung sind die anwesenden Parteien von ihren bisherigen Anträgen nicht abgewichen. Eine einvernehmliche Regelung nach § 48 Abs. 2 erster Halbsatz EisbG konnte nicht gefunden werden und schien auch nicht in Reichweite.
In der Verhandlung wurde – ausgehend von der unter den anwesenden Parteien unstrittigen Lage der Kreuzung (vgl. oben 2.) – insbesondere die Frage erörtert, wer Träger der Straßenbaulast im Kreuzungsbereich ist. Dazu vertraten die beschwerdeführenden Parteien ihre bisherigen gegensätzlichen Standpunkte. Der Vorsitzende der Sachverständigenkommission hielt dazu fest, das hinsichtlich Straßenbau fachkundige Mitglied der Kommission habe bestätigt, dass es sich um eine Gemeindestraße handle.
13. Am 11. April 2019 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das mitbeteiligte Land um eine Plandarstellung der Straßen *** und *** im Bereich der Eisenbahnkreuzung laut den entsprechenden straßenbaurechtlichen Bewilligungen.
Nachdem diese nicht vorgelegt wurde, erfolgte am 21. Mai 2019 eine Urgenz. Daraufhin teilte die zuständige Abteilung des Amtes der Landesregierung mit, dass bei ihr ein Plan nicht aufliege und die Anfrage noch am 11. April 2019 an die Straßenbauabteilung *** in *** weitergeleitet worden sei.
Nach einer weiteren Urgenz am 11. Juni 2019 wurde vom Land lediglich das E-Mail dieser Weiterleitung nochmals vorgelegt.
14. Am 27. Mai 2019 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das BMVIT um Nachforschung, ob dort noch Pläne zum Verlauf der *** im Kreuzungsbereich vorhanden seien, nachdem es sich bis 2002 um eine Bundesstraße gehandelt habe.
Dazu teilte das BMVIT (Abteilung IV/IVVS3 – Rechtsbereich Bundesstraßen) mit E‑Mail vom 13. Juni 2019 mit, dass in seinen Archiven keine entsprechenden Planunterlagen vorhanden seien.
Mit Schreiben vom 1. Juli 2019 legte das BMVIT (Abteilung IV/E2 – Oberste Eisenbahnbehörde Genehmigung Infrastruktur und Fahrzeuge) einen von der Gesellschaft erstellten Plan vor, der jedoch lediglich die oben unter 2. dargestellte Lage der Eisenbahnkreuzung sowie die asphaltierten Fahrstreifen der *** in diesem Bereich zeigt. Demnach reicht der Verzögerungs- bzw. Beschleunigungsstreifen zur Abzweigung über die Eisenbahnkreuzung nicht ganz an die Bahngrundgrenze heran. Über einen allfälligen bewilligten Verlauf der *** (bzw. der *** oder der südlich anschließenden Gemeindestraße) sagt der Plan nichts aus.
15. Mit Beschluss vom 25. Juli 2019 hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aus Anlass ua. des vorliegenden Beschwerdeverfahrens gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, in § 49 Abs. 2 EisbG, BGBl. 60 idF BGBl. I 25/2010, die Wortfolge
„ , wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird“,
in eventu § 49 Abs. 2 EisbG zur Gänze und § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG (ebenfalls zur Gänze), jeweils in der vorgenannten Fassung, als verfassungswidrig aufzuheben.
16. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2020, ***, wurde der Hauptantrag des Landesverwaltungsgerichts als zu eng gefasst zurückgewiesen. Der Eventualantrag wurde abgewiesen.
In der Begründung des Erkenntnisses gelangte der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die mit der fehlenden Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast im Verfahren nach § 49 Abs. 2 erster Halbsatz EisbG (also im Verfahren über die Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung) begründeten gleichheitsrechtlichen Bedenken des Landesverwaltungsgerichts zu folgender Schlussfolgerung (Rz 43):
„Das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angenommene Fehlen der Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast im Verfahren über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung gemäß § 49 Abs. 2 erster Halbsatz EisbG erweist sich als mit dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG unvereinbar“.
Dieses Ergebnis begründete der Verfassungsgerichtshof in den Rz 44 ff näher. In Rz 47 leitete er daraus ab, dass durch die – mit dem Wortlaut vereinbare –Zuerkennung der Parteistellung an den Träger der Straßenbaulast im Sicherungsver-fahren eine verfassungskonforme Interpretation des § 49 Abs. 2 EisbG möglich sei.
17. Mit Schreiben vom 1. April 2020 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den vom BMVIT am 1. Juli 2019 vorgelegten (von der Gesellschaft stammenden) Plan sowie einen mittels des für Dienststellen des Landes Niederösterreich zugänglichen Geoinformationssystems i-map elektronisch erstellten Kartenauszug der verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzung. Im Hinblick auf das daraus ersichtliche unmittelbare Angrenzen des Landesstraßengrundstücks Nr. *** an das Eisenbahngrundstück Nr. *** hielt es das Gericht vorläufig für naheliegend, dass nicht die Gemeinde, sondern vielmehr das Land im nördlichen Kreuzungsbereich Trägerin der Straßenbaulast sei.
Die belangte Behörde wurde darüber hinaus zur Vorlage einiger weiterer Informationen bzw. Unterlagen (insbesondere eines Zustellnachweises für den Bescheid vom 02.04.2013 an die Gemeinde) aufgefordert.
