European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050190.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2017, Ra 2015/05/0028, verwiesen werden. Im fortgesetzten Verfahren wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis der Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung der Parteistellung im baurechtlichen Verfahren für das Projekt "Errichtung und Betrieb eines Hotel ‚Garni' mit 72 Zimmern, Terrasse, Shop (Tourismus Service Center) und 24 PKW-Stellplätzen im Standort W... auf dem Grundstück Nr. 50/17, KG W..." abgewiesen (die Baubewilligung für dieses Vorhaben war mit Bescheid der BH vom 26. Juni 2014 erteilt worden). Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) begründete dies insbesondere damit, dass das nächstgelegene Grundstück des Revisionswerbers zum Baugrundstück in einer größeren Entfernung als 14 m liege. Nach § 6 Abs. 1 Z 3 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) hätten nur Eigentümer von Grundstücken, die an das Baugrundstück angrenzten oder von diesem durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m getrennt seien, als Nachbarn im Bauverfahren Parteistellung.
5 In den Zulässigkeitsgründen der Revision wird geltend gemacht, dass sich den vorliegenden Plänen nicht entnehmen lasse, dass der Abstand des Grundstückes des Revisionswerbers Nr. 1491/3 vom Baugrundstück Nr. 50/17 (auf dem das in Frage stehende Hotel errichtet werden soll) mindestens 14,36 m betrage. In Bezug auf das durch Teilung des Grundstückes Nr. 50/1 eigens errichtete Grundstück Nr. 50/17 (das nunmehrige Baugrundstück) könne man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass das Baugrundstück extra so angelegt worden sei, dass die Rechte des Revisionswerbers als Nachbar ausgeschaltet werden sollten. In Bezug zum ursprünglichen Grundstück Nr. 50/1 sei die Nachbareigenschaft des Revisionswerbers unbestritten gegeben.
6 Auch die Herausnahme einzelner im Endeffekt dem Betrieb des Hotels dienender bzw. diesen erst ermöglichenden Anlagen aus dem Genehmigungsverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Scheibs (im Folgenden: BH) deute sehr darauf hin, dass die dem Schutz des Nachbarn und nunmehrigen Revisionswerbers dienenden Vorschriften umgangen werden sollten. Wenn das Verwaltungsgericht meine, dass den Angaben des Vermessungsbüros von D.I. L. nicht substantiiert entgegengetreten worden sein solle, werde darauf hingewiesen, dass der Revisionswerber immer darauf hingewiesen habe, dass tatsächlich eine Unterschreitung von 14 m gegeben sei und ihm daher Parteistellung zukomme.
7 Es sei das Gesamtprojekt zu betrachten. Sinn des Projektes sei stets der Betrieb eines Hotels gewesen, sodass auch stets das Gesamtprojekt ins Auge gefasst hätte werden müssen und nicht einzelne Anlagen oder Teile davon isoliert hätten betrachtet werden dürfen. Auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 27.4.2004, 2002/05/1508, sei wiederholt verwiesen worden. Im Sinne dieses Erkenntnisses hätten die auf dem ursprünglichen Grundstück Nr. 50/1 getätigten Bauprojekte im Verfahren zur Erlangung der Baubewilligung für die Errichtung des Hotels mit einbezogen werden müssen. Die willkürliche Herausnahme einzelner Projektteile und die Abführung eines diesbezüglich abgesonderten Verfahrens seien aus Gründen des Rechtsschutzes sehr bedenklich. Es liege insofern ein Widerspruch zu dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2004 vor. 8 Für die Frage der Einheitlichkeit eines baubehördlich bewilligten Projektes komme es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 29.1.2008, 2006/05/0297) nicht darauf an, ob das Bauvorhaben technisch teilbar sei, sondern ob es auf einem einheitlichen Bauwillen beruhe. Der Verwaltungsgerichtshof habe implizit dabei zum Ausdruck gebracht, dass stets von einem Gesamtprojekt auszugehen sei, wenn dem - wie gegenständlich - ein einheitlicher Bauwille zu Grunde liege.
9 Es liege sohin jedenfalls eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, weil der "gegenständliche Bescheid" (gemeint offensichtlich das angefochtene Erkenntnis) dazu im diametralen Widerspruch stehe, zumal die zum Gesamtprojekt gehörigen Bauansuchen, welche Baumaßnahmen jedenfalls innerhalb des Bereiches von 14 m zum Grundstück des nunmehrigen Revisionswerbers zum Gegenstand hätten, isoliert betrachtet und nicht in ihrer Gesamtheit mitberücksichtigt worden seien. Es werde insbesondere darauf hingewiesen, dass der dem Verfahren beigezogene Amtssachverständige die auf dem Grundstück Nr. 50/1 errichtete Lärmschutzwand als unabdingbare Voraussetzung einer Bewilligungsfähigkeit insgesamt vorgeschrieben habe. Soweit ersichtlich, fehle eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob es zulässig sei, dass ein Gesamtprojekt in viele Einzelprojekte gegliedert werde, dies insbesondere dann, wenn es dadurch zu einer Aushebelung des Rechtsschutzes komme.
