VwGH 2013/07/0105

VwGH2013/07/010528.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des U in W, vertreten durch Dr. Christof Dunst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 18/1/11, gegen Spruchpunkt 1 des Bescheides des Umweltsenates vom 3. Mai 2013, Zl. US 7A/2011/26-20, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: v mbH, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 12, 1010 Wien), zu Recht erkannt:

Normen

31985L0337 UVP-RL Art1 Abs2;
31985L0337 UVP-RL Art1;
31985L0337 UVP-RL Art10a;
31985L0337 UVP-RL Art2;
31985L0337 UVP-RL Art4;
31985L0337 UVP-RL;
32003L0035 Öffentlichkeitsbeteiligung-RL Umweltangelegenheiten;
32005D0370 AarhusKonvention;
32011L0092 UVP-RL Art1 Abs2;
32011L0092 UVP-RL Art1;
32011L0092 UVP-RL Art11 Abs1;
32011L0092 UVP-RL Art11 Abs2;
32011L0092 UVP-RL Art11;
32011L0092 UVP-RL Art2;
32011L0092 UVP-RL Art4;
32011L0092 UVP-RL;
62008CJ0075 Mellor VORAB;
62008CJ0205 Umweltanwalt Kärnten / Kärntner Landesregierung VORAB;
62008CJ0263 Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening VORAB;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
62010CJ0182 Solvay VORAB;
62013CJ0570 Gruber VORAB;
AVG §56;
AVG §8 impl;
AVG §8;
EURallg;
UVPG 1993 §19 Abs10;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z7;
UVPG 2000 §19 Abs10;
UVPG 2000 §19 Abs7;
UVPG 2000 §24 Abs5a;
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2004/I/153;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §3 Abs7a idF 2012/I/077;
UVPG 2000 §3 Abs7a idF 2013/I/095;
UVPG 2000 idF 2012/I/077;
UVPG 2000 idF 2013/I/095;
VwGG §21 Abs1 Z2;
VwGG §48;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag auf Kostenersatz des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als weitere Partei des Verfahrens wird abgewiesen.

Begründung

Die Niederösterreichische Landesregierung hatte mit Bescheid vom 21. Februar 2006 festgestellt, dass für das Vorhaben "Pilotprojekt D" der mitbeteiligten Partei, welches bauliche Maßnahmen zur Durchführung eines Naturversuches zur Sohlstabilisierung in bzw. an der Donau zwischen Strom-km 1887,5 und Strom-km 1884,5 in den Gemeindegebieten von X, Z und S an der D vorsieht, keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach den Bestimmungen des UVP-G 2000 durchgeführt werden müsse.

In weiterer Folge wurden von den dafür zuständigen Behörden eine Ausnahmegenehmigung vom Eingriffsverbot nach § 5 des Niederösterreichischen Nationalparkgesetzes, Rodungsbewilligungen, eine schifffahrtsrechtliche Bewilligung und eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Weiters wurde festgestellt, dass das Vorhaben keiner Naturverträglichkeitsprüfung nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz unterliege.

Der Niederösterreichische Umweltanwalt beantragte wegen Änderung der Rechtslage durch die Novelle zum UVP-G, BGBl. I Nr. 87/2009 (UVP-G-Novelle 2009), mit der ein für die UVP-Pflicht des verfahrensgegenständlichen Vorhabens relevanter Schwellenwert herabgesetzt worden war, die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens.

Die Niederösterreichische Landesregierung stellte mit Bescheid vom 1. Dezember 2011 mit näherer Begründung fest, dass das Vorhaben "Pilotprojekt D" der mitbeteiligten Partei auch nach der neuen Rechtslage nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP unterliege.

Dieser Bescheid wurde an die Verfahrensparteien zugestellt, in den Standortgemeinden und beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung kundgemacht und zur öffentlichen Einsichtnahme aufgelegt. Das Kundmachungsedikt war auch auf der Homepage des Landes Niederösterreich ersichtlich; darin wurde auf die bei den Standortgemeinden und beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung erliegenden Bescheidausfertigungen verwiesen. Der Bescheid wurde zudem in der UVP-Datenbank des Umweltbundesamtes erfasst und war auf der Homepage des Umweltbundesamtes über das Internet abrufbar.

Am 24. November 2011 hatte die beschwerdeführende Partei, eine anerkannte Umweltorganisation nach § 19 UVP-G 2000, unter Verweis auf das Umweltinformationsgesetz um die Übermittlung des Antrags des Niederösterreichischen Umweltanwalts angesucht. In Beantwortung dieses Auskunftsbegehrens war ihr mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 mitgeteilt worden, dass über den Antrag bereits (mit Bescheid vom 1. Dezember 2011) bescheidmäßig abgesprochen worden war.

Mit Schreiben vom 17. September 2012 beantragte die beschwerdeführende Partei zum einen die Bescheidzustellung als übergangene Partei im Feststellungsverfahren, zum anderen stellte sie ein Auskunftsbegehren nach dem UIG und dem Niederösterreichischen Auskunftsgesetz.

