Normen
BauO OÖ 1994 §28
BauO OÖ 1994 §29
BauO OÖ 1994 §29 Abs3
BauO OÖ 1994 §30
BauO OÖ 1994 §30 Abs6
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z2
BauRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050291.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde L hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 3. Mai 2017 beantragte der Revisionswerber die baubehördliche Bewilligung nach Maßgabe der Einreichunterlagen für ein Projekt auf einer näher genannten Liegenschaft. In den Einreichplänen ist das Projekt als nachträgliche Genehmigung des Kellergeschosses und der Obergeschosse des Wohn- und Werkstättengebäudes, der Doppelgarage sowie eines Zubaues beim Werkstättengebäude und baulicher Änderungen im Erdgeschoß umschrieben.
2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L vom 27. März 2018 wurde das Bauansuchen gemäß § 30 Abs. 6 Z 2 der Oö. Bauordnung 1994 (BO) abgewiesen.
3 Begründend wurde zusammenfassend im Wesentlichen ausgeführt, dass derzeit kein Konsens für die Baulichkeiten auf dem Baugrundstück bestehe. Es seien näher genannte Änderungen im Verfahren festgestellt worden. Um ein prüffähiges Projekt vorzulegen, sei jedenfalls die Darstellung eines Neubaus ohne Bestand erforderlich. Es handle sich um keinen Zubau, da kein baurechtlicher Teilkonsens bestehe. Trotz Aufforderung seien keine geeigneten Projektunterlagen vorgelegt worden. Die Klärung der Frage des konsensualen Bestandes sei entscheidend, da es davon abhänge, ob auf einen Bestand aufzubauen oder eine Neugenehmigung des gesamten Gebäudes erforderlich sei. Einerseits liege ein aliud vor, andererseits sei kein konsensualer Bestand vorhanden. 4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Berufung. 5 Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde L vom 28. Juni 2018 wurde die Berufung des Revisionswerbers abgewiesen. In der Begründung schloss sich die Berufungsbehörde den Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides vollinhaltlich an. 6 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
7 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 25. April 2019 eine mündliche Verhandlung durch. Unter anderem wurde dabei an den Revisionswerber die Frage gestellt, ob er im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen Einreichplan vorlegen wolle, der der Ansicht der Verwaltungsbehörden entspreche und in dem daher das gesamte Gebäude als Neubau dargestellt werde. Diese Frage sei vom Revisionswerber unter Hinweis auf seine bisherigen rechtlichen Ausführungen verneint worden. 8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.
9 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Beschwerdefall sei die Frage, ob das eingereichte Bauvorhaben allenfalls auch der Flächenwidmung widerspreche, nicht verfahrensgegenständlich, da die erstinstanzliche Baubehörde spruchgemäß die Bestimmung des § 30 Abs. 6 Z 2 BO und nicht jene des § 30 Abs. 6 Z 1 BO als Abweisungsgrund gewählt habe. Es sei daher die Frage zu klären, ob im Vergleich zu einer ursprünglich im Jahr 1972 erteilten Baubewilligung in rechtlicher Hinsicht ein anderes Bauvorhaben (aliud) vorliege. Bei der Beurteilung, ob ein aliud vorliege, sei auch der Grundsatz des einheitlichen Bauwerks zu beachten (so implizit VwGH 3.6.1997, 93/06/0180). Beim Baubewilligungsverfahren handle es sich um ein Planbewilligungsverfahren (Verweis auf VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0272) für ein konkretes Projekt nach Maßgabe der Einreichunterlagen. Selbst wenn Einzelfälle denkbar seien, in denen allenfalls bei einer bloß geringfügigen Änderung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines aliud auszugehen wäre (Verweis auf VwGH 10.12.2013, 2012/05/0147), liege ein solcher Fall hier nicht vor. Das Einreichprojekt stelle sich in seiner