10 Damit wird keine grundsätzliche Rechtsfrage dargetan.
11 Das Baubewilligungsverfahren stellt ein Projektgenehmigungsverfahren dar (vgl. u.a. VwGH 29.1.2008, 2006/05/0297, mwN, weiters VwGH 15.11.2011, 2008/05/0227, VwGH 22.1.2015, 2013/06/0065, und VwGH 27.2.2015, 2012/06/0049). Entscheidend ist der in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers. Eine Baubewilligung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, weshalb nur das beantragte Bauvorhaben bewilligt oder nicht bewilligt werden kann. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt, dass die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen hat (vgl. VwGH 21.5.2015, 2013/06/0176 bis 0181, 2013/06/0248). Dem Bauwerber steht es grundsätzlich frei, bei einem (teilbaren) Bauvorhaben die Bewilligung nur für einen Teil dieses Vorhabens zu beantragen (vgl. nochmals VwGH 21.5.2015, Zlen. 2013/06/0176 bis 0181, 2013/06/0248).
12 Das Verwaltungsgericht hat in der im vorgelegten Akt einliegenden Entscheidung vom 18. März 2015, LVwG-AV-523/001-2014, betreffend das vor den Baubehörden geführte Bauverfahren über die Umgestaltung der Flächen auf den das Baugrundstück für das Hotelgebäude umgebenden Grundstücken Nr. 50/1, 50/3, 50/6, 50/7, KG W., ausgesprochen, dass das Vorhaben betreffend die Gestaltung der öffentlichen Verkehrsfläche um das verfahrensgegenständliche Hotelgebäude kein Bauvorhaben gemäß der BO darstelle, sondern ein Vorhaben, das unter das NÖ Straßengesetz 1999 falle. Gemäß § 1 Abs. 3 Z 5 BO seien Straßenbauwerke des Landes und der Gemeinden, und damit auch Gemeindestraßen, vom Geltungsbereich der BO ausgenommen. Mit dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 18. März 2015 wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Erteilung der Baubewilligung für die Gestaltung der Freiflächen um das verfahrensgegenständliche Hotelgebäude Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und das Bauansuchen des Zweitmitbeteiligten vom 14. Mai 2014 wegen Unzuständigkeit der Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist vom Revisionswerber unbekämpft geblieben und damit rechtskräftig geworden.
13 Daraus ergibt sich, dass die auf den umliegenden Grundstücken vorgesehenen baulichen Maßnahmen (wie insbesondere Parkplätze, Zufahrt, Lärmschutzwand, Stützmauer für Retentionsbecken; vgl. zum Begriff "Straßenbauwerke" in § 4 Z 1 NÖ Straßengesetz 1999) gemäß § 1 Abs. 2 Z 5 BO als "Straßenbauwerke der Gemeinde" vom Geltungsbereich der BO ausgenommen sind. Eine Einbeziehung dieser baulichen Maßnahmen in das Bauverfahren betreffend das Hotelgebäude kam schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Der im vorliegenden Fall maßgebliche Sachverhalt und auch die anzuwendende Rechtslage sind mit dem dem Erkenntnis VwGH 27.4.2004, 2002/05/1508, zugrunde liegenden Sachverhalt und der dort anzuwendenden Rechtslage somit nicht vergleichbar.
14 Im Übrigen führt der Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen nicht näher aus, warum die auf den umliegenden Grundstücken gelegenen baulichen Anlagen (wie u.a. die Lärmschutzwand und die Stützmauer für das Retentionsbecken) in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Hotelprojekt stehen sollen. Auch eine derartige bauliche Verbindung wie ein Zubau zu einem Hotelgebäude (siehe nochmals VwGH 27.4.2004, 2002/05/1508) liegt im vorliegenden Fall insbesondere zu der angeführten Lärmschutzwand auf dem Grundstück Nr. 50/1 nicht vor.
15 Den einheitlichen Bauwillen betreffend das verfahrensgegenständliche Hotelprojekt auf dem Baugrundstück Nr. 50/17, KG W., haben die beiden Mitbeteiligten mit dem verfahrensgegenständlichen Bauantrag zum Ausdruck gebracht. 16 Wenn sich das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Entfernung zwischen dem am nächsten gelegenen Grundstück des Revisionswerbers Nr. 1491/3 und dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück Nr. 50/17 auf den Teilungsplan des Dipl.-Ing. L berufen hat und danach die Entfernung der beiden Grundstücke mindestens 14,36 m ausmacht, ist dem der Revisionswerber mit der bloßen Behauptung, dass dies unzutreffend sei, nicht entsprechend substantiiert entgegengetreten. Nach ständiger hg. Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. u.a. VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005). Eine derart grob fehlerhafte Beurteilung liegt in Bezug auf die Feststellung, dass die beiden angeführten Grundstücke mehr als 14 m entfernt gelegen seien, nicht vor.
17 Auch der Umstand, dass der Revisionswerber im Hinblick auf das ursprüngliche, noch nicht geteilte Grundstück Nr. 50/1 Nachbar im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 BO gewesen wäre, spielte keine Rolle, da sich schon das Bauansuchen des angeführten Bauverfahrens vom Mai 2014 (siehe das angeführte Vorerkenntnis) auf das nach Grundteilung entstandene Grundstück Nr. 50/17, KG W., bezog. 18 Mangels Aufzeigens einer grundsätzlichen Rechtsfrage war die vorliegende Revision gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen. 19 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 51 VwGG) iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 30. Juli 2019
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