Mit Erledigung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Oktober 2012 wurde der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt, dass der Bescheid vom 1. Dezember 2011 im Internet auf der UBA-Homepage abrufbar sei, was ihr bereits mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 mitgeteilt worden sei. Sollte der Internet-Download gescheitert sein, werde sicherheitshalber eine Kopie des Bescheides diesem Schreiben beigefügt.

Dieses Schreiben samt beigefügtem Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 16. Oktober 2012 zugestellt.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Dezember 2012 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Bescheidzustellung als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass der beschwerdeführenden Partei keine Parteistellung im Verfahren zukomme; nur Parteien hätten aber das Recht auf Bescheidzustellung. Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei am 11. Jänner 2013 Berufung.

Die beschwerdeführende Partei hatte sich aber auch bereits zuvor, nämlich am 13. November 2012, mit Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom 1. Dezember 2011 an den Umweltsenat gewandt und beantragt, dieser möge für das geplante Vorhaben die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung feststellen, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, in eventu ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof anhängig machen und eine mündliche Verhandlung durchführen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 2013 wies der Umweltsenat unter Spruchpunkt 1 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Feststellungsbescheid vom 1. Dezember 2011 als unzulässig zurück. Die Berufung gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Dezember 2012 wurde mit Spruchpunkt 2 als verspätet zurückgewiesen.

Spruchpunkt 1 wurde damit begründet, dass die Niederösterreichische Landesregierung bei Erlassung des Bescheides vom 1. Dezember 2011 das damals zum verfahrensrelevanten Zeitraum geltende UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2011 anzuwenden gehabt habe. Im damaligen Feststellungsverfahren seien gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 der Projektwerber/die Projektwerberin, eine mitwirkende Behörde, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde Parteien gewesen. Wenn die Frage zu klären sei, ob die Behauptung einer Person, im Verfahren als Partei übergangen worden zu sein, zutreffend sei, so habe dies nach der zum Zeitpunkt der Erlassung des bisher an andere Verfahrensparteien bereits ergangenen Bescheides geltenden Rechtslage zu geschehen. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei als Rechtsfrage zu klären gewesen, ob dem Berufungswerber, einer österreichweit anerkannten Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 10 UVP-G 2000, Parteistellung zukomme. Die Parteistellung sei für das gegenständliche Verfahren abschließend geregelt und eine anerkannte Umweltorganisation sei demnach nicht Partei im UVP-Feststellungsverfahren, weshalb ihr kein Berufungsrecht zustehe und die Berufung mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof habe wiederholt entschieden, dass die gesetzliche Aufzählung des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eine abschließende sei und anderen Personen Parteistellung und Berufungslegitimation in einem Feststellungsverfahren nicht zukämen. Auch Nachbarn hätten im UVP-Feststellungsverfahren keine Parteistellung nach der Rechtsprechung des Umweltsenates, des Verwaltungsgerichtshofes und auch des Verfassungsgerichtshofes. Mit der Frage der eingeschränkten Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren habe sich der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bedachtnahme auf unmittelbar anwendbare internationale bzw. gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen auseinander gesetzt und dabei auf die Art. 6 Abs. 2 bis 6 und 10a UVP-Richtlinie 85/337/EG und die Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie 2003/35/EG Bezug genommen.

Infolge Zurückweisung der Berufung habe die Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Umweltsenat entfallen können.

Spruchpunkt 2 wurde damit begründet, dass die Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde vom 11. Dezember 2012 um einen Tag verspätet erhoben worden sei.

Gegen Spruchpunkt 1 dieses Bescheides erhob die beschwerdeführende Partei die nun vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machte.

Als Beschwerdepunkt (Punkt 4. der Beschwerde) nennt die beschwerdeführende Partei - neben der Verletzung rein verfahrensrechtlicher Vorschriften - allein die Verletzung "in ihrem Recht auf Gewährung der Parteistellung". Auch unter Punkt 3.2. der Beschwerde bezieht sie sich auf die Verletzung von Rechten durch den angefochtenen Bescheid, die darin liege, dass "ihr in Verkennung der Rechtslage die Stellung als übergangene Partei und damit die mit dieser Rechtsstellung verbundenen Parteienrechte nicht zuerkannt worden seien."

In Ausführung der Beschwerde heißt es, dass der beschwerdeführenden Partei zwar nicht nach dem innerstaatlichen Recht im Zeitpunkt der Entscheidung der UVP-Behörde erster Instanz, aber aus unmittelbar anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Normen eine Parteistellung im Feststellungsverfahren zukomme. Zum einen berief sich die beschwerdeführende Partei auf die Aarhus-Konvention und meinte, einer Umweltorganisation wie ihr stehe jedenfalls der Status der "betroffenen Öffentlichkeit" zu. Weiters bezog sie sich auf die UVP-Richtlinie in Verbindung mit der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie und vertrat unter Hinweis auf näher dargestellte Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die Ansicht, dass der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit zukommen müsse, eine negative Feststellungsentscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen. Es erscheine als klar europarechtswidrig, dass der damals ergangene Feststellungsbescheid von der betroffenen Öffentlichkeit, wozu auch sie in ihrer Eigenschaft als anerkannte Umweltorganisation zähle, nicht in irgendeiner Weise bekämpft werden könne.

