VwGH Ra 2017/12/0063

VwGHRa 2017/12/006313.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des G F in S, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 2017, W213 2000459-2/3E, betreffend Nebengebühren nach § 15 Gehaltsgesetz 1956, Lenkertaggeld, Nebengebührenzulage gemäß § 58 Pensionsgesetz 1965, Unternehmensbeteiligung sowie Verfall des Erholungsurlaubs nach § 69 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Salzburg der Österreichischen Post AG), den Beschluss gefasst:

Normen

AHG 1949 §1;
BDG 1979 §14;
BDG 1979 §43a;
BDG 1979 §69;
GehG 1956 §15;
PG 1965 §58;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 5 ernannt und der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Zuletzt wurde er mit seiner Zustimmung im Personalreservepool einer Postfiliale unterwertig eingesetzt.

2 Am 11. November 2011 wurde betreffend den Revisionswerber von Amts wegen ein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet. Den Bescheid vom 22. April 2013, mit dem er in den dauernden Ruhestand versetzt wurde, hob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. Juni 2014 auf. Nach Durchführung ergänzender Ermittlungen stellte die belangte Behörde das Ruhestandsversetzungsverfahren ein und forderte den Revisionswerber zum Dienstantritt auf. Im Zeitraum vom 15. November 2011 bis 3. Mai 2015 war der Revisionswerber im Hinblick auf das Ruhestandsversetzungsverfahren nicht zum Dienst zugelassen.

3 Mit Antrag vom 1. Juni 2015 begehrte der Revisionswerber die Feststellung, dass ihm für den Zeitraum Februar 2012 bis April 2015 Nebengebühren in der Höhe von EUR 12.086,10, für den Zeitraum von Februar 2012 bis Juli 2013 die Betriebssonderzulage in der Höhe von EUR 1.322,85 zustehe und nachbezahlt werde, ihm die Beteiligungen am Unternehmen für die Jahre 2012, 2013 und 2014 in der Höhe von EUR 2.411,-- zustünden und ausbezahlt würden, ihm die Urlaube aus den Jahren 2012 und 2013 von jeweils 280 Stunden nicht verfallen seien und ihm die Nebengebührenwerte von Februar 2012 bis April 2015 zustünden und für die Pension entsprechend berücksichtigt würden.

4 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 15 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), § 69 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) und § 58 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) den Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Nachzahlung der Nebengebühren (Erschwerniszulage/Paket-Stückgeld, Fehlgeldentschädigung-Geldverkehrszulage und Überstunden) für die Zeit von Februar 2012 bis April 2015, auf Nachzahlung der Belohnung für die Zustellung der Info Mail Sendungen (Massensendungen), der Belohnung für die Zustellung der Versandhauskataloge und der Belohnung für die Zählung nicht bescheinigter Sendungen für die Zeit von Februar 2012 bis April 2015, auf Nachzahlung der Betriebssonderzulage Aufwand und Erschwernis von Februar 2012 bis Juli 2013, auf Auszahlung des Lenkertaggelds für die Zeit von Februar 2012 bis April 2015 und auf Auszahlung der Unternehmensbeteiligungen für die Jahre 2012, 2013 und 2014 sowie auf Anrechnung der entsprechenden Nebengebührenwerte für die Zeit von Februar 2012 bis April 2015 ab und stellte fest, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub aus dem Jahr 2012 mit Ablauf des Jahres 2014 und jener aus dem Jahr 2013 - soweit dieser nicht im Jahr 2015 konsumiert worden sei - mit Ablauf des Jahres 2015 verfallen sei. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, bei der Überstundenvergütung, der Belohnung, der Erschwerniszulage, der Aufwands-und der Fehlgeldentschädigung, der Betriebssonderzulage (Aufwand und Erschwernis) bei der Erschwerniszulage (Paket) sowie der vom Revisionswerber genannten Belohnungen (Massensendungen; Zustellung von Versandhauskatalogen; Zählung nicht bescheinigter Sendungen) handle es sich ebenso wie bei der Geldverkehrszulage sowie der Grundvergütung und den Überstundenzuschlag für Überstunden um Nebengebühren die verwendungsbezogen zustünden. Falle die Verwendung weg, mit der die Erbringung der anspruchsbegründenden Leistung bzw. das Entstehen anspruchsbegründender Aufwendungen verbunden sei, führe dies grundsätzlich auch zum Wegfall der Nebengebühr. Im öffentlichrechtlichen Besoldungssystem fände sich keine Rechtsgrundlage, wonach dem Beamten mangels Erbringung von Diensten infolge einer (selbst nicht gerechtfertigten) Nichtzulassung zum Dienst Nebengebühren dennoch zustünden oder entfallene Nebengebühren nachzuzahlen wären (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. April 2012, 2011/12/0131). Die vom Revisionswerber genannten Ausnahmen vom Grundsatz der Verwendungsbezogenheit der Nebengebühren nach § 15 Abs. 5 GehG könnten im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Der Revisionswerber sei im Zeitraum von Februar 2012 bis April 2015 nicht in Verwendung gestanden und habe daher die anspruchsbegründenden Leistungen nicht erbracht, weshalb die verwendungsbezogenen Nebengebühren für diesen Zeitraum nicht zustünden. Gleiches gelte für das Lenkertaggeld, das nur für jeden Kalendertag Fahrdienst mit einer bestimmten Ausbleibezeit gebühre. Bei der Auszahlung einer Unternehmensbeteiligung handle es sich allenfalls um eine Betriebsübung, auf die im Rahmen des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses mangels rechtlicher Grundlage kein Anspruch bestehe. Ein Anspruch auf eine Nebengebührenzulage nach § 58 PG 1965 bestehe nicht, weil im Zeitraum von Februar 2012 bis April 2015 vom Revisionswerber auch keine Nebengebühren bezogen worden seien.

