VwGH Ra 2019/12/0056

VwGHRa 2019/12/00562.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des R L in H, vertreten durch Dr. Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Spittelwiese 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 8. Juli 2019, Zl. LVwG-950123/8/SE, betreffend Festlegung von Pauschalvergütungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120056.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht als Feuerwehrmann im Branddienst der städtischen Berufsfeuerwehr in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Linz.

2 Mit schriftlicher Erklärung vom 27. Dezember 2012 stimmte er einer Dienstplangestaltung mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von mehr als 48 Stunden pro Woche zu. Insbesondere erklärte er sich bereit, aufgrund der Bereitschaftsdienste innerhalb eines Bezugszeitraums von einem Kalenderjahr im Durchschnitt 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. 3 Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 beantragte der Revisionswerber gegenüber der Dienstbehörde eine Änderung seiner Arbeitszeit von durchschnittlich 60 Wochenstunden auf 48 Wochenstunden ab 1. Oktober 2015.

4 Bis Ende November 2016 versah der Revisionswerber einen 24- stündigen Schichtdienst mit einer durchschnittlichen Wochendienstzeit von 60 Stunden. Seit 1. Dezember 2016 wird er im Tagdienst mit einer Wochendienstzeit von 47,5 Stunden ohne Leistung von Nacht-, Sonn- und Feiertagsdiensten eingesetzt. 5 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde sprach mit dem im Berufungsverfahren ergangenen Bescheid vom 7. Oktober 2016 - soweit im Revisionsverfahren noch von Belang - aus: "Die Pauschalvergütung für den verlängerten Dienstplan und die Sonn- und Feiertagsabgeltung werden entsprechend der Dienstzeitreduzierung aliquotiert. Die Aliquotierung wird mit dem Tag der Dienstzeitreduzierung wirksam."

6 Mit Beschluss vom 12. Juli 2017 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der dagegen gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers statt, behob diesen Spruchpunkt und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurück.

7 Das Landesverwaltungsgericht begründete seinen Beschluss zusammengefasst damit, dass die pauschalierten Nebengebühren für den Revisionswerber nach § 3 Abs. 5 Nebengebührenverordnung 2004 der Stadt Linz (NGV 2004) neu zu bemessen seien, weil sich der ihrer Bemessung zu Grunde liegende Sachverhalt wesentlich verändert habe, indem der Revisionswerber seit 1. Dezember 2016 seinen Dienst von Montag bis Freitag, 7:30 bis 17:00 Uhr im Rahmen eines verlängerten Dienstplans mit einer Wochendienstzeit von 47,5 Stunden ausübe, keinen 24-Stunden-Schichtdienst und keine Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste mehr leiste.

8 Die gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Dezember 2017, Ra 2017/12/0114, zurück.

9 Begründend führte der Gerichtshof auszugsweise Folgendes aus:

"Zunächst ist festzuhalten, dass in den Zulässigkeitsausführungen der Revision nicht dargelegt wird, inwiefern die Aufhebung und Zurückverweisung unzulässig gewesen wäre (siehe zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG und der Wirkung eines Aufhebungsbeschlusses VwGH 25.10.2017, Ra 2016/12/0101; 21.1.2016, Ra 2015/12/0048, je mwN). Mit dem Hinweis auf eine Vielzahl Betroffener wird keine auf den konkreten Fall bezogene grundsätzliche Rechtsfrage dargestellt, bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könnte, für sich allein noch nicht ihre Erheblichkeit im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (siehe etwa VwGH 28.6.2017, Ra 2017/07/0063, und 13.12.2016, Ra 2016/09/0099, 0100).

Soweit die aufgeworfenen Rechtsfragen darauf abstellen, ob der Revisionswerber rechtmäßig zur (über die Normalarbeitszeit hinausgehenden) Dienstleistung verpflichtet wurde, ist eine Entscheidung darüber für die Frage der Gebührlichkeit von Nebengebühren nicht ausschlaggebend, ist diese doch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von der tatsächlichen Verwendung abhängig (vgl. VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0063, mwN).

Mit dem allgemein gehaltenen Verweis auf die Urteile des EuGH vom 14.10.2010, C-243/09 , und vom 25.11.2010, C-429/09 , Günther Fuß, wird nicht aufgezeigt, welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Revisionssache zu klären wäre (siehe überdies VwGH 22.5.2012, 2011/12/0181 - ebenfalls Feststellungen im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis eines Feuerwehrmanns betreffend).

Die aufgeworfene Frage nach Ersatzruhetagen für Feiertagsdienste stellt sich aus zwei Gründen als bloß theoretische dar. Zum einen hat der Revisionswerber solche Dienste nach den unbekämpften Feststellungen nicht zu leisten; zum anderen war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Höhe der pauschalierten Nebengebühren. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jedoch nicht berufen (VwGH 19.4.2016, Ra 2016/12/0029, ua)."