Gesamtheit betrachtet als von der ursprünglich erteilten Baubewilligung aus dem Jahr 1972 völlig abweichendes aliud dar. Dies ergebe sich aus den festgestellten Änderungen, insbesondere der Vergrößerung des Wohnhauses um 0,82 m, der Verschiebung der westlichen Außenwand um 0,9 m Richtung Westen, der Erhöhung des Gebäudes um 0,7 m, den Zubauten von zwei Loggien und einer Terrasse, der Verschiebung des Wohnhauses um 0,56 m in den Bauwich, der Verbreiterung der Werkstätte um 0,53 m, der Erhöhung der Werkstätte teilweise um 0,35 m, teilweise um 1,35 m, der Lageveränderung der Abluftkamine, der Vergrößerung der nordöstlichen Garage (0,77 m länger und 0,35 m höher), der Erweiterung der Kellerräumlichkeiten um 140,83 m2, der Änderung der Raumnutzungen (Büroraum und Produktionsraum statt Wohnungen, Arbeitsraum statt Garage) und der Darstellung eines Wintergartens statt eines Balkons. Das gegenständliche Bauvorhaben sei daher gegenüber dem im Jahr 1972 genehmigten Bauvorhaben als aliud zu qualifizieren, weshalb auch dahingestellt bleiben könne, ob der Baukonsens aus dem Jahr 1972 mangels fristgerechter Fertigstellung gemäß der damals erteilten Baubewilligung inzwischen erloschen sei oder nicht. 10 Die eingereichten Baupläne seien unrichtig, weil darin das gesamte Gebäude farblich als Neubau (ohne Bestand) hätte dargestellt werden müssen (zur Behandlung eines rechtlichen aliuds als Neuansuchen Verweis - implizit - auf VwGH 11.7.2003, 2001/06/0045). Dies ergebe sich aus § 23 der Oö. Bautechnikverordnu ng 2013 (BTV) betreffend die Farben des Bauplans, der eine sonstige zwingende baurechtliche Bestimmung im Sinne des § 30 Abs. 6 Z 2 BO darstelle. Im Baubewilligungsverfahren werde das Bauvorhaben durch einen Bauplan dargestellt. Widerspreche der Bauplan einer zwingenden baurechtlichen Bestimmung (hier § 23 BTV), so widerspreche damit zugleich auch das Bauvorhaben dieser baurechtlichen Bestimmung.
11 Selbst bei anderer Rechtsansicht wäre für den Revisionswerber nichts gewonnen, weil dann sein Antrag jedenfalls (vor dem Hintergrund des § 30 Abs. 4 in Verbindung mit § 29 Abs. 3 BO) zurückzuweisen wäre. Sei der Baubewilligungsantrag als Ansuchen für einen Neubau zu qualifizieren, müsse ein solcher Neubau auch im Bauplan entsprechend darstellt werden, weil sonst kein vollständiges Bauansuchen vorliege, das einer behördlichen Prüfung unterzogen werden könne. Der Revisionswerber habe in der mündlichen Verhandlung klar zum Ausdruck gebracht, dass er auf Grund der von ihm vertretenen Rechtsansicht im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keinen Bauplan, in dem das gesamte Gebäude als Neubau dargestellt werde, einbringen werde. 12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
13 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revision ist in Anbetracht der Frage, ob die Abweisung
des Bauansuchens darauf gestützt werden könne, dass der Bauplan keinen Neubau ausweise, zulässig.
16 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, § 30 Abs. 6 Z 2 BO beziehe sich grammatikalisch auf Z 1 der genannten Bestimmung und somit auf inhaltliche Widersprüche des Bauvorhabens gegen baurechtliche Bestimmungen. Ein inhaltlicher Widerspruch des Bauvorhabens zu baurechtlichen Bestimmungen (etwa betreffend den Brandschutz, die mechanische Festigkeit etc.) sei nicht postuliert worden. § 30 Abs. 6 Z 2 BO könne nur dann angewendet werden, wenn sich aus dem Bauplan ein Widerspruch im Sinne der genannten Bestimmung ergebe. Keinesfalls könne ein behaupteter "Mangel" des Bauplans selbst die Anwendung des § 30 Abs. 6 BO rechtfertigen. In diesem Sinne gebe es keinen "unrichtigen" Bauplan. Ein allfälliger Widerspruch zu § 23 Abs. 3 BTV könne nicht als Widerspruch zu "sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen" angesehen werden.
