VwGH 2004/05/0256

VwGH2004/05/025614.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde

1. des Ing. Franz Trethan in St. Pölten, 2. des Ing. Josef Buchinger und 3. des Josef Müllner, beide in Kleinhain, alle vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch, Rechtsanwälte OEG in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 4, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 27. September 2004, Zl. US 4A/2004/9-4, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §3 Abs7;
AVG §8;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §3 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen und des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid vom 13. November 2003 stellte die Niederösterreichische Landesregierung fest, dass die Vorhaben der Errichtung und des Betriebes des Windparks (1), bestehend aus zwei Windkraftanlagen durch den Betreiber E, des Windparks (2), bestehend aus sechs Windkraftanlagen durch den Betreiber E und des Windparks (3), bestehend aus fünf Anlagen durch den Betreiber W, nicht dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) unterliege und daher keine Umweltverträglichkeitsprüfung für diese Vorhaben durchzuführen sei.

Den Beschwerdeführern, deren Grundstücke mindestens 900 m von den projektierten Anlagen entfernt sind, wurde über ihr Betreiben dieser Bescheid zugestellt. Unter Verweis auf ihre Parteistellung haben sie Berufung an die belangte Behörde erhoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Der Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 enthalte eine abschließende Regelung über die Parteistellung im Feststellungsverfahren. Diese werde ausschließlich dem Projektwerber, den mitwirkenden Behörden, dem Umweltanwalt und der Standortgemeinde zugestanden. Für Nachbarn sei aus dieser Aufzählung eine Parteistellung nicht ableitbar. Der Gesetzgeber unterscheide bewusst zwischen der Parteistellung im Feststellungsverfahren und der Parteistellung im Genehmigungsverfahren nach § 19 Abs. 1 UVP-G 2000.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 als Partei anerkannt zu werden, und in ihrem Recht auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verletzt erachten. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Bescheid vom 13. November 2003, den die Beschwerdeführer bekämpfen wollten, nennt als Rechtsgrundlage ausdrücklich § 3 Abs. 7 UVP-G 2000. Diese Bestimmung lautet:

"(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen."

Mit der Frage der Parteistellung in einem solchen Feststellungsverfahren hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach auseinander gesetzt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0232 und vom 30. Juni 2004, Zl. 2004/04/0075). Gleichfalls auf Grund einer Nachbarbeschwerde gegen einen die Berufung zurückweisenden Bescheid des Umweltsenates, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2004/04/0076, wörtlich ausgeführt:

"Anders als im Genehmigungsverfahren, in dem gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G auch dem Nachbarn Parteistellung zukommt, trifft dies auf das Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G nicht zu. Hier haben - wie im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt wird - zufolge der ausdrücklichen Aufzählung der in Betracht kommenden Parteien (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/04/0163, und vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/03/0087) lediglich der Projektwerber, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde, nicht aber die Nachbarn Parteistellung.

Der Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G ist eindeutig. Zur Ermittlung des normativen Inhalts dieser Bestimmung kann daher - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - der Blick auf gemeinschaftsrechtlich verfolgte Zielsetzungen nichts beitragen. Vielmehr räumt § 3 Abs. 7 UVP-G der Behörde einen - dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebenden - Interpretationsspielraum nicht ein, sondern trifft klar eine abschließende Regelung betreffend den Kreis der in Betracht kommenden Verfahrensparteien."

Die Beschwerdeführer, denen diese Judikatur im angefochtenen Bescheid vorgehalten wurde, entgegnen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich "gerade nicht mit der Rechtsfrage der Parteistellung, falls die Behörde rechtsirrig überhaupt verkennt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen wäre" beschäftigt. § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sei daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung systematisch-teleologisch dahingehend auszulegen, dass der Nachbar immer dann, wenn er ein in einem Verfahren nach den §§ 3, 3a in Verbindung mit Anhang 1 sowie § 19 Abs. 1 Z. 1 und 2 UVP-G Partei wird, die Behörde jedoch im Feststellungsverfahren rechtsirrig feststellt, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, dennoch Parteistellung und Rechtsmittelegitimation auch im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G habe.

Damit bringen die Beschwerdeführer zum Ausdruck, dass die Frage der Parteistellung im Feststellungsverfahren vom Ergebnis dieses Verfahrens abhängig sein soll: Wird positiv festgestellt, dass eine UVP erforderlich ist, schade der Ausschluss der Parteistellung im Hinblick auf die anschließend gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP G gegebene Parteistellung der Nachbarn nicht; verkenne aber die Behörde (wie hier behauptet) die Erforderlichkeit einer UVP im Rahmen einer negativen Feststellung, müsse bei "teleologisch richtiger Interpretation" Parteistellung auch im Feststellungsverfahren zuerkannt werden.

Dazu genügt es, die Beschwerdeführer auf die zitierte Begründung aus dem Vorerkenntnis zu verweisen, die entgegen dem Beschwerdevorbringen sehr wohl auch den Fall einer materiell nicht dem Gesetz entsprechenden Entscheidung erfasst; der eindeutige Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G unterscheidet insbesondere nicht zwischen einem positiven und einem negativen Ausgang des Feststellungsverfahrens.

Da somit den Beschwerdeführern im Feststellungsverfahren keine Parteistellung zugekommen wäre, hat die belangte Behörde zu Recht ihre Berufung (gemäß § 66 Abs. 4 AVG) zurückgewiesen, weil eine Person, die nicht Partei ist, auch nicht zur Erhebung einer Berufung berechtigt ist (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 842).

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2004

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