18. Dazu nahm die Gesellschaft am 14. April 2020 Stellung und vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass die Gemeinde als alleinige Straßenerhalterin anzusehen sei. Dazu verwies sie einerseits auf eine Aussage des erkennenden Richters in der Verhandlung vom 8. April 2019, wonach die Frage der Straßenbaulast unabhängig vom Grundeigentum sei. Daher erscheine es unschlüssig, wenn das Gericht nunmehr das Land unter Hinweis auf das Eigentum am Straßengrundstück als Träger der Straßenbaulast nördlich der Kreuzung ansehe. Andererseits verwies die Gesellschaft auf ein von ihr bereits in der Verhandlung vorgelegtes Schreiben (irrtümlich datiert mit 05.04.2018, richtig 05.04.2019), in dem sie auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen hatte, aus der sich ebenfalls ergebe, dass Grundeigentum und Straßenanlage nicht verwechselt werden dürften.
19. Das – nunmehr anwaltlich vertretene – Land vertrat in seiner Stellungnahme vom 14. Mai 2020 ebenso die Auffassung, dass auch nördlich der Kreuzung die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast anzusehen sei. Es sei „bis dato unstrittig“ gewesen, dass es sich um eine Gemeindestraße handle, wie sich aus der Stellungnahme eines Amtssachverständigen bei einem am 11. Jänner 2010 (im Verfahren zur Erlassung des späteren, im Instanzenzug ergangenen Sicherungsbescheides des BMVIT aus dem Jahr 2011, vgl. oben 1.) durchgeführten Ortsaugenschein sowie aus dem Bescheid vom 2. April 2013 ergebe.
Auch rechtlich sei das Land nicht als Straßenerhalter iSv § 15 des NÖ Straßengesetzes anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung unter Verweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Klarstellung getroffen, dass derjenige, der verpflichtet ist, eine Straße herzustellen und zu erhalten, als Träger der Straßenbaulast anzusprechen ist. Das treffe auf das Land als Liegenschaftseigentümer im vorliegenden Fall nicht zu. Es bestehe weder eine Verpflichtung, das betreffende Straßenstück zu errichten noch bestehe eine Verpflichtung, es zu erhalten. Folgerichtig habe das Land als Liegenschaftseigentümer bis dato auch keine Erhaltungsmaßnahmen gesetzt, auch der Winterdienst sei nicht vom Land abgewickelt worden. Diese Verpflichtung treffe die Gemeinde als Straßenerhalter, die dieser Verpflichtung in der Vergangenheit auch nachgekommen sei. Die Planausschnitte würden nur Auskunft über die – unstrittigen – Eigentumsverhältnisse geben, nicht aber zur Frage des Straßenerhalters.
Sollte die Frage der Straßenbaulast im Zuge einer mündlichen Verhandlung geklärt werden, gehe das Land davon aus, dass es ebenfalls zu laden sein werde.
20. Die belangte Behörde wies ebenfalls am 14. Mai 2020 darauf hin, in der Verhandlungsschrift vom 8. April 2019 sei festgehalten worden, dass die Frage des Trägers der Straßenbaulast unabhängig vom Grundeigentum zu sehen sei. Im Hinblick auf die Stellungnahme des Landes erübrige sich ein weiteres Eingehen auf diese Thematik. Die Zustellung des Bescheides vom 2. April 2013 an die an die Gemeinde sei wohl damals nicht nachweislich erfolgt, weil, dieser nach der damaligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Sicherungsverfahren keine Parteistellung zugekommen sei.
21. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich richtete am 23. Juni 2020 eine Anfrage an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), ob im Hinblick darauf, dass die Strecke *** – *** – *** mit der 6. Hochleistungsstrecken-Verordnung, BGBl. ***, von der Bundesregierung zur Hochleistungsstrecke erklärt wurde, die Eisenbahnkreuzung an einer Hauptbahn gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 EisbG liege.
Dies wurde von der Bundesministerin mit Schreiben vom 7. Juli 2020 mit der Begründung verneint, dass zwischen dem *** und *** derzeit keine direkte Zugverbindung bestehe. Die Verordnung erkläre somit auf Grundlage von § 1 Hochleistungsstreckengesetz (HlG) eine geplante Eisenbahnstrecke zur Hochleistungsstrecke, die Festlegung des Trassenverlaufs durch eine Trassenverordnung gemäß § 3 HlG sei bisher nicht erfolgt. Die im Streckenabschnitt *** – *** liegende Eisenbahnkreuzung befinde sich daher an einer Nebenbahn gemäß § 4 Abs. 2 EisbG.
22. Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt bzw. aus dem Gerichtsakt, dem insoweit von den Parteien weder in den Beschwerden noch in der mündlichen Verhandlung noch im Rahmen des am 1. April 2020 gewährten Parteiengehörs entgegengetreten wurde. Insbesondere die Eigentumsverhältnisse an den maßgeblichen Grundstücken sowie die Grundstücksgrenzen sind unstrittig.
23. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Gemeinde nicht bestritten hat, dass ihr der Sicherungsbescheid vom 2. April 2013 zugestellt wurde. Da diese Zustellung ohne Zustellnachweis erfolgte, geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gemäß § 26 Abs. 2 ZustG davon aus, dass der Bescheid der Gemeinde am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, somit am Freitag, 5. April 2013, zugestellt wurde. Die nachweisliche Zustellung an die Gesellschaft erfolgte bereits am 4. April 2013 (also zwei Tage nach dem Bescheiddatum). Dies wäre nicht möglich, wenn die Übergabe an das Zustellorgan erst nach Genehmigung des Bescheides erfolgt wäre.
II. Rechtsvorschriften
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, lauten:
„[…]
Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B‑VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…]“
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51 idF BGBl. 58/2018, lauten:
„I. Teil: Allgemeine Bestimmungen
1. Abschnitt: Behörden
[…]
Befangenheit von Verwaltungsorganen
§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder eine von ihnen vertretene schutzberechtigte Person beteiligt sind;
2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
[…]
II. Teil: Ermittlungsverfahren
1. Abschnitt: Zweck und Gang des Ermittlungsverfahrens
Allgemeine Grundsätze
§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist.
§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
[…]
2. Abschnitt: Beweise
[…]
Sachverständige
§ 52. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.
(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.
[…]
§ 53. (1) Auf Amtssachverständige ist § 7 anzuwenden. […]
[…]
III. Teil: Bescheide
[…]
Inhalt und Form der Bescheide
§ 58. […]
(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
[…]
§ 59. (1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
[…]
§ 60. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
[…]“
3. § 26 des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. 200/1982 idF BGBl. I 5/2008, lautet:
„Zustellung ohne Zustellnachweis
§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.“
4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG), BGBl. 60 idF BGBl. I 137/2015, lauten:
„1. Teil
Begriffsbestimmungen
Eisenbahnen
§ 1. Eisenbahnen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:
1. Öffentliche Eisenbahnen, und zwar:
a) Hauptbahnen;
b) Nebenbahnen:
c) Straßenbahnen;
[…]
Hauptbahnen, Nebenbahnen
§ 4. (1) Hauptbahnen sind für den öffentlichen Verkehr bestimmte Schienenbahnen von größerer Verkehrsbedeutung. Dazu zählen diejenigen Schienenbahnen
1. die gemäß § 1 des Hochleistungsstreckengesetzes, BGBl. Nr. 135/1989 in der geltenden Fassung, zu Hochleistungsstrecken erklärt sind;
2. die der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durch Verordnung zu Hauptbahnen erklärt, weil ihnen eine besondere Bedeutung für einen leistungsfähigen Verkehr ~ insbesondere mit internationalen Verbindungen oder im Regionalverkehr ~ zukommt oder sie hiefür ausgebaut werden sollen.
(2) Nebenbahnen sind für den öffentlichen Verkehr bestimmte Schienenbahnen, sofern sie nicht Hauptbahnen oder Straßenbahnen sind.
[…]
2. Teil
Zuständigkeiten und Aufgaben der Eisenbahnbehörden
Entscheidung über Vorfragen
§ 11. Ist die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde von der Klärung der Vorfrage abhängig,
[…]
b) als welche der im § 1 angeführten Eisenbahnen eine Eisenbahn […]
[…]
d) […] zu gelten hat
[…]
so ist vorher die Entscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie einzuholen.
Behördenzuständigkeit
§ 12. […]
(2) Soweit sich aus diesem Bundesgesetz keine Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, der Schienen-Control Kommission oder der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH ergibt, ist der Landeshauptmann als Behörde zuständig für:
1. alle Angelegenheiten der Nebenbahnen einschließlich des Verkehrs auf nicht vernetzten Nebenbahnen;
[…]
(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ist als Behörde zuständig für:
1. alle Angelegenheiten der Hauptbahnen;
[…]
4. Teil
Kreuzungen mit Verkehrswegen, Eisenbahnübergänge
1. Hauptstück
Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge
Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:
1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;
2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.
Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.
(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.
(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,
1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder
2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen, und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.
(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigenkommission obliegt der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen.
2. Hauptstück
Schienengleiche Eisenbahnübergänge
Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. […]
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
[…]“
5. Die §§ 1 und 2 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV), BGBl. II 216, lauten auszugsweise:
„1. Abschnitt
Allgemeines
Geltungsbereich
§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für jeden im Verlauf einer Straße mit öffentlichem Verkehr angelegten schienengleichen Eisenbahnübergang mit einer Haupt- oder Nebenbahn, einer Straßenbahn, einer Anschlussbahn oder einer Materialbahn im Sinne des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG), BGBl. Nr. 60, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 25/2010, unabhängig davon, ob hierbei die Eisenbahn die Straße überschneidet oder in sie einmündet.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge, für Eisenbahnübergänge, die nur dem innerdienstlichen Verkehr dienen, und für schienengleiche Bahnsteigzugänge.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung gilt als:
- 1. Eisenbahnkreuzung: schienengleicher Eisenbahnübergang gemäß § 1 Abs. 1;
2. Straße mit öffentlichem Verkehr: Straße gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960;
[…]“
6. Mit der von der Bundesregierung erlassenen 6. Hochleistungsstrecken-Verordnung, BGBl. ***, wird auf Grundlage des § 1 Abs. 1 des Hochleistungsstreckengesetzes die Eisenbahn (Strecke bzw. Streckenteile einschließlich der notwendigen Eisenbahnanlagen) *** – *** – *** zur Hochleistungsstrecke erklärt.
7. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS. 946/1811 idF RGBl. 69/1916 (spätere Novellen sind im vorliegenden Zusammenhang ohne Relevanz), lauten:
„[…]
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthumes und anderer dinglichen Rechte.
[…]
Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:
[…]
b) der Nutzungen und Lasten;
§ 839. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach Verhältniß der Antheile ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß angesehen; wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
[…]
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen Sachenrechte.
§ 859. Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.
[…]
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung.
§ 888. Wenn zwey oder mehrere Personen jemanden eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder es von ihm annehmen; so wird sowohl die Forderung, als die Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes getheilt.
§ 889. Außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer theilbaren Sache jeder nur für seinen Antheil, und eben so muß von mehrern Mitgenossen einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile begnügen.
[…]“
III. Rechtliche Beurteilung
1. Zuständigkeit der belangten Behörde nach § 12 EisbG
Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die verfahrenseinleitenden Anträge vom 29. März bzw. 13. April 2016 wurde von keiner Partei bestritten. Die hier gegenständliche Eisenbahnkreuzung liegt jedoch in relativer örtlicher Nähe zum *** bzw. zu ***, deren Verbindung mit einer Eisenbahn durch die 6. Hochleistungsstrecken-Verordnung zur Hochleistungsstrecke (und damit zur Hauptbahn iSv § 4 Abs. 1 Z 1 EisbG) erklärt wird.
Wie sich jedoch aus dem Schreiben der nunmehr (gemäß § 17 iVm Teil 2 lit. J. Z 9 der Anlage 2 Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. 76 idF BGBl. I 8/2020) zuständigen Bundesministerin vom 7. Juli 2020 ergibt, liegt jedenfalls der bestehende Streckenabschnitt *** – *** und damit die Eisenbahnkreuzung nicht im Geltungsbereich der 6. Hochleistungsstrecken-Verordnung, sodass es sich nicht um eine Hauptbahn gemäß § 4 Abs. 1 Z 1, sondern um eine Nebenbahn gemäß § 4 Abs. 2 EisbG handelt.
Somit war die belangte Behörde gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 EisbG zur Entscheidung über die Anträge zuständig.
2. Parteistellung im Sicherungsverfahren und Rechtskraft des Sicherungsbescheides
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. Februar 2020 die Rechtsauffassung vertreten, eine verfassungskonforme Auslegung im Lichte des Gleichheitssatzes (Art. 7 B‑VG, Art. 2 StGG) müsse zu dem Ergebnis führen, dass entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Träger der Straßenbaulast Parteistellung im Verfahren nach dem ersten Halbsatz des § 49 Abs. 2 EisbG über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung einer Eisenbahnkreuzung zukomme.
Dieser Rechtsauffassung schließt sich auch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich an.
2.2. Der Sicherungsbescheid vom 2. April 2013 wurde jedoch beiden beschwerdeführenden Parteien zugestellt. Die zweiwöchige Berufungsfrist gemäß § 63 Abs. 5 AVG hat mit dem Tag der Zustellung zu laufen begonnen und somit am 18. bzw. 19. April 2013 geendet. Nachdem keine der beschwerdeführenden Parteien Berufung erhoben hat, ist der Bescheid für sie als Parteien des Sicherungsverfahrens mit Ablauf des jeweils maßgeblichen Tages rechtskräftig geworden.
Die Gesellschaft, die Gemeinde und die belangte Behörde waren somit an den Bescheid vom 2. April 2013 als Folge von dessen Rechtskraft im Kostenverfahren gemäß § 38 zweiter Satz AVG gebunden. Dasselbe gilt nunmehr im Beschwerdeverfahren gegen den Kostenbescheid auf Grund des § 17 VwGVG für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.
2.3. Keine Bindungswirkung des Bescheides vom 2. April 2013 liegt freilich gegenüber dem mitbeteiligten Land vor, dessen Parteistellung im Sicherungsverfahren von der belangten Behörde offenbar nicht in Erwägung gezogen wurde und daher – wie auch im angefochtenen Bescheid (dazu näher unten) – unerörtert blieb. Dementsprechend wurde dem Land der Sicherungsbescheid auch nicht zugestellt.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass das Land (neben der Gemeinde) als Träger der Straßenbaulast an der Eisenbahnkreuzung anzusehen ist, kommt dem Land im Sicherungsverfahren die Stellung einer übergangenen Partei zu (vgl. dazu VwGH 21.04.2020, Ra 2019/09/0130, mwN).
3. Inhalt und Zulässigkeit der bei der belangten Behörde gestellten Anträge der beschwerdeführenden Parteien
3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird im antragsgebundenen Verfahren der Prozessgegenstand durch den Inhalt des Antrags (im vorliegenden Fall der Anträge) determiniert, wobei zu beachten ist, dass es für die Frage des Inhalts eines Antrags als Prozesshandlung lediglich auf die Erklärung des Willens und nicht auf den – davon abweichenden – tatsächlichen Willen des Antragstellers ankommt (VwGH 22.06.2011, 2007/04/0037, mwN). Die Behörde darf über den Antrag nicht hinausgehen (VwGH 26.02.1996, 94/10/0147, mwN). Daher ist zunächst auf den Inhalt der von den beiden beschwerdeführenden Parteien gestellten Anträge einzugehen und deren Zulässigkeit zu prüfen.