10 Im fortgesetzten verwaltungsbehördlichen Verfahren nahm die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit Bescheid vom 9. Oktober 2018 eine Neubemessung der Pauschalvergütung des Revisionswerbers für den verlängerten Dienstplan und die Sonn- und Feiertagsabgeltung für den Zeitraum von 1. Dezember 2016 bis 31. Jänner 2018 vor. Die monatliche Pauschalvergütung wurde für den Zeitraum von 1. Dezember 2016 bis 31. Dezember 2016 mit EUR 415,48, für den Zeitraum von 1. Dezember 2017 bis 31. Dezember 2017 mit EUR 436,58 sowie für den Zeitraum von 1. Dezember 2018 bis 31. Jänner 2018 mit EUR 463,85 festgesetzt. Die Sonn- und Feiertagsabgeltung wurde mit EUR 0,-- festgesetzt. 11 Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für unzulässig.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, das angefochtene Erkenntnis aus diesen Gründen aufzuheben. 13 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst vor, von den zu klärenden Rechtsfragen seien 170 Feuerwehrleute bei der belangten Behörde und in gleicher Weise Feuerwehrleute in den übrigen Statutarstädten betroffen. 14 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in den Rechtssachen C-243/09 und C-429/09 im Jahr 2010 grundlegende rechtliche Festlegungen getroffen. Es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend die Auswirkungen der genannten Entscheidungen des EuGH auf die innerstaatliche Rechtslage in einem vergleichbaren Sachverhalt, in concreto für das Dienstverhältnis der Berufsfeuerwehrleute.

15 Ferner fehle Judikatur zu der Frage, ob der Widerruf einer "Opting Out-Zustimmungserklärung" betreffend die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (in der Folge: Richtlinie 2003/88/EG ) eine Reduzierung des Entgelts zur Folge haben dürfe, wobei insbesondere diese Frage für mehr als 3000 Feuerwehrleute von größtem Interesse sei. Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan:

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 19 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem oben zitierten Beschluss vom 20. Dezember 2017, Ra 2017/12/0114, festhielt, wird mit dem Hinweis auf eine Vielzahl Betroffener keine auf den konkreten Fall bezogene grundsätzliche Rechtsfrage dargestellt, bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könnte, für sich allein noch nicht ihre Erheblichkeit im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

20 Ebenso hat der Gerichtshof schon zu einem wortidenten Vorbringen des Revisionswerbers in dem zuletzt genannten Beschluss vom 20. Dezember 2017 ausgeführt, dass mit dem allgemein gehaltenen Verweis auf die Urteile des EuGH vom 14.10.2010, C- 243/09 , und vom 25.11.2010, C-429/09 , Günther Fuß, nicht dargelegt wird, welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Revisionssache zu klären wäre.

21 Soweit sich der Revisionswerber gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte "Entgeltreduzierung" wendet, weil sich letztere als Folge des Widerrufs der "Opting Out-Zustimmungserklärung" darstelle, wird mit diesem Vorbringen infolge der Bindungswirkung des aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. Juli 2017 keine Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen. Zu den den aufhebenden Beschluss tragenden Gründen hielt das Verwaltungsgericht nämlich für den vorliegenden Revisionsfall bindend fest, dass ab 1. Dezember 2016 die Pauschalvergütung abgestimmt auf das Ausmaß der tatsächlichen zeitlich "reduzierten" Verwendung des Revisionswerbers (und zwar abgestimmt auf das Ausmaß der - auf Basis eines verlängerten Dienstplans - über die 40-Stunden-Wochendienstzeit hinausgehenden Mehrleistungen gemäß § 3 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 10 NGV 2004; vgl. Seite 27 des Beschlusses vom 12. Juli 2017) zu erfolgen habe, wobei ihm mangels tatsächlicher Dienstverrichtung an Sonn- und Feiertagen im Rahmen des verlängerten Dienstplanes seit 1. Dezember 2016 die in Teil B der NGV 2004 festgelegte Sonn- und Feiertagsabgeltung nicht mehr zustehe. Dass mit dem angefochtenen Erkenntnis eine von der mit Beschluss vom 12. Juli 2017 bindend übertragenen Rechtsansicht abweichende Festlegung der Pauschalgebühren erfolgt wäre, ist im Lichte der Zulässigkeitsbegründung nicht ersichtlich (zur Bindungswirkung von gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ergangenen Beschlüssen VwGH 21.1.2016, Ra 2015/12/0048; 29.7.2015, Ra 2015/07/0034).

22 Im Übrigen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die tatsächliche Verwendung des Beamten ausschlaggebend für die Frage der Gebührlichkeit von Nebengebühren (siehe auch dazu VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0114). Die in der Revision angesprochene "Reduzierung" der Nebengebühren ist unmittelbare Konsequenz der tatsächlichen ("reduzierten") Verwendung des Revisionswerbers. Zudem wirft die Zulässigkeitsbegründung konkrete Auslegungsfragen im Zusammenhang mit Art. 22 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2003/88/EG und § 56 Abs. 4 Oberösterreichisches Statutargemeinden-Beamtengesetz 2002, LGBl. Nr. 50, nicht auf.

23 Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. Oktober 2019

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