Sie wies weiters darauf hin, dass verschiedene Nachbarn und Umweltorganisationen im Zusammenhang mit dem Verfahren zum Dampfkraftwerk Voitsberg 3 bei der Europäischen Kommission die fehlende Rechtsschutzmöglichkeit gegen Feststellungsbescheide nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 geltend gemacht hätten. Diese hätte daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet und am 27. Februar 2012 in einem Aufforderungsschreiben festgehalten, dass Österreich auch aus diesem Grund gegen die UVP-Richtlinie verstoße. Zur Abwendung einer Klage der Europäischen Kommission an den EuGH sei dann mit UVP-G-Novelle 2012 den nach § 19 Abs. 7 UVP-G anerkannten Umweltorganisationen mittlerweile auch ein Rechtsmittel zur Überprüfung der Entscheidungen der UVP-Behörde nach § 3 Abs. 7 eingeräumt worden. Daraus ergebe sich ganz eindeutig, dass die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehende österreichische Rechtslage betreffend das Feststellungsverfahren insofern europarechtswidrig gewesen sei, als sie für die betroffene Öffentlichkeit, insbesondere auch für die Umweltorganisationen, keinen Zugang zu Gerichten gegen negative Feststellungsbescheide vorgesehen habe. Zudem sei auch insbesondere Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention verletzt worden, weil der beschwerdeführenden Partei als betroffener Öffentlichkeit kein effektiver Überprüfungsweg offen gestanden sei. Die maßgebliche Argumentation im angefochtenen Bescheid verkenne, dass die Behörde aufgrund der Europarechtswidrigkeit des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 diese Bestimmung nicht hätte anwenden dürfen. Der beschwerdeführenden Partei komme daher sehr wohl Parteistellung im Feststellungsverfahren zu, sie sei als übergangene Partei anzusehen gewesen. Es sei ihr daher auch nachträglich noch das Recht auf Berufung an den Umweltsenat zugestanden.

In weiterer Folge befasst sich die Beschwerde mit Aspekten der inhaltlichen Argumentation des vor der belangten Behörde bekämpften Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung, also der Nichtfeststellung der UVP-Pflicht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf hinwies, dass mit der UVP-G-Novelle 2012 den anerkannten Umweltorganisationen als Rechtsmittel gerade nicht ein "Berufungsrecht", sondern ein "Rechtsbehelf auf Überprüfung durch ein Gericht" als Antragsrecht zur Überprüfung an den Umweltsenat zuerkannt worden sei. Damit stehe einer anerkannten Umweltorganisation auch nach der Novelle kein Recht auf Parteistellung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren bzw. Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G, auf Zustellung des UVP-Feststellungsbescheides und kein Berufungsrecht zu; eine rückwirkende Parteistellung im ordentlichen Verwaltungsverfahren könne daher weder aus völkerrechtlichen noch aus unionsrechtlichen Überlegungen abgeleitet werden. Zumal die beschwerdeführende Partei ihren Antrag ausdrücklich als Berufung bezeichnet und begründet habe, komme eine Umdeutung in einen "Antrag auf Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht" nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 nicht in Betracht. Vielmehr habe der Umweltsenat eine Parteistellung der beschwerdeführenden Partei zu prüfen gehabt; der Parteienkreis selbst sei aber durch die Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 unverändert geblieben.

Auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstattete eine Gegenschrift, in der er auf die Rechtsprechung des Umweltsenates und der Höchstgerichte zur abschließend geregelten Parteistellung in § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 verwies. Richtig sei, dass das UVP-G 2000 zwischenzeitlich durch Einführung eines Überprüfungsrechtes für Umweltorganisationen im § 3 Abs. 7a leg. cit. novelliert worden sei. Diese Erweiterung sei im Zuge der Diskussion um ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren mit der Europäischen Kommission eingeführt worden und es sei aus Gründen der wirksamen Umweltvorsorge gerade bei Großvorhaben im UVP-Regime sinnvoll erschienen, anerkannten Umweltorganisationen ein Überprüfungsrecht einzuräumen. Die UVP-Richtlinie 2011/92 sehe in Art. 11 lediglich ein Überprüfungsrecht vor, überlasse es aber ausdrücklich den Mitgliedsstaaten festzulegen, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen der Behörde angefochten werden könnten. Durch die UVP G-Novelle 2012 sei den Umweltorganisationen gerade keine Parteistellung im Feststellungsverfahren eingeräumt worden; der abschließend geregelte Parteienkreis im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 leg. cit. sei mit der Novellierung 2012 nicht um die Umweltorganisationen erweitert worden. Die später erfolgte Novellierung könne daher gerade kein Indiz dafür sein, zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung das Rechtsmittel der Berufung bereits innegehabt zu haben und nun als übergangene Partei entgegen der herrschenden höchstgerichtlichen Judikatur zu argumentieren. Noch viel weniger könne der Argumentation der beschwerdeführenden Partei gefolgt werden, dass durch völkerrechtliche und unionsrechtliche Auslegung des Gesetzes ein solches Überprüfungsrecht ursprünglich bestanden habe bzw. bestehen hätte müssen. Der Bundesminister beantragte daher die Zurückweisung der Beschwerde unter Kostenersatz.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen bzw. "als unzulässig" abzuweisen. Ihres Erachtens ergebe sich aus der Rechtslage und der Rechtsprechung des Umweltsenates aus dem Unionsrecht keine Verpflichtung, der Öffentlichkeit im Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G Parteistellung einzuräumen. Die beschwerdeführende Partei habe lediglich eine Berufung erhoben, nicht jedoch einen Überprüfungsantrag (im Sinne des § 3 Abs. 7a UVP-G) gestellt. Eine Umdeutung der Berufung in einen solchen Überprüfungsantrag sei aufgrund seiner ausdrücklichen Bezeichnung als Berufung auch gar nicht möglich. Selbst wenn man die Ansicht vertrete, es sei ein Überprüfungsantrag vorgelegen, so wäre dieser jedenfalls verfristet. Es liege keine rückwirkende Gesetzgebung durch die UVP-G-Novelle 2012 vor, demnach sei diese auf den aktuellen Sachverhalt auch nicht anzuwenden und es wäre ein Überprüfungsantrag, sofern man die Berufung als solchen deuten wollte, aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen. Diese Überprüfungsmöglichkeit komme erst für neue Bescheide in Betracht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2.1. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung erster Instanz (1. Dezember 2011) stand noch die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 175 vom 5.7.1985, S. 40, in der Fassung der Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114, in Geltung (in weiterer Folge: UVP-RL).

Die maßgeblichen Bestimmungen dieser Richtlinie lauteten:

"Artikel 1

(1) ...

(2) Im Sinne dieser Richtlinie sind:

...

Öffentlichkeit:

Eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

Betroffene Öffentlichkeit:

die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß

Artikel 2 Absatz 2 betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse;

...

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. ...

...

Artikel 10a

Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

  1. a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
  2. b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,

    Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

    Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

    Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels verletzt werden können.

    Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

    Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.

    Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden."

    Die Bestimmungen der Richtlinien 85/337 und ihrer Nachfolge-Richtlinie 2011/92 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Dezember 2011, ABl. L 26, vom 28. Jänner 2012, sind im Wesentlichen identisch. Die Art. 1, 2, 4 und 11 der Richtlinie 2011/92 entsprechen den Art. 1, 2, 4 und 10a der Richtlinie 85/337 .

2.2. Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 1. Dezember 2011 war das UVP-G 2000 noch in der Fassung vor der UVP-G-Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 (in weiterer Folge: UVP-G-Novelle 2012) anzuwenden. § 3 UVGP-G 2000 lautete in dieser Fassung auszugsweise:

"Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. ...

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. ..."

Durch die UVP-G-Novelle 2012, die am 3. August 2012 in Kraft trat, wurde folgender Absatz in den § 3 eingefügt:

"(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation berechtigt, einen Antrag auf Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht an den Umweltsenat zu stellen. Der Antrag ist binnen vier Wochen ab dem Tag der Veröffentlichung des Bescheides im Internet schriftlich bei der Behörde einzubringen. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer gemäß § 19 Abs. 7 anerkannten Umweltorganisation Einsicht in den Verfahrensakt zum Feststellungsverfahren zu gewähren. Im Antrag ist anzugeben, welche Vorschriften die anerkannte Umweltorganisation durch die Entscheidung als verletzt erachtet und auf welche Gründe sich diese Behauptung stützt. Für die Ausübung dieses Antragsrechtes ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene örtliche Zulassungsbereich maßgeblich. Für die Entscheidung des Umweltsenates über diesen Antrag gilt § 66 AVG mit der Maßgabe, dass anstelle der Berufung der Antrag auf Überprüfung tritt. Der Umweltsenat hat die Entscheidung über diesen Antrag innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat Parteistellung im Überprüfungsverfahren. (...)"

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass (ua) § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 durch die UVP-G-Novelle BGBl. I Nr. 95/2013 neuerlich abgeändert wurde; diese Novelle diente im Wesentlichen der Anpassung (auch) dieser Bestimmung des UVP-G 2000 an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012. Derzeit hat diese Bestimmung folgenden Wortlaut:

"(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene örtliche Zulassungsbereich maßgeblich."