3.2. Die Gemeinde begehrt mit ihrem auf § 48 Abs. 3 EisbG gestützten Antrag eine Herabsetzung ihres Anteils an den Kosten der Sicherung der Eisenbahnkreuzung auf 0 %. Dieser Antrag wurde innerhalb der im vorletzten Satz dieser Bestimmung vorgesehenen dreijährigen Frist bei der gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 EisbG zuständigen belangten Behörde gestellt (vgl. oben 1.) und war somit rechtzeitig.
Der Antrag enthält kein Begehren auf eine Entscheidung über die Höhe der Kosten. Dies steht allerdings seiner Zulässigkeit nicht entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2018/03/0050, ausgesprochen, dass sich ein Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG auf ein Begehren bloß über die prozentuelle Aufteilung der Kosten beschränken kann. Ein solches Begehren ist nicht unmittelbar auf eine der Höhe nach bestimmte Leistung iSd § 59 Abs. 2 AVG gerichtet, sondern auf eine zwischen den Verkehrsträgern bloß rechtsgestaltende Entscheidung.
Der Antrag der Gemeinde ist daher zulässig.
3.3. Der Hauptantrag im verfahrenseinleitenden Antrag der Gesellschaft vom 13. April 2016 stützt sich auf § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG und ist seinem Inhalt nach darauf gerichtet, dem Land und der Gemeinde „im Sinne von § 48 Abs. 2 EisbG“ die Tragung der Hälfte der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung aufzuerlegen. Die belangte Behörde war auch für die Entscheidung über einen auf § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 EisbG gestützten Antrag zuständig (OGH 17.07.2014, 4 Ob 122/14s; VfSlg. 20.061/2016, VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0033).
Auch dieser Antrag enthält kein Begehren auf eine Entscheidung über die Höhe der Kosten (ein solches findet sich erst im zweiten Eventualantrag), was aber wiederum im Hinblick auf die soeben zitierte Rechtsprechung zu § 48 Abs. 3 EisbG, die
insoweit auf § 48 Abs. 2 EisbG übertragbar scheint, an seiner Zulässigkeit nichts ändert.
3.4. Die belangte Behörde hatte daher inhaltlich zunächst über beide Anträge zu entscheiden, wobei beim Antrag der Gesellschaft ein Eingehen auf die Eventualanträge erst in Betracht kommt, wenn ihrem Hauptantrag nicht gänzlich stattgegeben werden sollte (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/03/0023, mwN).
Darüber hinaus ist nach der oben zitierten Rechtsprechung der Verfahrensgegen-stand durch eine vollinhaltliche Stattgabe eines der beiden Anträge (was der gänzlichen Abweisung des jeweils anderen [Haupt-]Antrages entspricht) begrenzt. Da nur die Gemeinde einen Antrag nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG auf eine von der gesetzlichen Regelung des § 48 Abs. 2 EisbG abweichende behördliche Festsetzung des Ausmaßes der Kostentragung gestellt hat, während sich die Gesellschaft auf einen Antrag nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 EisbG beschränkte, kann somit insbesondere der Gemeinde kein höherer Anteil als 50 % der Kosten zufallen.
4. Zur inhaltlichen Prüfung der Anträge auf Entscheidung über die Kostenaufteilung durch die belangte Behörde
4.1. Mit Spruchpunkt 2 sowie dem zweiten und dritten Satz von Spruchpunkt 4 des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde die Gemeinde und die Gesellschaft jeweils zur Tragung von 50 % der Errichtungs- bzw. Erhaltungs- und Inbetriebhaltungskosten der Sicherungsanlage an der Eisenbahnkreuzung verpflichtet.
4.2. Dazu ist einleitend festzuhalten, dass die Gemeinde schon in ihrem verfahrenseinleitenden Anträgen davon ausgegangen ist, dass neben ihr hinsichtlich der von Süden an die Eisenbahnkreuzung heranführenden Straße auch das Land im Hinblick auf die nördlich der Kreuzung verlaufenden Landesstraßen *** und *** als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist. Die Gesellschaft hat dies, wie ihre Eventualanträge zeigen, zumindest für möglich gehalten. Das daraufhin von der belangten Behörde zur Stellungnahme aufgeforderte Land hat am 29. April 2016 bestritten, als Träger der Straßenbaulast in Betracht zu kommen.
4.3. Wie die Gesellschaft und das Land in ihren Stellungnahmen im Beschwerdeverfahren vom 14. April bzw. 14. Mai 2020 zutreffend ausführen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Oktober 1999, 98/06/0022, mit dem – in der Rechtsordnung an verschiedenen Stellen anzutreffenden – Begriff „Träger der Straßenbaulast“ auseinandergesetzt und ist im Kontext des § 287 ABGB unter Verweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29. März 1974, 1 Ob 33/74, zu dem Ergebnis gelangt, dass derjenige, der verpflichtet ist, eine Straße herzustellen und zu erhalten, als Träger der Straßenbaulast anzusprechen ist. Legt man diese Begriffsbestimmung auch § 48 EisbG zu Grunde, dann wäre Voraussetzung für die Stellung als Träger der Straßenbaulast eine Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung der Straße. Eine solche muss sich aus Rechtsnormen, also aus Gesetzen, Verordnungen, gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidungen oder Rechtsgeschäften (vgl. § 859 ABGB), ergeben.
