Normen
VwRallg impl;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §8;
WRG 1959 §9 Abs1;
WRGNov 1990;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. November 2014 wies das (wegen Säumnis der belangten Behörde zuständig gewordene) Landesverwaltungsgericht Tirol den Antrag der Revisionswerber, dass dem Mitbeteiligten gemäß § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 aufgetragen werde, den sich aus einem bestimmten Plan ergebenden ursprünglichen Zustand des öffentlichen Gewässers auf dem Grundstück Nr. 4126 GB K. (öffentliches Wassergut) wiederherzustellen, als unbegründet ab.
Dazu traf das Verwaltungsgericht im Wesentlichen die Feststellungen, die Revisionswerber seien - als Rechtsnachfolger ihrer 1973 verstorbenen Mutter H. - Miteigentümer der Grundstücke Nr. 504/2 und 504/11, beide GB K. Der Mitbeteiligte sei - als Rechtsnachfolger seines verstorbenen Vaters B. - seit 1989 Eigentümer der Grundstücke Nr. 325/1, .1053/1 und .1053/2, alle GB K.
Im Jahr 1972 sei das Gerinne östlich des Gebäudes auf dem - damals noch im Eigentum von B. stehenden - Grundstück Nr. .1053/2 begradigt und vom Gebäude abgerückt worden, wodurch ein Teilabschnitt des öffentlichen Gewässers auf das Grundstück der Revisionswerber verlegt worden sei. Diese Verlegung sei im beiderseitigen Einvernehmen der damaligen Eigentümer B. und H. vorgenommen worden. Ob zwischen B. und H. die Rückverlegung des öffentlichen Gewässers bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Teilabschnitt vereinbart worden sei, lasse sich nicht feststellen. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Verlegung des Gerinnes liege nicht vor.
Bis zum Jahr 1976 habe sich das öffentliche Gewässer bis zum Gebäude auf den Grundstücken Nr. .1053/1 und .1053/2 als gänzlich offenes Gerinne dargestellt. Die bereits im Jahr 1942 hergestellte Verrohrung unterhalb des Gebäudes auf der Bauparzelle .1053/2 sei allerdings nach 1976 verlängert worden, und zwar bis zum heutigen Einlauf des Rohres, nämlich dem Hausumgriff bzw. der Gartenfläche des Grundstücks Nr. .1053/2.
Ab den 1980er-Jahren habe H. wiederholt B. aufgefordert, den Bach wieder an seinen früheren Verlauf zurückzuverlegen. Dieser Aufforderung sei B. nicht nachgekommen. Nachdem der Mitbeteiligte Eigentümer der Grundstücke geworden sei, seien die Revisionswerber wegen der Rückverlegung des Gewässers an ihn herangetreten. Der Mitbeteiligte habe sich allerdings für die von den Revisionswerbern geforderte Rückverlegung nicht zuständig erachtet und keine Maßnahmen oder Änderungen vorgenommen.
Das Verwaltungsgericht führt weiters - gestützt auf ein Gutachten des wasserfachlichen Amtssachverständigen vom 15. Juli 2014 - im Wesentlichen aus, dass für die Rückverlegung nicht nur öffentliches Wassergut, sondern auch eine Teilfläche des im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstückes Nr. 325/1, GB K., in Anspruch genommen werden müsse.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, gemäß § 9 Abs. 1 WRG 1959 bedürfe u.a. jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer einer wasserrechtlichen Bewilligung. Das Kriterium für die Bewilligungspflicht bei öffentlichen Gewässern sei das Überschreiten der Grenzen des Gemeingebrauchs (§ 8 WRG 1959). Die Herstellung eines neuen Gewässerbettes - wenn auch nur auf einem Teilabschnitt - in Verbindung mit der Umleitung des öffentlichen Gewässers sei als Maßnahme nach § 9 Abs. 1 WRG 1959 zu qualifizieren. Die Nutzung des öffentlichen Gewässers bestehe bei einer solchen Umlegung in der nicht bloß geringfügigen Veränderung seines Wasserverlaufes und damit des Verlaufs der Wasserwelle. Eine derartige Maßnahme sei daher nicht mehr eine zum Gemeingebrauch zählende Tätigkeit. Diese Auslegung des § 9 Abs. 1 WRG 1959 decke sich mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 1959, Zl. 1155/56, in der dieser die Verrohrung eines Privatgewässers der Bewilligungspflicht unterstellt habe. Die Verrohrung eines Gewässers lasse sich mit der Verlegung eines Gewässers vergleichen.
Als Folge der im Jahr 1972 vorgenommenen Verlegung eines Teilabschnittes des gegenständlichen öffentlichen Gewässers nehme nunmehr der Mitbeteiligte zumindest teilweise das Grundstück Nr. 4126, GB K., - und damit öffentliches Wassergut - in Anspruch. Diese ständige Inanspruchnahme sei durch den Gemeingebrauch iSd § 8 Abs. 1 WRG 1959 nicht gedeckt. Die im Jahr 1972 durchgeführte Verlegung eines Teilabschnittes des öffentlichen Gewässers auf das Grundstück Nr. 504/2, GB K., sei somit eine eigenmächtige Neuerung und daher wasserrechtlich bewilligungspflichtig gewesen.