2.3. Die beschwerdeführende Partei ist als eine gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation der betroffenen Öffentlichkeit im Sinn des Art. 1 Abs. 2 der UVP-RL zuzurechnen (vgl. dazu Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3, § 19 Rz 105, S. 495).

Mit der UVP-G-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 153, wurde in Umsetzung der damals einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anerkannten Umweltorganisationen, sofern diese bestimmte materielle und formelle Voraussetzungen erfüllen, Parteistellung in allen Genehmigungsverfahren des zweiten Abschnitts sowie im Abnahmeprüfungsverfahren eingeräumt (vgl. in diesem Zusammenhang die im hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, 2009/07/0038, wiedergegebenen diesbezüglichen Gesetzesmaterialien). Von dieser Novellierung blieb das Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 unberührt; der dortige Parteienkreis wurde nicht erweitert.

In seinem Urteil vom 30. April 2009, C-75/08 (Mellor), hat der EuGH (u.a.) ausgeführt, dass "Dritte, wie auch die interessierten Verwaltungsbehörden, sich vergewissern können müssen, dass die zuständige Behörde nach den im nationalen Recht vorgesehenen Bestimmungen geprüft hat, ob eine UVP erforderlich ist (Rn 57). Ferner müssen die betroffenen Einzelpersonen, wie auch die anderen betroffenen nationalen Behörden, in der Lage sein, die Einhaltung dieser Prüfungspflicht, die der zuständigen Behörde obliegt, gegebenenfalls gerichtlich nachprüfen zu lassen. Dieses Erfordernis kann, wie im Ausgangsverfahren, die Möglichkeit bedeuten, gegen die Entscheidung, keine UVP vorzunehmen, unmittelbar vorzugehen (Rn 58)". Bekräftigt wurde diese Rechtsprechung im Urteil des EuGH vom 16. Februar 2012, C-182/10 (Marie-Noelle Solvay u.a., Rn 57, 58).

Mit der durch die UVP-G-Novelle 2012 in § 3 UVP-G 2000 eingefügten Bestimmung des Abs. 7a hat der Gesetzgeber gemäß § 19 Abs. 7 leg. cit. anerkannten Umweltorganisationen die Möglichkeit eingeräumt, negative Feststellungsentscheidungen im Sinn des zweiten Abschnittes des UVP-G 2000 einer Überprüfung durch den Umweltsenat zuzuführen.

Diese Regelung trat am 3. August 2012 in Kraft und kann daher nur für nach diesem Zeitpunkt verwirklichte Sachverhalte Geltung beanspruchen.

2.4. Den Gesetzesmaterialien zur UVP-G-Novelle 2012 (RV 1809 BlgNR 24. GP ) zu § 3 Abs. 7a ist zu entnehmen:

"Mit Mahnschreiben vom 28. Februar 2012 leitete die Europäische Kommission gegenüber der Republik Österreich das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2012/2013 zur Umsetzung der UVP-Richtlinie 85/337/EWG ein. Die Kommission vertritt darin die Auffassung, dass die Republik Österreich unter anderem dadurch gegen die Verpflichtung aus Artikel 10a der UVP-Richtlinie betreffend die Öffentlichkeitsbeteiligung verstoßen hat, dass sie die Rechtsmittelbefugnis gegen die Entscheidung im Rahmen des Feststellungsverfahrens zur UVP-Pflicht eines Projektes auf die Projektwerberin, die Standortgemeinde, die mitwirkenden Behörden und den Umweltanwalt beschränkt. Zur Abwendung einer Klage der Kommission an den Gerichtshof der Europäischen Union und aus Gründen der wirksamen Umweltvorsorge erscheint es sinnvoll, bei Großprojekten den nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen ein Rechtsmittel zur Überprüfung der Entscheidungen der UVP-Behörde, mit denen die UVP-Pflicht für ein Vorhaben verneint wird (= negative Feststellungsentscheidung), einzuräumen. Die Kommission stützt ihre Rechtsauffassung auf ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache Mellor, C-75/08 vom 30.4.2009 und leitet aus diesem Urteil ab, dass eine Überprüfbarkeit von negativen Feststellungsentscheidungen für Umweltorganisationen gegeben sein müsse. Mit dem vorgesehenen Antragsrecht auf Überprüfung bei negativen Feststellungsbescheiden wird dem Rechnung getragen, da Umweltorganisationen erst durch eine negative Feststellungsentscheidung in ihren Rechten verletzt sein können."

Nach Absicht des Gesetzgebers der UVP-G-Novelle 2012 sollte durch Einführung des § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 demnach die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens und die anschließende Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) dadurch vermieden werden, dass eine unionsrechtskonforme Lösung für den Rechtsschutz von Umweltorganisationen im Feststellungverfahren durch die Schaffung einer nachgeschalteten Überprüfungsmöglichkeit implementiert wurde.