6 Zum Verfall des Erholungsurlaubes nach § 69 BDG 1979 führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber ab 15. November 2011 aufgrund einer von der Dienstbehörde festgestellten Dienstunfähigkeit vom Dienst im Sinn des § 51 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 abwesend gewesen sei. Es handle sich dabei um eine gerechtfertigte krankheitsbedingte Abwesenheit. Der Zeitraum einer Beurlaubung gemäß § 14 Abs. 6 bzw. 7 BDG 1979 gelte als Zeit des Aktivdienstverhältnisses, in welcher Ansprüche auf Erholungsurlaub anfielen. Es bestehe auch keine innerstaatliche Anordnung, wonach Zeiten einer Beurlaubung gemäß § 14 Abs. 6 bzw. 7 BDG 1979 auf den Erholungsurlaub eines Beamten anzurechnen wären. Eine Beurlaubung gemäß § 14 Abs. 6 bzw. 7 BDG 1979 schließe die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub überdies aus. Entsprechendes gelte für die Dauer des den Ruhestandsversetzungsbescheid der belangten Behörde betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. September 2014, Ro 2014/12/0008).

7 Zu Recht sei von der Dienstbehörde der zweite Satz des § 69 BDG 1979 zur Anwendung gebracht und daher festgestellt worden, dass der Anspruch des Revisionswerbers auf Erholungsurlaub aus dem Jahr 2012 mit Ablauf des Jahres 2014 und der Anspruch auf Erholungsurlaub aus dem Jahr 2013 (soweit nicht bereits verbraucht) mit Ablauf des Jahres 2015 verfallen sei. Soweit der Revisionswerber behaupte, die Behörde habe in Schädigungsabsicht gehandelt, sei darauf hinzuweisen, dass über Schadenersatzansprüche gegebenenfalls im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden sei.

8 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Hinblick auf die durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärte Rechtslage.

9 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revisionswerber führt unter diesem Gesichtspunkt zunächst aus, das Personalamt habe sich mit der Frage der dauernden Dienstunfähigkeit nicht mit der gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt auseinandergesetzt. Dazu verweist er auf die seine Ruhestandsversetzung aufhebende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Es stelle sich deshalb die Frage, ob diese Vorgehensweise in Verbindung mit § 43a BDG 1979 dazu führe, dass die Voraussetzungen des § 15 GehG nicht umgangen werden könnten und unter solchen Voraussetzungen die Verpflichtung zur Bezahlung der Ansprüche weiterhin bestehe.

