VwGH Ra 2018/05/0272

VwGHRa 2018/05/027222.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des T R in W, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. September 2018, Zl. LVwG-AV-165/001-2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde W; mitbeteiligte Partei: DI B H in P, vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14; weitere Partei:

Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 2014 §19;
BauO NÖ 2014 §23;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2;
BauRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050272.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 26. September 2017 wurde der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: Bauwerber) aufgrund deren Ansuchens vom 20. Juli 2017 die baubehördliche Bewilligung für die Veränderung der Höhenlage des Geländes auf einem näher bezeichneten Grundstück unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Berufung des Revisionswerbers, dessen Grundstück westlich an das Baugrundstück angrenzt und der gegen die projektierten Maßnahmen Einwendungen erhoben hatte, gegen diesen Bescheid blieb ebenso erfolglos wie die von ihm gegen den Berufungsbescheid vom 4. Dezember 2017 erhobene Beschwerde, die mit dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wurde.

6 In diesem Erkenntnis führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) u.a. aus, dass dem Bauwerber mit Bescheid des Bürgermeisters vom 27. November 2013 "in der Fassung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 11. August 2015" die Baubewilligung für die Anpassung des Bestandes an den gesetzlichen Bauwich von 3 Metern, die Aufstockung für zwei weitere Wohneinheiten und den Zubau eines Carports auf dem Baugrundstück erteilt worden sei, wobei dieser Baubewilligung der "Nachtragsplan 2" zugrunde liege, den der Bauwerber in Entsprechung eines Verbesserungsauftrages im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (gemeint: über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diese Baubewilligung) vorgelegt habe.

7 Mit Beschluss VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0075, wurde die vom Revisionswerber gegen das genannte Erkenntnis vom 11. August 2015 erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen.

8 Gegen das nunmehr angefochtene Erkenntnis bringt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe offenkundige grobe Verfahrensfehler übersehen, weil das vorliegende Projekt keiner Gesamtbetrachtung unterzogen worden sei, wiewohl mehrmals Projektänderungen vorgenommen und Planunterlagen ausgetauscht worden seien, zumal die Projektänderung nicht nur die subjektivöffentlichen Interessen des Revisionswerbers im Hinblick auf die zu erwartenden Emissionen und die Gewährleistung des freien Lichteinfalls erheblich beeinträchtige, sondern darüber hinaus erhebliche Auswirkungen, insbesondere auch in statischer Hinsicht, habe. Die bloße Betrachtung der nunmehr nachträglich in einem Teilsegment zur Bewilligung versuchten, bereits längst durchgeführten Anschüttung werde der gegebenen Sach- und Rechtslage bei weitem nicht gerecht. Festzuhalten sei, dass der Bauwerber im Berufungsverfahren durch die Vorlage eines "Nachtragsplanes 2" versucht habe, die Baubewilligung zu erwirken. Dieser "Nachtragsplan 2" sei jedoch von der erstinstanzlichen Baubehörde noch nie beurteilt und auch noch von keinem Bausachverständigen je überprüft worden sowie nie Gegenstand eines erstinstanzlichen Verfahrens gewesen, was jedenfalls einen gravierenden Verfahrensmangel bewirke. Hätte eine pflichtgemäße Überprüfung dieses "Nachtragsplans 2" erstinstanzlich stattgefunden, wäre festgestellt worden, dass dieser Plan von völlig unrichtigen Höhenangaben ausgehe, zumal das gegebene und für die Vermessung allein ausschlaggebende Ursprungsniveau negiert werde. Durch diese unzulässige Negierung des Ursprungsniveaus komme es zu einer unzulässigen Erhöhung des Gebäudes, zumal eben nicht vom Ursprungsniveaus gemessen, sondern ein durch - jedenfalls zuvor nicht bewilligte - Anschüttungen erhöhtes Niveau zugrunde gelegt werde. Es liege somit eine unzulässige Gebäudehöhe - statt der vorgeschriebenen Bauklasse II in Wahrheit Bauklasse III - vor, was auch in abgabenrechtlicher Hinsicht relevant sei. Dazu komme, dass die Baufluchtlinie überragt werde sowie die Abstände für Zu- und Abfahrten in öffentliche Verkehrsflächen in rechtswidriger Weise nicht eingehalten und auch Fenster im Kellerbereich bauordnungswidrig positioniert würden. Dieser "Nachtragsplan 2" sei auch noch dem gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt zugrunde gelegt worden, indem die falschen Höhen ohne weiteres übernommen worden seien und das ehemals gegebene Ursprungsniveau weiterhin als irrelevant angesehen werde. Dazu komme, das die in § 12 NÖ Bautechnikverordnung (offenbar gemeint: 2014) festgeschriebenen Anforderungen an Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge nicht eingehalten würden, weil die Einbindung von Straßenkreuzungen, jeweils gemessen vom Schnittpunkt der Straßenfluchtlinien oder deren gedachten Fortsetzungen, von Zu- und Abfahrten in öffentliche Verkehrsflächen mindestens 20 Meter betrage, was eklatant unterschritten werde. Es könne nicht angehen, dass von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeiten einzig und allein deswegen negiert würden, weil keine korrespondierenden subjektiv-öffentlichen Rechte des Nachbarn normiert seien. Nach Ansicht des Revisionswerbers sei jedenfalls stets auf das insgesamt zur Ausführung gelangende Bauvorhaben und nicht auf infolge isolierter Antragstellung getrennt zu prüfende Teile des Projektes abzustellen, zumal die weiteren Teile eines Gesamtprojektes in einem untrennbaren Zusammenhang zu sehen seien.