§ 3 Abs. 7a UVP-G 2000 begründete jedoch - im Unterschied etwa zu § 19 Abs. 10 leg. cit., worin anerkannten Umweltorganisationen in Genehmigungsverfahren das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof eingeräumt ist (vgl. dazu Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, aaO, § 19 Rz 124, S. 504 f) - keine Parteistellung solcher Umweltorganisationen im Verfahren gemäß § 3 Abs. 7 leg. cit. und auch keine Legitimation zur Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. dazu nochmals Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, aaO, § 3 Rz 61, 62, S. 110; ferner etwa Pürgy, Die Einbindung der Umweltorganisationen in das UVP-Feststellungsverfahren durch die UVP-G-Novelle BGBl I 2012/77, in ZfV 2012/1231).

An dieser Unterscheidung zwischen dem unverändert eng gebliebenen Kreis der Parteien des Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und dem (bloßen) Überprüfungsrecht durch anerkannte Umweltorganisationen wurde auch in der UVP-G-Novelle 2013 festgehalten. Dazu heißt es in den Materialien (RV 2252 der Beilagen XXIV. GP, S. 5f):

"Der durch die UVP-G-Novelle 2012 eingeführte Überprüfungsantrag für Umweltorganisationen an den Umweltsenat stellt insofern einen verfahrensrechtlichen Sonderfall dar, als damit (juristischen) Personen ein Rechtsbehelf eingeräumt wird, die im (erstinstanzlichen) behördlichen Verfahren, das zur Erlassung des bekämpften Bescheides geführt hat, nicht Parteistellung hatten. Da es sich in Hinkunft um eine Beschwerde nach Art. 132 Abs. 5 B-VG handelt (Beschwerdeberechtigung für Legalparteien, die durch den Materiengesetzgeber verliehen wird) und für Beschwerden die Verfahrensregeln des VwGVG gelten, bedarf es nur einiger punktueller Sonderregelungen, die dem Umstand Rechnung tragen, dass keine Bescheidzustellung an die beschwerdeführende Umweltorganisation erfolgen kann, weil diese keine Parteistellung hat. Es finden sich in den §§ 3a Abs. 7 und 24 Abs. 5a nur mehr die Bestimmungen über die Akteneinsicht bei der Behörde und den Umfang der Anerkennung, der auch den Umfang der Beschwerdebefugnis bestimmt. Besondere verfahrensrechtliche Bestimmungen enthält § 40 Abs. 3, der die Bestimmungen des VwGVG zur Säumnis der Verwaltungsbehörde als nicht anwendbar erklärt, da der Umweltorganisation kein Recht auf Bescheiderlassung zukommt. Statt § 7 VwGVG gilt, dass Beschwerden binnen vier Wochen ab dem Tag der Veröffentlichung des Bescheides im Internet schriftlich bei der Behörde einzubringen sind.

Die verfahrensrechtliche Sonderkonstruktion ist darauf zurückzuführen, dass der UVP-Gesetzgeber mit der UVP-G-Novelle 2012 EU-rechtliche Anforderungen - die gerichtliche Nachprüfbarkeit von Feststellungsbescheiden für Umweltorganisationen - erfüllen, aber nicht darüber hinaus gehen wollte; insbesondere schien die Einräumung einer vollen Parteistellung nicht praktikabel, weil in jedem Feststellungsverfahren alle in Frage kommenden anerkannten Umweltorganisationen informiert werden müssten."

2.5. Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich mit Erkenntnis vom 18. November 2014, 2013/05/0022, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Ansicht vertreten, dass die - im vorliegenden Fall allerdings noch nicht anzuwendende - Rechtslage (der UVP-G-Novelle 2012) dem Unionsrecht nicht widerspricht.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei könne - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis - aus Art. 10a der Vorgängerrichtlinie (bzw. nunmehr: Art. 11 der UVP-RL) eine umfassende Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen nicht abgeleitet werden. Zunächst sei zur Frage der Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen in Verfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 auf die bisherige hg. Judikatur zu verweisen, wonach in diesen Verfahren lediglich dem Projektwerber, den mitwirkenden Behörden, dem Umweltanwalt und der Standortgemeinde - und nicht auch anerkannten Umweltorganisationen - Parteistellung zukomme (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2004, Zl. 2004/05/0256, mwN).