Als gesetzliche Grundlage einer derartigen Verpflichtung käme etwas der vom Land ins Treffen geführte § 15 NÖ Straßengesetz 1999 grundsätzlich in Betracht. Insoweit handelt es sich um ein tatbestandsmäßiges Anknüpfen der bundesgesetzlichen Regelung des § 48 EisbG am Landesrecht. Dies bedeutet keine sogenannte dynamische Verweisung und ist daher verfassungsrechtlich zulässig (vgl. zuletzt VfGH 25.02.2020, G 146/2019), was sich schon daran zeigt, dass der Bundesgesetzgeber die Bestimmung des Begriffsinhaltes nicht einem bestimmten Landesgesetzgeber oder einem bestimmten anderen Normsetzer überlässt.
Allerdings umfasst § 48 EisbG alle „Straßen mit öffentlichem Verkehr“ und übernimmt damit dem Straßenbegriff des § 1 Abs. 1 StVO 1960. Aus § 2 Z 1 iVm § 1 EisbKrV ergibt sich, dass dieser auch im mittelbaren Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 bis 4 im Wege von § 49 Abs. 2 EisbG maßgeblich ist. Der Straßenbegriff des § 1 Abs. 1 StVO 1960 umfasst jedoch auch Straßen, für deren Herstellung und Erhaltung keine Verpflichtung bestehen muss (vgl. etwa zu einem Werksgelände VwGH 12.09.2017, Ra 2017/02/0166, mwN). Allenfalls existiert dafür eine Berechtigung, insbesondere das Eigentumsrecht und eine Baubewilligung. Auch für solche Straßen muss ein „Träger der Straßenbaulast“ iSv § 48 EisbG vorhanden sein.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht daher davon aus, dass der Begriff des Trägers der Straßenbaulast nach § 48 EisbG weiter sein muss als im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1999. Fehlt es an einer Verpflichtung im obigen Sinn, so wird jedenfalls im Regelfall der Eigentümer des an die Eisenbahnkreuzung angrenzenden Straßengrundes oder ein von ihm zur Straßenerrichtung Berechtigter als Träger der Straßenbaulast anzusehen sein.
In diesem Sinn war auch die in den Stellungnahmen der Gesellschaft und der belangten Behörde angesprochene Äußerung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung gemeint, wonach die Frage, wer Träger der Straßenbaulast ist, unabhängig vom Grundeigentum zu sehen ist. Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass der Grundeigentümer auch Träger der Straßenbaulast ist.
4.4. Aus diesen Überlegungen folgt, dass es – auch wenn das Gesetz den Begriff nur in der Einzahl verwendet – an einer Eisenbahnkreuzung mehrere Träger der Straßenbaulast iSd § 48 EisbG geben kann, wenn entweder Verpflichtungen zur Straßenerrichtung und -erhaltung im obigen Sinn bei den zur Eisenbahnkreuzung führenden Straßen unterschiedliche Rechtsträger betreffen oder – falls solche Verpflichtungen nicht festgestellt werden können – die Eisenbahnkreuzung an Straßengrundstücke unterschiedlicher Eigentümer oder sonstiger Berechtigter angrenzt.
4.5. Regelungen über Schuldverhältnisse mit mehreren Schuldnern enthalten die §§ 888 f ABGB. Insbesondere sieht § 889 ABGB vor, dass im Falle teilbarer Leistungen (also insbesondere Geldleistungen) jeder Schuldner nur für seinen Anteil haftet. Weiters verweist § 888 ABGB für diese Schuldverhältnisse auf die Regelungen über das Miteigentum. Für dieses sieht § 839 zweiter Satz ABGB vor, dass im Zweifel jeder Anteil als gleich groß angesehen wird, es sei denn es erfolgt ein Gegenbeweis.
Diese Regelungen erachtet das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mangels einer abweichenden gesetzlichen Anordnung (die nach § 889 ABGB ausdrücklich möglich wäre) auch im Falle des Vorliegens mehrerer Träger der Straßenbaulast iSv § 48 EisbG als anwendbar. Die Regelungen des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG sind – mit der Vorstufe der Festlegung der prozentuellen Aufteilung – letztlich auf Kosten und damit eine Geldleistung, also eine teilbare Sache, gerichtet. Die Ansprüche nach § 48 Abs. 2 bzw. 3 EisbG sind daher auf Grund des § 889 ABGB gegen jeden Träger der Straßenbaulast zu richten; umgekehrt ist auch jeder Träger zur Stellung eines Antrags nach § 48 Abs. 3 EisbG berechtigt. Bleibt es beim gesetzlichen Anspruch nach § 48 Abs. 2 EisbG, so ist dieser unter den Trägern nochmals zu teilen. Im Falle zweier Träger hat also dann jeder von ihnen einen Anteil von 25 % an den Sicherungskosten zu tragen. Nach § 48 Abs. 3 EisbG kann allerdings nicht nur ein abweichendes Aufteilungsverhältnis zwischen den Trägern der Straßenbaulast und dem Eisenbahnunternehmen, sondern auch ein von § 48 Abs. 2 EisbG iVm den §§ 888 und 839 ABGB abweichendes Aufteilungsverhältnis zwischen den Trägern untereinander geltend gemacht werden, gilt doch die Regelung des § 839 ABGB nur im Zweifel.