9 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

10 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 15.5.2014, 2012/05/0164, mwN) handelt es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Zulässigkeit aufgrund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist. Gegenstand des Verfahrens ist das in den eingereichten Plänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt. Ob die tatsächliche Ausführung eines Bauwerks der erteilten Bewilligung und den dabei vidierten Einreichplänen entspricht, ist im Baubewilligungsverfahren als Projektbewilligungsverfahren nicht maßgeblich. Es sind daher grundsätzlich nur die Darstellungen in den mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Einreichunterlagen maßgebend.

11 Da somit das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen ist, ist auch eine Beeinträchtigung von Nachbarrechten nur anhand des in den Einreichplänen dargestellten Projektes zu beurteilen und kommt es in diesem Verfahren nicht darauf an, welcher tatsächliche Zustand besteht oder ob die Bauausführung tatsächlich anders erfolgt, als im beantragten Projekt angegeben ist (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/05/0261, mwN).

12 Der mit dem oben genannten Bescheid des Bürgermeisters vom 26. September 2017 erteilten Baubewilligung liegt der mit dem Bewilligungsvermerk des Bürgermeisters vom selben Tag versehene Einreichplan vom 19. Juli 2017 zugrunde, der im erstinstanzlichen Baubewilligungsverfahren (u.a.) einer Begutachtung durch den bautechnischen Amtssachverständigen Ing. W. unterzogen wurde. Das oben wiedergegebene Revisionsvorbringen betreffend den "Nachtragsplan 2" bezieht sich offenbar auf das oben erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 11. August 2015 und die damit erteilte Baubewilligung für die Anpassung des Bestandes (des Zweifamilienhauses) an den gesetzlichen Bauwich von 3 Metern, die Aufstockung für zwei weitere Wohneinheiten und den Zubau eines Carports auf dem Baugrundstück, der dieser Nachtragsplan zugrunde liegt. Diese Baubewilligung ist in Rechtskraft erwachsen (vgl. dazu auch den bereits angeführten Beschluss VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0075) und im Rahmen der vorliegenden Revision nicht zu überprüfen.