Die Revisionswerber seien als Miteigentümer des Grundstücks Nr. 504/2 legitimiert, die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu beantragen.
Der auf § 138 WRG 1959 gestützte Antrag richte sich gegen den Mitbeteiligten. Im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge im Jahr 1988/1989 sei die Verlegung eines Teilabschnittes eines öffentlichen Gewässers und die damit verbundene Errichtung eines Gewässerbettes auf dem Grundstück Nr. 504/2 bereits abgeschlossen gewesen. Der Mitbeteiligte habe die Verlegung des Gewässers nicht veranlasst und auch nicht durchgeführt. Er habe somit die eigenmächtige Neuerung nicht verursacht.
Ein gegen den Mitbeteiligten gerichteter Wiederherstellungsauftrag lasse sich somit nur dann auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 stützen, wenn ihm die Aufrechterhaltung und Nutzung eines durch seinen Vater konsenslos geschaffenen Zustandes zur Last gelegt werden könne. Der Mitbeteiligte habe diesen Zustand bestehen lassen und benütze nunmehr als Folge der bewilligungslosen und ohne Zustimmung des Verwalters des öffentlichen Wassergutes vorgenommenen Verlegung des öffentlichen Gewässers eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 4126 und somit öffentliches Wassergut. Die Nutzung dieses konsenslos geschaffenen Zustandes sei dem Mitbeteiligten zuzurechnen, sodass ein gegen ihn auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützter Wiederherstellungsauftrag nicht auszuschließen sei.
§ 138 WRG 1959 erlaube allerdings nur den Auftrag zur Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen oder zur Nachholung unterlassener Arbeiten; neue - insbesondere bewilligungspflichtige - Maßnahmen könnten nicht aufgetragen werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2009/07/0034). Die von den Revisionswerbern beantragte Wiederherstellung mache die Inanspruchnahme des im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstücks notwendig. Die Inanspruchnahme von fremdem Grund stelle eine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Maßnahme dar, deren Anordnung nicht auf
§ 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützt werden könne. Ein auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützter Wiederherstellungsauftrag scheide somit aus, weil sich die Rückverlegung ohne Inanspruchnahme des im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstücks Nr. 325/1 nicht umsetzen lasse.
Schließlich sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gegen dieses Erkenntnis zulässig sei. Dazu führte es im Wesentlichen begründend aus, dass die für das Verfahren entscheidungswesentlichen Rechtsfragen, nämlich die Bewilligungspflicht der Verlegung des öffentlichen Gewässers sowie eine auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützte Verpflichtung eines Rechtsnachfolgers und deren Einschränkungen, von grundlegender Bedeutung seien. Das Verwaltungsgericht habe sich zwar an der zur Bestimmung des § 138 WRG 1959 ergangenen Judikatur orientiert, allerdings weise die vorliegende Angelegenheit Besonderheiten auf, die bislang nicht Gegenstand der höchstgerichtlichen Judikatur gewesen seien.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision.
Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben jeweils eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 54/2014, haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Gemeingebrauch an öffentlichen und privaten Gewässern.
§ 8. (1) In öffentlichen Gewässern ist der gewöhnliche ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt.
(...)
Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und
privaten Tagwässern.
§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. (...)
(...)
Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
(...)
(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
(...)
(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. (...)"
2. In der Revision wird zu deren Zulässigkeit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes verwiesen. In den Gründen bringt die Revision im Wesentlichen vor, die Begründung des Verwaltungsgerichtes, dass die geforderte Wiederherstellung gemäß § 138 WRG 1959 nicht aufgetragen werden könne, weil sich die beantragte Rückverlegung des Gewässerabschnittes ohne Inanspruchnahme des im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstückes Nr. 325/1 nicht verwirklichen lasse, sei unrichtig.
§ 138 WRG 1959 sei darauf ausgerichtet, eine ungerechtfertigte "Grundinanspruchnahme" zu unterbinden. Ein Eingriff in Rechte Dritter, wie in dem angefochtenen Erkenntnis dargetan, sei durch die zwangsweise Auferlegung der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes in keiner Weise gegeben, weil der Mitbeteiligte als Rechtsnachfolger des B. auch gemäß § 138 Abs. 4 WRG 1959 "verantwortlich wäre, dass im Sinne des öffentlichen Interesses, die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen auferlegt werden kann und diese durchzuführen sind".
Diese "Zwangsmaßnahme" im Sinne des § 138 WRG 1959 könne auch dem Mitbeteiligten als dem nunmehrigen Liegenschaftseigentümer aufgetragen werden, der von der widerrechtlichen Verlegung des Verlaufes des Baches, welcher "öffentliches Gut" darstelle, insbesondere durch bessere Nutzbarkeit des Eigentums sowie einer größeren nutzbaren Fläche einen Vorteil ziehe.
3. Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
Unter einer eigenmächtigen Neuerung iSd des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind - erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2009/07/0034, mwN).
Für das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung kommt es somit lediglich darauf an, ob eine Maßnahme wasserrechtlich bewilligungspflichtig war und ohne Vorliegen einer solchen wasserrechtlichen Bewilligung gesetzt wurde, wobei die zivilrechtliche Befugnis zur Setzung der Maßnahme völlig irrelevant ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2009/07/0030).
Unstrittig wurde im Jahr 1972 das Gerinne östlich des Gebäudes auf dem - damals noch im Eigentum von B. stehenden - Grundstück Nr. .1053/2 begradigt und vom Gebäude abgerückt, wodurch ein Teilabschnitt des öffentlichen Gewässers auf das Grundstück der Revisionswerber verlegt wurde.
Diese Verlegung geht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - über den Rahmen des nach § 8 WRG 1959 zulässigen Gemeingebrauchs an öffentlichen Gewässern hinaus und setzte somit - mangels Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Schutz- und Regulierungswasserbaus iSd § 41 WRG 1959 (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2003/07/0105, mwN) - eine wasserrechtliche Bewilligung im Sinne des § 9 Abs. 1 WRG 1959 voraus. Eine solche Bewilligung liegt unstrittig nicht vor.
Die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, dass es sich bei der Verlegung eines Teilabschnittes des öffentlichen Gewässers auf das Grundstück der Revisionswerber somit um eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung gehandelt hat, ist daher nicht zu beanstanden.
Wie allerdings aus den nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes hervorgeht, wurde die eigenmächtige Neuerung nicht vom Mitbeteiligten selbst, sondern von dessen Vater B. im Jahr 1972 und somit lange, bevor der Mitbeteiligte Eigentümer der Liegenschaft wurde, vorgenommen.
Adressat wasserpolizeilicher Aufträge nach § 138 Abs. 1 und 2 WRG 1959 ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, also derjenige, der eigenmächtig eine Neuerung vorgenommen hat. Von dieser Regel macht § 138 Abs. 4 WRG 1959 eine Ausnahme. Nach dieser Bestimmung kann, wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßen unterlassen hat.
Der Eigentümer einer Liegenschaft kann daher nach § 138 WRG 1959 in zweifacher Hinsicht Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages sein: Ist er derjenige, der die eigenmächtige Neuerung selbst vorgenommen hat, dann findet auf ihn § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 Anwendung, und zwar ohne die Einschränkung des § 138 Abs. 4 WRG 1959. Wurden hingegen die eigenmächtigen Neuerungen nicht von ihm vorgenommen, dann kann er nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 in Anspruch genommen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. März 2002, Zl. 2000/07/0064, sowie vom 16. Dezember 2004, 2004/07/0065).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines konsenslos bestehenden Zustandes eine Übertretung von Bestimmungen des WRG 1959 im Sinn des § 138 WRG 1959 dar. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die WRG-Novelle 1990 dadurch, dass sie im § 138 Abs. 4 WRG 1959 bestimmte Verhaltensweisen als Grundlage für eine lediglich subsidiäre Haftung des Grundeigentümers statuiert hat, eine Einschränkung des Spektrums jener Verhaltensweisen, die zu einer Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 berechtigen, bewirkt hat. § 138 Abs. 4 WRG 1959 schließt zwar nicht aus, dass der Grundeigentümer primär als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 herangezogen wird; wohl aber ist aus § 138 Abs. 4 WRG 1959 zu folgern, dass der Grundeigentümer nicht (allein) wegen der in dieser Bestimmung genannten Verhaltensweisen (auch) als primär Verantwortlicher herangezogen werden kann. Für eine Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 müssen daher andere oder zusätzliche Faktoren vorliegen. Zur "Aufrechterhaltung und Nutzung" eines konsenslos geschaffenen Zustandes genügt es jedenfalls nicht, dass der Liegenschaftseigentümer den durch eine unzulässige Neuerung geschaffenen Zustand lediglich durch passives Verhalten bestehen lässt (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 21. März 2002, mwN).
Eine Verpflichtung des Mitbeteiligten als Grundeigentümer zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes wäre somit nur dann zulässig, wenn er entweder als Verursacher der eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 angesehen werden könnte oder die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 vorlägen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl. 2007/07/0108).
Im vorliegenden Fall konnte der Mitbeteiligte daher - auf der Grundlage der nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts - nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 in Anspruch genommen werden.
Die Heranziehung des Mitbeteiligten als Liegenschaftseigentümer aus seiner subsidiären Haftung nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 kommt allerdings nur bei Vorliegen öffentlicher Interessen in Betracht, ohne dass einem Betroffenen im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 auf eine solche Inanspruchnahme des Liegenschaftseigentümers ein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt wäre (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, mwN).
Dadurch, dass die belangte Behörde die Erlassung eines auf § 138 Abs. 4 WRG 1959 gegründeten wasserrechtlichen Auftrags nicht vorgenommen hat, wurden die Revisionswerber somit nicht in Rechten verletzt.
4. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. Juni 2015
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)