Wenn sich in Bezug auf diese Norm im Hinblick auf das genannte Urteil, C-75/08 (Mellor), unionsrechtliche Bedenken ergeben hätten, so könnten diese auf den vorliegenden Beschwerdefall schon deshalb nicht übertragen werden, weil sie neben einer fehlenden Parteistellung im Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 auch das Fehlen einer Anfechtungsbefugnis (Antragsbefugnis) im Sinn des § 3 Abs. 7a leg. cit. voraussetzten. Eine solche Anfechtungsbefugnis durch Stellung eines Antrages auf Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften über die UVP-Pflicht habe der Gesetzgeber jedoch mit § 3 Abs. 7a leg. cit. anerkannten Umweltorganisationen eingeräumt, weshalb dem Beschwerdevorbringen die bisherige, oben zitierte hg. Judikatur entgegengehalten werden könne. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die mit dieser Gesetzesbestimmung anerkannten Umweltorganisationen eingeräumte Anfechtungsbefugnis im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 der UVP-RL stehe, der es den Mitgliedstaaten überlasse, in welchem Verfahrensstadium Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die diese Richtlinie gelte, angefochten werden könnten. Hiebei könne kein Zweifel daran bestehen, dass es sich beim Umweltsenat um ein "Gericht" im Sinn des Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL gehandelt habe (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des EuGH vom 10. Dezember 2009, C-205/08 , RN 34 bis 39, worin dieser ausgeführt hat, dass der Umweltsenat als Gericht im Sinne von Art. 234 EG (nunmehr: Art. 267 EG) anzusehen und dessen Vorabentscheidungsersuchen daher zulässig sei). Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, insbesondere bezüglich eines subjektiven Rechts anerkannter Umweltorganisationen auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens und Einhaltung der Umweltvorschriften, könne daher auch vor diesem Hintergrund nicht beigetreten werden.

Aus den im genannten Erkenntnis vom 18. November 2014 getroffenen Überlegungen war und ist es auch vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Überlegungen nicht geboten, anerkannten Umweltorganisationen im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 Parteistellung einzuräumen; ihren aus dem Unionsrecht abgeleiteten Ansprüchen wurde mit den Möglichkeiten, die § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 schuf, also mit der Möglichkeit der Stellung eines nachgeschalteten Überprüfungsantrages bzw. nun mit der Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Genüge getan.

2.6. Auch aus dem Urteil des EuGH vom 16. April 2015, C- 570/13 , ergibt sich nichts anderes. Demnach müssen die Mitglieder der "betroffenen Öffentlichkeit", die die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das "ausreichende Interesse" oder gegebenenfalls die "Rechtsverletzung" erfüllen, die Möglichkeit haben, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einzulegen, keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines solchen Verfahrens durchzuführen.

Welcher Art dieser Rechtsbehelf sein muss, wird im Urteil nicht näher erläutert. Die zwingende Einräumung einer Parteistellung im Feststellungsverfahren kann daher auch aus diesem Urteil nicht abgeleitet werden; geboten erscheint es allerdings, auch anerkannten Umweltorganisationen einen Rechtsbehelf zur Überprüfung der Feststellungsentscheidung (entweder im Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren oder im Genehmigungsverfahren, in dem insoweit die Bindungswirkung wegfiele) in die Hand zu geben.

Das in § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 vorgesehene Instrument der Überprüfung des Feststellungsbescheides (nun: der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid) stellt einen solchen Rechtsbehelf dar.

3. Die Konstruktion des § 3 Abs. 7 in Vergleich mit § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 wurde - wie bereits ausgeführt - so gewählt, dass der Kreis der Parteien in § 3 Abs. 7 leg. cit. umfassend und abschließend festgeschrieben und nicht verändert (erweitert) wurde. Das UVP-G 2000 bestimmt an unterschiedlichen Stellen ausdrücklich, wem Parteistellung in welchem Verfahren zukommt (vgl. dazu § 19 Abs. 10 UVP-G 2000, der die Parteistellung im Genehmigungsverfahren regelt).

Bei der mit § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 geschaffenen Überprüfungsmöglichkeit handelt es sich um eine vom AVG abweichende Mitwirkungsmöglichkeit (vgl. dazu Pürgy, aaO, S.782); diese Bestimmung enthält zudem weitere verfahrensrechtliche Vorschriften, die den Unterschied zu einem mit Parteien durchzuführenden Verfahren deutlich machen.

Vor diesem Hintergrund und auch angesichts der Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zur UVP-G-Novelle 2012 (aber auch zur Novelle 2013) ergibt sich ohne Zweifel, dass das Verfahren nach einer Antragstellung zur nachträglichen Überprüfung der Feststellungsentscheidung nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 ein anderes Verfahren darstellt als das Verfahren, das aufgrund der Berufung einer Verfahrenspartei im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ausgelöst wird; dies, obwohl beide Verfahrensarten letztlich die Überprüfung der Feststellungsentscheidung der Behörde zum Ziel haben. Es handelt sich aber von der Konstruktion des Gesetzes her um zwei gänzlich verschiedene Verfahren.

4. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

4.1. Der Beschwerdeführer erhob die verfahrensgegenständliche Berufung unter ausdrücklichem Hinweis auf die ihm zukommende Parteistellung im Verfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000. Dies zu einem Zeitpunkt, nämlich am 13. November 2012, als die UVP-G-Novelle 2012 bereits in Geltung war.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung mangels Parteistellung zurückgewiesen. Die Begründung des Bescheides bezieht sich ausdrücklich und ausschließlich auf die Frage, ob dem Beschwerdeführer Parteistellung im Feststellungsverfahren zugekommen wäre, und verneint dies.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer - wie oben dargestellt - als Beschwerdepunkt geltend, er sei in seinem "Recht auf Gewährung der Parteistellung" verletzt. Die Rechtsverletzung liege darin, dass "ihm in Verkennung der Rechtslage die Stellung als übergangene Partei und damit die mit dieser Rechtsstellung verbundenen Parteienrechte nicht zuerkannt worden seien."