17 Im Übrigen sei keine ausdrückliche entsprechende Ergänzung der Baupläne auf der Grundlage des § 30 Abs. 4 BO in Verbindung mit § 29 Abs. 3 BO aufgetragen worden. Ein Ergänzungsauftrag nach den genannten Bestimmungen müsse konkret und unmissverständlich sein, um die Grundlage für eine Zurückweisung des Bauansuchens bilden zu können. Ob der Revisionswerber bei der mündlichen Verhandlung erklärt habe, den Bauplan nicht in dem vom Verwaltungsgericht gewünschten Sinne zu ergänzen, sei nicht von Relevanz, weil der Ergänzungsauftrag formalisiert bzw. konkret und unmissverständlich darlegen müsste, welche Unterlagen der Revisionswerber noch beizubringen gehabt hätte. Der Revisionswerber wäre einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Auftrag nachgekommen. Er sei nicht gehalten gewesen, dies bei der mündlichen Verhandlung ausdrücklich anzukündigen. Außerdem wäre ihm eine entsprechende Frist zur Ergänzung seines Baubewilligungsansuchens einzuräumen gewesen (wurde näher ausgeführt). Auch auf Grund seiner Mitwirkungspflicht sei der Revisionswerber nicht gehalten gewesen, bei der mündlichen Verhandlung zu erklären, dass er einem Auftrag zur Ergänzung nachkommen werde (wurde näher ausgeführt). Das Verwaltungsgericht habe somit den Baubewilligungsantrag des Revisionswerbers nicht ordnungsgemäß geprüft, sonst wäre es zu einem anderen Ergebnis gekommen. Bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren wäre dem Revisionswerber auch eine gesetzmäßig entsprechende Ergänzung des Bauvorhabens ausdrücklich aufzutragen gewesen.
18 § 29 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66,
idF LGBl. Nr. 34/2013 lautet auszugsweise:
"§ 29
Bauplan
(1) Der Bauplan hat, soweit dies nach der Art des beabsichtigten Bauvorhabens in Betracht kommt, zu enthalten:
1. den Lageplan, der auszuweisen hat:
a) die Lage des Bauplatzes oder Baugrundstückes sowie der
benachbarten Grundstücke mit Angabe der Nordrichtung;
- b) die Grundstücksnummern;
- c) die Größe des Bauplatzes oder Baugrundstückes;
- d) die Baubestände (Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, wie Brunnen, Senkgruben, Kanäle und Einfriedungen) auf dem Bauplatz (Baugrundstück) und den benachbarten Grundstücken;
e) ober- und unterirdische Leitungen auf dem Bauplatz (Baugrundstück);
f) die Lage des Bauvorhabens und seine Abstände von den öffentlichen Verkehrsflächen und den übrigen Nachbargrundstücken;
g) die vorgesehenen Kinderspielplätze, Erholungsflächen, Einfriedungen, Abstellplätze für Kraftfahrzeuge und Düngersammelanlagen;
2. die Grundrisse, bei Gebäuden von sämtlichen Geschoßen einschließlich der Kellergeschoße; die notwendigen Schnitte (bei Gebäuden insbesondere die Stiegenhausschnitte) mit dem anschließenden Gelände und dessen Höhenlage; die Tragwerkssysteme, alle Ansichten, die zur Beurteilung der äußeren Gestaltung des Bauvorhabens und des Anschlusses an vorhandene Bauwerke erforderlich sind; die Darstellung des Dachstuhles und der Rauchfänge (Abgasfänge); die Anlagen für die Wasser- und Energieversorgung, Müll- und Abwasserbeseitigung; allfällige Hausbrieffachanlagen;
3. eine Beschreibung des Bauvorhabens und der Bauausführung (Baubeschreibung); sie hat insbesondere Angaben über die bebaute Fläche, den umbauten Raum, die Nutzfläche, die Zahl und Größe der Räumlichkeiten und gegebenenfalls ihre besondere Zweckwidmung (wie Wohnungen, Büros und Geschäftsräumlichkeiten) sowie die vorgesehenen Baustoffe, Bauteile oder Bauarten zu enthalten;
4. bei einer baulichen Anlage, für die § 31 Oö. Bautechnikgesetz 2013 gilt, eine Bestätigung des Planverfassers oder der Planverfasserin, dass das Bauvorhaben mit dieser Bestimmung übereinstimmt.
...
(3) Im übrigen hat der Bauplan alles zu enthalten, was für die Beurteilung des Bauvorhabens nach den Vorschriften dieses Landesgesetzes notwendig ist. Die Baubehörde hat die zur Erreichung dieses Zweckes erforderlichen Ergänzungen, insbesondere die Vorlage von schaubildlichen Darstellungen, Detailplänen und statischen Vorbemessungen oder statischen Berechnungen samt Konstruktionsplänen, zu verlangen.
(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Maßstab und die Herstellung der im Rahmen des Bauplanes der Baubehörde vorzulegenden Pläne sowie über die Verwendung bestimmter Materialien und Farben bei der Herstellung dieser Pläne zu erlassen.