4.6. Die Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze bedarf freilich vorhergehender Sachverhaltsfeststellungen, beginnend mit Feststellungen zur Frage, wer Träger der Straßenbaulast im obigen Sinne ist. Dazu wäre zunächst zu klären, ob im Bereich der Eisenbahnkreuzung straßenbaurechtliche Bewilligungen, aus denen Verpflichtungen im obigen Sinne resultieren, erteilt wurden und welchen Inhalt diese haben, insbesondere auf welchen Straßenverlauf sie sich beziehen. Bestehen solche Bewilligungen nicht, so ist nach anderen Rechtsquellen für derartige Verpflichtungen zu forschen. Fehlen diese, so ist letztlich auf das Grundeigentum oder eine daraus abgeleitete Berechtigung abzustellen.
Solche Feststellungen fehlen aber im angefochtenen Bescheid zur Gänze. Vielmehr geht die belangte Behörde ohne jede Begründung davon aus, dass die Gemeinde alleinige Trägerin der Straßenbaulast sei. Schon damit hat sie ihre Verpflichtung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts nach § 37 AVG ebenso verletzt wie die aus den §§ 58 und 60 AVG resultierende Begründungspflicht (vgl. dazu näher etwa VwGH 18.06.2014, 2013/09/0172, mwN).
Erst wenn auf Grundlage entsprechender Feststellungen die (Rechts-)Frage geklärt ist, wer an der Kreuzung Träger der Straßenbaulast iSv § 48 EisbG ist, erscheint auf Grundlage des § 48 Abs. 4 EisbG die Befassung der dort vorgesehenen Sachverständigenkommission mit Fragen der (prozentuellen) Kostenaufteilung und ‑feststellung (der Höhe nach) zweckmäßig, wobei erforderlichenfalls ihr Gutachten auch eine fachliche Beurteilung der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG im Hinblick auf die Aufteilung zwischen mehreren Trägern der Straßenbaulast zu enthalten hat.
Zur Mitwirkung oder gar Klärung der Frage, wer überhaupt Träger ist, ist die Kommission hingegen nicht berufen (vgl. zu ihren Aufgaben VwGH 22.06.1988, 87/03/0195). Daher kommt auch der – im Übrigen ohne nähere Begründung getätigten – Äußerung ihres Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung, wonach die Kommission diese Frage wie die belangte Behörde beurteilt habe, keine Relevanz zu.
5. Ergebnis
5.1 Somit steht zunächst zur Frage der prozentuellen Kostenaufteilung der maßgebende Sachverhalt iSv § 37 AVG bzw. der maßgebliche Sachverhalt iSv § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht fest. Daher stellt sich nach § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG die Frage, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, oder ob der Raschheit und Kostenersparnis besser durch eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG gedient ist.
5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 2 Z 2 iVm § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, rechtfertigen keine Zurückverweisung der Sache, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind. Auch wenn das Verwaltungsgericht die beweiswürdigenden Erwägungen einer Verwaltungsbehörde nicht teilt, führt dies allein noch nicht dazu, dass von einem Unterlassen gebotener Ermittlungsschritte im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGVG gesprochen werden könnte (vgl. etwa VwGH 22.06.2017, Ra 2017/20/0011 mwN, insbesondere auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
5.3. Ermittlungen und darauf aufbauende Sachverhaltsfeststellungen zur Frage, ob neben der Gemeinde auch das Land als Träger der Straßenbaulast iSd § 48 EisbG an der Eisenbahnkreuzung anzusehen ist, fehlen im angefochtenen Bescheid zur Gänze. Die Erstattung eines Gutachtens der Sachverständigenkommission setzt voraus, dass diese Frage geklärt ist (vgl. oben 4.6.).
Selbst wenn aber ein weiteres Ermittlungsverfahren zu dem Ergebnis führen würde, dass die Gemeinde als alleinige Trägerin der Straßenbaulast anzusehen ist, genügt das vorliegende Gutachten der Kommission nicht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Anforderungen an ein Sachverständigengutachten. Demnach muss ein solches einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen – unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Gleiches gilt, wenn der Sachverständige nicht darlegt, auf welchem Weg er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist (vgl. wiederum VwGH 21.05.2019, Ro 2018/03/0050, und 22.06.1988, 87/03/0195, jeweils mwN und speziell zur Sachverständigenkommission).
Schon im Befund des am 28. August 2018 von der Kommission vorgelegten Gutachtens (iwS) fehlt aber – mit Ausnahme der Zugfrequenz an der Kreuzung im Jahr 2013, die nicht die notwendige Aktualität aufweist – jegliche Feststellung zu den Tatsachengrundlagen, auf die die Kommission ihre Schlussfolgerungen zu den einzelnen Aufteilungskriterien des § 48 Abs. 3 EisbG gründet, die im Vorschlag einer Aufteilung der Kosten zwischen der Gemeinde und der Gesellschaft zu gleichen Teilen münden. In weiterer Folge fehlt den Schlussfolgerungen fast jegliche Begründung. Vielmehr verweist die Kommission lediglich auf „die spezielle Sachkunde der in der SVK vertretenen Sachverständigen“, was keine hinreichende Begründung im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darstellt. Wie sie etwa zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erhöhung der Sicherheit auf der Straße überwiege und dies die Ersparnisse durch den Wegfall früherer (nur schlagwortartig erwähnter) Sicherungsanlagen genau aufwiege, bleibt offen.