4.2. Im Recht auf Gewährung der Parteistellung im Feststellungsverfahren wurde der Beschwerdeführer aber nicht verletzt. Eine solche Verletzung, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führte, wäre nur dann gegeben, wenn dem Beschwerdeführer ein Recht darauf zukäme, im Feststellungsverfahren als Partei beigezogen zu werden.

Es ist unstrittig, dass aufgrund der nationalen Rechtslage ein solches Recht nicht besteht.

Dazu kommt, dass der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zustellung des Feststellungsbescheides vom 11. Dezember 2012 mit der Begründung zurückgewiesen wurde, sie sei nicht Partei des Verfahrens. Die gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid wegen Verspätung zurückgewiesen; diese Zurückweisung blieb in der Beschwerde unbekämpft.

Der Ausspruch des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Dezember 2012 über die Zurückweisung des Bescheidzustellungsantrages ist daher rechtskräftig; damit wurde aber auch über die Frage der Parteistellung bereits rechtskräftig entschieden.

Diese Frage kann daher nicht mehr auf dem Weg über die Bekämpfung der Zurückweisung der Berufung gegen den Feststellungsbescheid selbst neuerlich aufgerollt werden.

Schon aus diesem Grund kann der Beschwerdeführer nicht in seinem Recht auf Gewährung der Parteistellung im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 verletzt worden sein.

Ein Recht auf Teilnahme am Feststellungsverfahren als Partei ergibt sich aber - wie bereits oben dargelegt - auch weder aus dem Aarhus-Übereinkommen (vgl. dazu auch das Urteil des EuGH vom 15. Juli 2010, Rs C-240/09 , Lesoochranarske zoskupenie) noch aus der UVP-RL oder der Öffentlichkeitsbeteiligungs-RL (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, 2009/02/0239). Eine Parteistellung im Feststellungsverfahren ist unionsrechtlich nicht gefordert; es genügt, wenn eine Anfechtungsmöglichkeit besteht (vgl. dazu auch EuGH vom 15. Oktober 2009, Rs C-263/08 , Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn 32 ff). Dem Beschwerdeführer kommt daher auch unter diesem Aspekt kein Recht auf Teilnahme als Partei am Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zu.

Daher wurde er auch nicht in dem von ihm als verletzt bezeichneten Recht auf Zuerkennung der Parteistellung verletzt.

4.3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der - nicht vom Beschwerdeführer als Rechtsverletzung geltend gemachten, sondern - von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei in den Raum gestellten Möglichkeit einer Umdeutung der Berufung in einen Überprüfungsantrag nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 aus nachstehenden, auf die konkreten Umstände des vorliegenden Falles Bedacht nehmenden Gründen, nicht zu folgen ist:

Die einfachgesetzliche Rechtslage vermittelte dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erhebung seiner Berufung weder diese Möglichkeit noch die Möglichkeit der Stellung eines Überprüfungsantrages nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000, weil sich dessen zeitlicher Geltungsbereich nicht auf den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Dezember 2011 (rück)beziehen konnte (vgl. zum zeitlichen Geltungsbereich das hg. Erkenntnis vom 24. September 2014, 2012/03/0165).

Der Beschwerdeführer, dem nach innerstaatlichem Recht weder die Möglichkeit der Erhebung einer Berufung noch die der Stellung eines Antrags nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 offen stand, entschied sich für die (prima vista chancenlose) Erhebung einer Berufung und nicht dafür, einen (prima vista ebenso chancenlosen) Antrag nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 zu stellen.

Es ist daher vor dem Hintergrund der Umstände des vorliegenden Falls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit Bedacht die Berufung als das einer Verfahrenspartei zustehende Rechtsmittel wählte; damit steht in Übereinstimmung, dass er sich auch während des Verfahrens in seiner Argumentation stets auf seine Position als übergangene Partei des Feststellungsverfahrens berief. Eine Umdeutung dieser Berufung in einen Überprüfungsantrag war daher im vorliegenden Fall nicht geboten.

5. Aus den oben dargestellten Gründen verletzte die Verweigerung der Parteistellung im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten.

Eine Prüfung dahingehend, ob die innerstaatliche Rechtslage vor der UVP-G-Novelle 2012 sämtlichen internationalen und unionsrechtlichen Vorgaben entsprach, war angesichts des (auf den Parteienkreis im Feststellungsverfahren) eingeschränkten Beschwerdepunkts nicht vorzunehmen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 455.

Der Antrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Aufwandersatz war abzuweisen, weil ihr als weitere Partei nach § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG nach § 48 VwGG kein Kostenersatzanspruch zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/12/0032).

Wien, am 28. Mai 2015

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