13 § 6 und § 67 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), LGBl. Nr. 1/2015, in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses geltenden, für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen (vgl. etwa VwGH 23.5.2018, Ra 2016/05/0094, mwN) Fassung LGBl. Nr. 53/2018 lauten auszugsweise:

"§ 6

Parteien und Nachbarn

(1) In Baubewilligungsverfahren ... haben Parteistellung:

...

3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück

angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), ...

...

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten oder als Inhaber eines Fahr- und Leitungsrechtes nach § 11 Abs. 3 beeinträchtigt werden können.

...

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet

durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ

Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden

Fassung, der NÖ Aufzugsordnung 2016, LGBl. Nr. 9/2017 in der

geltenden Fassung, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen

Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz

der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4)

sowie

2. den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die

sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der

Wohnnutzung ergeben (z. B. aus Heizungs- und Klimaanlagen),

gewährleisten und

3. durch jene Bestimmungen über

a) die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die

Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit

diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung

auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der künftig zulässigen Gebäude

der Nachbarn dienen,

sowie

b) gesetzlich vorgesehene Abweichungen von den Festlegungen

nach lit. a, soweit die ausreichende Belichtung

- auf Hauptfenster der zulässigen Gebäude der

Nachbarn (§ 50 Abs. 2 und 4, § 51 Abs. 2 Z 3, Abs. 4 und 5, § 67

Abs. 1) oder

- auf bestehende bewilligte Hauptfenster (§ 52

Abs. 2 Z 4, § 53a Abs. 8) der Nachbarn

beeinträchtigt werden könnte.

..."

"§ 67

Veränderung der Höhenlage des Geländes

(1) Die Höhenlage des Geländes im Bauland darf

nur dann verändert werden, wenn

- die Standsicherheit eines Bauwerks oder des angrenzenden

Geländes nicht gefährdet wird,

- dadurch die ausreichende Belichtung der Hauptfenster

zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken gewährleistet ist und

- dies nicht durch einen Bebauungsplan oder durch eine

Verordnung des Gemeinderates nach Abs. 4 untersagt oder beschränkt ist.

..."

14 Nach den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen sind eine (näher beschriebene) Anschüttung (in der Höhe von -1,56 Meter bzw. -1,76 Meter) im nordöstlichen Bereich des Baugrundstückes, die von der Grundstücksgrenze des Revisionswerbers zumindest ca. 15 Meter und von dessen Gebäude zumindest ca. 18 Meter entfernt ist, und eine (näher beschriebene) Geländeabsenkung im östlichen Bereich dieses Grundstückes, die einen Abstand zur Grundstücksgrenze des Revisionswerbers von zumindest über 25 Metern und zu dessen Gebäude von zumindest 28 Metern aufweist, Gegenstand des bewilligten Projektes. Etwaige Geländeveränderungen im westlichen Teil des Baugrundstückes sind nicht Gegenstand der Baubewilligung. Da die projektierten Geländeveränderungen keine Änderung der Höhe der dem Nachbargrundstück (des Revisionswerbers) zugewandten westlichen Gebäudefront auf dem Baugrundstück bewirkten, liege eine Beeinträchtigung der Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück nicht vor. Weiters vertrat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis (u.a.) die Auffassung, dass keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte des Revisionswerbers gegeben sei, eine Beeinträchtigung zulässiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück durch die zu bewilligende Geländeveränderung aufgrund der projektierten Lage nicht denkbar erscheine und dem Revisionswerber in Bezug auf die (von ihm beanstandete) Zu- und Abfahrt zur öffentlichen Verkehrsfläche und die in § 12 NÖ Bautechnikverordnung (2014) vorgesehenen Anforderungen an Abstellanlagen kein Mitspracherecht zukomme und auch diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht beeinträchtigt sei.

15 Die Revision geht auf die genannten, im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen nicht ein und zeigt insbesondere nicht auf, inwieweit die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass eine Verletzung des Revisionswerbers in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht vorliege, dem Gesetz oder der hg. Judikatur widerspreche.

16 Da somit die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG darlegt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. Jänner 2019

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