5.4. Somit liegen hinsichtlich der prozentuellen Kostenaufteilung – weder zur Frage, wer Träger der Straßenbaulast ist, noch zur darauf aufbauenden Frage, in welchem prozentuellen Ausmaß diese(-r) Träger die Kosten zu tragen hat – überhaupt keine brauchbaren Ermittlungsergebnisse vor. Diese können auch nicht in rascher Weise vom Landesverwaltungsgericht beigeschafft werden, wie dessen vergebliche Versuche, straßenrechtliche Bewilligungen (oder sonstige behördliche Festlegungen zum Verlauf) zur *** und zur *** zu erhalten, zeigen.
Ergänzend ist zu bemerken, dass die spezielle, durch § 48 Abs. 4 EisbG gegebene Situation, dass nach Klärung der Trägerfrage (jedenfalls zunächst, vgl. VwGH 24.01.2018, Fr 2017/03/0009) die Sachverständigenkommission mit der Erstattung eines Gutachtens zu befassen ist, jedenfalls auch für die Zurückverweisung spricht, weil die belangte Behörde das Gutachten schriftlich anfordern und dann im Rahmen des Parteiengehörs nach § 45 Abs. 3 AVG den Parteien zur Kenntnis bringen kann. Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht wäre es hingegen erforderlich, dass in der gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG durchzuführenden mündlichen Verhandlung die gesamte Kommission zur Erörterung des Gutachtens mit den Parteien anwesend ist, was – vor allem für die Kommission selbst – einen hohen organisatorischen Aufwand und auch höhere Kosten bedeutet, weil (abweichend von den allgemeinen Regeln für Amtssachverständige nach dem AVG) die Kommissionsmitglieder nach § 17 VwGVG iVm § 48 Abs. 4 vorletzter Satz EisbG Anspruch auf Reisekosten für die Verhandlung haben.
Gegen eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht spricht schließlich auch die momentane COVID-19-Situation, einerseits weil damit die Anzahl der bei der Verhandlung (in einem geschlossenen Raum) zwingend anwesenden Personen gleich um drei erhöht wird, andererseits weil der Vorsitzende der Kommission ein fortgeschrittenes Alter (deutlich über 65 Jahre) aufweist und daher einer Gruppe zuzurechnen ist, bei der ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung notorisch ist.
5.5. Erst wenn, aufbauend auf nachvollziehbaren Feststellungen zum Träger der Straßenbaulast und zu den Aufteilungskriterien des § 48 Abs. 3 EisbG, darüber abgesprochen wurde, in welchem prozentuellen Verhältnis der bzw. die Träger einerseits und die Gesellschaft andererseits die Kosten der Sicherung der Eisenbahnkreuzung zu tragen haben, kann beantwortet werden, ob über die Höhe der Kosten und eine konkrete Kostentragungsverpflichtung überhaupt abzusprechen sein wird. Sollte nämlich dem Hauptantrag der Gesellschaft oder dem ersten Eventualantrag vollinhaltlich entsprochen werden, so ist auf den zweiten und die weiteren Eventualanträge nicht mehr einzugehen (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/03/0023, mwN).
Für den Fall, dass sich ein derartiger Abspruch aber als erforderlich erweisen sollte, sei dazu nochmals auf das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.05.2019, Ro 2018/03/0050, hingewiesen, in dem sich der Gerichtshof auch mit der von der Gesellschaft in ihrer Beschwerde aufgeworfenen Frage des Verhältnisses zwischen dem Barwert der vorgeschriebenen Kosten und der Vorschreibung in Form von Annuitäten (speziell auch mit der Ermittlung des für diese maßgeblichen Zinssatzes) beschäftigt hat.
5.6. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass am Gutachten der Sachverständigenkommission vom 28. August 2018 ein Mitarbeiter der Abteilung Landesstraßenbau und -verwaltung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung mitgewirkt hat, der auch (ungeachtet der nunmehrigen Vertretung durch einen Rechtsanwalt) die Vertretung des Landes im vorliegenden Verfahren obliegt. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass das Land als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist, erscheint eine Mitwirkung dieses Mitglieds (oder eines anderen Mitarbeiters dieser Abteilung) an der Erstattung eines Gutachtens – auch unter dem Blickwinkel der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Waffengleichheit zwischen den Parteien eines Streits über zivile Rechte – auf Grund des § 53 Abs. 1 erster Satz iVm § 7 Abs. 1 Z 3 AVG und nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG unzulässig.
IV. Zur Zulässigkeit der Revision
Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff „Träger der Straßenbaulast“ im Kontext des § 48 Abs. 2 und 3 EisbG fehlt. Weiters ist in der Rechtsprechung ungeklärt, wie im Fall mehrerer (potentieller) Träger der Straßenbaulast vorzugehen ist. Beides geht aus dem Gesetzeswortlaut auch nicht in eindeutiger Weise hervor, sodass Auslegungsergebnisse denkmöglich erscheinen, die von jenen des Landesverwaltungsgerichtes abweichen. Daher liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG vor.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)