..."
19 § 30 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66,
idF LGBl. Nr. 70/1998 lautet auszugsweise:
"§ 30
Vorprüfung
(1) Anträge gemäß § 28 sind von der Baubehörde auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Landesgesetzes zu prüfen.
(2) Ist für die Erteilung der Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung Voraussetzung, liegt aber eine rechtskräftige Bauplatzbewilligung nicht vor und ist auch kein Bauplatzbewilligungsverfahren anhängig, hat die Baubehörde den Bauwerber schriftlich aufzufordern, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Bauplatzbewilligung zu beantragen. Bringt der Bauwerber innerhalb der festgesetzten Frist einen Bauplatzbewilligungsantrag nicht ein, hat die Baubehörde den Baubewilligungsantrag zurückzuweisen. Dies gilt sinngemäß für Bauplätze im Sinn des § 3 Abs. 3, wenn die Bauplatzeigenschaft nicht gegeben ist.
(3) Ist für die Erteilung der Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung Voraussetzung und ist das Bauplatzbewilligungsverfahren noch anhängig, ist, wenn der Erteilung der Bauplatzbewilligung Bestimmungen dieses Landesgesetzes entgegenstehen, der Baubewilligungsantrag nach Abschluß des Bauplatzbewilligungsverfahrens zurückzuweisen.
(4) Ist das Baubewilligungsansuchen nicht nach Abs. 2 oder 3 zurückzuweisen, hat die Baubehörde erforderlichenfalls dem Bauwerber Ergänzungen im Sinn des § 29 Abs. 3 aufzutragen. Kommt der Bauwerber einem solchen Auftrag innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist nicht nach, ist der Antrag zurückzuweisen.
(5) § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) bleibt unberührt.
(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben
1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder
2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.
Vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben.
..."
20 § 23 der Oö. Bautechnikverordnung 2013, LGBl. Nr. 36,
lautet auszugsweise:
"§ 23
Farben des Bauplans
(1) Farbig darzustellen und in der Fläche voll anzulegen sind:
1. | im Lageplan bestehende bauliche Anlagen | grau, | |
| geplante bauliche Anlagen | rot, | |
| abzubrechende bauliche Anlagen | gelb; | |
2. | in Grundrissen und Schnitten: bestehende Teile | grau, | |
| geplante Teile |
|
|
|
| in Stahlkonstruktion | violett, |
|
| in Stahlbeton | blau, |
|
| in Beton | grün, |
|
| in Mauerwerk | rot, |
|
| in Holz | braun. |
Unterirdische Anlagen, wie Sandkeller, Stollen, Tiefgaragen und Schutzräume, sind als Bestand grau, als Neuanlage rot und, wenn sie aufgefüllt werden sollen, gelb zu umranden.
..."
21 Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens ist die Beurteilung des in den Einreichplänen und sonstigen Projektunterlagen dargestellten Projektes, für das der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen ist anhand des konkret eingereichten Projektes (Baubeschreibung, Pläne etc.) zu prüfen (vgl. VwGH 28.5.2013, 2012/05/0208). Ausschlaggebend im Baubewilligungsverfahren ist der Bauwille des Bauwerbers, der einen anderen Bau als den eingereichten nicht umfasst (vgl. VwGH 6.11.2013, 2011/05/0174). Es kann nur das beantragte Bauvorhaben bewilligt oder nicht bewilligt werden. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt, dass die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen, der Baubeschreibung etc. ergibt, abzusprechen hat (vgl. VwGH 30.7.2019, Ra 2018/05/0190, mwN).