12 Dem ist Folgendes zu entgegnen: Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Frage des Vorliegens der Dienst(un)fähigkeit des Revisionswerbers während seines Ruhestandsversetzungsverfahrens im gegenständlichen Verfahren betreffend Feststellung der Gebührlichkeit von Nebengebühren nicht geprüft. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten hat, führen - auch rechtswidrige - Verzögerungen bei einem Ruhestandsversetzungsverfahren nicht zur Rechtswidrigkeit jener Bescheide, die auf daraus abgeleitete Tatbestände aufbauen. Ein durch ein rechtswidriges Vorgehen der Behörde entstandener Schaden wäre im Wege der Amtshaftung geltend zu machen (vgl. die Erkenntnisse vom 24. April 2002, 2001/12/0165, vom 19. Dezember 2000, 2000/12/0282, vom 29. März 2000, 98/12/0071, und vom 29. September 1999, 97/12/0281). Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner ausgesprochen, dass der (besoldungsrechtliche) Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren von der tatsächlichen Verwendung abhängig ist. Ob der Beamte durch eine rechtmäßige oder rechtswidrige Handlung seines Dienstgebers an der tatsächlichen Leistungserbringung gehindert wurde, ist dabei ohne Bedeutung. Anders als für die Gebührlichkeit von Zulagen ist es daher für die Zulässigkeit der Neubemessung (oder einer Verfügung des Entfalls) einer pauschalierten Nebengebühr bedeutungslos, ob dem Beamten sein Arbeitsplatz rechtmäßig entzogen wurde oder nicht. Maßgeblich ist ausschließlich, dass die nebengebührenbegründende Tätigkeit faktisch nicht mehr ausgeübt wird (siehe das Erkenntnis vom 25. Mai 2016, Ra 2015/12/0032, ua; siehe auch das Erkenntnis vom 17. November 1999, 99/12/0272, wonach im Verfahren vor der Dienstbehörde kein Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht werden kann und ein vermögensrechtlicher Schaden durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung des Dienstgebers im Wege einer Amtshaftungsklage geltend zu machen wäre). Auch aus § 43a BDG 1979, der einen achtungsvollen Umgang der Vorgesetzten mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangt (Mobbingverbot), lässt sich der vom Revisionswerber gewünschte Schluss, dass die pauschalierten Nebengebühren ohne Erbringung der diese begründenden Tätigkeiten zustünden, nicht ableiten (siehe zur Bejahung eines Amtshaftungsanspruchs wegen eines Verdienstentgangs infolge Mobbings den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 23. April 2003, 9 ObA 32/03a). Anhaltspunkte dafür, dass die Aufzählung der Ausnahmen einer strikten Bindung zwischen tatsächlicher Verwendung und Anspruch auf Nebengebühren in § 15 Abs. 5 GehG nicht taxativ wäre und auch ein Verstoß gegen § 43a BDG 1979 darunter verstanden werden sollte, werden in der Revision nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht zu erkennen (siehe dazu das Erkenntnis vom 23. April 2012, 2011/12/0131, und vom 23. Juni 2014, 2013/12/0231, mwH, sowie zum Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage bei eindeutigem Gesetzeswortlaut und dem Grundsatz, dass im Zweifel das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen ist, den Beschluss vom 27. April 2017, Ra 2017/12/0015, mwN). Soweit sich das Zulässigkeitsvorbringen gegen die Abweisung eines Anspruchs auf Auszahlung der Unternehmensbeteiligung richtet, wird eine konkrete gesetzliche Grundlage, nach welcher diese zugestanden wäre, nicht aufgezeigt (siehe zum Bestehen bezugsrechtlicher Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften die Erkenntnisse vom 1. Juli 2015, 2012/12/0001, mwN, und vom 23. April 2012, 2011/12/0131).

13 Hinsichtlich des Verfalls des Erholungsurlaubs genügt es, auf das zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangene Erkenntnis vom 4. September 2014, Ro 2014/12/0008, zu verweisen. Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch das Verwaltungsgericht zeigt das Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

14 Schließlich wird auch mit dem Hinweis auf eine Reihe gleich gelagerter Verfahren (vgl. den Beschluss vom 28. Juni 2017, Ra 2017/07/0063) oder dem behaupteten absichtlichen Vorgehen der Dienstbehörde bei den Ruhestandsversetzungsverfahren bezogen auf den konkreten Fall keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargestellt.

15 Die Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 13. September 2017

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