22 Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber nach den Einreichunterlagen ein Projekt vorgelegt, bei dem Änderungen an und Zubauten zu einem bestehenden Baubestand erfolgen sollen. Ausschließlich dieses Projekt hatte das Verwaltungsgericht zu beurteilen. Nicht eingereicht hat der Revisionswerber hingegen einen Neubau. Auf Grund des Wortlautes des § 30 Abs. 6 Z 2 BO hatte das Verwaltungsgericht das "Bauvorhaben", wie es sich aus dem Antrag über den Bauplan ergibt, danach zu prüfen, ob es sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann. Aus dem Einleitungssatz des § 30 Abs. 6 BO ergibt sich eindeutig, dass sich der Widerspruch zu zwingenden baurechtlichen Bestimmungen nicht daraus ergeben kann, dass ein anderes Bauvorhaben hätte eingereicht werden müssen. Dass im Übrigen die Darstellung des Bauvorhabens in den Plänen an sich nicht zu einem Widerspruch zu zwingenden baurechtlichen Bestimmungen im Sinne des § 30 Abs. 6 Z 2 BO führen kann, ergibt sich auch aus dem letzten Satz des § 30 Abs. 6 BO, wonach es bei der Mangelhaftigkeit nach § 30 Abs. 6 BO um einen Mangel des Bauvorhabens selbst gehen muss. Im Projektgenehmigungsverfahren, bei dem es ausschließlich auf den Bauwillen des Antragstellers ankommt, ist nur das von ihm eingereichte Bauvorhaben zu beurteilen. Ein Neubau wäre, wie dies auch aus der Begründung des Verwaltungsgerichtes hervorgeht, im vorliegenden Fall als anderes Bauvorhaben als jenes anzusehen, das vom Revisionswerber eingereicht worden war.
23 Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis VwGH 11.7.2003, 2001/06/0045, ableiten. Dort war ein ganzes Gebäude zur Bewilligung eingereicht worden, also ein Neubau. Der Verwaltungsgerichtshof ging auch dort von dem von der Beschwerdeführerin in ihrem Bauansuchen dargestellten Projekt aus und pflichtete bloß der belangten Behörde bei, dass es sich nicht um einen Zu- und Umbau betreffend ein anderes, vormals bewilligtes Projekt handelt.
24 Ob ein aliud vorliegt, ist immer an Hand eines bestimmten Projektes im Vergleich zu etwas anderem zu prüfen, wobei dies im zuvor genannten Erkenntnis vom 11.7.2003, 2001/06/0045, das ein Baubewilligungsverfahren betraf, im Vergleich des verfahrensgegenständlichen Projektes zu einem bereits früher bewilligten Projekt festgestellt wurde. Es liegt aber bei jeder neu beantragten Baubewilligung ein aliud insofern vor, als der bestehende bzw. aufrecht bewilligte Sachverhalt geändert werden soll. Zumeist wird aber im Zusammenhang mit der Frage eines aliuds in einem Bauauftragsverfahren der faktische Baubestand mit dem bewilligten verglichen (so auch in den vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen VwGH 3.6.1997, 93/06/0180, und 10.12.2013, 2012/05/0147). Dies kann für ein Baubewilligungsverfahren wie das hier gegenständliche insofern nicht herangezogen werden, als im Baubewilligungsverfahren eben regelmäßig ein aliud gegenüber dem vorherigen Bestand gegenständlich ist.
25 Das Verwaltungsgericht hatte also das eingereichte Projekt zu beurteilen und darüber zu entscheiden, wobei es entgegen seiner Auffassung von Bedeutung ist, dass für die Bewilligung eines Zubaues die Rechtmäßigkeit des Baubestandes, an den zugebaut werden soll, gegeben ist (vgl. VwGH 29.8.2000, 97/05/0056). Gleiches gilt für Umbauten oder sonstige bauliche Änderungen (vgl. VwGH 23.7.2013, 2013/05/0053, mwN).
26 Bemerkt wird allerdings, dass der letzte Satz des § 30 Abs. 6 BO eine Aufforderung zur Änderung des Bauvorhabens vorsieht, aber nur dann, wenn damit eine Abweisung des Bauantrages ausscheidet. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Änderung des gegenständlich eingereichten Bauvorhabens in einen Neubau noch eine Änderung im Sinne dieser Norm wäre: Abgesehen davon, dass sich das Verwaltungsgericht nämlich nicht auf diese Bestimmung berufen hat, hat es auch nicht dargelegt, dass bei der von ihm offenbar ins Auge gefassten Änderung des Bauvorhabens in einen Neubau Bewilligungsfähigkeit gegeben wäre.
27 Wie sich hingegen aus § 29 Abs. 3 BO ergibt, kommt nach dieser Bestimmung nur eine allenfalls notwendige Ergänzung des Bauplans in Frage, um das Bauvorhaben beurteilen zu können, nicht jedoch eine Änderung des Bauprojektes selbst. Das Verwaltungsgericht hat nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb das vorgelegte Bauvorhaben auf Grund der eingereichten Baupläne nicht beurteilt werden könnte. Es konnte seine Entscheidung folglich rechtens auch nicht auf § 29 Abs. 3 BO in Verbindung mit § 30 Abs. 4 BO stützen.
28 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 29 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 4. Mai 2020
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